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titelthema<br />

nur manchmal droht man mir mit Schlägen<br />

Für eine Hauptstadt wie Berlin sind Offenheit und Multikulturalität selbstverständlich<br />

Pflicht wie Kür. In Augsburg ist Oberhausen derjenige Stadtteil<br />

mit dem höchsten Anteil an Bewohnern mit Zuwanderungsgeschichte.<br />

Schon an der Vielfalt und der großen Anzahl kleiner Geschäfte kann man<br />

sehen, dass Oberhausen mehr als manch anderer Stadtteil einen eigenen<br />

sozialen Kosmos bildet. Oberhausen ist damit erster Augsburger Anwärter<br />

auf den Ehrentitel »Kiez«. Ab und zu arbeite ich dort in Nachtschicht an<br />

einer Tankstelle. Dazu gehört auch, die Ausweise der Jugendlichen zu<br />

kontrollieren, die Alkohol oder Zigaretten kaufen wollen. Nie zuvor habe<br />

ich in so kurzer Zeit Ausweise aus so vielen verschiedenen Ländern gesehen.<br />

Eine Nacht in Oberhausen ist auf den ersten Blick so ruhig wie anderswo<br />

in Augsburg. Es sind nicht viele Leute unterwegs. An Knotenpunkten wie<br />

der Tankstelle aber sind neun Stunden der Oberhauser Nacht konkret<br />

gewordene Globalisierung und Individualisierung. Ich treffe einen Koreaner<br />

mit einem Eimer Tofu, den er sich jeden Monat bei einem Tschechen um die<br />

Ecke besorgt. Ein Russe kauft wie jedes Mal eine Flasche billigen Weißwein<br />

und erzählt, dass er nicht schlafen kann, weil er eben erfahren hat, dass<br />

seine Schwester in Russland erschossen worden ist. Der Taxifahrer, der sich<br />

zwei belegte Semmeln holt, trägt auffällig hohe Absätze und hat seine<br />

Fingernägel rot lackiert. Nur manchmal droht man mir mit Schlägen.<br />

Wenn von Berlin die Rede ist, muss man auch über freie Räume für Kunst<br />

und Kultur sprechen. Die allermeisten Städte leiden ja unter andauerndem<br />

und akutem Platzmangel und die weniger gut verdienenden, aber<br />

kreativen Bewohner werden allzu oft von Viertel zu Viertel gescheucht.<br />

Zwar ist auch Berlin nicht verschont von diesem Problem, aber doch dafür<br />

berühmt, über mehr freien Raum zu verfügen als andere Großstädte. In<br />

Augsburg bemüht sich der Kulturpark West, günstigen Raum für Künstler<br />

und Kreative freizuhalten.<br />

in was für einer Stadt wollen wir leben?<br />

An dem Tag, an dem ich über das Gelände des Kulturparks laufe, ist der<br />

Himmel blau und die Luft eiskalt. Viel ist nicht los an diesem frühen<br />

Nachmittag, aber man merkt, dass hier gearbeitet und gelebt wird. In den<br />

großen Gebäuden der ehemaligen Reesekaserne sind neben Ateliers von<br />

Musikern und Künstlern das Jungen Theater, der Stadtjugendring, ein Musikprojekt<br />

des Stadttheaters und eine private Kinderbetreuung beheimatet.<br />

Das Gelände hat den sympathischen Charme des Umfunktionierten: ein<br />

wenig verlassen und verfallen, aber lebendig und in Bewegung. Während<br />

ich mich umsehe und Fotos mache, lehnt ein Jugendlicher mit Kapuze an<br />

einem kleinen Auto und schaut mich grimmig an. Ich lächle, aber er<br />

lächelt nicht zurück. Als ich mich wegdrehe, zieht er das Mädchen, das<br />

neben ihm steht, zu sich und umarmt es. Aus einem der Fenster höre ich<br />

dumpf ein Schlagzeug.<br />

Es gibt sie also auch in Augsburg: Orte, wie sie einer Großstadt würdig<br />

sind. Orte, die zwiespältig sind und ein bisschen hässlich, vor allem aber<br />

interessant. Orte, die unfreiwillige und unkontrollierbare Qualitäten<br />

haben. An solchen Orten merkt man, ob eine Stadt in Bewegung ist. Und<br />

das Beste: Diese Bewegung können wir mitgestalten. Jedenfalls stellen<br />

solche Orte eine gute Frage: In was für einer Stadt wollen wir leben?<br />

PREMIEREN IM FEBRUAR<br />

STRAWINSKY TRILOGIE<br />

Ballettabend von Gaerano Posterini<br />

6. Februar 20<strong>10</strong> | Komödie<br />

HEXE HILLARY GEHT IN DIE OPER<br />

Peter Lund<br />

6. Februar 20<strong>10</strong> | Foyer Großes Haus<br />

FERNE KLÄNGE UND EIN LEICHTFÜSSIGER TITAN<br />

5. Sinfoniekonzert<br />

8. | 9. Februar 20<strong>10</strong> | Kongresshalle<br />

DER FERNE KLANG<br />

Franz Schreker<br />

28. Februar 20<strong>10</strong> | Großes Haus<br />

Besucherservice 0821. 324 49<strong>00</strong> | www.theater.augsburg.de<br />

Elsa Sack, Damenmaske

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