Pseudoatrophia cerebri. - Kinderzentrum Mecklenburg
Pseudoatrophia cerebri. - Kinderzentrum Mecklenburg
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Pubertät oder psychiatrische<br />
Erkrankung?<br />
Selbstverletzung, Melancholie und Essstörung
� Pubertät in der heutigen Zeit. Allgemeines und<br />
Besonderheiten<br />
� Essstörungen<br />
� Depression<br />
� Selbstverletzung<br />
Übersicht:
Entwicklungsphasen<br />
� Schwangerschaft<br />
� Säuglingszeit (bis 12. Monat)<br />
� Kleinkindalter (13.Kleinkindalter (13.-36. Monat)<br />
� Kindergarten- und Vorschulalter (3-5 Jahre)<br />
� Schulalter (6 ––11 Jahre)<br />
� Pubertät und Adoleszenz (10-18 Jahre)
Die Pubertät
Die Pubertät<br />
� lat. pubertas, „Geschlechtsreife“<br />
� Sie umschreibt die biologischen und psychischen<br />
Vorgänge, die mit der körperlichen und sexuellen<br />
Reifung verbunden sind.<br />
� Sie wird markiert durch das Auftreten der Menarche<br />
bzw. der ersten Ejakulation
Die Adolesenz
Die Adoleszenz<br />
� umfasst die psychosoziale Bewältigung der<br />
körperlichen und sexuellen Reifung bzw. die<br />
Anpassung der Persönlichkeit des Kindes an die<br />
Pubertät<br />
� die körperlichen Reifungsvorgänge gibt Anstoß für<br />
alle Veränderungen – daher lässt sich die Pubertät als<br />
Beginn der Adoleszenz auffassen.
Immer früher reif<br />
� „Trend zur immer früheren Geschlechtsreife ist in<br />
Deutschland ungebrochen.“<br />
Ursachen:<br />
� verbesserten Ernährungslage, besserer<br />
Gesundheitszustand der Bevölkerung.<br />
� Menarche: 1860: 16,6 Jahren, 2010: 10,5 Jahre
Somatisch:<br />
� deutlich erhöhten Konzentration der<br />
Geschlechtshormone<br />
� Körperbehaarung, Menstruation, Produktion von<br />
befruchtungsfähigen Eizellen und Spermien<br />
� Beginn genetisch festgelegt (Pubertätsgene KiSS1 und<br />
KiSS1R)
Neurobiologie der Pubertät<br />
� Reifung des jugendlichen Gehirns von „hinten nach<br />
vorne“<br />
� Myelin/ weiße Substanz ↑; Nervensignale 30mal<br />
schneller<br />
� Wachstumsschub des Gehirns, v.a. präfrontaler<br />
Kortex (Giedd et al., 2009)
Neurobiologie der Pubertät<br />
� ab dem 11. Lebensjahr Umbau von<br />
Nervenverbindungen im Gehirn (McGivern et al.)<br />
� Veränderungen der Hirnaktivität im EEG und Umbau<br />
der kortikaler Netzwerke (Uhlhass et al., 2009),<br />
� Verlust von Synapsen<br />
� → wechselnde Launen und Gemütslagen, Verlust<br />
empathischer Fähigkeiten, Fehlurteile,<br />
Risikobereitschaft und stärkere Reaktion auf<br />
Belohnungen
Neurobiologie der Pubertät<br />
� Überaktivität des mesolimbischen Dopaminsystems<br />
→ Suchtverhalten<br />
� Amygdala: rationale Überlegungen → emotionale<br />
Gefühlsausbrüche.<br />
� Cingulum – Amygdala: Desynchronisation in Reifung:<br />
mehr Streit mit den Eltern<br />
� Melatonin später ausgeschüttet → spätes Aufbleiben<br />
und lange Ausschlafen
Individuelle Akzeleration/<br />
Problembelastung<br />
Jugendlicher:<br />
(Potentielle)<br />
Problemgruppen:<br />
�Retardierte Jungen<br />
�Akzelerierte Mädchen<br />
Aus: Reissig, M.: Körperliche<br />
Entwicklung und Akzeleration<br />
Jugendlicher. Berlin 1985, S. 99<br />
Retardation<br />
60%<br />
50%<br />
40%<br />
30%<br />
20%<br />
10%<br />
0%<br />
2%<br />
54%<br />
29% 32%<br />
50%<br />
retardiert normal akzeleriert<br />
16jährige Mädchen<br />
16jährige Jungen<br />
21%
Individuelle Akzeleration/ Retardation<br />
Akzelerierte Mädchen und retardierte Jungen<br />
widersprechen den Geschlechterstereotypen (Jungen<br />
sollen groß und kräftig sein, Mädchen klein und zart)<br />
� Allgemeine Regel:<br />
Wenn körperliche Prozesse nicht den sozialen<br />
Normen entsprechen, haben sie psychische<br />
Auswirkungen.
