Handout Orchideen - Freundeskreis Botanische Gärten Bonn ...
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Handreichung "<strong>Orchideen</strong>"<br />
Die Pollen sind bei <strong>Orchideen</strong> zu Pollinien mit angehefteten Viscidien (Viscidium =<br />
Klebscheibe, Klebkörper) zusammengeballt (eine Ausnahme bilden dabei<br />
beispielsweise die Cypripedioideae). Dies ermöglicht es, die Pollenpakete exakt zu<br />
positionieren, so dass es möglich ist, dass an einem Bestäuber die Pollinien<br />
verschiedener Arten befestigt werden können, ohne dass es zu falschen<br />
Bestäubungen kommt. An verschiedenen Bienenarten (Euglossinae) konnten bis zu<br />
13 Anheftungsstellen festgestellt werden. Im Gegensatz zu anderen Blütenpflanzen<br />
dient der <strong>Orchideen</strong>pollen nicht als Nahrung.<br />
Eine ungewöhnliche Bestäubungstechnik wendet die epiphytisch lebende<br />
chinesische <strong>Orchideen</strong>art Holcoglossum amesianum an: die Antherenkappe öffnet<br />
sich und die männlichen Staubfaden drehen sich aktiv und ohne jedes Hilfsmittel um<br />
fast 360 Grad in Richtung der weiblichen Narbe. Die an dem biegsamen Staubfaden<br />
befestigten Pollenkörner werden anschließend bei Berührung der Narbe freigegeben,<br />
so dass eine Selbstbefruchtung erfolgen kann. Es wird vermutet, dass es sich bei<br />
dieser Technik um eine Anpassung der Orchidee an ihren trockenen und<br />
insektenarmen Lebensraum handelt, die womöglich bei Pflanzen vergleichbarer<br />
Biotope gar nicht so selten ist. Die bereits bekannte Selbstbestäubung der Bienen-<br />
Ragwurz (Ophrys apifera) folgt einem ähnlichen Schema.<br />
5.4. Vegetative Vermehrung<br />
Verschiedene Arten haben die Möglichkeit, sich durch die Bildung von Stolonen (z.B.<br />
Mexipedium xerophyticum), Knollen (z.B. Pleionen) oder Kindeln (Adventiv-Pflanzen;<br />
z.B. Phalaenopsis lueddemanniana) auf vegetativem Weg fortzupflanzen. Die<br />
entstehenden Pflanzen sind genetisch identisch.<br />
Meristeme: Die Vermehrung über Meristeme erfolgt vor allem im Erwerbsgartenbau<br />
zur Erzeugung großer Mengen von <strong>Orchideen</strong> für den Schnitt als auch zum Verkauf<br />
als Topfpflanze, welche man häufig in Pflanzencentern oder Baumärkten erwerben<br />
kann. Große Produzenten findet man vor allem in den Niederlande oder in Thailand.<br />
Außerdem ist es die einzige Möglichkeit, von bestimmten Klonen, beispielsweise<br />
prämierten Pflanzen, identische Nachkommen zu erzeugen, die auch den gleichen<br />
Kultivarnamen tragen dürfen. Im Erwerbsgartenbau geht man bei der<br />
Massenvermehrung aber immer mehr dazu über, mittels in-vitro Aussaat von<br />
<strong>Orchideen</strong>samen und Clusterbildung durch Hormongaben den Bedarf zu decken.<br />
6.0. Evolution<br />
Wann sich die <strong>Orchideen</strong>familie entwickelt hat, konnte bisher noch nicht genau<br />
bestimmt werden, da es kaum Fossilien von <strong>Orchideen</strong> gibt. Wahrscheinlich bildeten<br />
sich die ersten <strong>Orchideen</strong> zwischen dem Ende der Kreidezeit/Anfang des Paläozän<br />
und dem Eozän.<br />
Es wird angenommen, dass sie sich in einem tropischen Gebiet, in offenem Gelände<br />
auf möglicherweise felsigen Standorten als erstes entwickelten. Die Verbreitung<br />
verschiedener primitiver <strong>Orchideen</strong> (z.B. Vanilla, Corymborkis) und das Vorkommen<br />
der primitiven Gattungen (z.B. Cypripedium, Epistephium) in nahezu allen tropischen<br />
Gebieten sind ein Indiz dafür, dass die Entwicklung der <strong>Orchideen</strong> in einer Zeit<br />
begonnen haben muss, in der Afrika und Südamerika enger beieinanderlagen<br />
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