Polizeigewalt 1. Mai 2009 - KPà Oberösterreich
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Seite 4 <strong>Polizeigewalt</strong> am <strong>1.</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2009</strong><br />
Die Er eig nis se am <strong>1.</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2009</strong> in Linz<br />
Polizeiwillkür verhinderte<br />
<strong>Mai</strong>demonstration<br />
Seit 1992 fin det in Linz am <strong>1.</strong> <strong>Mai</strong> eine vom Ak tions ko mi tee <strong>1.</strong> <strong>Mai</strong> or ga ni sier te<br />
überparteiliche und internationalistische <strong>Mai</strong>demonstration statt. Auch <strong>2009</strong> wurde<br />
wieder eine solche vorbereitet und bei mehreren Treffen des Aktionskomitees beraten<br />
und am 20. März bei der Bun des po li zei di rek ti on Linz an ge mel det. Dazu fand am 16.<br />
April in der Bun des po li zei di rek ti on die üb li che Be spre chung mit den Ver tre tern von<br />
Po li zei, Linz Li nien usw. über den Ab lauf der De mon stra tio nen und Kund ge bun gen<br />
von SPÖ und Ak tions ko mi tee statt.<br />
Da bei ging es wie auch in den Vor jah ren<br />
um Routinefragen des Verkehrsablaufs etc.,<br />
wie üb lich wur de die Fra ge nach der Be tei li -<br />
gung von MigrantInnenorganisationen gestellt.<br />
Auf die Fra ge be züg lich des ak tu el len<br />
Stan des des von der rechts ex tre men Na tio -<br />
na len Volks par tei (NVP) für den <strong>1.</strong>5.<strong>2009</strong><br />
angemeldeten „Arbeitermarsches“ wurde<br />
mit ge teilt, dass die Prü fun gen dazu noch im<br />
Gange seien.<br />
Auf der Grund la ge die ses Be spre -<br />
chungsergebnisses wurden vom Aktionskomitee<br />
die weiteren Vorbereitungsmaßnah -<br />
men für den <strong>1.</strong> <strong>Mai</strong> (No mi nie rung von Ord -<br />
nerInnen, Festlegung der Reihenfolge der<br />
Aufstellung und der RednerInnen bei der<br />
Kundgebung etc.) getroffen. Im Zusammen -<br />
hang mit dem seit No vem ber <strong>2009</strong> an ge kün -<br />
dig ten „Ar bei ter marsch“ der NVP – der erst<br />
kurz vor dem <strong>1.</strong> <strong>Mai</strong> be hörd lich ver bo ten<br />
wurde – war zwangsläufig das Interesse an<br />
der <strong>Mai</strong>demonstration größer als üblich und<br />
ka men auch Men schen aus an de ren Bun -<br />
des län dern am <strong>1.</strong> <strong>Mai</strong> nach Linz.<br />
Umso über ra schen der war für die Men -<br />
schen die am <strong>1.</strong> <strong>Mai</strong> zum Sam mel punkt der<br />
<strong>Mai</strong>demonstration am Blumauerplatz kamen<br />
eine bislang bei keiner <strong>Mai</strong>demonstration<br />
übliche massive Präsenz hochgerüsteter<br />
Po li zei, die mit ei nem Kor don die Land stra -<br />
ße ge gen eine Grup pe von etwa 50 Men -<br />
schen aus dem au to no men Spek trum vor<br />
dem Lautsprecherwagen blockierte.<br />
Gesetzeskonform wurde von der Demo -<br />
lei tung auf die Ein hal tung des Ver mum -<br />
mungsverbotes hingewiesen. Im Zuge der<br />
weiteren Aufstellung reihten sich entspre -<br />
chend dem Demoplan die verschiedenen<br />
Gruppen nach dem Lautsprecherwagen ein,<br />
während sich die autonome Gruppe und<br />
MAIZ (die Frau en tru gen Mund schutz als<br />
Aus druck des Pro tests, was von der Po li zei<br />
ebenso als Vermummung interpretiert wur -<br />
de wie das Tra gen von Son nen bril len) am<br />
Ende des Zu ges be fan den. Wie hun der te<br />
Zeu gIn nen und zahl rei ches Foto- und Vi -<br />
deomaterial beweisen war niemand in ir -<br />
gendeiner Weise vermummt.<br />
In der Fol ge wur de die au to no me Grup pe<br />
jedoch von einem Großaufgebot von Polizisten<br />
eingekesselt und die Einsatzleitung er -<br />
klär te, die se Grup pe könn te erst nach ei ner<br />
Identitätsfeststellung an der Demo teilnehmen,<br />
die übrigen TeilnehmerInnen könnten<br />
mit der Demo be gin nen.<br />
Die Aufforderung an der Identitätsfeststellung<br />
mitzuwirken wurde vom Anmelder<br />
der Demo ab ge lehnt, da dies nicht Auf ga be<br />
der Demonstrationsleitung ist und es auch<br />
keinerlei Anlass, etwa durch strafrechtlich<br />
relevante Handlungen gab, die eine solche<br />
Identitätsfeststellung erforderlich gemacht<br />
