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Leitsatz: - bei der Landesanwaltschaft Bayern

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<strong>Leitsatz</strong>:<br />

Im Approbationswi<strong>der</strong>rufsverfahren besteht für die Verwaltungsgerichte grundsätzlich keine<br />

Veranlassung, die tatsächlichen Feststellungen in einem rechtskräftigen Strafbefehl<br />

wegen mehrfachen (Abrechnungs-)Betrugs erneut zu überprüfen, wenn ein Arzt den<br />

Strafbefehl in Kenntnis aller möglichen berufsrechtlichen Konsequenzen durch Zurücknahme<br />

des dagegen eingelegten Einspruchs akzeptiert hat. Dies gilt erst recht, wenn dem<br />

Arzt - wie hier - <strong>der</strong> Strafbefehl vorab als Erstentwurf zur Kenntnis gebracht worden ist.<br />

Gericht:<br />

VGH<br />

Aktenzeichen: 21 B 04.3153<br />

Sachgebietsschlüssel: 460<br />

Rechtsquellen:<br />

VwGO § 124 a Abs. 2<br />

BÄO § 5 Abs. 2 Satz 1<br />

GG Art. 12<br />

Hauptpunkte:<br />

Wi<strong>der</strong>ruf <strong>der</strong> ärztlichen Approbation<br />

Unzuverlässigkeit<br />

Unwürdigkeit<br />

Verurteilung wegen Betrugs<br />

Leitsätze:<br />

Im Approbationwi<strong>der</strong>rufsverfahren besteht für die Verwaltungsgerichte grundsätzlich<br />

keine Veranlassung, die tatsächlichen Feststellungen in einem rechtskräftigen Strafbefehl<br />

wegen mehrfachen (Abrechnungs-)Betrugs erneut zu überprüfen, wenn ein<br />

Arzt den Strafbefehl in Kenntnis aller möglichen berufsrechtlichen Konsequenzen<br />

durch Zurücknahme des dagegen eingelegten Einspruchs akzeptiert hat. Dies gilt<br />

erst recht, wenn dem Arzt – wie hier – <strong>der</strong> Strafbefehl vorab als Erstentwurf zur<br />

Kenntnis gebracht worden ist.


- 2 -<br />

----------------------------------------------------------------------------------------------------------------<br />

Urteil des 21. Senats vom 28. März 2007<br />

(VG Regensburg, Entscheidung vom 04. Oktober 2004, Az.: RO 5 K 03.2148)<br />

2


21 B 04.3153<br />

RO 5 K 03.2148<br />

Großes Staatswappen<br />

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof<br />

Im Namen des Volkes<br />

In <strong>der</strong> Verwaltungsstreitsache<br />

*** ******* *******,<br />

*********** *** ***** **********,<br />

- Kläger -<br />

bevollmächtigt:<br />

Rechtsanwälte ******* ******* und Kollegen,<br />

************* *** ***** *****,<br />

Rechtsanwälte ****** *** *******,<br />

************** *** ***** **********,<br />

gegen<br />

Freistaat <strong>Bayern</strong>,<br />

vertreten durch:<br />

<strong>Landesanwaltschaft</strong> <strong>Bayern</strong>,<br />

Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,<br />

- Beklagter -<br />

wegen<br />

Wi<strong>der</strong>rufs <strong>der</strong> ärztlichen Approbation;<br />

hier: Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts<br />

Regensburg vom 4. Oktober 2004,<br />

erlässt <strong>der</strong> Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 21. Senat,


durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Polloczek,<br />

den Richter am Verwaltungsgerichtshof Abel,<br />

den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dachlauer<br />

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 27. März 2007<br />

folgendes<br />

am 28. März 2007<br />

Urteil:<br />

I. Unter Aufhebung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts<br />

Regensburg vom 4. Oktober 2004 wird die Klage abgewiesen.<br />

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in <strong>bei</strong>den Rechtszügen<br />

zu tragen.<br />

III. Das Urteil ist hinsichtlich <strong>der</strong> Kosten vorläufig vollstreckbar. Der<br />

Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe<br />

<strong>der</strong> festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht <strong>der</strong> Beklagte<br />

vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.<br />

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.<br />

Tatbestand:<br />

1 Dem Kläger wurde mit Urkunde des Bayerischen Staatsministeriums des Innern<br />

vom 28. Oktober 1983 die Approbation als Arzt erteilt. Mit Beschluss des Zulassungsausschusses<br />

<strong>der</strong> Kassenärztlichen Vereinigung <strong>Bayern</strong>s (KVB) vom<br />

4. November 1994 wurde er in ********** als Nervenarzt zugelassen. Unabhängig<br />

von seiner vertragsärztlichen Tätigkeit untersuchte <strong>der</strong> Kläger über Jahre hinweg<br />

im Auftrag <strong>der</strong> Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) Patienten zur<br />

Erstellung von psychiatrischen Rentengutachten.<br />

2 Mit Beschluss vom 6. Dezember 2000 entzog <strong>der</strong> Zulassungsausschuss Ärzte<br />

<strong>der</strong> KVB die Kassenzulassung. Dem Kläger wurde die unerlaubte Abrechnung<br />

von Leistungen zu Lasten <strong>der</strong> vertragsärztlichen Versorgung im Zusammenhang<br />

4


mit <strong>der</strong> Erstattung von Gutachten für die BfA sowie die unplausible, unerlaubte<br />

und falsche Abrechnung von Leistungen <strong>bei</strong> Zugrundelegung <strong>der</strong> Leistungslegenden<br />

<strong>der</strong> Gebührenordnung vorgeworfen. Der Kläger habe gegen das Gebot<br />

<strong>der</strong> wirtschaftlichen Behandlungsweise verstoßen, indem er <strong>bei</strong> allen gutachterlich<br />

betreuten Patienten zusätzlich vertragsärztliche Leistungen über Krankenscheine<br />

abgerechnet habe. Diese Abrechnungsweise habe die Fallzahl und in<br />

den budgetierten Quartalen ab 3/97 das Praxisbudget gesteigert.<br />

3 Den dagegen eingelegten Wi<strong>der</strong>spruch wies <strong>der</strong> Berufungsausschuss für Ärzte<br />

mit Beschluss vom 19. Februar 2002 zurück.<br />

4 Mit Urteil vom 11. Mai 2004 (Az. S 28 KA 1144/02) hob das Sozialgericht München<br />

diesen Beschluss auf. Der Kläger habe zwar gegen seine Verpflichtung zur<br />

"peinlich genauen Abrechnung" verstoßen. Die Entziehung <strong>der</strong> Kassenzulassung<br />

sei jedoch unverhältnismäßig. Über die gegen das Urteil eingelegte Berufung ist<br />

noch nicht entschieden.<br />

5 Der Kläger wurde mit seit 30. Dezember 2002 rechtskräftigem Strafbefehl des<br />

Amtsgerichts Regensburg vom 5. November 2002, Az. ** ** *** ** ********, wegen<br />

16 tatmehrheitlichen Fällen des Betrugs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von<br />

12 Monaten auf Bewährung (3 Jahre) und einer Geldbuße von 15.000,-- € verurteilt.<br />

Er habe im Zeitraum von 1996 bis 1999 in 197 Fällen vertragsärztliche Leistungen<br />

über Krankenschein abgerechnet, obwohl er gewusst habe, dass diese<br />

gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen nicht abrechnungsfähig gewesen<br />

seien. Außerdem habe er im Zeitraum von 1/96 bis 2/97 in einer Vielzahl von Fällen<br />

die Gebührenordnungspositionen Nr. 19 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes<br />

– EBM – (Erhebung <strong>der</strong> Fremdanamnese <strong>bei</strong> kommunikationsgestörten<br />

Patienten) und Nr. 3 (Verwaltungsgebühr) zu Unrecht abgerechnet. Im<br />

Strafbefehl wurde von einem Schaden zu Lasten <strong>der</strong> KVB in Höhe von<br />

45.067,07 DM (= 23.042,43 €) ausgegangen.<br />

6 Die Regierung <strong>der</strong> Oberpfalz wi<strong>der</strong>rief mit Bescheid vom 9. September 2003 die<br />

Approbation als Arzt (Ziffer I) und for<strong>der</strong>te den Kläger zur Rückgabe <strong>der</strong> Approbationsurkunde<br />

auf (Ziffer II). Für den Fall <strong>der</strong> nicht rechtzeitigen Erfüllung dieser<br />