Veränderung in der Beziehungsstruktur<br />
� vor dem Einsetzen der Pubertät sind Eltern ( im<br />
Idealfall) die wichtigsten Liebesobjekte<br />
� in der Pubertät kommt es zu einer Lockerung dieser<br />
innigen Beziehung
Veränderung in der Beziehungsstruktur<br />
Beobachtbar sind<br />
� Aufsässigkeit<br />
� Rebellion<br />
� Provokation<br />
� Herabsetzung der Eltern<br />
� Herabsetzung des Lebensstils der Eltern<br />
� Rückfällen in die Abhängigkeit zu den Eltern<br />
und zu kindlichem Verhalten<br />
� Je enger das Verhältnis war, desto stürmischer<br />
kann der Trennungskampf werden
Zentrale Konflikte im Jugendalter:<br />
� interpersonell:<br />
Generationenkonflikt<br />
� intrapersonell/ psychisch:<br />
Autonomie-Abhängigkeits-<br />
Konflikt
Zentrale Konflikte im Jugendalter:<br />
� Identitätssuche und<br />
Identitätskrise<br />
� Identität: “...Definition einer<br />
Person als einmalig und<br />
unverwechselbar durch die<br />
soziale Umgebung wie durch das<br />
Individuum selbst.”
Entwicklungsaufgaben im Jugendalter<br />
(<br />
1. Körperliche Entwicklung verarbeiten<br />
2. Entwicklung der Geschlechtsrolle<br />
3. Beziehungsgestaltung zu Gleichaltrigen<br />
4. Ablösung von den Eltern<br />
5. Aufbau einer Paarbeziehung/ private Lebensplanung<br />
6. Bewältigung von Leistungsanforderungen/ berufliche<br />
Lebensplanung<br />
7. Entwicklung des eigenen Wertesystem
Symptome – auf emotionaler Ebene<br />
� fühlen sich hässlich<br />
� sind aufsässig und extrem gehemmt<br />
� sind wenig Stress tolerant<br />
� erscheinen narzistisch<br />
� sind albern<br />
� verhalten sich provokativ<br />
� sind sehr labil => Gefühlsschwankungen und<br />
mangelnde Selbstkontrolle
Symptome auf sozialer Ebene<br />
� suchen verstärkt Kontakt zu Gleichaltrigen<br />
� bilden Cliquen, orientieren sich an ihrer Peer-Gruppe<br />
� entwickeln ihren eigenen Stil<br />
� möchten „cool“ wirken<br />
� sind oftmals extrem in ihren Standpunkten<br />
� sind „idealistisch“<br />
� lehnen sich gegen Autoritäten auf<br />
� schämen sich z.B. für ihre Eltern<br />
� schwänzen die Schule
Risiken in der Entwicklung
Risiken in der Entwicklung<br />
� probieren Drogen aus (Bsp. Alkohol-Exzesse auf<br />
Klassenfahrten)<br />
� Riskantes Fahrverhalten<br />
� zeigen z.T. Essstörungen<br />
� neigen zu Autoaggression (Ritzen, Suizid)
Kinder psychisch kranker Eltern<br />
� Immer wieder A.P.<br />
� Reiche ich Dir die Hand<br />
� Immer wieder<br />
� Erfahre ich Demütigung<br />
� Immer wieder<br />
� Erlebe ich Abwertung<br />
� Das Unvermögen<br />
� Ein anderes Leben zu begreifen<br />
� Immer wieder<br />
� Sehe ich Verzweiflung<br />
� Immer wieder<br />
� Spüre ich gescheiterte Bindungen<br />
� Ich kann mich so schwer<br />
� Von deinem Gefängnis abwenden<br />
� Immer wieder<br />
� Reiche ich Dir die Hand<br />
� Julia K.
