STATEMENT - eigenen Schulbuch
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Deutschland, man brauche irgendwie ein bisschen weniger hier,<br />
ein bisschen mehr da, ein geringeres Stundendeputat, einfachere<br />
Schüler, dann würde das alles gut gehen. So geht es eben<br />
nicht. Und über den Anteil, den Lehrer und die Qualität ihres<br />
Unterrichts an der Bildungsmisere haben, war bislang wenig<br />
geredet worden, wenn man ehrlich ist. Die Debatten gingen um<br />
Schulsysteme: Brauchen wir eine Gesamtschule, brauchen wir<br />
eine Orientierungsstufe? Wie lang soll die Grundschule sein?<br />
Dann über Arbeitszeit: In Hamburg wird jetzt ein neues Arbeitszeitmodell<br />
eingeführt. Über solche Dinge wurde ewig geredet,<br />
aber nie darüber, wie hinreichend und hinreichend gut der<br />
Unterricht ist. Das hat sich mittlerweile mit der Diskussion<br />
über die Bildungsstandards einigermaßen geändert, aber lange<br />
Zeit wurde eben über die falschen Dinge gesprochen.<br />
<strong>STATEMENT</strong><br />
Ludwig Eckinger<br />
Ich steige einmal ein in mein Kurzstatement mit einem Brief,<br />
der von uns als VBE bzw. von mir nach dem Spiegel-Artikel<br />
„Klassenkrampf“ an die Redaktion geschrieben wurde. Es ist ein<br />
sehr kurzer Brief, und ich will Ihnen gleich verraten, er ist nicht<br />
beantwortet worden. Der Text lautete:<br />
„Sehr geehrter Herr Aust, Beileid, mit dem Titel dieser Woche<br />
haben Sie die Qualitäten Ihres Archivs eindrucksleer unter Beweis<br />
gestellt. Sie haben alle angestaubten Printen zum Lehrerklischee<br />
herausgekramt und zum x-ten Aufguss freigegeben. Das<br />
Ergebnis ist erwartungsgemäß ohne jeden Geschmack.<br />
Titelk(r)ampf. Um Ihnen aus der Ideennot herauszuhelfen, wir<br />
sind da gar nicht so, lädt der VBE Sie zum Diagnosegespräch<br />
ein. Wir möchten Ihnen gerne auf die Sprünge helfen, scheuen<br />
Sie also nicht den Kontakt zur Lehrerwirklichkeit.“<br />
erst (wieder) lernen. Das sage ich sehr selbstbewusst als Vertreter<br />
von Lehrerinnen und Lehrern. Wobei es mir nicht darum<br />
geht, wieder im großen Lamento des Jammertals Schule zu versinken,<br />
was übrigens keiner will, sondern darauf hinzuweisen,<br />
was die Lehrertätigkeit bedeutet. Ich will jetzt keine Zahlen<br />
nennen, die Sie möglicherweise ohnehin alle kennen, etwa wie<br />
viele Frühpensionierungen es gibt und so weiter, sondern eher<br />
darauf hinweisen, dass Stress bei Lehrkräften durchaus kein<br />
Schicksal ist. Hierzu haben sowohl Professor Schaarschmidt als<br />
auch Cordula Meyer schon einige Punkte genannt, die ich vorbehaltlos<br />
unterstreiche. Nun müssen wir miteinander ringen<br />
und das Machbare herausholen, auch und besonders vor dem<br />
Hintergrund von PISA.<br />
Die Belastungen des Lehrerberufs sind in der Zwischenzeit ein<br />
Menetekel geworden. Ich denke, dass weder die Liebe zum<br />
Beruf noch zum Fach allein genügen, um den Job zu wählen,<br />
und plädiere deshalb dafür, dass wir vor allem die jungen Lehrerinnen<br />
und Lehrer, die wir jetzt rekrutieren müssen, ehrlich und<br />
offen aufklären sollten über die Anforderungen des Lehrerberufs.<br />
Es muss uns gelingen sicherzustellen, dass mit der Entscheidung<br />
für ein Lehramtsstudium bereits die Entscheidung<br />
für den Lehrerberuf getroffen werden kann, Polyvalenz hin oder<br />
her. Wenn jetzt darüber geredet wird, dass die Besten eines<br />
Jahrgangs für den Beruf gewonnen werden müssen, will ich darauf<br />
hinweisen, dass das Kriterium nicht alleine die Abiturnote<br />
sein kann, eher sogar nur zu einem ganz geringen Prozentsatz.<br />
Es geht vielmehr darum, die umfassende Eignung der Bewerber<br />
zu überprüfen. Da gibt es in der Zwischenzeit schon einige ganz<br />
gute Erfahrungen. So werden beispielsweise an der Universität<br />
Bamberg von einer Professorin Eignungsgespräche durchgeführt,<br />
um die Chance, dass der richtige Beruf gewählt wurde,<br />
mitzubetreuen. Notwendig für die Eignung zum Lehrer sind<br />
pädagogisch-psychologische Kompetenz, das ist völlig unstrittig,<br />
ferner eine gutes Maß an Belastbarkeit, so etwas wie<br />
„Es geht darum, dass der Lehrerberuf in der heutigen Zeit ein besonders schwieriger ist, auch<br />
ein besonders belasteter, aber – und das anzuerkennen, davon sind wir weit entfernt – auch<br />
ein besonders wichtiger Beruf. Das muss die Gesellschaft erst (wieder) lernen.“<br />
Es war unseres Erachtens notwendig, einen so scharfen Brief zu<br />
schreiben, denn auch wenn ich in Nuancen einigem zustimme,<br />
was Frau Meyer hierin geschrieben und hier gesagt hat, so wird<br />
in dem Artikel der Schwarze Peter völlig einseitig den Lehrerinnen<br />
und Lehrern Deutschlands zugeschoben. Das ist unreflektiert<br />
und auch unqualifiziert. Aber worum geht es eigentlich?<br />
Es geht darum, dass der Lehrerberuf in der heutigen Zeit<br />
ein besonders schwieriger ist, auch ein besonders belasteter,<br />
aber – und das anzuerkennen, davon sind wir weit entfernt –<br />
auch ein besonders wichtiger Beruf. Das muss die Gesellschaft<br />
Stresskompetenz und Konfliktfähigkeit. Es reicht unseres Erachtens<br />
nicht, dass die Kultusministerkonferenz jetzt ziemlich<br />
platt die Werbetrommel rührt, damit unser Beruf wieder genügend<br />
Nachwuchs bekommt, weil – ich hatte es früher schon<br />
einmal erwähnt – von den etwa 800 000 Lehrerinnen und Lehrern<br />
in den nächsten zehn Jahren etwa 400 000 in Pension<br />
gehen werden. Wir plädieren jetzt für eine pädagogische Lehrerbildung.<br />
Das ist kein weißer Schimmel, sondern meint das<br />
oben Gesagte, nämlich dass Lehrerbildung in allen Phasen der<br />
Ausbildung – in der ersten, zweiten und dritten Phase, an der<br />
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