Vox 1.2011pdf.pub - St. Jacobi
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Geistliches Wort<br />
Wichtig aber ist: nicht stehen bleiben. Immer wieder aufstehen zum Gehen<br />
und zum Leben. Und so alle Gefühle wahrnehmen, die überhaupt möglich<br />
sind. Sich keinem verschließen, keines davon verdrängen. Die Liebe des Heiligen<br />
in uns genauso wichtig zu achten wie die Wut des Gewalttäters. Dass<br />
wir alles für wahr nehmen, aber nicht alle Gefühle ausleben müssen. „Lass<br />
dich von mir nicht trennen...“ Gewiss werden wir in jedem Lebensabschnitt<br />
Gefahr laufen, vom Urquell des Lebens abgetrennt zu werden. Der Dichter<br />
meint damit: sich dem Leben verschließen, dem, was uns begegnet und geschieht<br />
und den dunklen Abgrund nicht sehen wollen, der hier und da auf<br />
einen jeden warten wird. Wenn wir aber den Mut haben, die Tiefe zu durchqueren,<br />
wird auf der anderen Seite das Licht erscheinen. Erst im Beieinander<br />
der Gegensätze lässt sich das Leben finden. Erst dann kann man mit dem<br />
Dichter sprechen: „Nah ist das Land, das sie das Leben nennen, du wirst es<br />
erkennen an seinem Ernste...“ Dann ist das Spiel, das Versuchen der vielen<br />
Möglichkeiten vorbei, dann wird der Ernst Gottes spürbar. Und dies ist der<br />
Trost auf dem Weg durch die Zeit: Auch wenn die Worte Gottes in der Welt<br />
nicht mehr hörbar sind - die Verbundenheit zwischen Geschöpf und Schöpfer<br />
bleibt. Denn der ganze Weg durch die Welt und durch das Leben vollzieht<br />
sich an der Hand Gottes. So können wir vertrauensvoll unsere Hand in die<br />
seine legen: „Nah ist das Land, das sie das Leben nennen.... Gib mir die<br />
Hand.“<br />
Reinhard Klaus Petrick<br />
(Das Gedicht von Rainer Maria Rilke finden Sie am Ende dieser Ausgabe)<br />
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