� Hochtechnisierte Welt<br />
� Virtuelle und erlebte Gewalt<br />
� Zerbrochene Familien<br />
� Sexuelle Freizügigkeit<br />
Unterschiede zu früher<br />
� Verfall von Religion und Moral
Reifung des Gehirns<br />
� Langsame Reifung: finales Ergebnis besser mit Langzeitfolgen<br />
� Unterschied Stadt – Land<br />
� Medienkonsum, insbesondere Computerspielen >240min /dies<br />
fördert die Schnellreifung (Notreifung) des Gehirns<br />
� Fernsehkonsum: direkte Korrelation: >Fernsehen führt zu<br />
>aggressivem Verhalten und verringerter Hilfsbereitschaft
Generation Medien (8-18 jährige)<br />
� In der Schule sind 35 Wochenstunden x 45 Minuten<br />
auf 7 Tage verteilt entspräche das 3,75 h<br />
� Multitaskinganteil 29 %<br />
1999 2004 2009<br />
Fernsehen 3,47 3,51 4,29<br />
Musik 1,48 1,44 2,31<br />
Computer 0,27 1,02 1,29<br />
Videospiel 0,26 0,49 1,13<br />
Bücher (!!!) 0,43 0,43 0,38<br />
Kino 0,18 0,18 0,25<br />
Summe 7,29 8,33 10,45
Einfluss der neuen Medien<br />
� Computerspiele:<br />
� 3 Monate nach Schenkung eines Videospiels wurden 2 vergleichbare Kohorten von<br />
Grundschülern nachkontrolliert<br />
� „beschenkte“ Kohorte zeigte signifikante Leistungsdifferenz:<br />
� Schreiben schlechter<br />
� Lesen schlechter<br />
� Schulprobleme zunehmend<br />
� Entscheidend sind Dosis und Art der virtuellen Realität:<br />
� Trennung Virtualität und Realität ist Aufgabe des präfrontralen Kortex<br />
� Präfrontaler Kortex ist im Alter von 10-13 LJ noch besonders unreif<br />
� Facebook und Google+ (?)
Umgang mit Drogen<br />
� Alkoholkrankheit – die Krankheit des pubertären Gehirns<br />
� Prädiktor für Alkoholabhängigkeit: früher Einstieg<br />
� 11 Jahre Beginn: 30 % Wahrscheinlichkeit für schwere<br />
Alkoholerkrankung<br />
� Rauchen (in jedem Alter gefährlich), Passivrauchen erzeugt<br />
Craving, Unterschied: abstinente Raucher – Nichtraucher<br />
� Cannabis: Psychoseauslösung, frühere Erkrankung bei<br />
Psychosegefährdeten, Cannabinoidsystem (Bremse im<br />
Gehirn), wichtig für Erinnerungsfähigkeit
Anorexie
Anorexie
� Essstörungen:<br />
� Weiblich, jung, Zusammenhang mit Pubertät<br />
� Männeranteil unter 10%<br />
� Risikogruppe adoleszente Frauen (College):<br />
� Zwei Drittel diätieren chronisch<br />
� 20% berichten Fressattacken<br />
Essstörungen
� Anorexie:<br />
� 0,2-2% aller Frauen, 15-23 Jahre<br />
� Bulimie:<br />
� 2-4% der Gesamtbevölkerung, 20-30 Jahre, hohe<br />
Dunkelziffer<br />
� Anorexia athletica:<br />
Prävalenzen<br />
� Bis zu 40-60% bei Risikogruppen
Essstörungen und sexuelle<br />
Entwicklung<br />
Ruuska et al. European Child & Adolescent Psychiatry 12:214-220 (2003)<br />
N = 57(w), 14-21 J, AN BN<br />
Finnland<br />
Menarche 12,7 J.<br />
Verabredungen<br />
letzter Monat<br />
Anorexie Bulimie<br />
28,6 %<br />
12,3 J.(<br />
63,2 %<br />
Sexualität = Ekel 76,7 % 39,1 %
Essstörung im Vergleich zur normalen<br />
Körperentwicklung<br />
� Gewicht wird absichtlich unter 10. Altersperzentile<br />
BMI gehalten<br />
� Ausbleiben von mindestens drei<br />
aufeinanderfolgenden Menstruationszyklen<br />
� Östrogenmangel (rel.Testosteronüberschuß)<br />
� Leptinsekretion trennt zw. AN und BN
Körperliche Störungen und<br />
Verhaltensauffälligkeiten<br />
� Laxantienabusus,<br />
� exzessive körperliche<br />
� Betätigung und häufiges Durchführen von Diäten<br />
bereits in frühem<br />
� Alter.<br />
� In der strukturellen Bildgebung findet sich bei<br />
Anorexia nervosa<br />
� nicht selten eine <strong>Pseudoatrophia</strong> <strong>cerebri</strong>.<br />
Essstörungen erfordern<br />
� immer eine interdisziplinäre Diagnostik und<br />
Therapie.
