Ausgabe 2012-3 - St. Augustinus Gelsenkirchen GmbH
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Verantwortung<br />
Verantwortung<br />
„Früher gab es kein Satelliten-Fernsehen. Die Mission war<br />
ein Treffpunkt für die Freizeit und erledigte viele Dinge.“ Bis<br />
in die 1990er Jahre gab es den Sozialdienst: Sozialarbeiter, die<br />
beim Caritasverband angestellt waren, halfen über bürokratische<br />
Hürden. Wenn es für die italienischen Mitbürgerinnen<br />
und Mitbürger heute Probleme sozialpolitischer oder sozialversicherungstechnischer<br />
Art gibt, etwa Rentenanträge von<br />
Witwen italienischer Männer oder die jährlich einzusendende<br />
Lebensbescheinigung, berät einmal wöchentlich eine Mitarbeiterin<br />
der Associazioni cristiane lavoratori italiani (ACLI), der<br />
Italienischen Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung, die Ratsuchenden.<br />
„Das ist praktisch die einzige soziale Hilfe, die wir<br />
auch heute noch geben“, betont Pater Adriano. „Meine Hilfe<br />
benötigen hauptsächlich Familien, die zum Beispiel Sprachschwierigkeiten<br />
oder Probleme in der Schule haben.“<br />
Der Seelsorger der italienischen Mission: Don Adriano Lugato.<br />
Kontakt suchen die Gemeindemitglieder auch, wenn es um<br />
kirchliche Bescheinigungen geht. „Wir erledigen alles für die<br />
Hochzeit in Italien“, erzählt der Salesianerpater. Taufbescheinigungen<br />
und Ledigenbestätigungen schickt er in die Gemeinde,<br />
in der die Hochzeit stattfinden soll. Denn immerhin rund<br />
70 Prozent der Gemeindemitglieder heiraten im Heimatland,<br />
ganz unabhängig auch davon, ob der Partner aus Deutschland<br />
kommt. Die Ehevorbereitung erfolgt in den Räumen der italienischen<br />
Mission in Essen und ist umfangreicher als in den<br />
deutschen Gemeinden. Vier- bis fünfmal treffen sich die Paare<br />
- zumeist Samstagnachmittags, „wenn die Gastronomie Pause<br />
hat“, berichtet Lugato von speziellen Erfordernissen hinsichtlich<br />
des zeitlichen Angebots.<br />
Die intensive Pflege der italienischen Kultur und der Traditionen<br />
zeigt sich auch bei Beerdigungen. Viele Gemeindemitglieder<br />
werden in der Heimat beigesetzt. „Die Familien möchten<br />
aber häufig eine Abschiedszeremonie in einer Kapelle oder einem<br />
Beerdigungsinstitut hier in Deutschland.“<br />
Die Tatsache, dass viele Gemeindemitglieder den Kontakt zu<br />
ihrer Kirche nur noch bei den zentralen Anlässen im Leben –<br />
Taufe, Hochzeit, Tod – suchen und den wöchentlichen Gottesdiensten<br />
fernbleiben, „ist eine Erfahrung, die meine Kollegen<br />
in Italien auch machen“, weiß Pater Adriano. „Diejenigen aber,<br />
die zur Kirche kommen, kommen ehrlich.“ Einmal in der Woche,<br />
am Dienstagabend, treffen sich Familien im Gemeindehaus an<br />
der Wilhelm-Busch-<strong>St</strong>raße, um den Gottesdienst vorzubereiten.<br />
„Uns fehlen die jungen Familien“, berichtet Gemeindesekretärin<br />
Angela Tidili. Pater Adriano sieht darin<br />
auch eine Konsequenz der Integrationsbemühungen.<br />
Anfang der 90er Jahre beschlossen die italienischen<br />
Seelsorger in Deutschland, dass die<br />
