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MIET- WAHNSINN

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digen. Er wirkt frustriert, wenn<br />

er vom Grenzzaun nebenan<br />

spricht. Die sechs Meter hohe<br />

Konstruktion aus Stahl und Draht<br />

trennt in der spanischen Exklave<br />

Melilla Spanien und Marokko,<br />

Europa und Afrika, Wohlstand<br />

und Armut, Überfluss und Hunger.<br />

Schon 60 Massenanstürme von<br />

Flüchtlingen hat Guillermo in<br />

diesem Jahr mitbekommen. 14 000<br />

Migranten waren beteiligt. „Das<br />

ist wie bei einer Welle“, sagen<br />

die Grenzer, „sie sucht sich ihren<br />

Weg, egal, was du ihr entgegenstellst.“<br />

Capitan Juan Gallego Esteban<br />

(63) hat sein halbes Beamtenleben<br />

ETA-Terroristen im Baskenland<br />

gejagt, seine letzten Dienstjahre<br />

vor der Pension verbringt<br />

er in Melilla. Die EU-Grenze zu<br />

schützen, betrachtet er als den<br />

härteren Job. „Eine Minute, das<br />

ist unsere Reaktionszeit. Aber<br />

das sind Athleten. Die können<br />

klettern, die brauchen weniger<br />

als eine Minute, um über die Zäune<br />

zu kommen.“<br />

Um den Druck der Welle zumindest<br />

zu schwächen, ist Gewalt<br />

oft das einzige Mittel. Und<br />

auch die hat stark zugenommen,<br />

meint der Polizist.<br />

Zuletzt kursierten Videos, die<br />

zeigen, wie marokkanische Grenzer<br />

Flüchtlinge schwer misshandeln,<br />

vom Zaun prügeln und am<br />

Boden liegend halbtot schlagen.<br />

Brutale Übergriffe wie diese kommen<br />

immer häufiger vor. Und sie<br />

geschehen vor den Augen der<br />

spanischen Polizisten.<br />

Darum sehen sich nun auch<br />

viele Beamte der Guardia Civil<br />

als Opfer der Zustände an der<br />

EU-Grenze. Rund 800 Polizisten<br />

sind in Melilla. Glaubt man Guillermo,<br />

so ist die Polizeitruppe<br />

tief gespalten. Es gebe jene, die<br />

nicht länger zuschauen wollten,<br />

wie Menschen halbtot geprügelt<br />

würden. Gleichzeitig gebe es aber<br />

die Hardliner vom alten Schlag.<br />

Schikane und Mobbing seien<br />

weit verbreitet.<br />

Laut Hilfsorganisationen wurden<br />

in diesem Jahr bereits 230<br />

Flüchtlinge von Melilla aus heimlich<br />

nach Marokko abgeschoben.<br />

Das verstößt gegen EU-Gesetz,<br />

denn jeder Migrant, der das Gebiet<br />

der Europäischen Union erreicht,<br />

hat Recht auf einen Asylantrag<br />

und darf nicht zurückgeschickt<br />

werden – so lange sein<br />

Antrag geprüft wird.<br />

Der Ansturm der Flüchtlinge<br />

ist gewaltig. Durch die Kriege im<br />

Nahen Osten, in Mali oder der<br />

Zentralafrikanischen Republik<br />

wächst der Strom der Migranten.<br />

Insgesamt kamen in diesem Jahr<br />

3500 Menschen illegal über die<br />

Grenze in Melilla. Das sind 240<br />

Prozent mehr als im Vorjahr.<br />

Die Europäische Union versucht<br />

mit Millionen Euro Steuergeldern<br />

(13,5 Millionen Euro waren es allein<br />

in diesem Jahr), die Grenzen<br />

der spanischen Exklaven in Nordafrika<br />

zu verstärken. Doch seit<br />

der Zaun noch engmaschiger ist,<br />

klettern die Migranten mit<br />

Schrauben in den Schuhsohlen<br />

und improvisierten Greifhaken.<br />

Manche reiben sich sogar mit<br />

Fäkalien ein, um Polizeibeamte<br />

abzuschrecken. Polizei-Gewerkschafter<br />

Guillermo sagt, die Aggressionen<br />

hätten insgesamt zugenommen.<br />

Eine Gewaltspirale<br />

sei losgetreten worden. „Europa<br />

Daniel ist sechsmal über den<br />

Zaun geklettert, wurde fünfmal<br />

zurückgeschickt. Marokkanische<br />

Polizisten haben ihn<br />

danach<br />

angeblich<br />

gefoltert<br />

Deutschland & die Welt 15<br />

Um besser klettern zu können,<br />

drehen viele Flüchtlinge<br />

Schrauben in ihre Schuhe<br />

hat ein Flüchtlingsproblem – doch<br />

wir können das nicht stoppen, wir<br />

sind nur die Sündenböcke“, sagt<br />

der Beamte. Und die Aggressionen<br />

führen zu Tragödien. Wie in<br />

Ceuta am 6. Februar. Vor der anderen<br />

spanischen Exklave in Nordafrika<br />

waren 12 Bootsflüchtlinge<br />

ertrunken, nachdem Grenzer Gummigeschosse<br />

auf die Migranten<br />

gefeuert hatten. Die Beamten befolgten<br />

einen Befehl. Nun werden<br />

sie wegen Totschlags angeklagt.<br />

Einer, der Ende Mai an den<br />

Grenzern vorbeikam, ist Daniel,<br />

ein 30-jähriger Kameruner. Zusammen<br />

mit 450 anderen kletterte<br />

er über den Zaun in Melilla.<br />

Dort lebt er nun im Flüchtlingsheim<br />

direkt am Golfplatz<br />

