STATEMENT - eigenen Schulbuch
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Schaarschmidt/Meka: Krankmacher Blindtext Schule?<br />
Da es sich um erhebliche Größenordnungen handelt, muss man<br />
sich um systematische Fehler Gedanken machen, denn das<br />
Einzelschicksal und persönliche Prioritäten oder Präferenzen<br />
spielen bestimmt keine Rolle. Es ist meine feste Überzeugung,<br />
dass ein Systemfehler vorliegt, und ich will versuchen, ein paar<br />
Hinweise zu geben, was bei einer Betrachtung des Arbeitsumfelds<br />
relativ schnell nahe liegt.<br />
Das Erste, was jeder bekommt, der anfängt zu arbeiten,<br />
ist eine Aufgaben- und Tätigkeitsbeschreibung. Da steht<br />
drin, was von einem erwartet wird, zwischen den Zeilen<br />
aber auch, was man nicht tun muss. Diese negative<br />
Abgrenzung können viele Lehrerinnen und Lehrer für<br />
sich nicht machen und etwa sagen, wann Schule aufhört.<br />
Wenn man schon von vornherein als Lehrer desorientiert<br />
ist darüber, wie weit der Erziehungsauftrag<br />
denn geht und wo es sinnvolle, sogar zwingende<br />
Schnittstellen zu anderen Unterstützungseinrichtungen<br />
gibt, dann kann, ja muss die Sache ganz schief gehen,<br />
wenn man es mit problematischen oder sogar pathologischen<br />
Umständen im Klassenzimmer zu tun bekommt.<br />
Das Zweite: Es gibt heute keinen akademischen Beruf<br />
mehr, das wage ich so zu formulieren, in dem Sie so gar<br />
kein systematisches Feedback bekommen darüber, ob<br />
und wie gut Sie sind und was Sie tun können, um besser<br />
zu werden. Dieses systematische Feedback basiert<br />
natürlich auf einer gewissen Art von Leistungstransparenz.<br />
Diese Leistungstransparenz ist Ausgangspunkt<br />
dafür, gemeinsam mit den Vorgesetzten festzulegen,<br />
wie es weitergeht, wo man besser werden muss und wie<br />
das zu erreichen ist. Das sind in der Regel bei weitem<br />
nicht die Horrorszenen, die Sie jetzt vielleicht im Kopf<br />
haben. Jeder Vorgesetzte freut sich, wenn seine Mitarbeiter<br />
einen steilen Weg gehen und selber mehr Verantwortung übernehmen<br />
können. Das bedeutet, sie verbinden mit dem, was sie<br />
tun, Ziele, persönliche Ziele. Das ist ein schöner Link zu dem,<br />
was Herr Schaarschmidt schon gesagt hat: Man weiß, wie man<br />
sich persönlich bei seinen Aufgaben verortet, und man weiß<br />
auch, wofür die Organisation steht und in welchem Umfang<br />
man sich damit identifizieren möchte und kann. Im Gegensatz<br />
dazu, so wage ich die Aussage, arbeiten die meisten von Ihnen<br />
im Nirwana: Sie tun Ihre Arbeit, machen sich dabei kaputt,<br />
hören aber nie wirklich, ob Sie gut sind, was Sie verbessern<br />
können, was Sie auf die eigene Kappe nehmen wollen und welche<br />
Fehlentwicklungen eben systematisch sind, sei es eine<br />
heterogene Schülerschaft oder seien es andere Umstände, die<br />
Sie allein nicht verändern können.<br />
Wenn man eine Zielorientierung hat, dann setzt man natürlich<br />
im Rahmen der modernen Arbeitswelt Ziele, die man selber<br />
gestalten kann, und nicht solche, die man nicht gestalten kann.<br />
Dieses Austarieren fehlt in der Schule völlig und muss dazu<br />
führen, dass man im Bildungsbereich eigentlich immer für<br />
Dinge verantwortlich gemacht wird, die man nicht verantworten<br />
kann, und sich bei Dingen zurücklehnt, die man persönlich<br />
Zeichnung: Löffler<br />
in den Griff bekommen müsste. Dass vor solchem Hintergrund<br />
Burn-out-Symptome bei einem Drittel der Belegschaft festgestellt<br />
werden, ist nicht weiter verwunderlich, trotz alledem dramatisch.<br />
Also Ziele zu setzen, Identifikation und Entlastung<br />
durch Abgrenzung zu schaffen, das ist das kleine Einmaleins der<br />
Mitarbeiterführung, das kleine Einmaleins der zielorientierten<br />
Arbeitswelt, das bei Ihnen offenkundig noch weit gehend unbekannt<br />
ist.<br />
Lassen Sie mich noch auf das organisatorische Umfeld zu sprechen<br />
kommen.Wenn man nicht weiß, welche Vision Schule hat,<br />
was „gute Schule“ eigentlich ist, wo man hin will, dann wird es<br />
schon für ein Kultusministerium – ich fange mal oben an –<br />
schwer sein zu definieren, welche Prioritäten man setzt. Wir<br />
sehen im Nachklang zu PISA viel aufgeregtes Geflatter auf den<br />
Höfen der Bildung, wir sehen aber nicht, dass man den Mut<br />
hat, aus dem, was man erfahren hat, Prioritäten herauszuarbeiten<br />
und entsprechende Schlüsse zu ziehen. Man verfährt<br />
immer noch nach der guten alten Devise: „Lass 1000 Blumen<br />
blühen, dann wird schon die richtige dabei sein.“ Wenn man<br />
aber solche Prioritäten erkannt und gesetzt hat, z. B. dass<br />
Schule keine Selektionsmaschine mehr sein soll und alle mit<br />
einem qualifizierten Abschluss Schule verlassen müssen, oder<br />
ganz banale Dinge wie den Unterrichtsausfall mal als<br />
Steuerungsgröße konsequent anwendet und Schritte dagegen<br />
unternimmt, dann hätte man es leichter, Schule eindeutig zu<br />
orientieren, seine eigene Schule so zu verorten, dass sie nicht<br />
nur im Bildungssystem, sondern auch in dem lokalen Umfeld<br />
einen erheblichen Erfolgsbeitrag für die Entwicklung von Kindern<br />
leistet. Auch hierbei geht es darum, gemeinsam Ziele zu<br />
erarbeiten, im Team, nicht vereinzelt zu arbeiten, festzulegen,<br />
wer wirklich kompetent ist und wer was an Themen voran-<br />
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