Polizeigewalt 1. Mai 2009 - KPà Oberösterreich
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<strong>Polizeigewalt</strong> am <strong>1.</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2009</strong> Seite 11<br />
Beschwerde an die Volksanwaltschaft<br />
<strong>Mai</strong>demo wurde verhindert<br />
Mit Schrei ben vom 5. Juni <strong>2009</strong> er folg te eine Be schwer de über die Po li zei will kür<br />
am <strong>1.</strong> <strong>Mai</strong> an die Volks an wäl tin Te re zi ja Stoi sits. Hier das Schrei ben im Wort laut:<br />
Sehr geehrte Frau Volksanwältin!<br />
Ich erhebe hiermit in meiner Eigenschaft<br />
als Anmelder der Demonstration und damit<br />
Vertreter gegenüber der Behörde Beschwerde<br />
wegen Rechtsverletzungen gegen<br />
die Sicherheitsdirektion für Oberöster -<br />
reich (vertreten durch Sicherheitsdirektor<br />
Mag.Dr. Alois Lißl) und die Bun des po li zei di -<br />
rektion Linz (vertreten durch Polizeidirektor<br />
Dr. Walter Widholm) wegen Verhinderung<br />
einer ordnungsgemäß angemeldeten und<br />
genehmigten Demonstration am <strong>1.</strong> <strong>Mai</strong><br />
<strong>2009</strong>.<br />
Obwohl keinerlei Gewalt oder sonstige<br />
gesetzeswidrigen Handlungen seitens der<br />
DemonstrationsteilnehmerInnen vorlagen<br />
(was durch Foto- und Videomaterial sowie<br />
Aussagen hunderter AugenzeugInnen ausrei<br />
chend be legt ist) er folg te am Sam mel -<br />
punkt dieser Demonstration ein in keiner<br />
Weise gerechtfertigter und unverhältnismäßiger<br />
Polizeieinsatz. Dabei wurde ohne ent -<br />
sprechenden Anlass mit Befehls- und<br />
Zwangsgewalt eine gesetzlich nicht gerecht -<br />
fertigte Identitätsfeststellung für einen Teil<br />
der DemonstrationsteilnehmerInnen durch -<br />
gesetzt.<br />
Durch den rund 2 ½ Stun den dau ern den<br />
Polizeieinsatz wurde ein ordnungsgemäßer<br />
Ablauf der Demonstration verhindert, sodass<br />
die se nicht statt fin den konn te. Durch<br />
die Vor gangs wei se der Po li zei sehe ich mich<br />
im verfassungsmäßigen Grundrecht der<br />
Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit,<br />
verankert im Staatsgrundgesetz, Versamm -<br />
lungsgesetz sowie der Europäischen Men -<br />
schenrechtskonvention, verletzt.<br />
Vor al lem hal te ich es als mit der De mon -<br />
strationsfreiheit unvereinbar, wenn die Polizei<br />
die Teilnahme an einer Demonstration<br />
von einer präventiven Identitätsfeststellung<br />
abhängig macht. Schwerwiegend ist meines<br />
Erachtens die Vorgangsweise der Polizei<br />
auch in Hin blick da rauf, dass es sich um<br />
eine tra di tio nell am <strong>1.</strong> <strong>Mai</strong> als ge setz li chen<br />
Feiertag stattfindende Demonstration handelt.<br />
Mei ne Be schwer de rich tet sich ge gen<br />
die rechtswidrige Vorgangsweise der Polizei<br />
um eine Beispielswirkung einer solchen<br />
Handlung für die Zukunft auszuschließen.<br />
Eine genaue Darstellung der Ereignisse<br />
ist der Sachverhaltsdarstellung im Anhang<br />
zu entnehmen. Ich ersuche die Volksanwaltschaft<br />
um entsprechende Behandlung dieser<br />