italienischen Kinder mit ihren Mitschülern in den<br />
deutschen Gemeinden zur Erstkommunion gehen.<br />
„Mit der deutschen Gemeinde in ihrem <strong>St</strong>adtteil<br />
haben sie dann aber nur in diesem einen Jahr der<br />
Vorbereitung Kontakt.“<br />
Darum gibt es Angebote, die sich gezielt auch immer<br />
an Jugendliche wenden. Das Don Bosco Fest<br />
Ende Januar (am 31. Januar ist der Patronatstag<br />
des Heiligen Don Bosco) etwa beginnt mit einer Jugendmesse<br />
mit einer Jugendband, und es schließt<br />
sich eine Disko am Nachmittag an. Die jährliche<br />
Firmung findet am Gemeindefest statt, zu dem<br />
Gemeindemitglieder aus den Ruhrgebietsstädten<br />
zwischen <strong>Gelsenkirchen</strong> und Duisburg zusammenkommen.<br />
Der Firmung kommt eine zentrale Bedeutung zu: In Italien<br />
Angela Tidili<br />
arbeitet als<br />
Gemeindesekretärin<br />
in der Mission.<br />
ist eine Firmbescheinigung Voraussetzung<br />
für eine kirchliche<br />
Trauung oder die Übernahme<br />
einer Patenschaft bei der Taufe.<br />
Darum empfangen neben Jugendlichen<br />
in jedem Jahr auch<br />
viele Erwachsene noch das Sakrament<br />
der Firmung.<br />
Zentrale Termine im Gemeindeleben<br />
sind auch das Muttertagsfest<br />
im Mai, zwei Wallfahrten im<br />
Mai und Oktober, ein Passionsspiel<br />
an Karfreitag im Park an der<br />
Italienischen Mission in Essen,<br />
eine Silvesterfeier und das Kastanienfest<br />
der Ordensgemeinschaft<br />
der Salesianer Don Boscos<br />
Anfang November.<br />
Die „Festa della Mamma“, der Muttertag,<br />
wird im Mai in der Gemeinde gefeiert.<br />
Das Sakrament der Firmung, hier ein Bild von<br />
der Katechese, empfangen auch viele Erwachsene.<br />
Als Teil der<br />
Propsteipfarrei <strong>St</strong>. <strong>Augustinus</strong> beteiligt sich die italienische<br />
Gemeinde an der Adventfensteraktion und am <strong>Augustinus</strong>fest.<br />
Gemeinsam mit der deutschen und den anderen muttersprachlichen<br />
Gemeinden feiert die Italienische Mission internationale<br />
Gottesdienste in der Pfarrei an Palmsonntag und zu<br />
Fronleichnam. Und seit einigen Jahren treffen sich italienische<br />
und spanische Gemeindemitglieder in der Liebfrauenkirche<br />
zur gemeinsamen Christmette an Heiligabend.<br />
Ob in der Liebfrauenkirche, im benachbarten Gemeindehaus<br />
an der Wilhelm-Busch-<strong>St</strong>raße oder im Gemeindebüro in der Essener<br />
Elisenstraße: Mit ihren seelsorglichen, sozialen und kulturellen<br />
Angeboten und Hilfestellungen bleibt die Italienische<br />
Mission ein Knotenpunkt zu den kulturellen und kirchlichen<br />
Wurzeln in der Heimat. Und das nicht nur für die ehemaligen<br />
„Gastarbeiter“, die jetzt in zweiter oder dritter Generation in<br />
<strong>Gelsenkirchen</strong> und Umgebung leben, sondern auch für die<br />
rund zehn Prozent der Gemeindemitglieder,<br />
die als Beschäftigte<br />
europäischer Firmen im<br />
Ruhrgebiet eine<br />
gefunden haben. [rp]<br />
Wahlheimat<br />
Groß inszeniert wird in jedem Jahr das Passionsspiel an Karfreitag,<br />
das im Park neben der Mission in Essen aufgeführt wird.<br />
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