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Königsfelder KALEIDOSKOP 2014

Aus dem Alltag der Zinzendorfschulen

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Klaus Teschemacher<br />

bei seinem Vortrag in<br />

der Synagoge.<br />

(Foto: Maren<br />

Wursthorn)<br />

Lernen fürs Leben<br />

Die 7c berichtet: Besuch in der Freiburger Synagoge<br />

Realschüler zeigen Soziales Engagement<br />

Thorarolle.<br />

(Foto: Mira Kizilhan)<br />

Einmal Reli-Unterricht außerhalb<br />

der Schule und Kirchengemeinde<br />

zu erleben – das hieß für uns<br />

7c-Klässler den Bus nehmen und in der<br />

Freiburger Synagoge einem jüdischen<br />

Gelehrten zu lauschen, der ebenso<br />

viele Fragen über unser Vorwissen zum<br />

jüdischen religiösen Leben stellte wie danach die unseren<br />

beantwortete und der uns mit seinen lebenspraktischen<br />

Ansichten und seiner Offenheit wirklich<br />

überraschte.<br />

Mit einem „Bruchim habaim“ – Herzlich willkommen<br />

- empfing uns der jüdische Gelehrte Klaus Teschemacher,<br />

der trotz seines hohen Alters noch Führungen in<br />

der Freiburger Synagoge betreut, bei unserer Ankunft.<br />

Von ihm erfuhren wir nachdenklich Stimmendes<br />

über seine Lebensgeschichte, seine Flucht aus dem<br />

Nazi-Deutschland und den Wert einer vielsprachigen,<br />

international ausgerichteten Bildung und Erziehung.<br />

Denn „Wer weiß schon, wo er einmal leben wird“,<br />

lautete sein Rat an uns Jugendliche.<br />

Am 3. Juli , morgens zu Schulbeginn, waren wir<br />

Schüler und Schülerinnen der Klasse 7c, begleitet<br />

von unserem Klassen- und Religionslehrer Br.<br />

Markstahler und Sr. Berberich-Ebner, nach Freiburg<br />

gestartet, um die 1985 neu errichtete Synagoge zu<br />

besichtigen, die nicht nur als Gebetshaus, sondern<br />

auch als Versammlungs- und Unterrichtssaal der dort<br />

ansässigen jüdischen Gemeinde dient. Es wurde eine<br />

Begegnung, die uns alle sehr beeindruckte.<br />

Wer außer uns durfte schon einmal eine echte Thora-<br />

Rolle, die übrigens aus dem 19. Jahrhundert stammt<br />

und von unschätzbarem ideellem Wert ist, berühren,<br />

darin eine Stelle auswählen und sie sich gleich vorlesen<br />

lassen?<br />

Durch eine spontane Rezitation des hebräischen<br />

Textes, in dem übrigens die Vokale und Satzzeichen<br />

nicht vermerkt sind, glänzte unser Br. Markstahler –<br />

neben seinen sehr guten Verbindungen mit führenden<br />

Mitgliedern der israelitischen Gemeinde noch<br />

aus Freiburger Studientagen. Es war ihm nämlich gelungen,<br />

den Gründer und bis Juli <strong>2014</strong> amtierenden<br />

Geschäftsführer der jüdischen Gemeinde in Emmendingen,<br />

Herrn Klaus Teschemacher, für die Führung<br />

zu gewinnen, der uns jüdisch-orthodoxes Denken,<br />

die Grundregeln des Gemeindelebens ebenso wie die<br />

historischen Zusammenhänge erklärte und all unsere<br />

Fragen sachkundig und mit großem Gespür für das,<br />

was uns junge Leute heutzutage beschäftigt, beantwortete.<br />

Auch die Brit Mila, die Beschneidungszeremonie,<br />

und die Zerstörungen des Holocaust waren<br />

für ihn kein Tabuthema.<br />

Nach der etwa zweistündigen Einführung durften wir<br />

im Gotteshaus Fotos machen, auf die Empore hinaufsteigen<br />

und vor allem auch die alte Thora-Rolle ganz<br />

aus der Nähe betrachten, die auf geheimnisvolle<br />

Weise 1938 aus dem Scheiterhaufen vor der brennenden<br />

alten Synagoge gerettet wurde und ihren Weg<br />

zurück in die jüdische Gemeinde fand.<br />

Anschließend erkletterten wir die 243 Stufen des<br />

Münsterturms, entgingen einem weiteren – „nur<br />

kurzen“, wie unser Bruder vorsorglich ankündigte,<br />

- Rundgang durch die Kirche, weil darin gerade ein<br />

Gottesdienst stattfand, und stürmten die berühmte<br />

„Markthalle“ mit ihren vielfältigen Mittagsmenüs.<br />

Danach genossen wir eine kleine Auszeit in der Stadt<br />

und im Park am Freiburger Schlossberg. Leider reichte<br />

die Zeit nicht mehr für eine Wanderung hinauf zur<br />