Be schwer de und ste he für wei te re Aus -<br />
künfte gerne zur Verfügung.<br />
Mit freundlichen Grüßen!<br />
Leo Furtlehner<br />
Die Po li zei bei der "Ar beit".<br />
Eugenie Kain (1960-2010):<br />
Offensichtlich<br />
Radaubrüder<br />
Es ist schon wie der was pas siert. Kra wall<br />
zu Fronleichnam. Polizisten haben am<br />
Pfarrplatz die Prozession eingekesselt. Ver -<br />
mummte hätten sich eingeschlichen. Die<br />
Exekutive hat einen Tipp bekommen. Ge -<br />
waltbereite Elemente. Im Zuge einer Wallfahrt<br />
nach Linz09 ha ben sie ge gen das Asyl -<br />
gesetz demonstriert. Jetzt verbergen sie<br />
sich hin ter dem Bal da chin.<br />
Klosterschwestern nehmen die Sonnenbrillen<br />
ab, Kommunionskinder die Kapuzen,<br />
Novizen nesteln an Kutten. Die Beamten<br />
las sen sich Zeit. Ge mur re un ter den War -<br />
tenden. Unmutsäußerungen. Stimmen wer -<br />
den laut. »Sie kön nen ja al lei ne ge hen«,<br />
sagt der Ein satz lei ter zum Pries ter mit der<br />
Mon stranz. »Alle an de ren blei ben da, bis<br />
wir die Per so na lien ha ben«. »Wir ge hen alle<br />
ge mein sam«, sagt der Pries ter.<br />
»Sie hät te ich für klü ger ge hal ten«, sagt<br />
der Ein satz lei ter. Er spricht in sein Funk ge -<br />
rät. Behelmte Overallträger quellen aus Einsatzwägen.<br />
Touristen wissen nicht, ob das<br />
eine künstlerische Intervention der Kultur -<br />
hauptstadt ist und knipsen vorsichtshalber.<br />
Müt ter mit Kin der wä gen und El tern mit klei -<br />
nen Kin dern ge ra ten in Pa nik. Die Be am ten<br />
ste hen stramm. Ein Pries ter, der au gen -<br />
schein lich aus Afri ka kommt, flüs tert ei nem<br />
Kol le gen zu: »Ver zeih, ich hal te mich im<br />
Hin ter grund, ich brau che bald ein Vi sum.«<br />
Die Be am ten füh len sich durch das im mer<br />
stärker werdende Gemurre provoziert.<br />
Als eine Pfadfinderin zur Personalienaufnah<br />
me aus dem Kes sel ge zerrt wird, ein äl -<br />
te rer Kreuz trä ger mit sei ner Last ins<br />
Schwan ken kommt und des halb ein Mi nis -<br />
trant mit dem Weih rauch fass den Over alls<br />
zu nahe kommt, eska liert die Si tua ti on. Pfef -<br />
ferspraydosen werden gezückt, Gummi -<br />
knüp pel ge hen in die Höhe und sau sen auf<br />
Köpfe und Rücken. Der evangelische Superintendent,<br />
im christlichen Sinne mit den<br />
Gläubigen am Pfarrplatz verbunden, will<br />
dem Mäd chen hel fen. Er wird nie der ge -<br />
knüp pelt, ver haf tet. Was hat te er auch bei<br />
einer katholischen Prozession mit Ver -<br />
mummten verloren?<br />
Und ich? Ich woll te den ers ten <strong>Mai</strong> fei ern,<br />
am <strong>Mai</strong>aufmarsch teilnehmen und am<br />
Hauptplatz die Internationale singen, wie<br />
die Jah re zu vor. Ich habe nie man den an ge -<br />
pö belt. Ich habe nicht ge grölt. Ich habe nie -<br />
man den pro vo ziert, ich habe ge gen nie -<br />
mand das Wort er ho ben, schon gar nicht die<br />
Hand zum Hit ler gruß. So bin ich zum of fen -<br />
sichtlichen Radaubruder geworden. Da wird<br />
noch einiges passieren. Willkommen, offen -<br />
sichtliche Radaubrüder vereinigt euch!<br />
KUPF-Zei tung, Juni <strong>2009</strong>