Telefon - Ev.-luth. Kirchengemeindeverband Parochie Obernjesa
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2 Geistliches Wort<br />
ERNTEDANK?!<br />
Volle Regale in den Supermärkten.<br />
Tomaten und Weintrauben zu jeder<br />
Jahreszeit. Wenn ich Hunger (oder<br />
auch nur Appetit) habe, finde ich<br />
beim Bäcker um die Ecke eine reiche<br />
Auswahl an Köstlichkeiten. Die<br />
Versorgung mit Lebensmitteln ist<br />
hierzulande gut gesichert. Der<br />
Anbau, die Ernte und der Transport<br />
sind so gut geplant und planbar, dass<br />
wir schon von Getreide- und Gemüse-<br />
"Produktion" sprechen. Und nun steht<br />
am 3. Oktober das Erntedankfest an.<br />
Geht uns der Dank für die Ernte da<br />
immer leicht über die Lippen? Wo<br />
doch alles so selbstverständlich und<br />
im Überfluss vorhanden ist? Wo doch<br />
unsere Versorgung vor allem davon<br />
abhängig zu sein scheint, dass alle<br />
ihre Arbeit gut gemacht haben, die<br />
an der "Produktion" beteiligt sind,<br />
von Feld und Garten bis hin zum<br />
Einkaufsmarkt?<br />
Vielleicht hilft ein Blick auf unser<br />
"junges Gemüse", unsere Kinder, um<br />
wieder ein Gespür dafür zu bekommmen,<br />
was hinter unserer Lebensmittelproduktion<br />
steckt: Da wird<br />
behutsam ein Samenkorn im Blumentopf<br />
versenkt, sehnsüchtig gewartet<br />
und ein wenig später die erste<br />
Blattspitze freudestrahlend begrüßt.<br />
Da wird jeden Tag geprüft, ob der<br />
Riesenkürbis womöglich noch ein<br />
Stückchen größer geworden ist. Jede<br />
Tomate, jede Gurke, jeder Maiskolben<br />
kann da zu einem Wunder werden,<br />
das mit Ehrfurcht verzehrt wird.<br />
Wenn ich sehe, welche Begeisterung<br />
unsere Kinder für das Wachsen und<br />
Gedeihen im Garten entwickeln<br />
können, dann spüre ich wieder, dass<br />
das wirklich ein Wunder ist: dass aus<br />
dem Saatgut, den Zwiebeln und<br />
Knollen, die wir in die Erde legen, tatsächlich<br />
etwas Essbares wird; dass die<br />
Bäume, die im Winter so leblos ausgesehen<br />
haben, ganz ohne unser Zutun<br />
wieder zum Leben erwacht sind und<br />
Früchte getragen haben; dass die<br />
Natur uns alle satt machen will mit<br />
einem wunderbaren Kreislauf von<br />
Werden und Vergehen, den nicht wir<br />
uns ausgedacht haben und den wir<br />
auch nicht in der Hand haben. Und<br />
dann lese ich Gottes Zusage mit großer<br />
Dankbarkeit: "Solange die Erde steht,<br />
soll nicht aufhören Saat und Ernte,<br />
Frost und Hitze, Sommer und Winter,<br />
Tag und Nacht" (1. Mose 9,22). Das ist<br />
keine Selbstverständlichkeit, sondern<br />
immer wieder ein Geschenk. Und es<br />
gibt mir Hoffnung, nicht nur auf die<br />
nächste Ernte, die uns wieder ein Jahr<br />
ernähren kann, sondern auch darauf,<br />
dass Gott die Zeiten des Jahres und<br />
meines Lebens in seiner Hand hält - die<br />
trüben und dunklen genauso wie die<br />
des Blühens und Gedeihens.<br />
Mit den besten Wünschen für die<br />
Herbstzeit grüßt Sie herzlich Ihre<br />
Vikarin Birke Siggelkow-Berner