24.11.2014 Aufrufe

Hausarbeit - Lösung

Hausarbeit - Lösung

Hausarbeit - Lösung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Professor Dr. Heinrich de Wall<br />

Lehrstuhl für Kirchenrecht,<br />

Staats- und Verwaltungsrecht<br />

Wintersemester 2012/2013<br />

Übung im Öffentlichen Recht für Fortgeschrittene<br />

Lösungsskizze Ferienhausarbeit<br />

Teil I:<br />

A: Vorüberlegung – welche Rechtsbehelfe müssen eingelegt werden? 1<br />

Klägerisches Begehr: Was ist gewollt? rechtzeitige Zulassung zur Kirchweih 2012<br />

schnellstmögliche Regelung eines Rechtszustands § 123 (einstweilige Anordnung) oder<br />

Antrag nach § 80 VwGO? § 123 V VwGO.<br />

In der Hauptsache: Fall der Mitbewerberklage, d.h. klägerisches Begehr hat nur Erfolg, wenn<br />

Zulassungsanspruch bzw. jedenfalls Anspruch auf ermessensfehlerfreie Wiederholung der<br />

Auswahlentscheidung Zulassung zu Kirchweih nur über Verpflichtungsklage zu erreichen<br />

(Mitbewerberklage auf Zugang zur öffentlichen Einrichtung; Zulassung wird durch VA<br />

durchgeführt Klage auf Erlass)<br />

(P) Zusätzlicher Antrag nach § 80 V VwGO bzw. gleichzeitige Erhebung einer<br />

Anfechtungsklage erforderlich? 2<br />

1. Generelle Erforderlichkeit der Anfechtung der Zulassung von A, B und C<br />

Str., dafür: Verpflichtungsklage auf Neuvergabe hat keine kassatorische Wirkung,<br />

Zusagen sind ansonsten vollziehbar/werden bestandskräftig, so dass bei beschränktem<br />

Platz keine Neuvergabe erfolgen kann Konkurrentenverdrängung erforderlich, dies<br />

kann nur durch zusätzliche Anfechtung erfolgen.<br />

Dagegen: unnötiger Formalismus; impraktikabel, wenn Mitbewerber unbekannt (hier<br />

nicht der Fall); für isolierte Anfechtungsklage fehlt Klagebefugnis, da erst die guten<br />

Erfolgsaussichten in der Verpflichtungsklage den Kläger zum Kreis der durch die<br />

Zulassungsvorschrift Berechtigten hinzufügen; dem Erfordernis der Aufhebung der<br />

rechtswidrigen Genehmigungen kann im Rahmen des Bescheidungsurteils durch<br />

1<br />

Es empfiehlt sich, diese Frage in einer Vorüberlegung abzuhandeln (vgl. auch Formulierung des<br />

Bearbeitervermerks), da der Prüfungsaufbau sonst sehr kompliziert wird. Die Fragen können aber genauso im<br />

Rahmen der Zulässigkeitsprüfung unter B II (Statthaftigkeit nach § 123 V VwGO) erörtert werden.<br />

2 Die Frage, ob noch weitere Anträge gestellt werden müssen, kann man auch bei der Abgrenzung zwischen<br />

§ 123 und § 80, im Rechtsschutzbedürfnis bzw. bei der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes prüfen,<br />

da dieser nur vorliegt, wenn das Hauptsachebegehren überhaupt noch Erfolg haben kann. Im Rahmen des<br />

§ 123 V VwGO stellt sich allerdings erstmals die Frage, ob der Antrag nach § 123 VwGO „ausreicht“. Vgl. auch<br />

Pietzner/Ronellenfitsch, Assessorexamen im Öffentlichen Recht, 12. Aufl., § 16 Rn. 2 mwN.


Lösungsskizze Ferienhausarbeit im Öffentlichen Recht für Fortgeschrittene WS 2012/2013<br />

Folgenbeseitigung/Rücknahme Genüge getan werden (Bestandskraft der Genehmigung<br />

unproblematisch) 3<br />

Hier Mitbewerber bekannt und Gefahr, dass Genehmigungen sonst vollziehbar<br />

werden zusätzliche Anfechtungsklage erforderlich [aA mit guter Begründung<br />

vertretbar] 4<br />

2. Erforderlichkeit auch im einstweiligen Rechtsschutz<br />

Viele Gerichte gehen davon aus, dass ein Antrag nach § 123 I VwGO genügt, da das<br />

Gericht nicht regeln könne, wie der Marktanbieter die Neuverbescheidung<br />

sicherstellen kann. 5 Bereits erteilte, bestandskräftige Zusagen stellten keinen<br />

Hinderungsgrund dar, denn Möglichkeit der Rücknahme nach Art. 48 BayVwVfG liegt in<br />

der Hand der Gemeinde.<br />

Prozessual sehr unsaubere Lösung, v.a. weil Gemeinde nicht zur Rücknahme<br />

verpflichtet werden kann (Ermessensentscheidung!) und damit nach Eintreten der<br />

Bestandskraft keine Handhabe des Betroffenen mehr besteht, tatsächlich zugelassen<br />

zu werden, außer er erhebt dann Verpflichtungsklage auf ermessensfehlerfreie<br />

