wasserstoff-infrastruktur für eine nachhaltige mobilität - e-mobil BW
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Kapitel 2<br />
Gewinnung und Bereitstellung des Kraftstoffs bzw. Energieträgers<br />
bis zur Umwandlung in mechanische (Antriebs-) Energie betrachtet.<br />
Die TTW-Methode (wörtlich: vom Tank zum Rad) berücksichtigt<br />
nur die Wirkkette im Fahrzeug. Im Kontext <strong>eine</strong>r <strong>nachhaltige</strong>n Energieversorgung<br />
und des Klimaschutzes ist die umfangreichere<br />
WTW-Betrachtung notwendig. Ein Vergleich von Fahrzeugen mit<br />
Verbrennungsmotoren, batterieelektrischem und Brennstoffzellen-<br />
Antrieb resultiert in <strong>eine</strong>r komplexen Matrix und war bereits<br />
Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Studien. Auf <strong>eine</strong> umfassende<br />
Betrachtung wird an dieser Stelle verzichtet, stattdessen<br />
sollen anhand aktueller Daten des Referenzwerks „Well-to-wheel<br />
Analysis of Future Automotive Fuels and Powertrains in the European<br />
Context“ [3] allgem<strong>eine</strong> Schlussfolgerungen und Ableitungen<br />
<strong>für</strong> <strong>eine</strong> Wasserstoff-Tankstellen<strong>infrastruktur</strong> gezogen werden.<br />
Eine Gegenüberstellung wichtiger Antriebskonzepte nach [3] ist<br />
in Abbildung 1 gegeben. Bezogen auf <strong>eine</strong> PKW-Fahrleistung von<br />
100 km werden der spezifische Primärenergiebedarf als Maß <strong>für</strong><br />
die Effizienz der gesamten Wirkkette sowie auch die damit ver-<br />
450<br />
400<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
Primärenergieverbrauch [MJ/100 km]<br />
GHG-Emissionen [g CO 2 eq/km]<br />
bundenen Emissionen klimaschädlicher Treibhausgase (engl.:<br />
greenhouse gas – GHG, ausgedrückt in CO2-Äquivalent) verglichen.<br />
Folgende Antriebskonzepte sind berücksichtigt:<br />
Ein dieselbetriebener PKW, Stand 2010, mit „Direct-Injection-<br />
Compression-Ignition“-Technologie und Diesel-Partikelfilter (ICE<br />
Diesel) als Referenzwert <strong>für</strong> die konventionellen Technologien;<br />
Brennstoffzellen-PKWs mit Wasserstoff aus (I) zentraler Erdgasreformierung<br />
nach heutigen Stand der Technik (FCEV, CNG), aus<br />
(II) <strong>eine</strong>r zentralen Elektrolyseanlage mit <strong>eine</strong>r Energieversorgung<br />
gemäß dem heutigen EU-Strommix (FCEV, EU-Strommix)<br />
und letztendlich aus (III) <strong>eine</strong>r zentralen Elektrolyseanlage, welche<br />
mit Windstrom versorgt wird (FCEV, Windstrom);<br />
Sowie Fahrzeuge mit batterieelektrischem Antrieb mit (I) Strom<br />
gemäß aktuellen EU-Strommix (BEV, EU-Strommix) und (II) Windstrom<br />
als Vertreter <strong>für</strong> erneuerbare Energien (BEV, Windstrom).<br />
Strom aus erneuerbaren Energien wird gemäß der Literatur [3] mit<br />
<strong>eine</strong>m Umwandlungswirkungsgrad von 100 % angenommen.<br />
ICE, Diesel BEV, EU-Strommix EU-Windstrom FCEV, CNG FCEV, EU-Strommix FCEV, Windstrom<br />
Abbildung 1: Primärenergieverbrauch und Greenhouse-Gas-Emissionen ausgewählter Antriebskonzepte gemäß <strong>eine</strong>r Well-To-Wheel-Analyse nach [3]<br />
Dieser Vergleich macht deutlich, dass batterieelektrische Fahrzeuge<br />
(BEV) und Brennstoffzellen-Fahrzeuge (FCEV) nur durch Nutzung<br />
erneuerbarer Energien die Möglichkeit zur emissionsfreien<br />
Mobilität bieten. Ein BEV mit Strom aus erneuerbaren Energien<br />
(„Windstrom“) zeigt bezüglich Effizienz und GHG-Emissionen die<br />
besten Werte. Bei <strong>eine</strong>m FCEV („Windstrom“) schlägt zwar ein höherer<br />
Primärenergieverbrauch zu Buche, es werden aber ebenfalls<br />
fast k<strong>eine</strong> Treibhausgase emittiert. Beide elektrischen Antriebskonzepte<br />
eignen sich damit <strong>für</strong> <strong>eine</strong> <strong>nachhaltige</strong> Mobilität und ergänzen<br />
sich durch ihre unterschiedlichen Einsatzprofile (Kurzstrecke<br />
im urbanen und Pendlerverkehr vs. Langstrecke und Schwerlastbzw.<br />
öffentlicher Personentransport). Der Energieträger Wasserstoff<br />
kann darüber hinaus im Zusammenspiel mit erneuerbaren<br />
Energien weitere Vorteile nutzen. Eine Nutzung des derzeitigen<br />
Strommixes <strong>für</strong> die Elektro<strong><strong>mobil</strong>ität</strong> ist nicht sinnvoll und sorgt<br />
sowohl bei BEVs, als auch bei FCEVs <strong>für</strong> schlechtere Effizienzketten<br />
und teilweise sogar höhere CO2-Emissionen als Fahrzeuge<br />
mit aktuellen Diesel-Verbrennungsmotoren.<br />
