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Dorfblatt GEMEINDE KIENS

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Chronik<br />

hehre Tag, an welchem einst der hl. Franz einige Zeit vor Alvernia,<br />

erglüht von Seraphsliebe, an seinem Leibe die heiligen<br />

Wundmale unserer Erlösung, das Siegel der Gleichförmigkeit<br />

mit Christus dem Gekreuzigten, eingedrückt, und Allen sichtbar<br />

erhalten hat. Gewiß war dieser Tag bedeutungsvoll für<br />

den Neuling Albert, und eine stets wiederkehrende Mahnung,<br />

daß er in der Schule des seraphischen Patriarchen nichts zu<br />

wissen begehren, als Jesum den Gekreuzigten, in diesem allein<br />

sich rühmen, daß er der Welt, und diese ihm gekreuziget<br />

sein, und nichts, weder Hunger noch Blöße, keine Verfolgung,<br />

kein Leiden noch Verbannung ihn von der Liebe Jesu zu trennen<br />

vermögen soll. Wie wahr und ernst Albert seinen Beruf<br />

erfaßte, und demselben in Allem treu und vollkommen zu entsprechen<br />

sich beeiferte, überzeugt uns die Eine Stimme Aller,<br />

die ihn kannten, und deren Viele noch mit Ehrfurcht an ihn<br />

sich erinnern, wie das außerordentliche Zutrauen, dessen ihn<br />

die Ordensvorstehung würdigte. Es liegen uns authentische<br />

Zeugnisse vor, welche ihn als echten Geistesmann, wahren<br />

Tugendhelden und vollendeten Religiosen schildern. Ungeheuchelte<br />

tiefe Demuth, diese ewige Bedingung, dieser notwendige<br />

Grund aller und jeder Tugend, zarte Bescheidenheit,<br />

äußere Armut, wo es Not tut, selbst Feinheit der Sitten und<br />

Zierlichkeit der Sprache; übrigens heiliges Stillschweigen,<br />

Liebe zur Einsamkeit, Gebetsglut, körperliche Züchtigung,<br />

freidige Geduld, Geist der Armut usw. Dies, und was nur immer<br />

einen Mönch und Priester, einen Kapuziner schmücken<br />

kann, leuchtete vereint an ihm hervor, und machte ihn vor<br />

Gott so wohlgefällig, den Mitbrüdern so ehr- und liebenswürdig,<br />

aber auch den Namen Albert außerhalb der Klostermauern<br />

so achtungswürdig. Darauß entquoll die Fülle des<br />

Geistes, die erstaunliche Kraft und heilige Salbung, daher<br />

der Segen, der seine apostolischen Arbeiten begleitete.<br />

Während Albert seiner Selbstvervollkommnung einzig befl issen<br />

war, und ein in Christus verborgenes Leben für allzeit<br />

führen zu dürfen wähnen mochte, wollte der Herr, daß sein<br />

Diener durch das tätige Leben zum Heile der Menschheit die<br />

doppelte Krone erwerbe. Als Licht auf den Leuchter gestellt,<br />

sollte er weithin in die Finsternisse verkehrter Doktrinen<br />

leuchten, und als frisches Salz seine Umgebungen vor sittlicher<br />

Fäulnis bewahren.<br />

Bald nachdem er die vorgeschriebenen Studienjahre mit<br />

Auszeichnung im Kloster zu Brixen im Jahre 1777 geendet,<br />

betrauten ihn die Vorstände des Ordens, welche seine fünf<br />

Talente erschaut, und wessen Geistes er sei, hinlängliche<br />

Proben hatten, mit den vornehmsten Predigtkanzeln, die sie<br />

damals wie jetzt zu versehen hatten. Von nun an entwickelte<br />

Albert sein herrliches Genie als Kanzelredner durch drei<br />

volle Dezennien, anfänglich in der Kathedrale zu Brixen,<br />

nachher an der Kollegiatkirche zu Bozen auf die glänzendste<br />

Weise. Ausgerüstet mit menschlicher und göttlicher Wissen-<br />

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<strong>Dorfblatt</strong> <strong>GEMEINDE</strong> <strong>KIENS</strong><br />