Rücknahmeentscheidung. Dadurch wird nichts gewonnen.<br />

aA deshalb: BayVGH (BayVBl. 2011, 23 und VG Regensburg): Ohne Anfechtungsklage<br />

ist Klagebegehren nicht durchsetzbar und hat somit der Antrag nach § 123 VwGO<br />

keine Aussicht auf Erfolg. 6<br />

3. Zusätzlicher Antrag nach § 80 V VwGO<br />

Würde nur zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage<br />

gegen die Bescheide gegen A, B und C führen. Wegen § 80 I VwGO hat aber bereits die<br />

fristgerecht eingereichte Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung, ein Antrag nach<br />

§ 80 V VwGO ist deshalb nicht erforderlich. 7<br />

Ergebnis: F muss im einstweiligen Rechtsschutz einen Antrag nach §123 I VwGO stellen und<br />

diesen mit einer kombinierten Verpflichtungs‐ und Anfechtungsklage in der Hauptsache<br />

3 Zu den Argumenten v.a. Schmidt, JuS 1999, 1107 (1108‐1110) und BayVGH, BayVBl. 2011, 23.<br />

4 Wird die zusätzliche Anfechtungsklage abgelehnt, so muss unten unter IV ein Weg gefunden werden, um<br />

dennoch die Problematik der fehlenden bzw. fehlerhaften Bekanntgabe der VA an F anzusprechen – notfalls im<br />

Hilfsgutachten. Zu beachten ist allerdings, dass in diesem Fall die Wahl der von der Lösungsskizze<br />

vorgeschlagenen Einordnung im Prüfungsaufbau nicht konsistent wäre.<br />

5 Vgl. BVerfG, NJW 2002, 3691 (3691) und VG Oldenburg, NVwZ‐RR 2005, 127.<br />

6<br />

Ist deutlich überzeugender, wenn dieser Ansicht nicht gefolgt wird, muss die Frage der<br />

Bestandskraft/Vollziehbarkeit der Zulassungen z.B. im Rechtsschutzbedürfnis erörtert werden.<br />

7 Dazu Pietzner/Ronellenfitsch, Assessorexamen im Öffentlichen Recht, 12. Aufl., § 52, Rn. 8 f.<br />

2


Lösungsskizze Ferienhausarbeit im Öffentlichen Recht für Fortgeschrittene WS 2012/2013<br />

einreichen. V.a. die Anfechtungsklage sollte sofort eingereicht werden, damit die<br />

Zulassungen für A, B und C nicht unanfechtbar werden.<br />

B: Zulässigkeit eines Antrags nach § 123 VwGO<br />

I. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs, § 40 I 1 VwGO<br />

Sonderrechtstheorie: Zulassung zu öffentlichen Einrichtungen, Art. 21 I GemO<br />

(P) Privatrechtliche Ausgestaltung des Verhältnisses F zu Gemeinde?: Organisation des<br />

Festes klar öffentlich‐rechtlich (Widmungsakt, keine Anhaltspunkte für private<br />

Beteiligungsform, Daseinsvorsorge, Gemeingebrauch nach Art. 21 V BayGO, Vergabe der<br />

Stellplätze erfolgt durch Zulassungsbescheid (§ 3 Kellerkirchweihsatzung); nach<br />

Zweistufentheorie ist das „Ob“ der Zulassung zu öffentlichen Einrichtungen immer<br />

öffentlich‐rechtlicher Natur.<br />

II. Statthaftigkeit: § 123 I, V VwGO<br />

Richtet sich nach statthafter Klage in der Hauptsache<br />

(jedenfalls auch) Verpflichtungsklage in der Hauptsache 8<br />

Statthaftigkeit eines Antrags nach § 123 I VwGO auf einstweilige Regelung der<br />

Zulassung<br />

III. Behaupten eines Anordnungsanspruchs (§ 42 II VwGO analog)<br />

Art. 21 I GemO auf Zulassung bzw. Art. 3 I GG auf ermessensfehlerfreie (willkürfreie)<br />

Auswahl bei Kapazitätsbeschränkungen; verstärkt durch Art. 12 I GG<br />

IV. Behaupten eines Anordnungsgrundes<br />

(+), da Zulassung noch zu dieser Kirchweih dringlich, allerdings nach oben vertretener<br />

Ansicht nur, wenn gleichzeitig zulässige Anfechtungsklage eingelegt wird, da sonst<br />

Klagebegehren des F in der Hauptsache nicht mehr erreicht werden kann. 9<br />

(P) Verfristung einer Anfechtungsklage des F<br />

‣ Fristdauer: § 74 I 2 VwGO i.V.m. § 68 VwGO i.V.m. Art. 15 II AGVwGO: einen Monat<br />

ab Bekanntgabe: 3‐Tages‐Fiktion nach Art. 41 II BayVwVfG<br />

‣ Fristbeginn: 3.10.2011 (Bekanntgabe); Feiertag, aber Art. 31 III BayVwVfG nicht<br />

entsprechend auf Fiktionen und Fristbeginn anwendbar.<br />

8<br />

Verpflichtungsklage auf Rücknahme ersetzt nur Anfechtungsklage, zum „doppelten“ einstweiligen<br />

Rechtschutz durch eine Kombination von § 123 und einem Antrag nach § 80 V VwGO vgl.<br />

Pietzner/Ronellenfitsch, Öffentliches Recht im Assessorexamen, 12. Aufl., § 52 Rn. 9 mwN in der Fußnote.<br />

9 Alternativ Prüfung im Rechtsschutzbedürfnis.<br />

3


Lösungsskizze Ferienhausarbeit im Öffentlichen Recht für Fortgeschrittene WS 2012/2013<br />