Körperliche Störungen und<br />
Verhaltensauffälligkeiten<br />
� Hypokaliamie,<br />
� Hyperphosphatamie<br />
� metabolische Azidose oder Alkalose<br />
� hohe Amylaseserumkonzentrationen<br />
� veränderte Essgewohnheiten<br />
� Schwierigkeiten der Nahrungsaufnahme im<br />
sozialen Kontext Abneigung gegen Messung des<br />
Gewichts<br />
�
Anorexie<br />
� Anorexie (Magersucht, orexi=Appetit, gr.):<br />
� Appetitverlust, Sucht nach Hunger<br />
� Übersteigerter Wunsch nach Schlankheit und Selbstbestimmtheit,<br />
psychische Störung<br />
� Symptome:<br />
1. Untergewicht < BMI 17,5 oder < 85% Normgewicht<br />
2. Irrationale Angst vor Gewichtszunahme<br />
3. Verzerrte Körperwahrnehmung<br />
4. Ausbleiben der Monatsblutung (Frauen)<br />
1. Varianten<br />
� Restriktiver Typ<br />
� Binge Eating und/oder Purging-Typ
Ursachen
Bulimie<br />
� Bulimie (Ess-Brech-Sucht):<br />
� Wechsel von Heisshunger und Purging<br />
� Wenig auffällig, da kein Untergewicht<br />
� Symptome:<br />
1. Fressattacken: Große Nahrungsmengen in kleinem Zeitraum<br />
mit Erleben von Kontrollverlust<br />
2. Kompensationsmechanismen:<br />
1. Purging-Typ: Selbstinduziertes Erbrechen, Laxantien,<br />
Diuretika,<br />
2. Non-Purging-Typ: übermäßiges Sporttreiben, Fasten/Diät<br />
3. Wechsel von 1 und 2 ca. 2 mal pro Woche über längere Zeit<br />
4. Figur und Gewicht bestimmen Selbsteinschätzung
Körperliche Störungen und<br />
Verhaltensauffälligkeiten<br />
� Wachstumsstörungen,<br />
� große Schwankungen des Körpergewichts<br />
� Unfähigkeit zur Gewichtszunahme<br />
� rasche Erschöpfbarkeit<br />
� Obstipation oder Diarrho<br />
� Neigung zu Knochenbruchen<br />
� verspätete Menarche,
� Gewicht ca.25. BMI-Altersperzentile<br />
� Emotionale Stabilität erreichen<br />
� Autonomie fördern<br />
Behandlungsziele<br />
� Soziale (schulische) Reintegration
Medikamente World Federation of Societies of Biological Psychiatry (WFSBP)<br />
Guidelines for the Pharmacological Treatment of Eating Disorders<br />
� Bei Anorexie<br />
� Zinksupplementation (Grad B)<br />
� Olanzapin (Grad B), alle anderen atypischen Neuroleptika<br />
Evidenzgrad C<br />
� Bei Bulimie<br />
� Trizyklische Antidepressiva (Grad A)<br />
� Fluoxetin und Topiramat sollen ebenso gut wirksam sein<br />
� Bei Binge Eating Disorder<br />
� Sertralin und Topiramat (Grad A)
� Magersucht: 25% symptomfrei<br />
� 50% gebessert<br />
� 25% chronisch krank<br />
�<br />
Prognose<br />
� Bulimie: 40% symptomfrei<br />
� 40% chronisch krank oder<br />
� intermittierender Verlauf<br />
� 20% andere Essstörungen<br />
�<br />
� Günstige Prognose: Kurze Krankheitsdauer vor der ersten<br />
Behandlung<br />
� Cave ca. 60% der anorektischen Patienten entwickeln eine<br />
Bulimie!