Verpflichtung wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 500,-- € angedroht (Ziffer III).<br />

Der Kläger sei zur Ausübung des ärztlichen Berufs sowohl unzuverlässig als<br />

auch unwürdig. Das beruhe im Wesentlichen auf den in dem rechtskräftigen<br />

Strafbefehl des Amtsgerichts enthaltenen tatsächlichen Feststellungen, die <strong>der</strong><br />

5


Kläger bisher nicht entkräftet habe, so dass die Sorg- und Bedenkenlosigkeit des<br />

Klägers im Umgang mit Berufspflichten sich in allen Zusammenhängen auszuwirken<br />

drohe, die mit den Berufsbil<strong>der</strong>n von Ärzten verbunden seien. Die betrügerischen<br />

Manipulationen des Klägers <strong>bei</strong> den Abrechnungen würden sich<br />

negativ auf die Höhe <strong>der</strong> Kassen<strong>bei</strong>träge <strong>der</strong> Patienten auswirken. Dieses Verhalten<br />

beeinträchtige daher das Vertrauen <strong>der</strong> Patienten und <strong>der</strong> Öffentlichkeit zu<br />

einem Arzt.<br />

7 Das Verwaltungsgericht gab <strong>der</strong> dagegen erhobenen Klage mit Urteil vom<br />

4. Oktober 2004 statt. Offensichtlich sei, dass dem Strafbefehl eine Abmachung<br />

zwischen <strong>der</strong> Staatsanwaltschaft und den Verteidigern des Klägers zugrunde gelegen<br />

habe, so dass das Ausmaß <strong>der</strong> strafwürdigen Verfehlungen des Klägers<br />

nicht in dem für den Entzug <strong>der</strong> ärztlichen Approbation notwendigen Umfang<br />

feststehe. Der Entzug <strong>der</strong> Approbation vernichte die berufliche Existenz des Klägers<br />

auf Jahre hinaus. Auch die Unwürdigkeit des Klägers zur Ausübung des<br />

ärztlichen Berufes sei nicht gegeben.<br />

8 Im zugelassenen Berufungsverfahren beantragt <strong>der</strong> Beklagte,<br />

unter Abän<strong>der</strong>ung des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom<br />

4. Oktober 2004 die Klage abzuweisen.<br />

9 Die im Strafbefehl geahndeten Straftaten ließen Charaktereigenschaften des Klägers<br />

erkennen, die nicht <strong>der</strong> raschen Wandlung unterlägen. Das gelte um so<br />

mehr, als er bislang keine ernstlichen Sanktionen seines Fehlverhaltens zu spüren<br />

bekommen und somit keinen Anlass gesehen habe, sich zu än<strong>der</strong>n. Die nicht<br />

sofort vollziehbare Entziehung <strong>der</strong> Kassenzulassung sei mit Urteil des Sozialgerichts<br />

München aufgehoben worden. Der Kläger sei im Stande gewesen, die zu<br />

Unrecht eingenommene Honorarsumme (95.037,88 €) unverzüglich zurück zu<br />

zahlen, weil er weiter als Arzt gear<strong>bei</strong>tet habe. Der Entzug <strong>der</strong> Approbation vernichte<br />

auch nicht die beruflichen Existenz des Klägers, weil er zum einen die<br />

Arztpraxis verkaufen o<strong>der</strong> verpachten könne. Zum an<strong>der</strong>en habe <strong>der</strong> Kläger die<br />

Möglichkeit <strong>bei</strong>spielsweise als Pharmareferent zu ar<strong>bei</strong>ten. Insgesamt sei von<br />

<strong>der</strong> Unzuverlässigkeit und Unwürdigkeit des Klägers zur Ausübung des ärztlichen<br />

Berufes und von <strong>der</strong> Verhältnismäßigkeit des Approbationsentzugs auszugehen.<br />

10 Der Kläger beantragt,<br />

6


die Berufung zurückzuweisen.<br />

Nach einem Approbationswi<strong>der</strong>ruf sei die Verpachtung seiner Vertragsarztpraxis<br />

rechtlich nicht möglich; er habe außerdem irreversible Auswirkungen auf seine<br />

Kassenzulassung. Er habe keine an<strong>der</strong>e Ausbildung <strong>bei</strong>spielsweise als Pharmareferent.<br />

Seit seiner letzten fehlerhaften Abrechnung Ende 1999 sei bereits ein Zeitraum<br />

von mehreren Jahren verstrichen. Seine Unwürdigkeit sei nach <strong>der</strong> Rechtsprechung<br />

des Bundesverwaltungsgerichts zu verneinen. Zutreffend sei die Annahme<br />

des Verwaltungsgerichts, dass <strong>der</strong> Approbationswi<strong>der</strong>ruf unverhältnismäßig<br />

sei und dem Grundrecht <strong>der</strong> Berufsfreiheit nach Art. 12 GG wi<strong>der</strong>spreche.<br />

Er habe bereits <strong>bei</strong> Bescheidserlass die volle Gewähr dafür geboten, dass er die<br />

Abrechnungsfehler zuverlässig und dauerhaft beseitigt habe und er seine Berufspflichten<br />

peinlichst genau beachte, so dass sowohl die Zuverlässigkeit als<br />

auch die Würdigkeit gegeben gewesen sei.<br />

11 Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt <strong>der</strong> Gerichtsakten,<br />

auf den Inhalt <strong>der</strong> <strong>bei</strong>gezogenen Behörden- und Strafakten, <strong>der</strong> Akten des<br />

Sozialgerichts München und wegen des Verlaufs des Erörterungstermins vom<br />

17. Oktober 2006 und <strong>der</strong> mündlichen Verhandlung vom 27. März 2007 auf die<br />

darüber geführten Nie<strong>der</strong>schriften sowie auf alle gewechselten Schriftsätze Bezug<br />

genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).<br />

7


Entscheidungsgründe:<br />

Die zulässige Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1, § 124 a Abs. 5 VwGO) ist begründet.<br />

1 Das Verwaltungsgericht hat <strong>der</strong> Klage zu Unrecht stattgegeben, weil <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>ruf<br />

<strong>der</strong> dem Kläger erteilten Approbation als Arzt rechtmäßig ist und diesen nicht in<br />

seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Regierung <strong>der</strong> Oberpfalz<br />

war verpflichtet, die Approbation des Klägers nach § 5 Abs. 2 Satz 1 <strong>der</strong><br />

Bundesärzteordnung – BÄO – vom 16. April 1987 (BGBl I S. 1218) zu wi<strong>der</strong>rufen,<br />

weil nachträglich eine <strong>der</strong> Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2<br />

BÄO zur Erteilung <strong>der</strong> Approbation weggefallen ist. Sie ist zu Recht davon ausgegangen,<br />

dass <strong>der</strong> Kläger sich im Zusammenhang mit seiner Berufsausübung<br />

als Arzt eines Verhaltens schuldig gemacht hat, das so schwerwiegend ist, dass<br />

sich aus ihm sowohl seine Unzuverlässigkeit als auch seine Unwürdigkeit zur<br />

weiteren Ausübung des Arztberufes ergeben.<br />

2 Beim Wi<strong>der</strong>ruf einer als begünstigen<strong>der</strong> Verwaltungsakt ergehenden Approbation<br />

handelt es sich um einen Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich<br />

gewährleistete Freiheit <strong>der</strong> Berufswahl; denn die freie Berufswahl umfasst<br />

nicht nur die Entscheidung über den Eintritt in den Beruf, son<strong>der</strong>n überdies<br />

die Entscheidung darüber, ob und wie lange ein Beruf ausgeübt werden soll (vgl.<br />

BVerfGE 44, 105, 117 m.w.N.). Diese Entscheidungsfreiheit wird dem betroffenen<br />

Arzt durch einen Wi<strong>der</strong>ruf <strong>der</strong> Approbation genommen. Ein solcher Eingriff<br />

ist nur zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter statthaft. Dieser Anfor<strong>der</strong>ung<br />

ist dann genügt, wenn die Würdigkeit o<strong>der</strong> Zuverlässigkeit zur Ausübung<br />

des ärztlichen Berufes, die nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO Voraussetzung für<br />

die Erteilung <strong>der</strong> Approbation sind, weggefallen ist (vgl. BVerwG vom 16.9.1997<br />