=> Nach § 57 II VwGO i.V.m. § 222 ZPO i.V.m. § 187 I BGB Fristbeginn am 4.10.2011.<br />

‣ Fristdauer: 1 Monat<br />

‣ Fristende: § 57 II VwGO i.V.m. § 222 ZPO i.V.m. § 188 I BGB: 3.11.2011.<br />

VA für A, B und C bestandskräftig und vollziehbar 10<br />

(P) Geltung des VA gegenüber F, obwohl ihm gegenüber die Zusagen an A, B und C nicht<br />

bekanntgegeben wurden<br />

Nein, da Klagefrist nach § 74 I VwGO immer nur gegenüber demjenigen zu laufen beginnt,<br />

gegenüber dem nach Art. 41 I BayVwVfG die Bekanntgabe erfolgt ist. Es handelt sich um<br />

einen (A, B und C) begünstigenden VA mit Drittwirkung, da die Zusage gleichzeitig F in seinen<br />

Rechten beeinträchtigt (Konkurrent).<br />

‣ Bekanntgabe ggü. F erfolgt?<br />

‣ Mündliche Bekanntgabe am 16.1.2012?<br />

‣ Hinsichtlich der Zusage von A, B und C fehlt es am Bekanntgabewillen der Behörde,<br />

die Zusagen sollen F gar nicht bekanntgegeben werden.<br />

‣ Mangels Bekanntgabe kein Fristbeginn! Fristgerechte Einlegung der Klage noch<br />

möglich.<br />

‣ Verwirkung entsprechend § 58 II VwGO bzw. nach angemessener Frist ab<br />

tatsächlicher Kenntniserlangung Verwirkung (‐)<br />

Zwischenergebnis: Anfechtungsklage des F noch fristgerecht möglich.<br />

Ergebnis: Anordnungsgrund (+)<br />

V. Parteifähigkeit/Prozessfähigkeit (+) §§ 61, 62 VwGO<br />

VI. Zuständiges Gericht: VG Ansbach (§§ 52, 45 VwGO)<br />

VII. Frist: nicht erforderlich, aber Hauptsacheklage auf Zulassung (!) muss noch möglich sein<br />

§ 74 II, I VwGO: 1 Monat ab Bekanntgabe der Nichtzulasung<br />

1. Bekanntgabe des Absagebescheids vom 30.9.2011<br />

‣ Art. 41 II BayVwVfG oder Art. 4 II BayVwZVG? VwZVG regelt nur Zustellung durch<br />

Übergabeeinschreiben und durch Einschreiben mit Rückschein, nicht aber durch<br />

Einwurfeinschreiben es bleibt bei der 3‐Tages‐Fiktion nach Art. 41 II BayVwVfG:<br />

‣ Fristbeginn: 3‐Tages‐Fiktion: 3.10.2011 (Bekanntgabe)<br />

10 Gesonderte Prüfung nicht unbedingt erforderlich, es kann gleich das Problem der Bekanntgabe ggü. F<br />

erörtert werden, allerdings sollte dann dort die „relative“ Bestandskraft des VA diskutiert werden.<br />

4


Lösungsskizze Ferienhausarbeit im Öffentlichen Recht für Fortgeschrittene WS 2012/2013<br />

‣ ABER: 3‐Tages‐Fiktion gilt nicht bei fehlendem Zugang, vgl. Art. 41 II 1 BayVwVfG<br />

Absage nicht bekanntgegeben.<br />

2. Bekanntgabe durch Mitteilung am 16.1.2012?<br />

‣ Erneute Bekanntgabe möglich, Bekanntgabewille (+), Begründung erfolgt und lässt<br />

auf Bekanntgabewillen schließen, außerdem „Aktenvortrag“<br />

‣ (P) Anderer Bekanntgabeweg als ursprünglich gewählt – zulässig, da es hier um<br />

Ersterlass geht<br />

‣ Fristbeginn: 17.1.2012 (§ 57 II VwGO i.V.m. § 222 ZPO i.V.m. § 187 I BGB)<br />

‣ Fristende: eigentlich 16.2.2012<br />

‣ Aber: § 58 II: fehlende schriftliche (!) Rechtsbehelfsbelehrung Jahresfrist<br />

‣ Fristgemäße Verpflichtungsklage noch möglich<br />

Ergebnis: Antrag zulässig<br />

C: Begründetheit:<br />

Antrag ist begründet, wenn F Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch nach<br />

summarischer Prüfung der Hauptsache glaubhaft machen kann. F begehrt eine<br />

Regelungsanordnung (§ 123 I 2 VwGO).<br />

I. Anordnungsanspruch<br />

Hat F einen Anspruch auf Zulassung zur Kirchweih oder jedenfalls auf erneute ermessensfehlerfreie<br />

Vergabeentscheidung?<br />

1. Anspruch aus Art. 21 I GemO auf ermessensfehlerfreie Auswahl<br />

a) Gemeindeangehöriger i.S.v. Art. 15 I 1 BayGO<br />

Gemeindeeinwohner<br />

(P) Doppelter Wohnsitz, verbringt nur 9 Monate des Jahres in E. Allerdings während der<br />

Sommermonate Schwerpunkt der Lebensbeziehung in E, dort ist F gemeldet (Art. 1 II 1<br />