Pflegeleicht sein ist nicht Starksein<br />
Mädchen mit Essstörungen haben eine<br />
anlagebedingte hohe Einfühlsamkeit und<br />
Sensibilität mit der dadurch gegebenen<br />
Möglichkeit ein besonders vernünftiges und<br />
pflegeleichtes Kind zu sein.<br />
Dies geht einher mit einer tief verankerten<br />
Fremdbestimmtheit und einem Mangel an<br />
gesunder Aggressivität und Selbstbehauptung.
Melancholie oder Depression<br />
Gibt es Depressionen bei Minderjährigen?<br />
� 1. Depression kann eigenständige Erkrankung sein<br />
und<br />
� 2. Depression können die „Endstrecke“ bei vielen kinder- und<br />
jugendpsychiatrischen Störungen sein:<br />
– z.B. Störung des Sozialverhaltens<br />
– ADHS<br />
– Angststörungen<br />
– Angststörungen<br />
– Psychosen
Depression: Sein oder nicht Sein
Symptome depressiver Störungen<br />
� Kernsymptome<br />
– Stimmungsprobleme (gedrückte Stimmung,<br />
Traurigkeit)<br />
– Probleme im Denken, Denkhemmung<br />
– Veränderungen im Aktivitätsniveau (erhöhte<br />
Ermüdbarkeit),<br />
– Hemmung der Handlungsfunktionen
Depression - nicht Melancholie<br />
– Interessensverlust, Freudlosigkeit<br />
– Verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit<br />
– Vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen<br />
– Schuldgefühle und Gefühle von Wertlosigkeit<br />
– Negative und pessimistische Zukunftsperspektiven<br />
– Suizidgedanken, erfolgte Selbstverletzung oder<br />
Suizidhandlungen<br />
– Schlafstörungen<br />
– Verminderter Appetit<br />
– Körperlich-vegetative Beschwerden, z.B. Kopf- oder<br />
Bauchschmerzen
� 2% bei Kindern (m:w 1:1)<br />
Prävalenz<br />
� 4-8% bei Jugendlichen (m:w 1:2) bis<br />
zu 14 % depressive Symptome (Boyd et al, 2000)<br />
� 25% aller jungen Leute haben wahrscheinlich bis zum<br />
Alter von 18 Jahren eine klinisch signifikante<br />
depressive Episode erlebt (Lewinsohn et al, 1994,<br />
National Health and Medical Research Council, 1997)
Verlauf<br />
� Mittlere Dauer depressive Episode Jugendliche: 8 Monate<br />
� fast die Hälfte der Depressionen bei Minderjährigen remittiert<br />
innerhalb eines Jahres (NICE 2005).<br />
� Wiederauftretensrate 20-60% nach 1 Jahr,<br />
� 70% nach 5 Jahren ( Birmaher et al., 2002, Costello et al., 2002)<br />
� ungefähr 50 % der Erkrankungen zeigen einen bis in das<br />
� Erwachsenenalter andauernden Verlauf (Weissman et al.<br />
1999).
� Risikopopulationen!<br />
� Heimkinder!<br />
Wer ist betroffen?<br />
� Kinder psychisch kranker Eltern!<br />
� hohe Gefahr für Suizidalität (Harrington, 2001), v.a.<br />
während der Besserungsphase (Nelson et al., 2007)
Neurobiologie/<br />
genetische Faktoren<br />
� Serotoninhypothese: verminderte Serotoninkonzentration<br />
� Katecholaminhypothese: Defizit von Norepinephrin<br />
� Verminderte Noradrenalin- und Dopamin-Konzentration<br />
(Nemeroff, 2002)<br />
� Hippocampus: Zellaufbau- und –funktionsstörungen (Duman<br />
et al., 1999)<br />
� Reduktion des frontalen Kortexvolumens & Erweiterung der<br />
lateralen Ventrikel bei depressiven Kindern (Steingard et al.,<br />
1996)<br />
� Hypometabolismus frontal & temporal (Kimbrell et al., 2002)
� Trennung von Eltern<br />
� Mobbing<br />
� Über- oder Unterforderung in der Schule<br />
� Familiäre Kommunikations- und Bewältigungsmuster<br />
� Deprivation<br />
Psychosoziale Faktoren
Symptome der Vorschulkinder (3-6 Jahre)<br />
• Trauriger Gesichtsausdruck<br />
• Verminderte Gestik und Mimik<br />
• Leicht irritierbar und äußerst stimmungslabil<br />
