DIE NUMMER MIT DER SICHERHEIT

PORTRAIT
Mit P.INK Software Engineering und GoLive Systems setzte er Maßstäbe in der
Hamburger digitalen Wirtschaft und war einer der ersten onlineKapitäne. Statt verlockenden
Börsenganges integrierte er gemeinsam mit seinem Partner sein Unternehmen
in das weltweite Netzwerk des US-Software-Entwicklers Adobe Systems.
Heute ist Thomas Mührke Geschäftsführer der Adobe Systems Engineering GmbH.
THOMAS MÜHRKE
SENIOR DIRECTOR ADOBE SYSTEMS ENGINEERING GMBH, HAMBURG
Hamburgischer kann die Umgebung kaum sein, in der
Thomas Mührke und seine Mitarbeiter neue Entwicklungslösungen
für den amerikanischen Software-Giganten Adobe
Systems programmieren: Direkt unter den großzügigen
Panorama-Fenstern gleiten die großen Containerschiffe vorbei,
der Blick auf die Elbe und die unmittelbar gegenüberliegenden
Docks von Blohm + Voss ist traumhaft. Für Thomas Mührke
hat dieses Ambiente neben allen optischen Reizen auch einen
motivierenden Aspekt. „Wenn es abends wieder einmal länger
wird ist es durchaus angenehm zu sehen, dass in Sicht- und
Hörweite ebenfalls noch engagiert gearbeitet wird“, lacht der
42-Jährige mit dem Hinweis auf das unermüdliche Treiben in
den Werftanlagen gegenüber.
Aber auch sonst besitzt der gebürtige Hamburger eine besondere
Affinität zum Hafen, für ihn symbolisiert das ständige
Kommen und Gehen der großen Pötte die Weltoffenheit der
Hansestadt. Und deshalb stand für Mührke auch nie zur
Diskussion, Hamburg
MÜHRKE PRIVAT:
den Rücken zu kehren.
Gelegenheit dazu hätte
01 _ Name: Thomas Mührke er gehabt: Mehrfach aber
02 _ geboren in: Hamburg
widerstand Mührke den
Verlockungen des amerikanischenMutterkonzerns
Adobe Systems –
immerhin zweitgrößter
Softwarehersteller für
Desktopanwendungen
weltweit –, ins sonnige
Kalifornien umzusiedeln
und von dort aus die
Software-Entwicklung zu
leiten. „Warum hätte ich das tun sollen? Ich fühle mich hier pudelwohl,
die Stadt ist eine der schönsten Europas und bietet
mir privat und beruflich alles, was mir wichtig ist.“
Wichtig war Thomas Mührke zunächst ein „doppeltes“
Studium der Technischen Informatik und der Automatisierungssystemtheorie
an der Hamburger Fachhochschule,
während dessen er in der von Andreas Poliza gegründeten
Entwicklungsagentur P.INK Software Engineering die Abteilung
„Neue Technologien und Produkte“ leitete. 1996 grün-
HAMBURG INDEX:
„Der Wert unserer Produkte steckt
in den Köpfen der Mitarbeiter.“
03 _ Sportart: Mountainbiking
04 _ Sportsfreunde: FC St. Pauli
05 _ Gaumenkitzler: „Teufelsküche“ in Altona
06 _ Cocktaillaune: Bar Hamburg
07 _ Lieblingsecken: Ottensen, Hafen
deten Mührke und Poliza das Internet-Start-up GoLive Systems
– mit dem „Cyber Studio“ entwickelte das Unternehmen das
führende Tool zur professionellen Produktion vollständig
dynamischer Websites. 30 Mitarbeiter an Standorten in
Hamburg, Kalifornien, Arizona und Texas zählten Mührke und
Poliza 1999 zu ihrem Team, als der Software-Riese Adobe das
Unternehmen übernahm und Thomas Mührke zum Geschäftsführer
von Adobe Engineering Systems Deutschland machte.
Heute ist Mührke der Kopf eines 80-köpfigen
Teams an der großen Elbstraße (40 weitere
Mitarbeiter sitzen in San Jose), darunter bis auf
zwei die komplette GoLive-Mannschaft von 1999.
Darauf ist Mührke besonders stolz: „Teamwork wird
bei uns großgeschrieben, denn der eigentliche Wert unserer
Produkte und dadurch nicht zuletzt der des Unternehmens,
steckt in den Köpfen der Mitarbeiter“, betont er. Interne Weiterbildungsprogramme,
diverse Mitarbeiteroptionen und eine
hauseigene kleine Kantine sorgen für ausgeglichene
Stimmung. Und die auf drei Etagen verteilten 2.500 qm in exponierter
Hafenlage lassen ausreichend Platz zur Entfaltung.
Die eigene Entfaltung ist auch Thomas Mührke wichtig gewesen,
darauf hat er nach der Aufgabe der Selbständigkeit immer
geachtet. „Adobe hat mir den Freiraum geboten, hier in
Hamburg weiter an der Verwirklichung meiner Ideen zu arbeiten.
Die individuellen Freiheiten, die sich uns hier trotz der
Einbindung in das weltweite Konzernnetzwerk bieten, waren
für einige unserer Teammitglieder ausschlaggebend, bei uns
einzusteigen“, stellt Mührke fest. Die Softwarespezialisten
sind aus ganz Deutschland nach Hamburg gekommen, auch
einige Amerikaner sind dabei. „Der Großteil unserer Mitarbeiter
aber war bereits schon länger an Elbe und Alster beschäftigt –
aufgrund der Hamburger Wirtschaftsstruktur sind die Leute
hier einfach hervorragend ausgebildet.“ Als Medienknotenpunkt
und Zentrum der digitalen Wirtschaft biete Hamburg
einerseits eine große Menge an Fachkräften, andererseits damit
auch ein beträchtliches Kundenpotenzial. Und gerade die
Nähe zu Medienunternehmen aller Größenordnungen und
Fachrichtungen war für Adobe letztlich das entscheidende
Argument, den Standort Hamburg nach dem Kauf von GoLive
nicht nur zu halten, sondern kontinuierlich auszubauen.
Warum also Hamburg verlassen? Thomas Mührke hat sich
die Antwort mehrfach gegeben. Und die Adobe-Abgesandten
aus dem sonnigen Kalifornien, die sich regelmäßig zu Strategiemeetings,
Seminaren und Kongressen an der großen
Elbstraße einfinden, wissen es jetzt auch – spätestens wenn
sie die großen Pötte am Konferenzraum vorbeigleiten sehen.
22 ALWAYS ON I AUSGABE 02 I NOVEMBER 2002