GLKrWG arg.), hat Laden und Wohnung Gemeindeangehöriger (+), auf<br />

Staatsangehörigkeit kommt es nicht an!<br />

b) Öffentliche Einrichtung i.S.v. Art. 21 GemO (+)<br />

Grdsl. Zulassungsanspruch (gebundene Entscheidung, „sind berechtigt“)<br />

5


Lösungsskizze Ferienhausarbeit im Öffentlichen Recht für Fortgeschrittene WS 2012/2013<br />

c) Kapazitätseinschränkungen<br />

Allerdings nur nach „bestehenden allgemeinen Vorschriften“ und im Rahmen der<br />

Kapazität 11 Zulassungsanspruch wandelt sich in Anspruch auf ermessensfehlerfreie<br />

Entscheidung unter Berücksichtigung des Gleichheitssatzes (Art. 3 I GG).<br />

aa) Ermessensfehlerfreiheit der Vergabeentscheidung?<br />

Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes, d.h. Ungleichbehandlung wesentlich<br />

Gleichens?<br />

aaa) Wesentlich Gleiches? Frage der Gruppenziehung. Zwischen fränkischen<br />

Bratwürsten und anderen Bratwürsten (aus anderen Regionen Deutschlands, aber<br />

auch des Rests der Welt) existiert weder in der Zubereitung, noch in Geschmack,<br />

Aussehen und Verzehrweise ein wesentlicher Unterschied. Alle Bratwurstsorten sind<br />

deshalb wesentlich gleich. [aA vertretbar]<br />

bbb) Ungleichbehandlung? (+), da nur fränkische Bratwürste von Metzgereien aus E<br />

angeboten werden können.<br />

ccc) Rechtfertigung durch einen sachlichen Grund?<br />

(1) Ortsansässigkeit: zulässig, allerdings schon über Art. 21 I GemO abgedeckt und<br />

von F i.Ü. erfüllt.<br />

(2) Erhalt des Aussehens als fränkische Kirchweih, Nachfrage/Attraktivität des<br />

Angebots für Besucher: grundsätzlich taugliche (sachliche) Kriterien, allerdings<br />

werden so alle Veränderungen, Innovationen, Neuzugänge ausgeschlossen. Als<br />

alleiniger Maßstab problematisch (vgl. auch die Diskussion zu „bekannt und<br />

bewährt“), Kirchweih braucht auch Vielfalt, dies steigert die Attraktivität. Angebote,<br />

deren Ablehnung bei der Bevölkerung nicht von Anfang an offensichtlich ist oder die<br />

gleich attraktiv sind wie traditionelle Essensangebote, müssen eine Chance haben.<br />

(3) Förderung lokaler Metzgereien: ebenfalls grundsätzlich zulässiges Anliegen, aber<br />

möglicherweise Verstoß gegen Unionsrecht, Art. 34 AEUV 12 ?<br />

(a) Anwendungsbereich<br />

‣ Ware: körperlicher Gegenstand, der Gegenstand von Handelsbeziehungen<br />

sein kann: Wurst (+)<br />

11 Str., ob ungeschriebenes Zulassungskriterium, eine konkludente Widmungsbegrenzung oder Fall der<br />

Anspruchsbegrenzung „nach den allgemeinen Vorschriften“, ist aber letztlich für die Prüfung unerheblich und<br />

sollte deshalb höchstens kurz abgehandelt werden, vgl. Seidl/Reimer/Möstl, Beck’sches Examinatorium, 2.<br />

Aufl., S. 166.<br />

12 Kann alternativ auch bei der Ermessensreduzierung auf Null geprüft werden.<br />

6


Lösungsskizze Ferienhausarbeit im Öffentlichen Recht für Fortgeschrittene WS 2012/2013<br />

‣ Gemeinsame Agrarpolitik nicht vorrangig anwendbar, da keine Regelung<br />

‣ Grenzüberschreitender Bezug: (+), da Import aus Frankreich<br />

‣ Auf Staatsangehörigkeit oder Wohnort des Importeurs kommt es nicht an, es<br />

geht allein um die Markteinführung einer fremden Ware. 13<br />

(b) Eingriff<br />

‣ Mengenmäßige Einfuhrbeschränkung (‐)<br />

‣ Maßnahme gleicher Wirkung Dassonville:<br />

„Jede Maßnahme, die tatsächlich oder potentiell, unmittelbar oder mittelbar<br />

geeignet ist, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.“<br />

‣ Alle Untergliederungen der Mitgliedstaaten aus Unionsprimärrecht<br />

verpflichtet, auch Gemeinden.<br />

‣ Nichtzulassung führt tatsächlich und mittelbar dazu, dass die französischen<br />

Würste nicht (oder nicht im gleichen Umfang) eingeführt werden.<br />

‣ Diskriminierung oder Marktzugangsbeschränkung?<br />

‣ Offene Diskriminierung wg. der Herkunft („Staatsangehörigkeit“) (+), da nur<br />