• Mangelnde Fähigkeit, sich zu freuen<br />
• Introvertiertes, aber auch aggressives Verhalten<br />
• Vermindertes Interesse an motorischen<br />
Aktivitäten<br />
• Essstörungen bis zu Gewichtsverlust/-zunahme<br />
• Schlafstörungen (Alpträume, Ein- und<br />
Durchschlafstörungen)
Symptome der Schulkinder<br />
• verbale Berichte über Traurigkeit<br />
• Suizidale Gedanken<br />
• Befürchtung, dass Eltern nicht genügend Beachtung<br />
schenken<br />
• Schulleistungsstörungen
� Vermindertes Selbstvertrauen<br />
� Apathie, Angst, Konzentrationsmangel<br />
� Leistungsstörungen<br />
Symptome im<br />
Pubertäts- und Jugendalter<br />
� Zirkadiane Schwankungen des Befindens<br />
� Psychosomatische Störungen
Symptome im<br />
Pubertäts- und Jugendalter<br />
� Vernachlässigung der bisherigen Hobbys<br />
� Abnahme der Kontakte zu Gleichaltrigen<br />
� Nachlassen der schulischen Leistungen<br />
� Stimmungsschwankungen, Appetit- und<br />
Schlafstörungen, auch Kopf- und Bauchschmerzen
Suizid die zweithäufigste Todesursache in<br />
� Rückzug aus zwischenmenschlichen Beziehungen;<br />
insbesondere zu Gleichaltrigen<br />
� Aggressionen gegen die eigene Person<br />
� Selbstmordfantasien<br />
der Altersgruppe<br />
� Vermehrt körperliche Beschwerden.
Ab wann Medikamente?<br />
� bei mittelgradiger oder schwerer Depression<br />
� Zugelassen im Jugendalter: Fluoxetin<br />
� Medikament beschleunigt die natürliche Heilung und<br />
Stabilisierung<br />
� Gefahr der Steigerung des Antriebs vor Besserung der<br />
Stimmung!
Selbstverletzung<br />
� ein bis zwei Prozent der deutschen Bevölkerung<br />
� Etwa zehn Prozent der Jugendlichen ab 14 Jahren<br />
sollen sich schon selbst verletzt haben<br />
� ungefähr die Hälfte wiederholt die Handlung
Risikopersonen für selbstverletzendes Verhalten<br />
� Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörungen<br />
(Speziell Frauen im Alter von 16 bis 25 Jahren)<br />
� Patienten in psychotischem Zustand (häufig Männer im<br />
jungen Erwachsenenalter)<br />
� emotional gestörte und/oder chronisch<br />
geschlagene/verprügelte Kinder<br />
� geistig behinderte und autistische Kinder<br />
� Patienten mit einer Selbstverletzungsvergangenheit, und<br />
Patienten mit einer gewaltvollen Vergangenheit<br />
(körperlicher, emotionaler oder sexueller Missbrauch).<br />
� Patienten mit zwanghafter Persönlichkeitsstruktur
Selbstverletzung<br />
3 Typen nach Favazza (1986)<br />
Schwerwiegende Selbstverstümmelung<br />
(eingeschlossen sind Kastration, Amputation von Gliedmassen,<br />
Ausstechen der Augen, etc.). Sehr selten und normalerweise in<br />
Verbindung mit psychotischen Zuständen.<br />
Stereotype Selbstverletzung<br />
umfasst z.B.: rythmisches Kopfschütteln (Jaktationen) auch gegen die<br />
Wand, Trichillotomie, selbst Beißen oder sich die Fingernägel abziehen.<br />
Bei autistischen, geistig behinderten und psychotischen Menschen<br />
Oberflächliche und gemäßigte Selbstverletzung<br />
Eingeschlossen sind Schneiden, Brennen, Kratzen, "Haut-Rupfen",<br />
Haare ausreißen (Trichotillomanie), Schlagen, absichtliches<br />
Überbeanspruchen von Verletzungen, das Verhindern des Abheilens von<br />
Wunden
Selbstverletzung im Kontext mit<br />
Persönlichkeitsstörungen<br />
� Borderline-, narzisstische oder antisoziale<br />
Persönlichkeitsstörung)<br />
� oder einer Achse-I-Störung auf (zum Beispiel<br />
Depression, Substanzmissbrauch, Angst- und<br />
Essstörungen)<br />
� oder eigenständig: repetitive self-harm syndrome<br />