und wartet ab. Er sagt: „Ich will<br />

nach Deutschland weiter und dort<br />

als Mechaniker arbeiten. Es war<br />

Gottes Wille, dass ich über den<br />

Zaun komme.“<br />

Daniel erzählt, wie präzise jeder<br />

Ansturm geplant wird. Längst<br />

gehen die Flüchtlinge taktisch<br />

vor, denn sie wissen, dass ihre<br />

Chancen steigen, wenn sie koordiniert<br />

stürmen. Aus Angst vor<br />

Der Grenzzaun von Melilla:<br />

Sechs Meter hoch ist die<br />

Konstruktion, die Spanien<br />

und Marokko trennt und<br />

damit die Europäische<br />

Union und Afrika<br />

Das Kontrollzentrum: In diesem Raum im<br />

Hauptquartier der Guardia Civil werten Beamte<br />

die Bilder der Überwachungskameras aus<br />

Polizeispitzeln werden die Aktionen<br />

kurzfristig, meist über Facebook,<br />

angekündigt. Daniel war<br />

sechsmal über den Zaun geklettert,<br />

doch jedes Mal sei er von<br />

Grenzern zurückgeschickt worden.<br />

Die Marokkaner hätten ihn<br />

danach geschlagen und gefoltert.<br />

Er zeigt auf seine Narben an Armen<br />

und Beinen, die wie Adern<br />

seine Haut durchziehen. Trotz<br />

seiner Leiden habe er niemals<br />

ans Aufgeben gedacht.<br />

Auch Guillermo weiß, dass der<br />

Wille der Flüchtlinge nicht zu<br />

brechen ist. „Wir brauchen wieder<br />

mehr Menschlichkeit am<br />

Zaun“, sagt er. Er fordert mehr<br />

gemeinsame Grenzkontrollen<br />

von Spaniern und Marokkanern.<br />

Ansonsten drehe sich die Gewaltspirale<br />

an Europas Grenze zu Afrika<br />

immer weiter.<br />

Tausende Flüchtlinge warten<br />

derzeit auf der marokkanischen<br />

Seite. Und es werden mehr. Auch<br />

die Flüchtlinge vom Golfplatz haben<br />

es nicht nach Europa geschafft.<br />

Nach 13 Stunden Verhandlungen<br />

stiegen sie vom Zaun und wurden<br />

von der Guardia Civil zurück<br />

nach Marokko gebracht. Da saßen<br />

die Golfer längst in ihrem<br />

Clubheim. „Man fühlt sich ein wenig<br />

schuldig, aber wir habe keine<br />

Schuld“, sagte einer von ihnen.<br />

Zwei Millionen Euro soll das<br />

satte Grün in der Wüste übrigens<br />

gekostet haben, schreibt die<br />

Zeitung „El País“. Der Großteil<br />

kam aus dem Entwicklungsfonds<br />

der EU, der „Ungleichheiten zwischen<br />

den verschiedenen Regionen“<br />

beseitigen soll. Natürlich<br />

nur der Regionen innerhalb Europas.<br />

Die Ungleichheiten zwischen<br />

Afrika und Europa werden<br />

bleiben. Und damit auch Bilder<br />

wie diese.<br />

FOTOS: AFP, DPA<br />

Schwangere mit<br />

fast 5 Promille<br />

Lodz – Am Donnerstag<br />

wurde nahe Lodz (Polen)<br />

eine bewusstlose Schwangere<br />

ins Krankenhaus eingeliefert.<br />

Die 34 Jahre alte<br />

Frau, die im 7. Monat<br />

schwanger war, hatte unglaubliche<br />

4,98 Promille im<br />

Blut. Ihr Kind konnte nicht<br />

gerettet werden. Gegen<br />

die Frau wird nun wegen<br />

Kindstötung ermittelt.<br />

190 Millionen im<br />

Lotto gewonnen<br />

Paris – Volltreffer bei der<br />

Lotterie Euromillionen: Ein<br />

Spieler aus Portugal hat<br />

am Freitagabend den Jackpot<br />

der europäischen Lotterie<br />

geknackt und 190 Millionen<br />

Euro gewonnen. Wie<br />

die französische Lotterie<br />

mitteilte, tippte nur er<br />

auf die richtigen fünf Zahlen<br />

und zwei Zusatzzahlen.<br />

Der bislang ebenfalls bei<br />

190 Millionen Euro liegende<br />

Höchstgewinn aus dem<br />

Jackpot war im August<br />

2012 nach Großbritannien<br />

gegangen.<br />

Autodieb erschießt<br />

zwei Polizisten<br />

Sacramento – Ein 34-jähriger<br />

Autodieb erschoss<br />

in Nordkalifornien zwei<br />

Polizisten und verletzte<br />

zwei weitere Menschen<br />

schwer. Er wurde nach einer<br />

sechsstündigen Verfolgungsjagd<br />

festgenommen.<br />

Einer der Polizisten<br />

starb auf den Tag genau<br />

26 Jahre, nachdem sein<br />

Vater, der ebenfalls Polizist<br />

war, im Dienst ums<br />

Leben gekommen war.<br />

Lebend,<br />

aber still:<br />

Zwei Models<br />

posieren<br />

mit Körperbemalung<br />

Stillgestanden für<br />

die Körperkunst<br />

Kapstadt – Still stehen fürs<br />

Stillstehen: Bis zu 14 Stunden<br />

dauern die kunstvollen<br />

Körperbilder, die bei der<br />

Bodyspectra-Messe in Kapstadt<br />

den Models auf den<br />

makellosen Leib gepinselt<br />

werden. Und nur, um dann<br />

wort- und bewegungslos<br />

herumzustehen. Komisch<br />

eigentlich. Denn das diesjährige<br />

Motto der Schau<br />

lautet „Lebende Bilder“.

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