Würste aus Erlanger Metzgereien zugelassen, vgl. auch Art. 18 AEUV (darauf, dass<br />

auch andere deutsche Würste nicht zugelassen werden, kommt es nicht an, da<br />

auch gegen diese wegen ihrer Herkunft diskriminiert werden – nur dass das<br />

Unionsrecht diese Diskriminierung nicht verbietet)<br />

‣ Anwendbarkeit der Keck‐Formel: unterschiedslos anwendbare Regelung, die<br />

nicht produktbezogen ist (Verkaufsmodalität): bereits frgl., ob unterschiedslos<br />

anwendbar, aber wohl (+), da auch deutsche Würste rechtlich und tatsächlich in<br />

gleicher Weise betroffen, aber Anknüpfung der Zulassung an den Herstellungsort<br />

und die Rezeptur ist produktbezogen und setzt bereits vor dem Marktzutritt an <br />

keine Verkaufsmodalität.<br />

(c) Rechtfertigung<br />

‣ Art. 36 AEUV: geschriebene Rechtfertigungsgründe (‐)<br />

‣ Anwendbarkeit der Cassis de Dijon‐Rechtsprechung? Ursprünglich nur auf<br />

unterschiedslos anwendbare Marktzugangsbeschränkungen, in letzter Zeit<br />

13 Deswegen kann hier auch nicht eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit geprüft werden – die<br />

beschränkende Maßnahme knüpft an die Herkunft der Ware, nicht an die Herkunft des Schaustellers an. Stellt<br />

man auf das Kriterium der Ortsansässigkeit ab, dann ist dieses eine (zusätzliche) Beschränkung der<br />

Dienstleistungsfreiheit.<br />

7


Lösungsskizze Ferienhausarbeit im Öffentlichen Recht für Fortgeschrittene WS 2012/2013<br />

Weitung durch den EuGH, allerdings nur auf Fälle der mittelbaren<br />

Diskriminierung, 14 die hier nicht vorliegt.<br />

I.Ü. kein zwingender Allgemeinwohlgrund ersichtlich, Traditionspflege auf<br />

Kirchweih genügt nicht [a.A. vertretbar, allerdings ist zu bedenken, dass eine<br />

klare wirtschaftliche Motivation dahintersteht, die im Unionsrecht nicht als<br />

Allgemeinwohlgrund akzeptiert wird].<br />

bb) Zwischenergebnis<br />

‣ Bevorzugung lokaler Metzgereien kein zulässiges Kriterium<br />

‣ Auswahlentscheidung nicht ermessensfehlerfrei<br />

‣ Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung<br />

2. Anspruch auf Zulassung bei Reduzierung des Ermessens auf Null<br />

Anspruch auf Zulassung nur, wenn Ermessensreduzierung auf Null, d.h. wenn die<br />

Zulassung des F (auf Kosten eines anderen Bewerbers) die einzige rechtmäßige<br />

Entscheidung wäre.<br />

a) Aus Grundrechten (‐), die übrigen Bewerber, die ihre Bewerbung noch<br />

aufrechterhalten möchten, sind gleichermaßen in Art. 12 I und Art. 3 I GG betroffen. Es<br />

könnte auch bei einer willkürfreien Vergabeentscheidung bessere Gründe geben, die<br />

übrigen Bewerber auszuwählen.<br />

b) Aus Unionsrecht: Ermessensreduzierung, wenn nur durch die Zulassung des F ein<br />

Verstoß gegen Unionsrecht verhindert werden könnte und damit der effektiven<br />

Befolgung des Unionsrechts (Art. 4 III EUV) und der Rechtseinheit bei Errichtung eines<br />

Binnenmarktes Rechnung getragen werden könnte. (Parallelargumentation zur<br />

Ermessensreduzierung auf Null bei der Rücknahme von unionsrechtswidrigen Beihilfen<br />

nach Art. 48 BayVwVfG)<br />

Unionsrechtswidriger Zustand (Verstoß gegen die Grundfreiheit) entsteht durch<br />

protektionistisches Vergabekriterium. Allerdings ist eine Vergabe nach Kriterien<br />

vorstellbar, die nicht protektionistisch gegen die Warenverkehrsfreiheit verstoßen (z.B.<br />

unterschiedslos anwendbare Kriterien wie Eingang der Bewerbung oder Losverfahren, die<br />

über das Erfordernis gerechtfertigt werden können, dass eine Auswahl getroffen werden<br />

muss), die trotzdem nicht zwangsläufig zur Auswahl des F führen.<br />

14 Vgl. z.B. Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 7. Aufl. 2011, Rn. 844.<br />

8


Lösungsskizze Ferienhausarbeit im Öffentlichen Recht für Fortgeschrittene WS 2012/2013<br />

Kein Anspruch aus Unionsrecht auf Besserbehandlung gegenüber den anderen<br />

Bewerbern (Hilfsüberlegung: was wäre, wenn nur ausländische Bewerber? Auch dann<br />

müsste ausgewählt werden und es hätten nicht alle einen Anspruch auf Zulassung.)<br />

Keine Ermessensreduzierung auf Null [aA bei entsprechender Argumentation sicher<br />

vertretbar,]<br />

Anordnungsanspruch auf Neuverbescheidung (Neuvergabe der Stellplätze) nach<br />

Rechtsansicht des Gerichts nach summarischer Prüfung der Hauptsache glaubhaft<br />

gemacht<br />

II. Anordnungsgrund<br />

Dringlichkeit (+), eine Zulassung nach ermessensfehlerfreier Neuverbeischeidung ist<br />

möglich, da Genehmigungen für A, B und C wg. Anfechtungsklage nicht vollziehbar.<br />

III. Keine Vorwegnahme der Hauptsache<br />

Gilt dann wg. Art. 19 IV GG nicht, wenn ansonsten Recht des Antragsstellers verwirkt und<br />

summarische Prüfung bei Anlegung eines strengen Maßstabs erkennbar Erfolg haben<br />

muss.<br />

Erkennbarer Erfolg (+), s.o.; Zuwarten nicht möglich; es geht nur Neubescheidung nicht<br />

um Zulassung. 15<br />

[Soweit oben die Erforderlichkeit einer Anfechtungsklage abgelehnt wurde: Bereits erteilte,<br />

bestandskräftige Zusagen stellen keinen Hinderungsgrund dar, deshalb Möglichkeit der Rücknahme nach<br />