(Keine ICD-10 Diagnose)
Untersuchung Selbstverletzer vs.<br />
� häufiger emotionale Vernachlässigung<br />
� inkonstante Primärbeziehungen<br />
� sexuellem Missbrauch in der Kindheit<br />
� Gewalterfahrung<br />
Nichtselbstverletzter<br />
� haben als Kinder nicht gelernt auf ihre Gefühle zu<br />
achten, sie zu deuten und zu regulieren
Traumata in der<br />
Vorgeschichte<br />
Selbstverletzung dient<br />
der Regulation<br />
negativer Emotionen<br />
und von<br />
Spannungszuständen<br />
Unterscheidung<br />
Persönlichkeitsstörungen<br />
Versuch bewusst oder<br />
unbewusst, die<br />
Aufmerksamkeit von<br />
Bezugspersonen auf sich<br />
zu lenken
Woran erkennt man die Betroffenen?<br />
� tragen immer lange Kleidung, auch an heißen Tagen<br />
� halten sich lange im Badezimmer auf<br />
� horten Desinfektions- und Verbandsmaterial<br />
� Verletzungen an leicht zugänglichen Körperstellen<br />
� Wundheilung verzögert, weil die Betroffenen an den<br />
Wunden manipulieren
Woran erkennt man die Betroffenen?<br />
� Im Besitz des Betroffenen befinden sich Gegenstände<br />
und Flüssigkeiten, die nicht zu den üblichen Zwecken<br />
eingesetzt werden,<br />
� zum Beispiel: Rasierklingen, Messer, Scheren,<br />
Scherben, Nadeln, Bügeleisen, Kerzen, Zigaretten,<br />
Injektionsinstrumente, Chemikalien (Schwefelsäure,<br />
Salzsäure).
Ist Piercing Selbstverletzung?<br />
� ¾ der befragten<br />
Männer und<br />
� ½ der Frauen die sich<br />
tätowieren oder<br />
piercen ließen gaben an<br />
Opfer von körperlicher<br />
Gewalt in der Kindheit<br />
gewesen zu sein
Störungen der Impulskontrolle<br />
aktuelle Definition<br />
� Versagen, einem Impuls, einem Trieb oder einer<br />
Versuchung zu widerstehen, eine Handlung<br />
auszuführen, die schädlich für die Person selbst oder<br />
andere ist.<br />
� Ansteigendes Gefühl von (An)Spannung oder Erregung<br />
vor der Handlung, Erleben von Vergnügen,<br />
Befriedigung, Entspannung während der Handlung,<br />
� Nach der Handlung können Reue, Schuldgefühle,<br />
Selbstvorwürfe auftreten.
OCD (Zwangsstörung)<br />
� Lebenszeitprävalenz: 3,1 %<br />
� Bei stationären Patienten: 31% (Grant et. al., American<br />
Journal of Psychiatry)
Geschichtlich:<br />
Impulskontrollstörung:<br />
� Kraepelin (1896): “impulsives Irresein” –<br />
unbezähmbarer Impuls, der bei Ausführung<br />
Befriedigung und Erleichterung verspricht<br />
� Janet (1906): unwiderstehlicher Handlungsdrang, der<br />
zur Befindlichkeits-manipulation bei innerer Leere und<br />
Hilflosigkeit dient (-> Chronifizierung)
Impulskontrollstörung OCD<br />
� ist im Grunde einzuordnen in die chronische<br />
Angsterkrankung<br />
� hilfreich sind die SSRI ( zugelassen ist Fluoxetin)<br />
� Helfen kann auch Citalopram oder Escitalopram
� Abnormes Verhalten:<br />
Pyromanie, Kleptomanie, Trichotillomanie<br />
� Verhaltensexzess:<br />
Typische Beispiele<br />
Pathologisches Spielen Pathologisches Kaufen;<br />
Exzessive Internetnutzung
OCD<br />
obsessiv<br />
compulsive<br />
disorder
Selbstverletzung im Rahmen der<br />
Borderline Erkrankung<br />
� 1938 führte der Psychoanalytiker<br />
Adolph Stern den Begriff „borderline“ ein<br />
für Patienten, die weder dem Gebiet der Neurose<br />
noch dem Gebiet der Psychose zuzuordnen waren.<br />
�<br />
� Lange Zeit „Restkategorie“, Sammelbezeichnung für<br />
schwierige Patienten.<br />
�<br />
� Erst Ende des 20.Jahrhunderts wurde die<br />
Borderlinestörung als eigenes Störungsbild definiert.