hätten. Mit dieser Eskalation wurde deutlich,<br />
dass die Polizei offensichtlich ein Exempel<br />
statuieren und bestimmen wollte, wer an der<br />
Demo teil neh men darf und wer nicht. In Ab -<br />
sprache mit den Verantwortlichen der am<br />
Aktionskomitee beteiligten Gruppen wurde<br />
ver ein bart, dass die Demo so lan ge nicht be -<br />
ginnen würde, als die Polizei die autonome<br />
Gruppe an einer Teilnahme behindert.<br />
Mittlerweile war auch Rechtsanwalt Mo -<br />
rin ger an den Schau platz ge kom men und<br />
besprach mit dem Polizeijuristen Fuchs die<br />
juristischen Aspekte. Bei diesen Gesprä -<br />
chen wur de deut lich, dass Fuchs als Ver tre -<br />
ter der Be hör de ver such te die Lage zu ent -<br />
spannen, während der Einsatzleiter Weber<br />
als Vertreter des Wachdienstes eindeutig<br />
auf Eskalation setzte. Moringer informierte<br />
die Eingekesselten anschließend per Mega -<br />
phon, dass die Polizei ungeachtet konkreter<br />
Gesetzesverstöße eine Identitätsfeststellung<br />
erzwingen kann, wogegen später<br />
Rechtsmittel möglich sind.<br />
Durch die mittlerweile schon fortgeschrit -<br />
te ne Zeit wur de in Ab spra che der Ver ant -<br />
wortlichen der einzelnen Gruppen des Aktionskomitees<br />
vereinbart, die Demo nicht<br />
mehr durch zu füh ren, son dern an Ort und<br />
Stel le als Kund ge bung zu been den. In der<br />
Folge sprachen VertreterInnen von ATIGF,<br />
ADA, ADHK, SLP und KPÖ kurz zu den laut<br />
Polizeiangaben insgesamt 500 bis 700 TeilnehmerInnen.<br />
Während dieser improvisierten Kundgebung<br />
begann das Großaufgebot von über<br />
200 Polizisten die Identitätsfeststellung mit<br />
Gewalt durchzusetzen indem systematisch<br />
alle Personen aus dem Kessel herausgeholt<br />
wurden, wenn zur Ausweisleistung aufgefor -<br />
derte Personen nicht freiwillig dazu bereit<br />
wa ren. Im Zuge des sen wur den zahl rei che<br />
Personen mit Brachialgewalt durch Einsatz<br />
von Pfefferspray, Schlagstöcken, Nieder -<br />
drü cken auf den Bo den durch meh re re Poli -<br />
zisten und Fesselung mit Kabelbindern zur<br />
Identitätsfeststellung gezwungen und dabei<br />
auch mehrere Betroffene verletzt und mussten<br />
sich in ärztliche Behandlung begeben.<br />
Alle Per so nen der Grup pe wur den mit ei nem<br />
vorgehaltenen Namensschild fotografiert.<br />
Gegen die Vorgangsweise der Polizei<br />
reg te sich mas si ver Pro test der übri gen De -<br />
monstrationsteilnehmerInnen durch Sprechchöre<br />
usw. Laut Augenzeugenberichten und<br />
einem im Internet kursierenden Video dürfte<br />
sich ein Po li zei spit zel in der Grup pe be fun -<br />
den ha ben, weil die ser beim Ver such ihn<br />
aus der Grup pe zu zer ren „Ich bin Be am ter,<br />
ich bin Be am ter“ rief und an schlie ßend ohne<br />
Identitätsfeststellung zur Seite geschleust<br />
wurde.<br />
We gen sei nes Pro tests ge gen eine der -<br />
artige Behandlung einer Jugendlichen wur -<br />
de Rainer Zendron, Vizerektor der Kunstuniversität,<br />
der als Zuschauer die Ereignisse<br />
verfolgte wegen Widerstand gegen die<br />
Staatsgewalt verhaftet, abgeführt und sieben<br />
Stun den lang fest ge hal ten. Aus der au -<br />
tonomen Gruppe wurden ebenfalls einige<br />
Personen verhaftet und längere Zeit inhaftiert.<br />
Ins ge samt kam es zu fünf Fest nah men<br />
und gab es 22 Ver letz te.<br />
Im Zuge der Amts hand lung wur den meh -<br />
re re Poli zis ten durch den von Po li zei selbst<br />
eingesetzten und vom Wind verwehten Pfeffer<br />
spray ver letzt. Als Er satz für sie mar -<br />
schierte eine Gruppe weißbehelmter Polizisten<br />
aus Rich tung Land stra ße mit ten durch<br />
die KundgebungsteilnehmerInnen, womit<br />
das Klima zusätzlich angeheizt wurde.<br />
Nach Abschluss der Identitätsfeststellung<br />
wur de die Kund ge bung um ca. 13.30<br />
Uhr mit dem Hin weis sich nicht pro vo zie ren<br />
zu las sen und ei nem Pro test ge gen das Vor -<br />
gehen der Polizei aufgelöst, die Teilnehme -<br />
rIn nen ent fern ten sich und die Po li zei zog<br />
ab.<br />
Bei spiel ei ner Ver let zung durch Po li zei -<br />
ge walt am <strong>1.</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2009</strong>