BVerwGE 105, 214 ff m.w.N.).<br />

3 Voraussetzung für den Wi<strong>der</strong>ruf <strong>der</strong> Approbation des Klägers ist gemäß § 5<br />

Abs. 2 Satz 1, § 3 Abs. 1 Nr. 2 BÄO, dass nachträglich Tatsachen eingetreten<br />

sind, aus denen sich eine Unzuverlässigkeit o<strong>der</strong> eine Unwürdigkeit des Klägers<br />

zur Ausübung des Arztberufes ergibt.<br />

4 Das Merkmal <strong>der</strong> Unzuverlässigkeit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, <strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Behörde we<strong>der</strong> einen Beurteilungs- noch einen Ermessenspielraum eröffnet.<br />

Danach ist insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong>jenige im Sinn des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO unzuverlässig,<br />

<strong>der</strong> aufgrund seines bisherigen Verhaltens keine Gewähr dafür bie-<br />

8


tet, dass er in Zukunft seinen Beruf als Arzt ordnungsgemäß ausüben wird. In<br />

diesem Sinn ist die Unzuverlässigkeit dann zu bejahen, wenn Tatsachen die Annahme<br />

rechtfertigen, <strong>der</strong> Arzt werde in Zukunft die berufsspezifischen Vorschriften<br />

und Pflichten nicht beachten. Abzustellen ist für die somit anzustellende<br />

Prognose auf die jeweilige Situation des Arztes im maßgeblichen Zeitpunkt, nämlich<br />

im Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens. Da<strong>bei</strong> ist für die<br />

Prognose <strong>der</strong> Zuverlässigkeit auch die Würdigung <strong>der</strong> gesamten Persönlichkeit<br />

des Arztes und ihrer Lebensumstände auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> Sachlage in diesem<br />

maßgeblichen Zeitpunkt ausschlaggebend (vgl. BVerwG vom 16.9.1997 BVerw-<br />

GE 105, 214 ff; BVerwG vom 9.11.2006 Az. 3 B 7/06 m.w.N.).<br />

5 Nach allgemeiner Auffassung ist ein Arzt zur Ausübung des ärztlichen Berufes<br />

unwürdig, wenn er durch sein Verhalten nicht mehr das Ansehen und das Vertrauen<br />

besitzt, das für die Ausübung seines Berufs unabdingbar nötig ist. Diese<br />

Definition knüpft die Feststellung <strong>der</strong> Berufsunwürdigkeit im Hinblick auf den<br />

Grundsatz <strong>der</strong> Verhältnismäßigkeit an hohe Voraussetzungen. Sie verlangt ein<br />

schwerwiegendes Fehlverhalten des Arztes, das <strong>bei</strong> Würdigung aller Umstände<br />

seine weitere Berufsausübung im maßgeblichen Zeitpunkt untragbar erscheinen<br />

lässt. Da<strong>bei</strong> ist entscheidend, dass das Verhalten des Arztes für jeden billig und<br />

gerecht Denkenden als Zerstörung <strong>der</strong> für die ärztliche Tätigkeit unverzichtbaren<br />

Vertrauensbasis erscheint (BVerwG vom 28.01.2003 Buchholz 418.00 Ärzte<br />

Nr. 107 m.w.N.).<br />

6 Die Begriffe "Unzuverlässigkeit" und "Unwürdigkeit" haben jeweils eine eigenständige<br />

Bedeutung. Der Begriff <strong>der</strong> Unzuverlässigkeit wird durch die Prognose<br />

gekennzeichnet, ob <strong>der</strong> Betroffene auch in Zukunft seine beruflichen Pflichten<br />

nicht zuverlässig erfüllen wird. Ihr gegenüber entbehrt die Unwürdigkeit des<br />

prognostischen Elements. Sie ist nicht vom künftigen Verhalten des Betroffenen<br />

abhängig (vgl. BVerwG vom 2.11.1992 Buchholz 418.00 Ärzte Nr. 83; vgl. auch<br />

BVerwG Buchholz vom 9.1.1991 Ärzte Nr. 80). Maßgeblicher Zeitpunkt für die<br />

Frage, ob diese Voraussetzungen für den Wi<strong>der</strong>ruf <strong>der</strong> Approbation des Klägers<br />

vorlagen, ist – wie oben dargelegt – <strong>der</strong> Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens.<br />

Denn <strong>bei</strong> Anfechtungsklagen gegen statusentziehende<br />

Verwaltungsakte, wie den Wi<strong>der</strong>ruf <strong>der</strong> Approbation, gibt die Sach- und Rechtslage<br />

im Zeitpunkt <strong>der</strong> letzten Behördenentscheidung den Ausschlag (st. Rspr.,<br />

zuletzt BVerwG vom 9.11.2006 Az. 3 B 7/06).<br />

9


7 Ausgehend von diesen Grundsätzen ist festzustellen, dass <strong>der</strong> Kläger im hier<br />

maßgeblichen Zeitpunkt ein Verhalten gezeigt hat, aus dem sich seine Unzuverlässigkeit<br />

und seine Unwürdigkeit zur Ausübung des Berufs als Arzt ergeben.<br />

8 Dem Kläger fehlt aufgrund seines gesamten im angefochtenen Bescheid<br />

zugrunde gelegten Verhaltens die notwendige Zuverlässigkeit zur Ausübung des<br />

Arztberufs.<br />

9 Aufgrund <strong>der</strong> tatsächlichen Feststellungen, die dem seit dem 30. Dezember 2002<br />

rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts Regensburg (Az. ** *** ** ********)<br />

zugrunde liegen, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass <strong>der</strong> Kläger die<br />

ihm insoweit zur Last gelegten Straftaten jedenfalls in einem das verhängte<br />

Strafmaß und den Schuldspruch tragenden Umfang tatsächlich begangen hat.<br />

Zwar ist ein Strafbefehl kein im ordentlichen Strafverfahren ergehendes Urteil,<br />

son<strong>der</strong>n eine in einem beson<strong>der</strong>s geregelten summarischen Verfahren getroffene<br />

richterliche Entscheidung. Weil das Strafbefehlsverfahren vornehmlich<br />

<strong>der</strong> Vereinfachung und Beschleunigung dient, kann ein Strafbefehl regelmäßig<br />

nicht das Maß an Ergebnissicherheit bieten wie ein Urteil. Die in einem Strafbefehl<br />

enthaltenen tatsächlichen Feststellungen vermögen deswegen keine Bindungswirkung<br />

etwa für ein Disziplinarverfahren zu erzeugen. Weil <strong>der</strong> Strafbefehl<br />

jedoch aufgrund einer tatsächlichen und rechtlichen Prüfung durch das Gericht<br />

(§§ 407, 408 StPO) ergeht, einen strafrechtlichen Schuldspruch enthält sowie eine<br />

strafrechtliche Rechtsfolge gegen den Beschuldigten festsetzt, und – wie hier<br />

nach Rücknahme des Einspruchs hiergegen – gemäß § 410 Abs. 3 StPO die<br />

Wirkung eines rechtskräftigen Strafurteils erlangt, können im Ordnungsrecht die<br />

in einem rechtskräftigen Strafbefehl enthaltenen tatsächlichen und rechtlichen<br />

Feststellungen regelmäßig zur Grundlage einer behördlichen o<strong>der</strong> gerichtlichen<br />

Beurteilung <strong>der</strong> betroffenen Persönlichkeit gemacht werden, soweit sich nicht<br />

gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit solcher Feststellungen ergeben.<br />

Das gilt auch im Zusammenhang mit dem Wi<strong>der</strong>ruf <strong>der</strong> ärztlichen Approbation<br />

(vgl. BVerwG vom 26.9.2002 NJW 2003, 913 f m.w.N.; vom 6.3.2003<br />

Az. 3 B 10/03).<br />

10 Somit können die Behörden und Gerichte Feststellungen auch in einem rechtskräftigen<br />

Strafbefehl <strong>der</strong> Beurteilung <strong>der</strong> Zuverlässigkeit im berufsrechtlichen<br />

Sinn zugrunde legen, ohne diese auf ihre vom Betroffenen bestrittene Richtigkeit<br />

selbst überprüfen zu müssen. Etwas an<strong>der</strong>es gilt ausnahmsweise nur dann,<br />

wenn gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit <strong>der</strong> strafgerichtlichen Tat-<br />

10


sachenfeststellungen sprechen, insbeson<strong>der</strong>e wenn ersichtlich Wie<strong>der</strong>aufnahmegründe<br />

vorliegen o<strong>der</strong> wenn die Behörden und Verwaltungsgerichte den<br />

bestrittenen Sachverhalt nunmehr besser als das Strafgericht aufklären können<br />

