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in göttingen

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REGIONALE WIRTSCHAFT [ AUSBILDUNG IM HANDWERK ]]<br />

„Das Handwerk muss<br />

mit den jungen Leuten <strong>in</strong>s<br />

Gespräch kommen.“<br />

Als Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Südniedersachsen weiß Andreas Gliem,<br />

dass Handwerk goldenen Boden hat. Darüber, wie es gel<strong>in</strong>gen kann, dass dies auch wieder<br />

mehr Jugendlichen und jungen Erwachsenen bewusst wird, sprachen wir mit ihm.<br />

TEXT: TIMO LERCH<br />

Herr Gliem, Wieviele Ausbildungsverhältnisse<br />

gibt es<br />

aktuell regional?<br />

In den von der Kreishandwerkerschaft<br />

Südniedersachsen betreuten 22 Mitglieds<strong>in</strong>nungen<br />

haben wir aktuell etwa<br />

900 Lehrl<strong>in</strong>ge <strong>in</strong> Ausbildungsverhältnissen.<br />

In welchen Berufen ist der Mangel<br />

an Auszubildenden regional<br />

besonders groß?<br />

Gerade im Lebensmittelhandwerk ist<br />

es schwierig, junge Leute für e<strong>in</strong>e<br />

Ausbildung zu gew<strong>in</strong>nen. Weder die<br />

Fachverkäufer<strong>in</strong>nen noch die Bäcker<br />

oder Fleischer selbst s<strong>in</strong>d nachgefragte<br />

Handwerksberufe. Und das ist ke<strong>in</strong><br />

Problem des hiesigen Raumes – <strong>in</strong> ganz<br />

Deutschland ist dies bedauerlicherweise<br />

zu beobachten. Die Gründe hierfür s<strong>in</strong>d<br />

vermutlich die unattraktiv ersche<strong>in</strong>enden<br />

Arbeitszeiten, z. B. an Wochenenden, des<br />

Nachts und des Abends, vielleicht aber<br />

auch die – zu Unrecht – fehlende gesellschaftliche<br />

Anerkennung dieser Berufe.<br />

Welche Berufe s<strong>in</strong>d<br />

weniger betroffen?<br />

Das Kraftfahrzeughandwerk ist sicherlich<br />

dasjenige, das aktuell noch die<br />

wenigsten Probleme hat. Nach wie vor<br />

möchten vor allem junge Männer den<br />

Beruf des Kfz-Mechatronikers erlernen.<br />

Er führt die Rangliste der nachgefragtesten<br />

Ausbildungsberufe im<br />

Handwerk seit vielen Jahren an. Das<br />

Automobil begeistert.<br />

Gibt es auch <strong>in</strong> Südniedersachsen<br />

e<strong>in</strong> Missverhältnis zwischen offenen<br />

Stellen im Vergleich zu Ausbildungsplatzsuchenden<br />

ohne Ausbildungsplatz?<br />

Fest steht, viele unserer Handwerksunternehmen<br />

suchen händer<strong>in</strong>gend<br />

nach geeignetem Nachwuchs. Wir beobachten<br />

aber auch, dass junge Menschen<br />

sich nur auf e<strong>in</strong>en bestimmten<br />

Ausbildungsberuf fokussieren, ohne<br />

Alternativen <strong>in</strong>s Auge zu fassen.<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus fehlen oft die erforderlichen<br />

Qualifikationen und Schulabschlüsse.<br />

Und nicht jeder, der Zimmerer<br />

werden möchte, ist dazu auch<br />

<strong>in</strong> der Lage, <strong>in</strong>sbesondere dann nicht,<br />

wenn er etwa <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Vermögen,<br />

räumlich zu denken e<strong>in</strong>geschränkt<br />

ist und/oder <strong>in</strong> Mathematik schlechte<br />

Schulnoten hat.<br />

Was s<strong>in</strong>d die Hauptgründe,<br />

aufgrund derer sich Schulabgänger<br />

für e<strong>in</strong>e Lehre im Handwerk<br />

entscheiden?<br />

Die Vielseitigkeit des Handwerksberufs,<br />

die überschaubare Betriebsgröße,<br />

meist <strong>in</strong> Form familiengeführter<br />

Unternehmen, <strong>in</strong> denen der Chef nicht<br />

nur Chef, sondern gegebenenfalls auch<br />

väterlicher Ratgeber ist sowie die nach<br />

wie vor guten Perspektiven, bei Geeignetheit<br />

auch Karriere machen zu<br />

können. Oft s<strong>in</strong>d es auch die eigenen<br />

Familienmitglieder, die handwerkliche<br />

Wurzeln haben und hier die Jugendlichen<br />

oder jungen Erwachsenen entsprechend<br />

bee<strong>in</strong>flussen.<br />

Andreas Gliem<br />

Wie wichtig ist aus Ihrer Sicht die<br />

Perspektive, nach dem Erwerb<br />

e<strong>in</strong>es Meistertitels studieren zu<br />

können?<br />

Es ist grundsätzlich gut, dass es diese<br />

Möglichkeit gibt, denn dadurch steigt<br />

auch die Wertigkeit des handwerklichen<br />

Meistertitels <strong>in</strong> der öffentlichen<br />

Me<strong>in</strong>ung. Gleichzeitig ist es aber so,<br />

dass hiervon verschw<strong>in</strong>dend ger<strong>in</strong>g<br />

Gebrauch gemacht wird. Wir erhalten<br />

kaum Anfragen <strong>in</strong> diese Richtung.<br />

Es besteht wenig Beratungsbedarf.<br />

Gleichzeitig gibt es aber <strong>in</strong> der Bevölkerung<br />

e<strong>in</strong> Informationsdefizit. Deshalb<br />

nochmal: Mit dem Meistertitel <strong>in</strong><br />

der Tasche darf man auch studieren!<br />

Foto:EF<br />

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