Für <strong>eine</strong> zukünftige Tankstellen-Infrastruktur wird daraus gefolgert,<br />
dass Wasserstoff <strong>für</strong> die Mobilität aus erneuerbaren Energien<br />
stammen muss. Mit über 96 % wird derzeit jedoch der überwiegende<br />
Anteil des weltweit benötigten Wasserstoffs in Raffinerien<br />
aus fossilen Energieträgern wie Erdgas und Erdöl erzeugt (und<br />
direkt vor Ort auch wieder verwendet). Größere Mengen fallen<br />
zudem als Nebenprodukt in der Chlor-Alkali-Elektrolyse an. Verfahren<br />
wie die Wasserelektrolyse oder Gewinnung aus Biomasse<br />
spielen heutzutage nur <strong>eine</strong> untergeordnete Rolle in der Wasserstoff-Produktion.<br />
KOPPELUNG MIT ERNEUERBAREN ENERGIEN<br />
Der politische Wille zur Nutzung von Wasserstoff als speicherbarer<br />
Sekundärenergieträger in Koppelung mit erneuerbaren Energiequellen<br />
ist allgemein gegeben, wie u. a. die verschiedenen Förderinitiativen<br />
von Bund und Ländern belegen. Wesentliches Argument<br />
ist die leichte Speicherbarkeit regenerativer Energien in Form<br />
<strong>eine</strong>s chemisch stabilen Energieträgers ohne Selbstentladung.<br />
Durch die hohe Energiedichte kann die Speicherung auch im<br />
Megawatt-Maßstab erfolgen. Zudem lässt sich das hergestellte<br />
Gas vielseitig in industriellen, thermischen und <strong>mobil</strong>en Anwendungen<br />
nutzen.<br />
In der aktuellen technologischen Diskussion wird vor allem die<br />
Wasserstoff-Erzeugung über Elektrolyse aus Strom und Wasser<br />
betrachtet. Als regelbarer Verbraucher erzeugt der Elektrolyseur<br />
Wasserstoff in Zeiten <strong>eine</strong>s marktseitigen Stromüberangebots.<br />
Zur Stabilisierung der elektrischen Netze wird der Elektrolyseur<br />
stromgeführt und kann bei Bedarf auch ganz vom Netz genommen<br />
werden (Prinzip des verbraucherseitigen Lastmanagement, engl.:<br />
Demand Side Management – DMS). Der hergestellte Wasserstoff<br />
wird dann vor Ort <strong>für</strong> <strong>eine</strong> spätere Nutzung aufbereitet, komprimiert<br />
und zwischengespeichert, evtl. mit CO2 in Methan umgewandelt<br />
oder direkt in <strong>eine</strong> verfügbare (Erdgas-) Leitung eingespeist. Durch<br />
die Möglichkeit des aktiven Lastmanagement und der Umwandlung<br />
von elektrischer in chemische Energie durch modular anpassbare,<br />
zentrale oder dezentrale Elektrolyseanlagen mit entsprechender<br />
Betriebsführung können somit höhere Ausbauraten erneuerbarer<br />
Energien und <strong>eine</strong> Entlastung der Stromnetze erreicht werden [4].<br />
Allgemein wird dieser Ansatz in s<strong>eine</strong>n verschiedenen Varianten<br />
als „Power-to-Gas“-Konzept bezeichnet und derzeit in mehreren<br />
Forschungs- und Demonstrationsvorhaben national und international<br />
erprobt.<br />
GRÜNER WASSERSTOFF<br />
In diesem Zusammenhang wird häufig auch der Begriff des<br />
„grünen“ oder „erneuerbaren“ Wasserstoffs definiert. Allerdings<br />
existiert hier<strong>für</strong> k<strong>eine</strong> allgemein anerkannte Definition. Der Dachverband<br />
European Renewable Energy Council (EREC) schlägt bspw.<br />
vor, den Begriff grüner oder erneuerbarer Wasserstoff an die<br />
Definition <strong>für</strong> erneuerbare Energieträger zu koppeln. Im TÜV Süd<br />
Standard CMS 70 (Version 12/2011) [5] wird grüner Wasserstoff als<br />
Wasserstoff definiert, welcher „...aus erneuerbaren Energien oder/<br />
und Abfall sowie Reststoffen gemäß diesem Standard...“<br />
hergestellt ist. Die Diskussion, welche Erzeugungsformen und Herstellungspfade<br />
„grün“ sind, ist also als umfangreich und komplex<br />
zu bewerten und kann an dieser Stelle nicht abschließend behandelt<br />
werden. Vereinfacht bedeutet in dieser Studie die Bezeichnung<br />
grüner Wasserstoff <strong>eine</strong>n aus erneuerbaren Energiequellen und<br />
CO2-neutral hergestellten, aufbereiteten Wasserstoff, ohne Berücksichtigung<br />
notwendiger Verteilungsverluste.<br />
Eine besondere Wasserstoff-Quelle ist der oben erwähnte Nebenprodukt-Wasserstoff,<br />
der bei chemischen Prozessen anfällt und<br />
dann häufig <strong>für</strong> thermische Prozesse eingesetzt wird. Die Verwendung<br />
im Rahmen der Mobilität ist sinnvoll, zählt allerdings nicht als<br />
grüner Wasserstoff.<br />
Die Technologien zur Erzeugung und Speicherung von Wasserstoff<br />
sind prinzipiell vorhanden, zum großen Teil marktreif und bereits in<br />
diversen Demonstratoren weltweit erprobt. Auf die verschiedenen<br />
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