Magazin - Ausgabe 47 - Frühjahr/Sommer 2013
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8 Titelthema<br />
Titelthema 9<br />
Kommentar<br />
Was macht Entscheidungskompetenz aus?<br />
Prof. Hans Helmut Schetter<br />
Wer baut, bewegt sich im Projektgeschäft und hat es fast immer<br />
mit Unikaten zu tun. Ein Projekt muss geführt werden. Ein<br />
ungeführtes Projekt wird aus dem Ruder laufen, die negativen<br />
Folgen beschleunigen sich wie bei einer abgehenden Lawine von<br />
allein. Demzufolge ist die adäquate Besetzung der Projektleitung<br />
ein entscheidender Erfolgsfaktor. Entscheidungskompetenz ist<br />
dabei neben Fachwissen, Organisationstalent, Übersicht, Vertragsverständnis,<br />
Menschenführung und anderem eine zentrale<br />
und somit unverzichtbare Performance.<br />
Im Projektgeschäft sind laufend termingebundene Entscheidungen<br />
zu treffen. Der Verantwortliche hat sorgfältig Fakten zu<br />
analysieren, Einfluss auf Qualität, Budget und Zeit zu beurteilen,<br />
Zukünftiges einzuschätzen und Risiken abzuwägen.<br />
Entscheidungen zu treffen ist untrennbar<br />
mit dem Tragen von Verantwortung verbunden.<br />
Bei alltäglichen Fragen bedarf dies keiner<br />
besonderen Erwähnung. Bei Entscheidungen<br />
besonderer Tragweite kann die Last erdrückend<br />
werden. Hier sind dann höhere Ebenen in der<br />
Organisation gefordert. In Bauprojekten gibt es<br />
unterschiedliche Entscheidungsfelder. In der Planungsphase<br />
hat der Bauherr vor Baubeginn das Bausoll festzulegen. Ein<br />
kluger Kopf hat einmal gesagt: „Planung ist geistige Vorwegnahme<br />
sinnvollen Handelns“. Entscheidungen nach Baubeginn<br />
einhergehend mit baubegleitender Planung generieren häufig<br />
Störpotential. Dies erzeugt vertragliche Ansprüche, provoziert<br />
Vertragsstreitigkeiten und gefährdet Qualität, Budget und Zeit.<br />
Die Wahl der bauausführenden Vertragspartner hat weitreichende<br />
Konsequenzen. Entscheidungskompetenz muss dabei weit mehr<br />
beinhalten als Vergabe an den Billigsten. Es gilt, Leistungsvermögen,<br />
Referenzen, Kapazitäten und vieles mehr als Grundlage<br />
für Entscheidungen heranzuziehen. Entscheidungen in der Bauphase<br />
sind für die ausführenden Firmen operativer, für Bauherr<br />
und Planer überwachender Natur.<br />
Entscheidungen<br />
zu treffen ist<br />
unmittelbar mit dem<br />
Tragen von Verantwortung<br />
verbunden.<br />
Entscheidungskompetenz zeichnet sich aus durch Stärke, klare<br />
Entscheidungen rechtzeitig zu treffen, und Willen, sie anschließend<br />
auch durchzusetzen. Ausgehend vom und letztlich auch<br />
limitiert durch das Begabungsprofil des Mitarbeiters kann die<br />
Fähigkeit dazu wie vieles erlernt, geschult und weiterentwickelt<br />
werden. Die überwiegende Menge anstehender Bauaufgaben wird<br />
im Sinne des Vorerwähnten plan- und zielgerecht durchgeführt.<br />
Wenn wir uns aber aktuellen Großprojekten zuwenden, lassen<br />
Negativbeispiele wie BER, Elbphilharmonie und andere mehr<br />
und mehr Zweifel an den Fähigkeiten der Beteiligten aufkommen.<br />
Dabei vermischt sich vieles. Extrem lange Genehmigungsphasen<br />
begleitet von Änderungen des Zeitgeistes, der Randbedingungen,<br />
des Bausolls, der Vorschriften und der Markt preise<br />
hebeln Zeit- und Kostenpläne regelmäßig aus. Hinzu<br />
kommt, dass insbesondere bei öffentlichen Bauvorhaben<br />
in Zeiten leerer Kassen das Budget „auf Kante<br />
genäht“ wird. Es ist aber eine Binsenweisheit, dass<br />
gerade bei komplexen Großprojekten Unvorhergesehenes<br />
in der Kalkulation angemessen dotiert werden<br />
muss. Der Gotthardbasistunnel mag als positives Beispiel<br />
dienen, er liegt immer noch im Budget und das, obwohl in<br />
extremer Art geologisches und baubetriebliches Neuland betreten<br />
wurde. Risiken, die vertraglich auf der Seite des Bauherrn lagen,<br />
haben zu berechtigten und zeitnah beauftragten Mehrleistungen<br />
der ausführenden Firmen geführt. Für mich besteht kein Zweifel,<br />
dass es uns nicht an Kompetenz auf Seiten aller am Bau Beteiligten<br />
fehlt. Da, wo es Probleme gibt, ist sie nicht oder nicht geeignet im<br />
Projekt etabliert worden. Mit der Wahl der passenden Projektleitung<br />
sowohl auf Seiten des Bauherrn als auch seiner Auftragnehmer<br />
sorgen wir für Führung und allfällige Entscheidungskompetenz im<br />
Projekt und stellen damit Übersicht und Handlungsfähigkeit sicher.<br />
Erfolgreich verlaufene Projekte werden wie in der Vergangenheit<br />
auch künftig Zeugnis vom Können all unserer Bauschaffenden<br />
ablegen. ❚<br />
Prof. Hans Helmut Schetter ...<br />
... war 16 Jahre lang Mitglied des Vorstandes der Bilfinger SE.<br />
Er verantwortete dort neben weiteren Bereichen die Ressorts<br />
Personal und Technik sowie Teile des in- und ausländischen<br />
Baugeschäfts. Heute gehört er unter anderem dem Beirat der<br />
GOLDBECK Unternehmensgruppe an.<br />
GOLDBECK <strong>47</strong> | <strong>2013</strong> GOLDBECK <strong>47</strong> | <strong>2013</strong>