Frühlings Erwachen - Deutsch mit Herz, Hirn und Händen
Frühlings Erwachen - Deutsch mit Herz, Hirn und Händen
Frühlings Erwachen - Deutsch mit Herz, Hirn und Händen
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
30<br />
Ilse Was suchst du? – Was hast du verloren?<br />
Moritz Was erschreckst du mich denn so entsetzlich?<br />
Ilse Ich komme aus der Stadt. Ich gehe nach Hause.<br />
Moritz Ich weiß nicht, was ich verloren habe.<br />
Ilse Dann hilft auch dein Suchen nichts.<br />
Moritz Sakerment, Sakerment!!<br />
Ilse Seit vier Tagen bin ich nicht zu Hause gewesen.<br />
Moritz Lautlos wie ein Katze!<br />
Ilse Weil ich meine Ballschuhe anhabe. – Mutter wird Augen machen – Komm<br />
bis an unser Haus <strong>mit</strong>!<br />
Moritz Wo hast du wieder herumgestrolcht?<br />
Ilse In der Priapia!<br />
Moritz Priapia!<br />
Ilse Bei Nohl, bei Fehrendorf, bei Padinsky, bei Lenz, Rank, Spühler – bei<br />
allen möglichen! – Kling, kling – die wird springen!<br />
Moritz Malen sie dich?<br />
Ilse Fehrendorf malt mich als Säulenheilige. Ich stehe auf einem<br />
korinthischen Kapitäl. Fehrendorf, sag' ich dir, ist eine verhauene Nudel.<br />
Das letzte Mal zertrat ich ihm eine Tube. Er wischt mir die Pinsel ins<br />
Haar. Ich versetze ihm eine Ohrfeige. Er wirft mir die Palette an den<br />
Kopf. Ich werfe die Staffelei um. Er <strong>mit</strong> dem Malstock hinter mir drein<br />
über Diwan, Tische, Stühle, ringsum durchs Atelier. Hinterm Ofen lag<br />
eine Skizze: Brav sein, oder ich zerreiße sie! – Er schwor Amnestie <strong>und</strong><br />
hat mich dann schließlich noch schrecklich – schrecklich, sag' ich dir –<br />
abgeküsst.<br />
Moritz Wo übernachtest du, wenn du in der Stadt bleibst?<br />
Ilse Gestern waren wir bei Nohl – vorgestern bei Bojokewitsch – Sonntag bei<br />
Oikonomopulos. Bei Padinsky gab's Sekt. Valabregez hatte seinen<br />
Pestkranken verkauft. Adolar trank aus dem Aschenbecher. Lenz sang<br />
die Kindesmörderin, <strong>und</strong> Adolar schlug die Gitarre krumm. Ich war so<br />
betrunken, dass sie mich zu Bett bringen mussten. – – Du gehst immer<br />
noch zur Schule, Moritz?<br />
Moritz Nein, nein dieses Quartal nehme ich meine Entlassung.<br />
Ilse Du hast recht. Ach, wie die Zeit vergeht, wenn man Geld verdient! –<br />
Weißt du noch, wie wir Räuber spielten? – Wendla Bergmann <strong>und</strong> du<br />
<strong>und</strong> ich <strong>und</strong> die andern, wenn ihr abends herauskamt <strong>und</strong> kuhwarme<br />
Ziegenmilch bei uns trankt? – Was macht Wendla? Ich sah sie noch bei<br />
der Überschwemmung. – Was macht Melchi Gabor? – Schaut er noch<br />
so tiefsinnig drein? – In der Singst<strong>und</strong>e standen wir einander gegenüber.