(vgl. die hier übertragbare st. Rspr. des BVerwG im Straßenverkehrsrecht – z.B.<br />

BVerwG vom 12.1.1977 und vom 28.9.1981 Buchholz 442.10 § 4 StVG Nr. 51<br />

und Nr. 60 – im Auslän<strong>der</strong>recht z.B. BVerwG vom 16.9.1986 und vom 8.5.1989<br />

Buchholz 402.24 § 10 AuslG a.F. Nr. 112 und Nr. 118 – im Waffenrecht z.B.<br />

BVerwG vom 24.6.1992 Buchholz 402.5 WaffG Nr. 65).<br />

11 Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.<br />

Schon aufgrund des Verhaltens des Klägers im Strafverfahren, insbeson<strong>der</strong>e vor<br />

Erlass des Strafbefehls, ist <strong>der</strong> Senat davon überzeugt, dass <strong>der</strong> Kläger die ihm<br />

zur Last gelegten Straftaten im entscheidungserheblichen Umfang begangen hat.<br />

So ist dem an die Staatsanwaltschaft Regensburg gerichteten Schriftsatz <strong>der</strong> früheren<br />

Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 28. August 2002 (Bl. 321, 322<br />

<strong>der</strong> Strafakte) zu entnehmen, dass dem Kläger die außerstrafrechtlichen Folgen<br />

eines rechtskräftigen Strafbefehls bekannt waren, insbeson<strong>der</strong>e, dass die<br />

Rechtskraft des Strafbefehls zu einem unwi<strong>der</strong>ruflichen Verlust <strong>der</strong> Kassenarztzulassung<br />

führen könne und nach Auskunft des sozialrechtlichen Beraters des<br />

Klägers mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sei, dass die Approbation<br />

des Klägers wi<strong>der</strong>rufen werde. In diesem Schriftsatz ist unter an<strong>der</strong>em ausgeführt:<br />

"Nachdem auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite mein Mandant <strong>bei</strong> seiner damaligen<br />

Vorsprache <strong>bei</strong> <strong>der</strong> KV <strong>Bayern</strong> in Begleitung seines früheren Anwalts unverzüglich<br />

den Sachverhalt unstreitig gestellt hat und den "Schaden" mittlerweile längst<br />

zurückgezahlt hat, sollte auch nur noch eine kleinere Bewährungsauflage erfor<strong>der</strong>lich<br />

sein……" Damit steht nach Auffassung des Senats fest, dass <strong>der</strong> Kläger<br />

gegenüber <strong>der</strong> KVB die ihm zur Last gelegten Vorwürfe eingeräumt hat.<br />

12 Zudem wurde den früheren Prozessbevollmächtigten des Klägers zunächst <strong>der</strong><br />

Strafbefehl im Entwurf zugesandt. Das ist dem Schriftsatz vom 4. November<br />

2002 (Bl. 336 <strong>der</strong> Strafakte) zu entnehmen, in dem ausgeführt wird, dass nach<br />

Rücksprache mit dem Kläger und dessen sozialrechtlichen Berater dieser Entwurf<br />

(des Strafbefehls) so akzeptiert werden würde.<br />

13 Nach Zustellung des Strafbefehls am 7. November 2002 erklärte <strong>der</strong> frühere Bevollmächtigte<br />

des Klägers im Schriftsatz vom 12. November 2002 (Bl. 337 <strong>der</strong><br />

Strafakte), dass zwar zunächst Einspruch hiergegen eingelegt, gleichwohl gebeten<br />

werde, von <strong>der</strong> Anberaumung eines Hauptverhandlungstermins <strong>der</strong>zeit<br />

11


Abstand zu nehmen, weil zum Jahresende <strong>der</strong> Einspruch wie<strong>der</strong> zurückgenommen<br />

werde. Dies ist am 30. Dezember 2002 auch geschehen ist.<br />

14 Dieses Verhalten des anwaltlich und auch sozialrechtlich beratenen Klägers belegt<br />

zur Überzeugung des Senats, dass <strong>der</strong> Kläger die ihm zur Last gelegten<br />

Straftaten im entscheidungserheblichen Umfang begangen und den ihm dadurch<br />

gemachten Schuldvorwurf letztlich auch eingestanden hat. Denn es wäre ansonsten<br />

unverständlich, dass <strong>der</strong> Kläger in Kenntnis <strong>der</strong> höchst wahrscheinlich<br />

eintretenden gravierenden berufsrechtlichen Folgen nach Rechtskraft dieses<br />

Strafbefehls, diesen vorab im Entwurf akzeptiert und dann durch Rücknahme des<br />

Einspruchs dessen Rechtskraft her<strong>bei</strong>führt. Dieses Verhalten des Klägers ist ü-<br />

berhaupt nur dann erklärbar, wenn er die ihm im Strafbefehl zur Last gelegten<br />

Taten und den ihm gemachten strafrechtlich relevanten Schuldvorwurf im Wesentlichen<br />

anerkennt o<strong>der</strong> einräumt. Hinzu kommt, dass <strong>der</strong> Kläger, wie bereits<br />

dargestellt, gegenüber <strong>der</strong> KVB in Begleitung seines früheren Anwalts unverzüglich<br />

den Sachverhalt unstreitig gestellt hat (vgl. Schriftsatz vom 28.8.2002,<br />

Bl. 322 <strong>der</strong> Strafakte). Wäre <strong>der</strong> Kläger nämlich davon überzeugt gewesen, dass<br />

die ihm gegenüber erhobenen Anschuldigungen falsch sind, hätte er das in einer<br />

Hauptverhandlung nachprüfen lassen können und müssen, um einen Freispruch<br />

zu erreichen. Es kann und muss hier auch nicht weiter aufgeklärt werden, weshalb<br />

<strong>der</strong> Kläger die Durchführung einer öffentlichen Hauptverhandlung gemieden<br />

hat. Ebenso wenig spielt es eine Rolle, ob und inwieweit es sich um eine Absprache<br />

("Deal") zwischen Staatsanwaltschaft und Kläger gehandelt haben könnte.<br />

Denn <strong>der</strong> Kläger hätte das Eintreten <strong>der</strong> Rechtskraft des Strafbefehls verhin<strong>der</strong>n<br />

und in einer Hauptverhandlung seine Unschuld unter Beweis stellen und<br />

auch damit die Öffentlichkeit hiervon überzeugen können, womit er auch <strong>der</strong> befürchteten<br />

Rufschädigung wirksam entgegentreten wäre.<br />

15 Angesichts <strong>der</strong> auf diesen Tatsachen beruhenden Überzeugung sieht <strong>der</strong> Senat<br />

unter Beachtung <strong>der</strong> ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts<br />

(BVerwG vom 26.9.2002 NJW 2003, 913; vom 6.3.2003 Az. 3 B 10/03) keinen<br />

Anlass, die erhobenen Einwendungen gegen die Richtigkeit <strong>der</strong> Feststellungen<br />

im Strafbefehl weiter zu vertiefen, weil sich keine gewichtigen Anhaltspunkte hiergegen<br />

ergeben haben und die durch das Gesamtverhalten des Klägers gewonnene<br />

Überzeugung des Senats dadurch nicht erschüttert wird. Abgesehen<br />

davon hält <strong>der</strong> Senat diese Einwendungen durch die Ausführungen im Wi<strong>der</strong>rufsbescheid<br />

für wi<strong>der</strong>legt. Er macht sich daher die Begründung des Bescheides<br />

insoweit zu eigen und sieht zur Vermeidung von Wie<strong>der</strong>holungen von einer er-<br />

12


neuten Darstellung dieser Entscheidungsgründe ab (§ 125 Abs. 1, § 117 Abs. 5<br />

VwGO).<br />

16 Diese Überzeugung des Senats kann <strong>der</strong> Kläger auch mit seinem Vorbringen in<br />

<strong>der</strong> mündlichen Verhandlung nicht erschüttern. Danach habe er etwa vier BfA-<br />

Gutachten pro Monat zu erstellen gehabt, insgesamt 197. Während <strong>der</strong> Begutachtung<br />

habe er in 194 Fällen, wo<strong>bei</strong> die Patienten ihm nicht bekannt gewesen<br />

seien, schwerwiegende, akute psychische Probleme gesehen, so dass eine therapeutische<br />

