Frühlings Erwachen - Deutsch mit Herz, Hirn und Händen
Frühlings Erwachen - Deutsch mit Herz, Hirn und Händen
Frühlings Erwachen - Deutsch mit Herz, Hirn und Händen
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
25<br />
Galathea von Lossow; dann ein Amor von Bouguereau; Ada von J. van<br />
Beers – diese Ada, die ich Papa aus einem Geheimfach seines<br />
Sekretärs entführen musste, um sie meinem Harem einzuverleiben; eine<br />
zitternde, zuckende Leda von Makart, die ich zufällig unter den<br />
Kollegienheften meines Bruders fand – sieben, du blühende<br />
Todeskandidatin, sind dir vorangeeilt auf diesem Pfad in den Tartarus!<br />
Lass dir das zum Troste gereichen <strong>und</strong> suche nicht durch diese<br />
flehentlichen Blicke noch meine Qualen ins Ungeheure zu steigern.<br />
Du stirbst nicht um deiner, du stirbst um meiner Sünden willen! – Aus<br />
Notwehr gegen mich begehe ich blutenden <strong>Herz</strong>ens den siebenten<br />
Gattenmord. Es liegt etwas Tragisches in der Rolle des Blaubart. Ich<br />
glaube, seine gemordeten Frauen insgesamt litten nicht so viel wie er<br />
beim Erwürgen jeder einzelnen.<br />
Aber mein Gewissen wird ruhiger werden, mein Leib wird sich kräftigen,<br />
wenn du Teufelin nicht mehr in den rotseidenen Polstern meines<br />
Schmuckkästchens residierst. Statt deiner lasse ich dann die Lurlei von<br />
Bodenhausen oder die Verlassene von Linger oder die Loni von<br />
Defregger in das üppige Lustgemach einziehen – so werde ich mich um<br />
so rascher erholt haben! Noch ein Vierteljährchen vielleicht, <strong>und</strong> dein<br />
entschleiertes Josaphat, süße Seele, hätte an meinem armen <strong>Hirn</strong> zu<br />
zehren begonnen wie die Sonne am Butterkloß. Es war hohe Zeit, die<br />
Trennung von Tisch <strong>und</strong> Bett zu erwirken.<br />
Brr, ich fühle einen Heliogabalus in mir! Moritura me salutat! – Mädchen,<br />
Mädchen, warum presst du deine Knie zusammen? – warum auch jetzt<br />
noch? – – angesichts der unerforschlichen Ewigkeit?? – Eine Zuckung,<br />
<strong>und</strong> ich gebe dich frei; – Eine weibliche Regung, ein Zeichen von<br />
Lüsternheit, von Sympathie, Mädchen! – ich will dich in Gold rahmen<br />
lassen, dich über meinem Bett aufhängen! – Ahnst du denn nicht, dass<br />
nur deine Keuschheit meine Ausschweifungen gebiert? – Wehe, wehe<br />
über die Unmenschlichen!<br />
... Man merkt eben immer, dass sie eine musterhafte Erziehung<br />
genossen hat. – Mir geht es ja ebenso.<br />
Hast du zu Nacht gebetet, Desdemona?<br />
Das <strong>Herz</strong> krampft sich mir zusammen – – Unsinn! – Auch die heilige<br />
Agnes starb um ihrer Zurückhaltung willen <strong>und</strong> war nicht halb so nackt<br />
wie du! – Einen Kuss noch auf deinen blühenden Leib, deine kindlich<br />
schwellende Brust – deine süßger<strong>und</strong>eten – deine grausamen Knie...<br />
Die Sache will's, die Sache will's, mein <strong>Herz</strong>!<br />
Lasst sie mich euch nicht nennen, keusche Sterne!<br />
Die Sache will's! –<br />
Das Bild fällt in die Tiefe; er schließt den Deckel.