Art. 48 BayVwVfG. Gemeinde ist diesbezüglich jedenfalls zu ermessensfehlerfreien Rücknahmeentscheidung<br />

verpflichtet, hier vermutlich sogar Ermessensreduzierung auf Null, da Bestandskraft ohne „Verschulden“<br />

des F, aber durch Nachlässigkeit der Gemeinde eingetreten und keine höherrangigen Gründe für die<br />

Aufrechterhaltung der rechtswidrigen Vergabeentscheidung sprechen 16 Ändert sich etwas durch Art. 50<br />

BayVwVfG? Hebt nur den Vertrauensschutz auf, frgl. ob er auch zur Ermessensreduzierung auf Null<br />

beiträgt.]<br />

15 Z.B. VGH Mannheim, NVwZ‐RR 2004, 63.<br />

16 Vgl. auch BVerfG, NJW 2002, 3691.<br />

9


Lösungsskizze Ferienhausarbeit im Öffentlichen Recht für Fortgeschrittene WS 2012/2013<br />

Teil II:<br />

I. Rechtsgrundlage<br />

Erforderlich, da belastender VA/Eingriff in Art. 12 I GG.<br />

‣ Eingriffsermächtigung/Befugnisnorm unmittelbar in der Kirchweih‐Satzung (‐)<br />

‣ Art. 23 I LStVG: ermächtigt zu sicherheitsrechtlichen Anordnungen auf<br />

Volksfesten; aber: ist vorliegend nicht einschlägig, da kein Handeln zum Schutz der<br />

in Art. 23 I LStVG genannten Rechtsgüter<br />

‣ Sonstige spezielle Rechtsgrundlagen:<br />

evtl. § 5 GastG (Keller ist Gaststätte i.S.v. § 1 GastG), aber keine der<br />

Alternativen des § 5 GastG für Auflagen erfüllt.<br />

evtl. § 12 GastG, wenn man (in großzügiger Auslegung der Angaben im<br />

Sachverhalt) von einer Gestattung ausgeht: Auflagen nach § 12 III GastG<br />

jederzeit möglich, allerdings müssen sich die Auflagen auf die Abweichung von<br />

in § 4 GastG genannten Versagungsgründen beziehen (z.B. fehlende<br />

Sozialräume, fehlende Barrierefreiheit u.ä.) 17 , da dieser Grundlage der<br />

Gestattung unter erleichterten Voraussetzungen ist und kann ansonsten nur im<br />

Rahmen der in § 5 GastG genannten Auflagegründe erfolgen. Hier sind aber<br />

nachträglich keine Gründe eingetreten, wegen derer eine Gestattung von<br />

Anfang an rechtswidrig gewesen wäre, so dass auch keine nachträglichen<br />

Auflagen auf § 12 III GastG gestützt werden können.<br />

‣ Art. 27 I GemO i.V.m. Benutzungssatzung<br />

‣ Art. 36 I, II i.V.m. Art. 49 BayVwVfG<br />

II. Formelle Rechtmäßigkeit<br />

1. Zuständigkeit<br />

a) Verbandskompetenz<br />

Gemeinde, da Vollzug einer gemeindlichen Satzung, Art. 27 I GemO; außerdem:<br />

Gemeinde zuständig für Regelung der Zulassung zu ihren Einrichtungen i.S.v.<br />

Art. 21 GemO; daher Gemeinde auch zuständig für den Erlass von<br />

Nebenbestimmungen zu dieser Zulassung<br />

17 Schönleiter, Kommentar zum GastG, 2012, § 12, Rn. 1; Metzner, in: Metzner (Hrsg.), Kommentar zum GastG,<br />

6. Aufl. 2002, § 12, Rn. 26 f.<br />

10


Lösungsskizze Ferienhausarbeit im Öffentlichen Recht für Fortgeschrittene WS 2012/2013<br />

b) Organkompetenz<br />

Die Organkompetenz regelt sich für den Vollzug von Normen nach Art. 59 I GemO.<br />

Danach ist für den Vollzug der gesetzlichen Vorschriften, worunter auch<br />

gemeindliche Satzungen fallen 18 , der Gemeinderat, in den Fällen des Art. 37 GemO<br />

der Erste Bürgermeister zuständig. Die Entscheidung über den Verkauf von<br />

Getränken in einer Lokalität auf der Kirchweih hat für die Gemeinde als solche<br />

keine grundsätzliche Bedeutung und lässt auch keine erheblichen Verpflichtungen<br />

erwarten. Man wird vielmehr davon ausgehen können, dass die Überprüfung von<br />

Gewerbetreibenden auf Kirchweihen zum Alltagsgeschäft in Gemeinden gehört. Es<br />

handelt sich daher gem. Art. 37 I Nr. 1 GemO um eine laufende Angelegenheit, für<br />

die gem. Art. 37 I GemO der Bürgermeister zuständig ist. Allerdings hat hier nicht<br />

der Bürgermeister selbst gehandelt; aber: gem. Art. 39 II GemO Übertragung von<br />

Angelegenheiten der laufenden Verwaltung von Ersten Bürgermeister auf „andere<br />