schaft, verkündete er das Wort Gottes wie einer, der Macht<br />

hat; nach dem Vorgange des hl. Paulus hielt er dasselbe nicht<br />

für gebunden; es ward in seinem Munde zum zweischneidigen<br />

Schwerte, das in´s Innerste der Seele dringt. Unerschrocken<br />

und mit beispielloser Freimütigkeit, dabei voll Liebeseifer<br />

griff er in gewandter schlagender Rede die Staat und Kirche<br />

bedrohenden Grundsätze damaliger Zeit, und besonders die<br />

des französischen Philosophismus an, welche selbst bis in´s<br />

Tirol gedrungen waren, in weiten Kreisen wie Knochenfraß<br />

sich auszubreiten, und selbst bis in´s Heiligtum sich einzuschmuggeln<br />

suchten. Mündlich und schriftlich, gelegen und<br />

ungelegen berichtigte er die Irrtümer, widerlegte die Einwürfe,<br />

verteidigte die hl. Offenbarung gegen den allen positiven<br />

Glauben unterminierenden Nationalismus in aller Sanftmut<br />

und Lehrweisheit. Er beriet die Zweifelnden, ermunterte<br />

die Zagenden, stärkte die Wankelmütigen, tröstete die Trauernden,<br />

richtete die Niedergeschlagenen auf, wies die Fehlenden<br />

zurecht, führte die Irregegangenen zurück, strafte und<br />

brandmarkte die Laster und die Sünden der Zeit. Vor Aller<br />

Augen deckte er die fi nsteren Wege und teufl ischen Mittel der<br />

falschen Aufklärer, der Esprits forts, wie sie sich zu nennen<br />

beliebten, das Gott,- Gewissen- und Heillose ihres Treibens<br />

auf, beklagte mit dem Eifer eines Propheten den Verfall der<br />

Religion und Sitten, den Umsturz der Altäre und Thronen als<br />

notwendige, schreckliche Folge ihrer Lehren. Mochte P. Albert<br />

sein liebes Bozen immerhin noch mit Recht das Marianische<br />

nennen, um so schmerzlicher mußte ihm die gemachte<br />

Entdeckung fallen, daß selbst hieher manche irreligiöse<br />

Schriften in allen Formen aus den Fabriken französischer Encyklopädisten<br />

und frivoler Tagesskribenten nikolaischer Führung<br />

spediert und in Umlauf gesetzt wurden, und daß sich für<br />

die Fakel der Aufklärer viel des brennbaren Stoffes anhäufte.<br />

Aber auch umso mehr entzündete sich sein Eifer für die Sache<br />

Gottes und das Heil der Erlösten. Mit Spähers Auge verfolgte<br />

er die vorgeblichen Weltbeglücker und Freiheitsapostel. So<br />

geschah es, daß der unermüdete Verkünder der Wahrheit,<br />

der Wächter und Bewahrer des heiligen Gesetzes, als treuer<br />

Jünger des Herrn würdig geachtet wurde, für den Namen<br />

Jesu Schmach und Verleumdung, Schläge und Verfolgung,<br />

Absetzung und Verbannung zu tragen. Er war als Opfer einiger<br />

lichtscheuen Gottlosen ausersehen. Nächtlicher Weile<br />

wagten einige verworfene Menschen öfter ihn unter dem<br />

Vorwande, diesen oder jenen gefährlichen Kranken besuchen<br />

zu sollen, aus dem Kloster herauszulocken, um seiner habhaft<br />

zu werden, was jedoch vereitelt wurde bis auf einmal,<br />

wo er von Vermummten schrecklich mißhandelt, in´s Kloster<br />

kaum mehr zurückkehren konnte. Nur unter quasi Bedeckung<br />

mochte er noch aus der Pforte sich heraus wagen, und so die<br />

Kanzel besteigen, um nicht Insultierungen jeder Art ausgesetzt<br />

zu sein.

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