� Affektive Instabilität<br />
� Impulsivität<br />
� Instabile Beziehungen<br />
Kernfaktoren
� Prävalenz 2% (Lebenszeitprävalenz 6%)<br />
� Frauen : Männer 1:1<br />
Verbreitung<br />
� Ca.80 % sind in psychiatrisch / psychotherapeutischer<br />
Behandlung<br />
� Direkte Kosten ca. 4 Milliarden Euro im Jahr<br />
in Deutschland (15% der Kosten insgesamt für psych. Störungen)
� Störungen in bestimmten Bereichen des<br />
� Gehirns vor allem im<br />
�<br />
� Limbischen System, vor allem Amygdala und Hippokampus<br />
� Präfrontalen Kortex<br />
Neurobiologie<br />
Bildgebende Verfahren zeigen morphologische<br />
und strukturelle Veränderungen!
Dysfunktionale Verhaltensmuster<br />
� Suizidalität<br />
� Selbstverletzungen<br />
� Fremdaggressivität<br />
� Fressanfälle<br />
� Missbrauch von Alkohol,Tabletten,Drogen<br />
� Hochrisikoverhalten
Allgemeine Behandlung der Borderline<br />
Selbstverletzung<br />
� Atypische Neuroleptika zur Anspannungsreduktion<br />
� SSRI zur Stimmungsbesserung und Stabilisierung<br />
Evidenz B bis C<br />
� Stimmungsstabilisierung mit Valproinsäure, Topiramat<br />
oder Lamotrigin<br />
� DBT und psychiatrische Begleitung bei langer<br />
Therapiedauer<br />
� Keine kausale Pharmakotherapie bekannt
DBT (Dialektisch Behaviorale Therapie)
Skills
Behandlung<br />
� Je nach der im Focus liegenden Grundstörung<br />
� Transfer Focussed Treatment (TFT)<br />
� Bei Trauma EMDR: Eye Movement Desensitization<br />
and Reprocessing<br />
� Hier erfolgt die Integration der mit dem Trauma<br />
verbundenen Emotionen und Empfindungen<br />
� bilterale Stimulation mittels Augenbewegungen soll die<br />
Synchronisierung der Hirnhälften bewirken
Ziel ( für Eltern und Lehrer)<br />
� Reduktion des neurotoxischen Stress<br />
� Rituale geben Sicherheit<br />
� Angsterfahrungen vermeiden<br />
� Regeln verstehen lernen und umsetzen<br />
� Lernen Abzuwarten und<br />
� Training des Aufmerksamkeit<br />
� Lernen am Modell: Eltern und Lehrer
Selbstverletzung ist kein Suizidversuch<br />
�Selbstverstümmelung ist<br />
getrennt vom Suizid (Favazza<br />
1998) .
Что делать? (Was ist zu tun)<br />
� Sport<br />
� Ernährung<br />
� Schlaf<br />
� Musik(erziehung) in der Vorschule<br />
� Lesen (Reizreduktion)<br />
� Ruhe (Natur erleben, Yoga, Entspannung, Meditation)<br />
� Selbstständigkeit nicht um den Preis der Kooperativität<br />
stärken
Ende<br />
� Jugend heute: Die neue Shell-Jugendstudie 2010<br />
� Die heutige junge Generation in Deutschland bleibt<br />
zuversichtlich: Sie lässt sich weder durch die<br />
Wirtschaftskrise noch durch die unsicher gewordenen<br />
Berufsverläufe und Perspektiven von ihrer optimistischen<br />
Grundhaltung abbringen. Mit den Herausforderungen in<br />
Alltag, Beruf und Gesellschaft gehen Jugendliche auch<br />
weiterhin pragmatisch um. Prägend für diese Generation<br />
sind insbesondere eine starke Leistungsorientierung und ein<br />
ausgeprägter Sinn für soziale Beziehungen<br />
� (16. Shell Jugendstudie 2010)