Intervention notwendig geworden sei. Diese zusätzliche therapeutische<br />

Intervention habe er auch in den 194 Fällen abgerechnet. Wenn sich<br />

ihm heute dieselbe Problematik wie<strong>der</strong> stellte, würde er nach wie vor therapeutisch<br />

intervenieren, diese Sitzungen aber nicht mehr geson<strong>der</strong>t abrechnen. Ergänzend<br />

verweise er auf sein Schreiben vom 24. Februar 2000 an die KVB. Diese<br />

Einlassung des Klägers ist nicht dazu geeignet, die tatsächlichen Feststellungen,<br />

die dem rechtskräftige Strafbefehl zu Grunde liegen, in einer Weise<br />

zu entkräften, dass erhebliche Gründe für die Annahme <strong>der</strong> Unrichtigkeit dieser<br />

tatsächlichen Feststellungen gegeben wären.<br />

17 Denn für den Senat ist es unglaubhaft, dass in jedem dieser<br />

194 Begutachtungsfälle therapeutische Maßnahmen ergriffen werden mussten,<br />

diese also aus objektiver medizinischer Sicht auch veranlasst waren. In dieser<br />

Annahme sieht sich <strong>der</strong> Senat durch das Schreiben einer Probandin (Bl. 9 <strong>der</strong><br />

Strafakte) bestätigt. Danach hat <strong>der</strong> Kläger bereits mit <strong>der</strong> Mitteilung des Termins<br />

zur Begutachtung (vgl. Bl. 11 <strong>der</strong> Strafakte) von <strong>der</strong> Probandin verlangt, die Versicherungskarte<br />

mitzubringen und dann vor <strong>der</strong> Begutachtung diese Karte in <strong>der</strong><br />

Praxis abzugeben. Nachdem <strong>der</strong> Kläger vor <strong>der</strong> Begutachtung nicht wissen<br />

konnte, dass <strong>bei</strong> dieser Probandin therapeutische Interventionen erfor<strong>der</strong>lich<br />

werden, wertet <strong>der</strong> Senat dieses Verhalten des Klägers als Indiz dafür, dass er<br />

von vornherein beabsichtigte, im Rahmen <strong>der</strong> Begutachtungen therapeutische<br />

Interventionen abzurechnen, auch wenn diese nicht veranlasst waren. Insgesamt<br />

hält <strong>der</strong> Senat daher die Behauptungen des Klägers für reine Schutzbehauptungen,<br />

um seine betrügerischen Straftaten, <strong>der</strong>etwegen er zu Recht verurteilt worden<br />

ist, in einem beson<strong>der</strong>s milden Licht erscheinen zu lassen. Das gilt auch für<br />

das Schreiben vom 24. Februar 2000 an die KVB (Bl. 13, 14 <strong>der</strong> Strafakte).<br />

Die Überzeugung des Senats von <strong>der</strong> Richtigkeit des Strafbefehls kann somit<br />

nicht erschüttert werden.<br />

13


18 Nachdem <strong>der</strong> vom Kläger verursachte Schaden in Höhe von 47.067,07 DM (=<br />

23.042,43 Euro), wie er im rechtskräftigen Strafbefehl festgestellt wurde, auf keinen<br />

Fall mehr als ein den Wi<strong>der</strong>ruf <strong>der</strong> Approbation wegen Unzuverlässigkeit<br />

nicht tragen<strong>der</strong> Bagatellschaden anzusehen ist (vgl. auch BayVGH vom<br />

18.7.1996 Az. 21 CS 96.155), zeigt das Verhalten des Klägers insgesamt<br />

schwerwiegende Verstöße gegen seine berufsspezifischen Pflichten, so dass <strong>der</strong><br />

Beklagte zu Recht annehmen konnte, dass <strong>der</strong> Kläger zur Ausübung des Berufs<br />

als Arzt im hier maßgeblichen Zeitpunkt unzuverlässig im Sinn von § 3 Abs. 1<br />

Nr. 2 BÄO ist.<br />

19 Dieses dargelegte Verhalten des Klägers, die erheblichen Verstöße gegen seine<br />

Berufspflichten und die dadurch manifest gewordenen Charaktereigenschaften<br />

bieten für die Erwartung, er werde seine Berufspflichten als Arzt in Zukunft ordnungsgemäß<br />

erfüllen, keine Grundlage, so dass die bezogen auf den Zeitpunkt<br />

des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens hinsichtlich seiner Zuverlässigkeit<br />

anzustellende Zukunftsprognose auch zu seinen Ungunsten ausfallen muss (vgl.<br />

BVerwG vom 16.9.1997 BVerwGE 105, 214 ff m.w.N.).<br />

20 Diese Zukunftsprognose geht auch nicht deshalb zu Gunsten des Klägers aus,<br />

weil er keine <strong>der</strong>artigen Begutachtungen für die BfA mehr durchführt. Denn es<br />

kann – bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens<br />

– nicht ausgeschlossen werden, dass <strong>der</strong> Kläger auch weiterhin<br />

unzulässige und betrügerische Abrechnungen an<strong>der</strong>er Art im Zusammenhang<br />

mit seiner ärztlichen Tätigkeit vornimmt. Eine Än<strong>der</strong>ung dieser persönlichen<br />

Eigenschaften kann auch nach Auffassung des Senats erst nach einem<br />

längeren Reifeprozess erwartet werden.<br />

21 Der Senat verweist auch hier ergänzend und zur Vermeidung weiterer Wie<strong>der</strong>holungen<br />

auf die zutreffenden und rechtlich nicht zu beanstandenden Ausführungen<br />

im Wi<strong>der</strong>rufsbescheid (§ 125 Abs. 1, § 117 Abs. 5 VwGO).<br />

22 Aufgrund dieses Gesamtverhaltens des Klägers fehlt diesem aber nicht nur die<br />

berufliche Zuverlässigkeit. Denn <strong>der</strong> Kläger erweist sich auch als unwürdig für die<br />

(weitere) Ausübung seiner Tätigkeit als Arzt.<br />

23 Wie bereits dargelegt ist ein Arzt zur Ausübung des ärztlichen Berufs unwürdig,<br />

wenn er durch sein Verhalten nicht mehr das Ansehen und das Vertrauen besitzt,<br />

das für die Ausübung seines Berufs unabdingbar nötig ist. Diese Definition<br />

14


knüpft die Feststellung <strong>der</strong> Berufsunwürdigkeit im Hinblick auf den Grundsatz <strong>der</strong><br />

Verhältnismäßigkeit an hohe Voraussetzungen. Sie verlangt ein schwerwiegendes<br />

Fehlverhalten dieses Arztes, das <strong>bei</strong> Würdigung aller Umstände seine weitere<br />

Berufsausübung im maßgeblichen Zeitpunkt untragbar erscheinen lässt<br />

(BVerwG vom 14.4.1998 Buchholz 418.00 Ärzte Nr. 100). Dieser Entziehungstatbestand<br />

stellt auch nicht auf den zufälligen Umstand ab, inwieweit das Fehlverhalten<br />

des Arztes in <strong>der</strong> Öffentlichkeit bekannt geworden ist. Entscheidend ist<br />

vielmehr, dass das Verhalten des Arztes für jeden billig und gerecht Denkenden<br />

als Zerstörung <strong>der</strong> für die ärztliche Tätigkeit unverzichtbaren Vertrauensbasis erscheint<br />

(vgl. BVerwG vom 28.1.2003 Buchholz 418.00 Ärzte Nr. 107 m.w.N.). Ist<br />

diese Voraussetzung gegeben, so ist <strong>der</strong> im Entzug <strong>der</strong> Approbation liegende, in<br />

jedem Fall sehr schwer wiegende Eingriff in die Berufsfreiheit sachlich gerechtfertigt,<br />

ohne dass es noch einer zusätzlichen Auseinan<strong>der</strong>setzung mit individuellen<br />

Umständen, wie Alter des Betroffenen und Möglichkeiten an<strong>der</strong>weitiger beruflicher<br />

Tätigkeit, bedürfte.<br />

24 Aufgrund <strong>der</strong> erheblichen Straftaten im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als<br />

Arzt konnte <strong>der</strong> Beklagte zu Recht annehmen, dass <strong>der</strong> Kläger im maßgeblichen<br />

Zeitpunkt unwürdig im Sinn von § 3 Abs. 1 Nr. 2 BÄO ist und den Approbationswi<strong>der</strong>ruf<br />

auch auf dieses Tatbestandsmerkmal stützen. Liegt – wie hier – Berufsunwürdigkeit<br />

vor, so lässt das Gesetz für die zusätzliche Berücksichtigung von<br />

individuellen Umständen wie längerer Ar<strong>bei</strong>tslosigkeit keinen Raum; hiergegen<br />

ist auch verfassungsrechtlich nichts zu erinnern (vgl. BVerwG vom 14.4.1998<br />