Gemeindebedienstete“ möglich; von einer solchen Übertragung auf den Leiter des<br />

Kulturamtes ist auszugehen, weil nach der Geschäftsordnung des Bürgermeisters<br />

die Betreuung der Feste der Stadt dem Kulturamt obliegt.<br />

2. Verfahren<br />

Anhörung: gem. Art. 28 I BayVwVfG grds. erforderlich; auch nicht gem. Art. 28 II oder<br />

III BayVwVfG entbehrlich; laut SV nicht erfolgt.<br />

Aber: Heilung gem. Art. 45 I Nr. 3 BayVwVfG noch möglich.<br />

3. Form<br />

Art. 39 BayVwVfG: Begründung: erfolgt<br />

III. Materielle Rechtmäßigkeit<br />

Ausreichende Rechtsgrundlage für nachträgliche Anordnung?<br />

a) (P) Art. 27 I GemO hinreichend als eigenständige Eingriffsgrundlage<br />

Problematisch ist, ob Art. 27 I GemO dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes<br />

genügt und für sich genommen eine hinreichende Ermächtigung für<br />

Grundrechtseingriffe darstellt.<br />

Sofern man den Zweck des Gesetzesvorbehalts darin erblickt, sicherzustellen, dass<br />

die Voraussetzungen eines Grundrechtseingriffs durch abstrakt‐generelle und damit<br />

vom Einzelfall unabhängige Regelung festgestellt werden, kann man Art. 27 I GemO<br />

18 Vgl. nur Widtmann/Grasser/Glaser, Bayerische Gemeindeordnung, Loseblatt, 14. EL April 2003; Art. 59 Rn. 2.<br />

11


Lösungsskizze Ferienhausarbeit im Öffentlichen Recht für Fortgeschrittene WS 2012/2013<br />

als hinreichende Ermächtigungsgrundlage ansehen, weil sich aus dem<br />

Tatbestandsmerkmal der „Notwendigkeit“ zur Durchführung von Satzungen in<br />

Verbindung mit den Bestimmungen der Satzung durch abstrakt‐generelle Regelung<br />

ergibt, in welchem Umfang Grundrechtseingriffe zulässig sind.<br />

Probleme ergeben sich aber, wenn man im Sinne der vom BVerfG entwickelten<br />

„Wesentlichkeitstheorie“ 19 aus dem Rechtsstaatsprinzip und dem Demokratieprinzip<br />

folgert, dass alle grundrechtswesentlichen Fragen durch den formellen Gesetzgeber<br />

(Parlament) geregelt werden müssen und nicht der Regelung durch<br />

Selbstverwaltungsnormen einer ausgegliederten Körperschaft überlassen werden<br />

können. Aus dem formellen Gesetz selbst, d.h. aus Art. 27 I GemO folgt nicht,<br />

inwieweit (in welchen Fällen und mit welcher Intensität usw.) Grundrechtseingriffe<br />

zulässig sind. Dies ergibt sich erst durch das Heranziehen der Satzungsbestimmungen.<br />

Wegen der „Wesentlichkeitstheorie“ reicht Art. 27 I GemO damit als eigenständige<br />

Ermächtigungsgrundlage für Grundrechtseingriffe nicht aus. 20<br />

[a.A. vertretbar; vertreten wird auch, dass im Kommunalrecht – wegen des Grundsatzes der<br />

kommunalen Selbstverwaltung, die ebenfalls dem Demokratieprinzip verpflichtet ist – Abstriche<br />

gemacht werden können. Durch demokratische Legitimation des Gemeinderats wären auch die<br />

Satzungsbeschlüsse einer Gemeinde unter Rechtsstaatlichkeits‐ und Demokratiegesichtspunkten eine<br />

hinreichende Ermächtigungsgrundlage für Grundrechtseingriffe.)<br />

Sofern man Art. 27 I GO als hinreichende Ermächtigungsgrundlage ansieht wäre wie folgt weiter zu<br />

prüfen:<br />

‣ Rechtmäßigkeit der Satzung: (+), im Sachverhalt vorausgesetzt<br />

‣ (P) ist Maßnahme notwendig zum Vollzug der Satzung? Wohl (‐), da sich aus dem Wortlaut<br />

der Satzung zwar ergibt, dass das Fest die lokale Braukultur fördern soll, daraus aber nicht<br />

zwingend folgt, dass andere Biere gänzlich ausgeschlossen werden müssen. Ein solcher<br />

Regelungsgehalt lässt sich der Satzung nicht ohne weiteres entnehmen.]<br />

b) Nachträgliche Auflage zur Zulassung<br />

aaa) Auslegung der Anordnung<br />

‣ Schließlich kommt in Betracht, die Anordnung als nachträgliche Auflage i.S.v.<br />

Art. 36 BayVwVfG zur Zulassung des B zur Kellerkirchweih zu interpretieren.<br />

‣ Tatsächlich stehen beide Maßnahmen in Zusammenhang: die Anordnung ist<br />

nur sinnvoll, wenn und solange der B eine Zulassung zur Kellerkirchweih<br />

19 Vgl. dazu z.B. die Facharztentscheidung, BVerfGE 33, 125.<br />

20 I.E. ebenso Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, Art. 27 GO, Rn. 2, (96. Erg. Lief. März 2011)<br />

Prandl/Zimmermann/Büchner, Kommunalrecht in Bayern Art. 27 GO, Ziff. 1.<br />

12


Lösungsskizze Ferienhausarbeit im Öffentlichen Recht für Fortgeschrittene WS 2012/2013<br />

besitzt; auch dass eine Verknüpfung beider Regelungen i.S.v. Art. 49 II Nr. 2<br />