Höhenstation, denn unser Bus wartete bereits für die<br />

Rückfahrt in den Schwarzwald.<br />

Für den lehrreichen Tag mit einer guten Portion Spaß<br />

und Begegnungen möchten wir uns sehr herzlich bei<br />

den Organisatoren dieser Studienfahrt bedanken!<br />

Schalom!<br />

Die Klasse 7c des Zinzendorf-Gymnasiums<br />

Wertvolle Erfahrungen über das Leben durften<br />

die Schülerinnen und Schüler der beiden<br />

neunten Klassen der Realschule über<br />

mehrere Monate sammeln. Dem themenorientierten<br />

Projekt Soziales Engagement (TOP SE), das fest<br />

im baden-württembergischen Lehrplan verankert<br />

ist, dessen Gestaltung jedoch den Schulen überlassen<br />

ist, wird an den Zinzendorfschulen traditionell<br />

viel Zeit eingeräumt. Mindestens elf Stunden lang<br />

müssen sich die Schülerinnen und Schüler innerhalb<br />

von drei Monaten in einem Sozialpraktikum eigener<br />

Wahl engagieren, ihre Einsätze protokollieren und<br />

am Ende des Praktikums dieses ihren Mitschülern,<br />

Lehrern und Praktikumsgebern vorstellen. Viele der<br />

Neuntklässler engagierten sich freiwillig weit über<br />

das geforderte Maß hinaus.<br />

Die meisten haben ihr Sozialpraktikum in einem<br />

Alten- und Pflegeheim oder in einer Kindertagesstätte<br />

geleistet. Sie zeigten sich berührt von den Erfahrungen,<br />

die sie dort sammeln konnten, wie Alte und<br />

Junge im Laufe der Zeit zu ihnen Vertrauen fassten<br />

und man ihnen mit der Zeit auch ein großes Maß<br />

an Verantwortung übertrug. Viele berichteten mit<br />

leuchtenden Augen von ihren Begegnungen, sei es<br />

mit kleinen Kindern, die im Sandkasten ihre Schuhe<br />

verbuddelten oder mit Senioren, die ihnen das<br />

Schachspiel beibrachten.<br />

Die 14-jährige Maja Weißer hatte sich in ihrer Nachbarschaft<br />

einen Praktikumsplatz bei einer Familie<br />

mit drei Kindern gesucht. Kerstin Graf, die Mutter von<br />

Lilian (6), Hannah (7) und Helen (2) zögerte nicht,<br />

als Maja sie bat, ihre Kinder betreuen zu dürfen. „Die<br />

Kinder waren begeistert, denn sie kannten Maja<br />

schon vom Sportverein“, sagt sie. Anfangs sei sie<br />

immer in der Nähe gewesen, wenn die Schülerin mit<br />

ihren Töchtern spielte und bastelte, aber schon bald<br />

konnte sie die drei guten Gewissens auch mal mit ihr<br />

Religionslehrer Br. Färber, der gemeinsam mit Br. Fischer<br />

den Präsentationsnachmittag moderierte, befragte neben<br />

seiner Schülerin Maja Weißer (rechts) auch mit Hannah<br />

(2. von rechts) und Lilian zwei der drei Kinder, die sie im<br />

Rahmen ihres Sozialpraktikums betreute.<br />

alleine lassen. „Sie ist sehr verantwortungsbewusst<br />

und ich finde es erstaunlich, dass sie das in ihrem<br />

Alter so gut hinbekommen hat.“<br />

Andere Schülerinnen und Schüler haben sich um<br />

behinderte Menschen in der Stiftung St. Franziskus<br />

gekümmert, in einer Demenzgruppe der Diakonie<br />

geholfen oder mit Schlaganfallpatienten in einer<br />

Rehaklinik in Bad Dürrheim gearbeitet. „Zu unseren<br />

Vorgaben für das Sozialpraktikum gehörte unter<br />

anderem, dass es möglichst nicht mit Chauffeurdiensten<br />

der Eltern verbunden sein sollte“, erklärte<br />

Schulpfarrer Br. Fischer.<br />

Beim Sozialen Engagement gehe es auch um<br />

christliche Werte und dabei vor allem um Barmherzigkeit,<br />

so der Schulpfarrer und Religionslehrer,<br />

der gemeinsam mit seinem Kollegen Br. Färber den<br />

Präsentationsnachmittag im Haus Katharina von<br />

Gersdorf moderierte. „Die Schüler lernen hierbei,<br />

genau hinzusehen und dass im Leben nicht immer<br />

alles einfach ist.“<br />

Der Abteilungsleiter der Realschule, Br. Giesel,<br />

hatte bei der Begrüßung der Gäste betont, dass die<br />

Zinzendorfschulen als kirchliche Schule großen Wert<br />

auf soziale Praktika legen. „Soziales Engagement ist<br />

gleichwertig mit tollen Leistungen im Sport, Naturwissenschaften<br />

oder Musik.“<br />

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