Buchholz 418.00 Ärzte Nr. 100). Ergänzend verweist <strong>der</strong> Senat auch hier auf den<br />

Wi<strong>der</strong>rufsbescheid (§ 125 Abs. 1, § 117 Abs. 5 VwGO).<br />

25 Die im Regelfall gegebene Annahme, dass erhebliche berufliche Unzuverlässigkeit<br />

auch zur Unwürdigkeit zur weiteren Berufsausübung führt (vgl. BVerwG vom<br />

2.11.1992 Buchholz 418.00 Ärzte Nr. 83), ist <strong>bei</strong>m Kläger auch nicht wi<strong>der</strong>legt.<br />

Es spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle, dass diese wenn auch über längere<br />

Zeit andauernden Pflichtverletzungen des Klägers den ersten Verstoß gegen<br />

seine beruflichen Pflichten darstellen. Denn auch ein erstmaliger, zumal<br />

strafrechtlich erfasster, Verstoß genügt grundsätzlich für die Annahme <strong>der</strong> Berufsunwürdigkeit,<br />

wenn die Art <strong>der</strong> Straftat, das Ausmaß <strong>der</strong> Schuld und <strong>der</strong> Zusammenhang<br />

mit <strong>der</strong> beruflichen Tätigkeit von bedeutendem Gewicht sind (vgl.<br />

BVerwG vom 4.8.1993 NVwZ-RR 1994, 388). Das ist hier – wie bereits dargelegt<br />

– <strong>der</strong> Fall.<br />

15


26 Ebenso wenig ist von Bedeutung, dass die Öffentlichkeit keine Kenntnis von den<br />

Verstößen des Klägers erhalten hat und daher das Vertrauen zu ihm nicht verloren<br />

gegangen ist. Es genügt nämlich, wenn dieser Vertrauensverlust spätestens<br />

zum maßgeblichen Zeitpunkt eingetreten wäre, wenn die Öffentlichkeit vom<br />

Verhalten des Klägers Kenntnis erlangt hätte; das kann nur dann ausnahmsweise<br />

wi<strong>der</strong>legt werden, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass trotz<br />

Kenntnis <strong>der</strong> Verfehlungen dennoch kein Vertrauensverlust eingetreten wäre<br />

(vgl. BVerwG vom 4.8.1993 NVwZ-RR 1994, 388; vom 14.4.1998 Buchholz<br />

418.00 Ärzte Nr. 100). Hierfür ist jedoch we<strong>der</strong> vom Kläger etwas konkret vorgetragen<br />

worden, noch sonst ersichtlich.<br />

27 Steht nach alldem fest, dass <strong>der</strong> Kläger unzuverlässig und unwürdig zur Ausübung<br />

des Arztberufs ist, war die Approbation zu wi<strong>der</strong>rufen, ohne dass <strong>der</strong> Behörde<br />

insoweit ein Ermessen eingeräumt gewesen wäre. Auch <strong>der</strong> hier<strong>bei</strong> zu beachtende<br />

Grundsatz <strong>der</strong> Verhältnismäßigkeit ist hier nicht verletzt.<br />

28 Die Beachtung dieses Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Anwendung<br />

von § 5 Abs. 2 Satz 1 BÄO im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich<br />

geboten. Eine Beschränkung <strong>der</strong> Approbation, also <strong>der</strong>en Teilwi<strong>der</strong>ruf, ist<br />

nicht möglich, was sich zwingend aus dem Begriff <strong>der</strong> Approbation ergibt. Diese<br />

ist im Gegensatz zu <strong>der</strong> Erlaubnis nach § 2 Abs. 2 BÄO eine unbeschränkte Erlaubnis<br />

zur Ausübung des ärztlichen Berufes und als solche unteilbar. Der Gesetzgeber<br />

hat jedoch dem Grundsatz <strong>der</strong> Verhältnismäßigkeit im Rahmen des<br />

§ 8 Abs. 1 BÄO dadurch Rechnung getragen, dass er unter an<strong>der</strong>em für den Fall<br />

eines Wi<strong>der</strong>rufs <strong>der</strong> Approbation wegen Wegfalls einer <strong>der</strong> Voraussetzungen des<br />

§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO dann, wenn die Verhaltensweise des Arztes nach<br />

Abschluss des entsprechenden Wi<strong>der</strong>rufsverfahrens mit Blick etwa auf die Zuverlässigkeit<br />

eine günstige Prognose erlaubt, die Möglichkeit eröffnet hat, einen<br />

Antrag auf Wie<strong>der</strong>erteilung <strong>der</strong> Approbation zu stellen und ggf. zunächst eine Erlaubnis<br />

zu einer erneuten Ausübung des ärztlichen Berufes nach § 8 Abs. 1 BÄO<br />

zu erhalten (vgl. BVerwGE 105, 214 ff; BVerwG vom 14.4.1998 Buchholz 418.00<br />

Ärzte Nr. 100).<br />

29 Unter Beachtung dieser Grundsätze kann <strong>der</strong> Kläger auch mit seinem übrigen<br />

Vorbringen im Verwaltungsprozess, insbeson<strong>der</strong>e im Berufungsverfahren, die zutreffenden<br />

Feststellungen seiner Unzuverlässigkeit und Unwürdigkeit unter Berücksichtigung<br />

des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht in Zweifel ziehen.<br />

16


30 Soweit <strong>der</strong> Kläger meint, das jahrelanger Wohlverhalten, das er nach Entdeckung<br />

<strong>der</strong> Abrechnungsunregelmäßigkeiten an den Tag gelegt habe, müsse<br />

mehr beachtet werden, trifft das nicht zu. Denn ein ordnungsgemäßes Verhalten<br />

wird von jedem rechtstreuen Bürger, somit auch von einem Arzt als Normalfall erwartet<br />

und stellt kein beson<strong>der</strong>es Verhalten dar, das die vom Kläger begangenen<br />

Straftaten in Frage stellen könnte. Auch die Tatsache, dass <strong>der</strong> Kläger die Liste<br />

<strong>der</strong> Gutachtenspatienten "sofort von sich aus" <strong>der</strong> KVB zur Verfügung gestellt<br />

habe, stellt kein beson<strong>der</strong>es Wohlverhalten dar, das die Straftaten des Klägers in<br />

einem mil<strong>der</strong>en Licht erscheinen lassen könnte. Zu Recht weist <strong>der</strong> Beklagte<br />

darauf hin, dass diese Listen auch durch die BfA als Auftraggeber hätten vorgelegt<br />

werden können. Ebenso wenig kann ins Gewicht fallen, dass <strong>der</strong> Kläger<br />

"weit mehr" als einen tatsächlichen Schaden von ca. 7.000,-- Euro zurückgezahlt<br />

habe, weil ausweislich des Strafbefehls von einem Gesamtschaden gegenüber<br />

<strong>der</strong> KVB von 23.042,43 Euro (45.064,07 DM) auszugehen ist.<br />

31 Unbeachtlich ist hier, dass die Abrechnungsfehler des Klägers nicht zu einer Gesundheitsgefährdung<br />

<strong>der</strong> Patienten geführt haben. Durch die Rechtsprechung<br />

des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass nicht allein Behandlungsfehler<br />

zum Wi<strong>der</strong>ruf <strong>der</strong> Approbation führen können, son<strong>der</strong>n dass zu den berufsspezifischen<br />

Pflichten eines Arztes auch die korrekte Abrechnung mit den Krankenkassen<br />

gehört (BVerwG vom 28.8.1995 Buchholz 418.00 Ärzte Nr. 91).<br />

32 Das Vorbringen des Klägers, dass er seit <strong>der</strong> letzten Falschabrechnung Ende<br />

1999 bis zum Erlass des angefochtenen Bescheids <strong>der</strong> Regierung <strong>der</strong> Oberpfalz<br />

am 9. September 2003 korrekt abgerechnet habe und insoweit die Rechtsprechung<br />

des Bundessozialgerichts zum Entzug <strong>der</strong> Zulassung als Kassenarzt /<br />

Vertragsarzt und zur Wie<strong>der</strong>zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung berücksichtigt<br />

werden müsse, führt hier zu keiner an<strong>der</strong>en rechtlichen Beurteilung.<br />