BayVwVfG dem Willen der Stadt E entspricht, ist plausibel; die Anordnung<br />

kann deshalb durchaus als nachträgliche Auflage zur Zulassung ausgelegt<br />

werden.<br />

bbb) (P) Grundsätzliche Zulässigkeit einer Auflage?<br />

Mangels spezialgesetzlicher Regelung (s.o. bzgl. d. GastG) richtet sich die<br />

Zulässigkeit dieser Auflage nach Art. 36 BayVwVfG. Dieser stellt an die<br />

Zulässigkeit von Auflagen unterschiedliche Anforderungen, je nachdem, ob die<br />

Auflage zu einer gebundenen Entscheidung oder zu einem Ermessens‐VA<br />

erlassen wird.<br />

‣ (P) Zulassung für B als gebundene Entscheidung oder Ermessens‐VA?<br />

Für gebundene Entscheidung spricht, dass grds. Zulassungsanspruch aus<br />

Art. 21 GemO; für Ermessensentscheidung spricht, dass im konkreten Fall die<br />

Kapazitäten beschränkt sind (nur 5 Keller) und bei beschränkten Kapazitäten<br />

grds. nur ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung in<br />

Betracht kommt.<br />

Aber: Ermessensentscheidung nur dann, wenn Überangebot von Bewerbern;<br />

dafür lässt sich dem SV nichts entnehmen; daher: gebundene Entscheidung<br />

i.S.v. Art. 36 I BayVwVfG [aA ebenfalls vertretbar]<br />

‣ Da Nebenbestimmungen nicht durch Rechtsvorschrift nicht besonders<br />

zugelassen sind (allenfalls kommen dafür § 5 I GastG oder § 12 III GastG in<br />

Betracht, deren Voraussetzungen aber eindeutig nicht vorliegen, s.o.),<br />

kommen sie gem. Art. 36 I BayVwVfG nur in Betracht, um sicherzustellen, dass<br />

die gesetzlichen Voraussetzungen des VA erfüllt werden der Verkauf<br />

ausschließlich lokalen Biers ist keine gesetzliche Voraussetzung für die<br />

Zulassung, da die Kirchweihsatzung keine ausdrückliche Anordnung<br />

dahingehend enthält.<br />

Daher: Zulässigkeit einer Auflage schon gem. Art. 36 I BayVwVfG (‐)<br />

ccc) (P) Zulässigkeit einer nachträglichen Auflage<br />

‣ Außerdem gelten grds. nachträgliche Auflagen nur dann als zulässig, wenn sie<br />

entweder ausdrücklich durch Rechtsvorschrift zugelassen sind (vgl. z.B. § 12 III<br />

GastG), oder wenn hierdurch der Widerruf oder die Rücknahme eines VA<br />

13


Lösungsskizze Ferienhausarbeit im Öffentlichen Recht für Fortgeschrittene WS 2012/2013<br />

vermieden werden können 21 . Da im vorliegenden Fall eine ausdrückliche<br />

gesetzliche Zulassung von nachträglichen Auflagen fehlt bzw. nicht einschlägig<br />

ist, wäre eine solche nur unter den zuletzt genannten Voraussetzungen<br />

denkbar.<br />

‣ Diese lägen nur vor, wenn ohne die Auflage zumindest die Voraussetzungen<br />

für Rücknahme oder Widerruf der Zulassung vorlägen:<br />

o Die Voraussetzungen für eine Rücknahme der Zulassung nach Art. 48<br />

BayVwVfG liegen nicht vor, weil die Zulassung nicht (anfänglich)<br />

rechtswidrig war.<br />

o In Frage kommt damit nur noch, dass die Voraussetzungen für einen<br />

Widerruf der Zulassung nach Art. 49 BayVwVfG vorlagen. Da es sich<br />

vorliegend um einen begünstigenden VA handelt, der nicht unter<br />

Art. 49 IIa BayVwVfG fällt, richtet sich die Zulässigkeit eines Widerrufs<br />

nach Art. 49 II BayVwVfG. In Betracht kommt hier allein ein Widerruf auf<br />

der Grundlage von Art. 49 II Nr. 3 BayVwVfG.<br />

o Fraglich ist dabei bereits, ob die Behörde aufgrund nachträglich<br />

eingetretener Tatsachen (Verkauf norddeutschen Bieres) berechtigt<br />

gewesen wäre, die Zulassung nicht zu erteilen. Es ist nicht ersichtlich,<br />

dass B durch den Verkauf norddeutschen Biers die Zulassungsvoraussetzungen<br />

der Kirchweihsatzung nicht erfüllt, da er ja immerhin<br />

auch lokale Biere ausschenkt. Mitbewerber, die die Kriterien besser<br />

erfüllt hätten, gab es nicht. Damit liegen die Voraussetzungen für einen<br />

Widerruf nicht vor.<br />

Zwischenergebnis: Somit kommt eine nachträgliche, die ursprünglich weitere<br />

Zulassung einschränkende Auflage nicht in Betracht.<br />

Ergebnis: für Anordnung fehlt eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage. Sie ist daher<br />

rechtswidrig.<br />

21 Vgl. Knack, VwVfG, 9. Aufl. 2010, § 36, Rn. 31.<br />

14

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!