Yorcker Nr. 110 (Dez/Jan/Febr 13/14) - Yorck Kino GmbH
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BLAU IST EINE WARME FARBE<br />
frankreich 20<strong>13</strong><br />
la vie d’adèle<br />
Eine Liebe wie keine andere: Der Cannes-Gewinner über das Begehren<br />
zweier junger Frauen ist ein ebenso intimes wie sinnlich-rauschhaftes<br />
Meisterwerk.<br />
start<br />
19.11.<strong>13</strong><br />
regie<br />
Abdellatif Kechiche<br />
filmographie auswahl<br />
2000 Voltaire ist schuld<br />
2003 L’esquive<br />
2007 Couscous mit Fisch<br />
2010 Vénus noire<br />
drehbuch<br />
Abdellatif Kechiche<br />
Ghalia Lacroix<br />
nach einer<br />
Graphic Novel<br />
von Julie Maroh<br />
darsteller<br />
Léa Seydoux<br />
Adèle Exarchopoulos<br />
Salim Kechiouche<br />
kamera<br />
Sofian El Fani<br />
länge<br />
179 min<br />
bei uns in D und OmU<br />
Auf dem Filmfest in Cannes schlug er im Mai ein<br />
wie ein Meteorit aus dem Himmel des Autorenkinos.<br />
In epischen drei Stunden breitet Abdellatif<br />
Kechiche die Erweckungsgeschichte seiner Titelheldin<br />
aus, der 15-jährigen Schülerin Adèle, und<br />
erzählt sie als sensible Charakterstudie mit emotionsgeladener<br />
Behutsamkeit.<br />
Adèle trifft Thomas und glaubt, in ihm ihre<br />
erste große Liebe gefunden zu haben, doch schon<br />
bald kreuzt der Zufall ihr Leben. An einer Ampel<br />
sieht sie die burschikose Kunststudentin Emma,<br />
die mit ihren blauen Haaren und ihrer ungestümen<br />
Art auffällt wie ein bunter Hund. Adèle trifft<br />
ihr Blick mit voller Wucht und bald darauf ist alles<br />
anders in ihrem Leben.<br />
Die beiden stürzen sich in eine innige, turbulente<br />
Beziehung gegen alle Konventionen. Ihre Mitschülerinnen<br />
beschimpfen Adèle, doch sie lässt sich<br />
von ihrer neuen Freiheit nicht abbringen, Emma<br />
eröffnet ihr eine ganz neue Welt, in der emotionale<br />
Liebe, körperliches Begehren und intellektuelle<br />
Wissbegierde eins werden und zu ihrer Herzensbildung<br />
beitragen. Auch wenn’s weh tut, und das<br />
tut es oft. Wenn nach Jahren etwa die Leidenschaft<br />
einen Knacks bekommt und ein Seitensprung das<br />
Ideal der totalen Liebe zu zerbrechen droht.<br />
Kechiche erzählt diese Geschichte als sinnlichen<br />
Rausch und vor allem über Adèles Gesicht,<br />
das in Großaufnahme den Film dominiert. Blicke<br />
Einer der besten, wenn nicht gar der Film des<br />
Jahres<br />
und Gesten voll Intimität, in denen alles gesagt<br />
wird. Und es sind vor allem die beiden Hauptdarstellerinnen,<br />
die den Film in jeder Sekunde in<br />
aller ihrer Konsequenz und Wandlungsfähigkeit<br />
tragen.<br />
Viel ist seit der Premiere im Mai über den Film<br />
gesagt und geschrieben worden, hymnische<br />
Kritiken, aber auch einiges Unschöne, Vorwürfe<br />
über pornographische Szenen (von der Autorin<br />
der sehr frei adaptierten Comicvorlage) und ausbeuterische<br />
Dreharbeiten (von den Hauptdarstellerinnen).<br />
All das ist legitim, lenkt aber nicht<br />
davon ab, dass blau ist eine warme farbe vor<br />
allem eins ist: einer der besten, wenn nicht gar<br />
der Film des Jahres. Und die Geschichte einer radikalen,<br />
wahrhaftigen Liebe, die unbedingt einen<br />
eigenen Blick lohnt, weil sie einem danach nicht<br />
mehr aus dem Kopf gehen wird.<br />
jg<br />
7