33 Im Beschluss vom 16. Juli 1996 (Buchholz 418.00 Ärzte Nr. 95) hat das Bundesverwaltungsgericht<br />

ausgeführt, dass auch das Bundessozialgericht keine Rechtsprechung<br />

<strong>der</strong>gestalt entwickelt habe, wonach ein Arzt fünf Jahre nach den Vorkommnissen,<br />

die zur Annahme <strong>der</strong> Unzuverlässigkeit geführt haben, regelmäßig<br />

als zuverlässig zu gelten habe. Allerdings habe <strong>der</strong> 6. Senat des Bundessozialgerichts<br />

(Urteil vom 24.11.1993 BSGE 73, 234, 243) in einem Fall, in dem <strong>der</strong><br />

Arzt sein Abrechnungsverhalten geän<strong>der</strong>t hat, die Sache an das Landessozialgericht<br />

mit <strong>der</strong> Begründung zurückverwiesen, <strong>der</strong> Zeitablauf könne ein Anhaltspunkt<br />

dafür sein, dass <strong>der</strong> Arzt seine Eignung während des Verlaufs des Verfah-<br />

17


ens wie<strong>der</strong> erlangt habe. Das Bundessozialgericht spricht somit lediglich von einem<br />

Anhaltspunkt. Hier hat <strong>der</strong> Beklagte das Verhalten des Klägers zwar berücksichtigt,<br />

ist aber zu Recht von <strong>der</strong> Unzuverlässigkeit des Klägers im maßgeblichen<br />

Zeitpunkt (Abschluss des Verwaltungsverfahrens) ausgegangen, was<br />

bereits dargestellt wurde.<br />

34 Auch die Tatsache, dass <strong>der</strong> Kläger den von ihm verursachten Schaden wie<strong>der</strong><br />

gutgemacht hat, än<strong>der</strong>t an <strong>der</strong> rechtlichen Beurteilung nichts. Denn zur Schadenswie<strong>der</strong>gutmachung<br />

besteht ohnehin eine rechtliche Verpflichtung (vgl.<br />

BayVGH vom 25.4.2005 Az. 21 ZB 04.794).<br />

35 Ebenso wenig lassen sich aus den im nicht rechtskräftigem Urteil des Sozialgerichts<br />

München vom 11. Mai 2004 und den hiervon maßgeblich geprägten<br />

Ausführungen im Urteil des Verwaltungsgerichts geäußerten Rechtsauffassungen<br />

Beweise für die Zuverlässigkeit und Würde des Klägers hinsichtlich seiner<br />

Berufsausübung herleiten.<br />

36 An<strong>der</strong>es ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des Bundessozialgerichts vom<br />

20. Oktober 2004 (BSGE 93, 269 ff). In dieser Entscheidung hat das Bundessozialgericht<br />

dargelegt, dass, wenn sich <strong>bei</strong> einer nicht vollzogenen Zulassungsentziehung<br />

die Sach- und Rechtslage während des gerichtlichen Verfahrens zu<br />

Gunsten des Arztes in einer Weise geän<strong>der</strong>t habe, die eine Entziehung nicht<br />

mehr als angemessen erscheinen lasse, im Hinblick auf die Bedeutung des<br />

Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG eine solche Än<strong>der</strong>ung bis zur letzten mündlichen<br />

Verhandlung vor dem Tatsachengericht berücksichtigt werden müsse.<br />

37 Dieser Rechtsauffassung hat sich aber das Bundesverwaltungsgericht in ständiger<br />

Rechtsprechung für den Approbationswi<strong>der</strong>ruf nicht angeschlossen, son<strong>der</strong>n<br />

auch nach Ergehen dieser Entscheidung des Bundessozialgerichts vom<br />

20. Oktober 2004 seine bisherige Rechtsprechung im Beschluss vom<br />

9. November 2006 (Az. 3 B 7/06) bestätigt. Abgesehen davon hat das Bundessozialgericht<br />

zwischen einem Wi<strong>der</strong>ruf <strong>der</strong> Approbation und einer Zulassungsentziehung<br />

hinreichend differenziert: Danach seien Umstände, die nach <strong>der</strong><br />

Verwaltungsentscheidung eingetreten sind, grundsätzlich unbeachtlich, soweit<br />

sie nicht ausnahmsweise den Entlastungssachverhalt in einer an<strong>der</strong>en Sicht erscheinen<br />

ließen. Diese Grundsätze hätten zur Folge, dass später liegende Verän<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> Sachlage unbeachtlich seien. Dies könne in den Fällen hingenommen<br />

werden, wenn ein Beamter, <strong>der</strong> wegen Dienstunfähigkeit in Ruhestand<br />

18


versetzt werde, im Falle geän<strong>der</strong>ter Verhältnisse die erneute Berufung in das<br />

Beamtenverhältnis (§ 45 BGB) beanspruchen könne, o<strong>der</strong> aber – <strong>bei</strong> einem Arzt<br />

– die Möglichkeit zur Wie<strong>der</strong>erlangung <strong>der</strong> Approbation nach § 8 Abs. 1 BÄO bestehe<br />

(BVerwG vom 14.4.1998 NJW 1999 3425, 3426). Nachdem Entsprechendes<br />

im Vertragsarztrecht nicht gelte, müsse gegebenenfalls auf den Zeitpunkt <strong>der</strong><br />

letzten mündlichen Verhandlung abgestellt werden.<br />

38 Damit hat auch das Bundessozialgericht in dieser Entscheidung klar zu erkennen<br />

gegeben, dass für diese Rechtsauffassung im Approbationswi<strong>der</strong>rufverfahren<br />

kein Raum ist, weil dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz durch die Möglichkeit <strong>der</strong><br />

Wie<strong>der</strong>erlangung <strong>der</strong> Approbation nach § 8 Abs. 1 BÄO genüge getan ist.<br />

39 Soweit <strong>der</strong> Kläger, insbeson<strong>der</strong>e im Schriftsatz vom 27. Februar 2007 auf die beruflichen<br />

und existenziellen Folgen hinweist, die ein bestandskräftiger Wi<strong>der</strong>ruf<br />

<strong>der</strong> Approbation auslösen würde, vermag auch das zu keiner an<strong>der</strong>en Beurteilung<br />

zu führen. Der Kläger befürchtet, dass er aus dem Arztregister gestrichen<br />

und ihm die Kassenzulassung entzogen wird. Zudem sei <strong>der</strong> Zulassungsentzug<br />

irreversibel, weil die Planungsbereiche gesperrt seien. Der Senat kann diese<br />

Folgen eines bestandskräftigen Wi<strong>der</strong>rufs <strong>der</strong> Approbation nicht ausschließen.<br />

Dass damit schwerwiegend in das Grundrecht <strong>der</strong> Berufsfreiheit des Klägers<br />

nach Art. 12 Abs. 1 GG eingegriffen wird, erweist sich jedoch nicht als unverhältnismäßig,<br />

weil <strong>der</strong> Approbationswi<strong>der</strong>ruf als zwingende Folge <strong>der</strong> Unwürdigkeit<br />

und Unzuverlässigkeit ausgesprochen werden musste. Liegt nämlich Berufsunwürdigkeit<br />

vor, so lässt das Gesetz für die zulässige Berücksichtigung individueller<br />

Umstände wie eines relativ hohen Lebensalters o<strong>der</strong> längerer Ar<strong>bei</strong>tslosigkeit<br />

keinen Raum, was verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Es ist<br />

nach wie vor gerechtfertigt, die Betätigung eines Arztes zu unterbinden, die das<br />

Vermögen <strong>der</strong> Patienten, ihrer Kassen o<strong>der</strong> <strong>der</strong> an <strong>der</strong> Finanzierung des Gesundheitswesens<br />

Beteiligten nachhaltig gefährdet. Liegen Tatsachen – wie hier –<br />

vor, die auf eine <strong>der</strong>artige Gefährdung schließen lassen, so muss dem Arzt die<br />

Approbation entzogen werden, gleichgültig ob er für die Zukunft Aussicht auf<br />

