online lesen - BUND
online lesen - BUND
online lesen - BUND
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
3<br />
No Fracking!<br />
GERHARD MALUCK<br />
Mehr durch Zufall und durch eine einstimmige<br />
Entschließung des Regionalverbandes Bodensee-<br />
Oberschwaben gegen das »Fracking« im Herbst 2011<br />
erfuhr die Öffentlichkeit davon, dass schon seit<br />
einiger Zeit britische Firmen im Raum zwischen<br />
Donau und Bodensee nach Erdgas suchen. Das ist<br />
insofern nicht überraschend, als bis in die 90er-<br />
Jahre des vergangenen Jahrhunderts ja hier Erdöl<br />
und Erdgas gefördert wurden. Manche unter uns<br />
werden sich noch an die Tag und Nacht brennenden<br />
Gas-Fackeln z.B. am Schreckensee und im<br />
Raum Altshausen erinnern. Die Vorräte gingen<br />
aber dann zur Neige, die Sache lohnte sich nicht<br />
mehr, die stählernen Pumpen wurden abgebaut.<br />
Seitdem sind die Energiepreise jedoch explosionsartig<br />
gestiegen, und nun erinnern sich die weltweit<br />
agierenden Firmen daran, dass in den oberschwäbischen<br />
Gasfeldern zwar das Gas in den<br />
durchlässigen, mit zahlreichen Hohlräumen durchzogenen<br />
Schichten damals gefördert wurde. Aber<br />
in den festen Gesteinsschichten des Untergrunds<br />
aus Sandstein und Schiefer sind in feinsten Poren<br />
des Gesteins noch weitere Gasvorkommen eingeschlossen<br />
– sogenanntes »unkonventionelles Erdgas«<br />
– das man nun eventuell fördern möchte.<br />
Das ist technisch nicht so einfach, aber mit brutalen<br />
Methoden doch möglich: Die in bis zu 3.000 m<br />
Tiefe liegenden Gesteinsschichten werden zunächst<br />
direkt senkrecht angebohrt. Dann knickt die<br />
Bohrung waagerecht ab und folgt dem lagernden<br />
gashaltigen Gestein. Nun beginnt das sogenannte<br />
»hydraulic fracturing« – kurz: Fracking. Man könnte<br />
es als »Zerbrechen mit Flüssigkeitsdruck« übersetzen.<br />
Unter gewaltigem Druck wird an zahlreichen<br />
Punkten ein Gemisch aus Wasser, Sand und<br />
Chemikalien in das Gestein gepresst und dieses<br />
dadurch aufgebrochen. Das Gas kann zusammen<br />
mit dem größten Teil der Fracking-Flüssigkeit und<br />
mit nachfließendem Wasser aus den Gesteinsschichten<br />
nach oben gepumpt werden.<br />
Wo liegen die Gefahren und Probleme?<br />
• Die Fracking-Flüssigkeit ist ein wahrer Gift-Cocktail<br />
aus vielen verschiedenen, z.T. hochgiftigen<br />
Chemikalien, welche die entstehenden Klüfte im<br />
Gestein offen halten sollen. Die Firmen behandeln<br />
diese Stoffe oft als »Betriebsgeheimnis« und<br />
experimentieren ständig mit neuen Stoffen.<br />
• Schon der Transport und die Lagerung dieser<br />
Stoffe an der Erdoberfläche birgt große Gefahren<br />
durch Unfälle.<br />
• Das nachfließende und mit an die Oberfläche<br />
gepumpte Schichtwasser enthält meistens weitere<br />
natürliche Schadstoffe und ist oft radioaktiv<br />
(»Flowback«).<br />
• Der Transport und die Entsorgung des Flowback<br />
sind weitere Gefahrenquellen. Oft fallen so große<br />
Mengen an, dass eine Vorbehandlung (Entgiftung)<br />
des Flowback gar nicht möglich oder<br />
»unwirtschaftlich« ist. Deshalb wird der Flowback<br />
häufig in zusätzlichen »Entsorgungsbohrungen«<br />
einfach in die Erde verpresst und so<br />
»entsorgt«.<br />
• Pro Bohrloch werden große Mengen Flüssigkeit<br />
benötigt, oft mehrere Tausend Kubikmeter.<br />
• Wegen der geringen Wegsamkeit des Gesteins wird<br />
etwa alle 3 – 10 km eine neue Bohrstelle nötig.<br />
• Die oberflächennahen Grundwasserleiter, aus<br />
denen wir unser Trinkwasser gewinnen, werden<br />
auf dem Weg in die Tiefe durchbohrt. Es droht<br />
Trinkwasser-Verseuchung, wenn die Bohrleitungen<br />
nicht absolut dicht ausgebaut werden oder im<br />
Laufe der Zeit undicht werden.<br />
• In manchen Fällen gibt es natürliche Klüfte und<br />
Brüche im Gestein, die nicht bekannt sind und<br />
durch welche die Fracking-Flüssigkeit unter<br />
Umständen und oft erst nach langer Zeit nach<br />
oben steigen und das Grundwasser gefährden<br />
kann.<br />
• Wir sind Erdbebengebiet, und dadurch können<br />
unvorhersehbar neue Klüfte und Wegsamkeiten<br />
entstehen und Bohrleitungen undicht werden.<br />
Und was gewinnen wir mit Fracking?<br />
Es wird von den Experten geschätzt, dass durch<br />
diese Brutalo-Technik Erdgas-Vorräte erschlossen<br />
werden könnten, die den Bedarf der Bundesrepublik<br />
etwa elf Jahre lang decken könnten.<br />
Und dafür sollen wir die Zukunft unserer<br />
Trinkwasser-Versorgung aufs Spiel setzen? Allein<br />
die Bodensee-Wasserversorgung beliefert 4,5<br />
Millionen Menschen mit Trinkwasser! Sollen wir<br />
ganze Landschaften vergiften und Risiken eingehen,<br />
die im Ausmaß und in der Langzeitwirkung<br />
fast mit dem Atom-Risiko vergleichbar sind? Wir<br />
halten das für völlig unverantwortlich und werden<br />
uns dagegen wehren! Wenn wir die Entwicklung<br />
der erneuerbaren Energien nicht künstlich ausbremsen,<br />
brauchen wir kein unkonventionelles<br />
Erdgas!<br />
Unser sachverständiges <strong>BUND</strong>-Mitglied Dipl.<br />
Ing. Edmund Dehnel aus Grünkraut hat uns im<br />
April im Naturschutzzentrum ein aufrüttelndes<br />
Impulsreferat gehalten. Wir haben eine kleine<br />
Arbeitsgruppe »Fracking« gegründet und uns mit<br />
anderen <strong>BUND</strong>-Gruppen im Oberland zu einer<br />
regionalen Arbeitsgemeinschaft mit Sitz in<br />
Pfullendorf zusammen geschlossen. Wir haben<br />
dort Flyer und Plakate mitgestaltet, Städte und<br />
Gemeinden mit Vorträgen und Resolutionsentwürfen<br />
beraten, Pressearbeit geleistet und Fachleute<br />
als Gesprächspartner vermittelt. Wir haben<br />
die Kontakte zum Regionalverband intensiviert,<br />
bei Behörden und Gemeinden Problembewusstsein<br />
gestärkt und mit Wasserversorgungsverbänden<br />
Fühlung aufgenommen und gemeinsames Vor-