Wie<strong>der</strong>erteilung <strong>der</strong> Approbation und die Wie<strong>der</strong>zulassung als Vertragsarzt hat<br />

o<strong>der</strong> nicht. Der Behörde steht insoweit we<strong>der</strong> ein Ermessen noch ein Beurteilungsspielraum<br />

zu. Den Patienten, ihren Kassen o<strong>der</strong> den an <strong>der</strong> Finanzierung<br />

des Gesundheitswesens Beteiligten ist nicht deshalb ein höheres Maß an Gefährdung<br />

ihres Vermögens zuzumuten, weil sich die ferneren Berufsaussichten<br />

des Arztes ungünstig darstellen (vgl. BVerwG vom 14.4.1998 Buchholz 418.00<br />

Ärzte Nr. 100; BVerwG vom 16.7.1996 Buchholz 418.00 Ärzte Nr. 95).<br />

19


40 Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts<br />

ist nicht mehr relevant, welche berufsrechtlichen Folgen die Bestandskraft des<br />

Wi<strong>der</strong>rufsbescheids für den Kläger hätten. Soweit <strong>der</strong> Kläger in <strong>der</strong> mündlichen<br />

Verhandlung darauf hinweist, dass er die von ihm ausgeübte Praxis in **********<br />

nach einem bestandskräftigen Wi<strong>der</strong>ruf <strong>der</strong> Approbation so nicht mehr weiter<br />

betreiben könne, hat er somit das hinzunehmen, zumal Art. 12 GG nicht die konkrete<br />

in einer bestimmten Praxis an einem bestimmten Ort ausgeübte Berufstätigkeit<br />

als Arzt o<strong>der</strong> Nervenarzt schützen und jeden Eingriff hiergegen abwehren<br />

will. Würde <strong>der</strong> Schutzbereich des Art. 12 GG so weit gehen, wäre jeglicher<br />

Approbationswi<strong>der</strong>ruf in <strong>der</strong>artigen Fällen nicht möglich. Dem Kläger ist es<br />

insoweit zuzumuten, nach Wie<strong>der</strong>erteilen <strong>der</strong> Approbation, die hier nach einem<br />

gewissen Zeitablauf erfolgen kann o<strong>der</strong> nach einer vorhergehenden Erteilung einer<br />

Erlaubnis nach § 8 BÄO seine ärztliche Tätigkeit in einem an<strong>der</strong>en Umfeld<br />

auszuüben, womit <strong>der</strong> Schutz von Art. 12 GG hinreichend gewahrt bleibt. Der<br />

Kläger ist von den Folgen seiner Straftaten nicht an<strong>der</strong>s betroffen als je<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />

Staatsbürger auch, <strong>der</strong> aufgrund einer rechtskräftigen Verurteilung seinen Ar<strong>bei</strong>tsplatz<br />

verliert.<br />

41 Soweit <strong>der</strong> Kläger meint, dass gegen ihn schon erhebliche Sanktionen verhängt<br />

worden seien, trifft das nicht zu. Der Kläger kann bis zum jetzigen Zeitpunkt seine<br />

berufliche Tätigkeit in vollem Umfang ausüben, zumal we<strong>der</strong> hinsichtlich Wi<strong>der</strong>rufs<br />

<strong>der</strong> Approbation noch <strong>der</strong> Entziehung <strong>der</strong> Kassenzulassung die sofortige<br />

Vollziehbarkeit dieser Maßnahme angeordnet worden ist.<br />

42 Die Straftaten des Klägers hatten in berufsrechtlicher Hinsicht bislang ohnehin<br />

noch keine spürbaren Konsequenzen für den Kläger, so dass von erheblichen<br />

Sanktionen nicht die Rede sein kann.<br />

43 Auch unter Berücksichtigung von § 18 Abs. 1 des Gesetzes zur Wahrung <strong>der</strong><br />

Einheitlichkeit <strong>der</strong> Rechtsprechung <strong>der</strong> obersten Gerichtshöfe des Bundes vom<br />

19. Juni 1968 (BGBl I S. 661), auf das das Bundesverwaltungsgericht in seiner<br />

Entscheidung vom 9. Januar 1991 (NJW 1991, 1557) verweist, ergibt sich nichts<br />

dafür, dass für die Entziehung <strong>der</strong> vertragsärztlichen Zulassung und für den Wi<strong>der</strong>ruf<br />

<strong>der</strong> Approbation gleiche Maßstäbe zu gelten haben. Schon § 95 Abs. 6<br />

Satz 2 SGB V, wonach <strong>der</strong> Zulassungsausschuss statt einer vollständigen auch<br />

eine hälftige Entziehung <strong>der</strong> Zulassung beschließen kann, zeigt, dass gleiche<br />

Maßstäbe für die Entziehung <strong>der</strong> vertragsärztlichen Zulassung und des Wi<strong>der</strong>rufs<br />

20


<strong>der</strong> Approbation schon deshalb nicht gelten können, weil die Approbation unteilbar<br />

ist (vgl. Nr. 28).<br />

44 Der Kläger hat demnach gezeigt, dass ihm die gebotene innere Einstellung zur<br />

Beachtung seiner berufsspezifischen Pflichten als Arzt fehlt. Er hat Charaktereigenschaften<br />

offenbart, die seiner weiteren Tätigkeit als Arzt – bezogen auf den<br />

maßgeblichen Zeitpunkt – insgesamt entgegenstehen, so dass <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>ruf <strong>der</strong><br />

Approbation angemessen und nicht unverhältnismäßig ist. Dem Senat drängt<br />

sich vielmehr <strong>der</strong> Eindruck auf, <strong>der</strong> Kläger halte die rechtskräftige Verurteilung im<br />

Strafbefehl lediglich für ein Bagatelldelikt, das letztendlich für ihn keine berufsrechtlichen<br />

Folgen haben dürfe.<br />

45 Soweit beson<strong>der</strong>e Umstände o<strong>der</strong> beson<strong>der</strong>es Verhalten des Klägers vorliegen<br />

sollten, worauf er im Berufungsvorbringen wie<strong>der</strong>holt hingewiesen hat, könnte<br />

dem im Wie<strong>der</strong>erteilungsverfahren <strong>der</strong> Approbation o<strong>der</strong> in einem Verfahren<br />

nach § 8 BÄO Rechnung getragen werden. Insbeson<strong>der</strong>e könnte sich das auf die<br />

Dauer <strong>der</strong> Bewährungszeit außerhalb des Berufs, die erst nach Bestandskraft<br />

des Wi<strong>der</strong>rufsbescheids zu laufen beginnen kann (vgl. BayVGH vom 11.7.2006<br />

Az. 21 ZB 06.709 m.w.N.), auswirken.<br />

46 Damit war unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens des Klägers das<br />

Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.<br />

47 Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO.<br />

48 Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.<br />

49 Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner <strong>der</strong> Gründe des § 132 Abs. 2<br />

VwGO vorliegt.<br />

Rechtsmittelbelehrung<br />

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung <strong>der</strong> Revision durch Beschwerde zum<br />

Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist <strong>bei</strong>m<br />

21


Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23,<br />

80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach:<br />

Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser<br />

Entscheidung schriftlich einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung<br />

dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung<br />

bezeichnen. In <strong>der</strong> Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung<br />

<strong>der</strong> Rechtssache dargelegt o<strong>der</strong> die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts,<br />

des Gemeinsamen Senats <strong>der</strong> obersten Gerichtshöfe des Bundes o<strong>der</strong> des<br />

Bundesverfassungsgerichts, von <strong>der</strong> die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs<br />

abweicht, o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Verfahrensmangel bezeichnet werden.<br />

Vor dem Bundesverwaltungsgericht muss sich je<strong>der</strong> Beteiligte durch einen Rechtsanwalt<br />

o<strong>der</strong> einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes<br />

mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten<br />

lassen. Das gilt auch für die Einlegung <strong>der</strong> Beschwerde gegen die Nichtzulassung<br />

<strong>der</strong> Revision. Abweichend davon können sich juristische Personen des öffentlichen<br />

Rechts und Behörden auch durch Beamte o<strong>der</strong> Angestellte mit Befähigung zum<br />

Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch<br />

durch Beamte o<strong>der</strong> Angestellte mit Befähigung zum Richteramt <strong>der</strong> zuständigen Aufsichtsbehörde<br />

o<strong>der</strong> des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem<br />

sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.<br />

Polloczek Abel Dachlauer<br />

Beschluss:<br />

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 75.199,51 Euro<br />

festgesetzt (§ 47, § 52 Abs. 1 i.V.m. Nr. 16.1 des Streitwertkataloges<br />

2004, vgl. Kopp, VwGO, 14. Aufl 2005, Anhang zu § 164 RdNr. 14).<br />

Polloczek Abel Dachlauer<br />

22

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