NFV_05_2008 - Rot Weiss Damme
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Integration<br />
24<br />
Von MANFRED FINGER<br />
15 Jahre, von 1990 bis 20<strong>05</strong> führte<br />
Karl-Heinz Drinkuth den <strong>NFV</strong>-Kreis Schaumburg.<br />
Vor allem in der Gewinnung von ehrenamtlich<br />
tätigen Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeitern setzte er in dieser Zeit Akzente.<br />
„Durch Dein Vorbild habe ich mich für das<br />
Ehrenamt entschieden. Deine Auszeichnung<br />
ist auch eine Auszeichnung für uns“, hob<br />
der Vorsitzende des Kreissportbundes<br />
Schaumburg, Dieter Fischer, im Oktober<br />
2007 das Engagement des 71-Jährigen hervor,<br />
als dieser das Bundesverdienstkreuz erhielt.<br />
Bei einer Gruppe reichte allerdings auch<br />
Drinkuths Motivationskraft nicht aus. „Es ist<br />
mir leider nie gelungen, ausländische Mitbürger<br />
für eines unserer Gremien zu gewinnen“,<br />
bedauerte er im April <strong>2008</strong> am Rande<br />
der NDR 1-Sendung „Sportland“, die live<br />
aus dem Vereinsheim des VfL Bückeburg<br />
ausgestrahlt wurde.<br />
Dass in dieser Hinsicht aber nicht in<br />
Schaumburg, sondern bundesweit Handlungsbedarf<br />
besteht, hatte zuvor DFB-Vizepräsident<br />
Karl <strong>Rot</strong>hmund am Mikrofon von<br />
NDR-Reporter Peter Berg unterstrichen. „Die<br />
Integration von ausländischen Spielern in<br />
Fußballmannschaften ist nicht das Problem.<br />
Wir müssen uns vielmehr der Aufgabe stellen,<br />
dass sich Menschen mit Migrationshintergrund<br />
in die Vereinsarbeit einbringen,<br />
dass sie sich unserem Verständnis vom Ehrenamt<br />
annähern.“<br />
<strong>Rot</strong>hmunds Verband, der Deutsche<br />
Fußball-Bund (DFB), hat deshalb Ende 2006<br />
das Amt des Integrationsbeauftragten eingeführt.<br />
Die Wahl fiel auf die 44-jährige Gül<br />
Keskinler, eine gebürtige Türkin, die in<br />
Deutschland aufgewachsen und seit 1996<br />
deutsche Staatsbürgerin ist. „Der DFB ist eine<br />
ehrenamtlich getragene und täglich aktivierte<br />
Organisation. Mit Blick auf den demographischen<br />
Wandel stellt sich die Frage,<br />
wer zukünftig in den Verbänden und auch<br />
Mai <strong>2008</strong><br />
Migranten fehlen im Ehrenamt<br />
„Wie lassen sich Menschen mit Migrationshintergrund für ein Ehrenamt gewinnen?“ Diese<br />
Frage wird für den DFB mit Blick auf den demographischen Wandel immer bedeutender.<br />
Zwar sind viele ausländische Mitbürger in Vereinen aktiv, doch in den Vorstandsetagen fehlen sie.<br />
Am Mikrofon von Peter Berg und im Gespräch mit dem Fußball-Journal nahm Bückeburgs Martin<br />
Brandt Stellung zum Ehrenamt. Fotos (2): Meißner<br />
Vereinen die ehrenamtliche organisatorische<br />
Arbeit leisten soll. Es gibt Vereine, die haben<br />
60 Prozent Spieler mit Migrationshintergrund,<br />
doch im Vorstand sitzen ausschließlich<br />
Deutsche“, verdeutlichte Keskinler Ende<br />
Dezember 2007 im „Gespräch der Woche“<br />
gegenüber dfb.de.<br />
Beim VfL Bückeburg hat jeder Vierte<br />
der 600-Mitglieder-starken Fußballsparte einen<br />
Migrationshintergrund. „Wir haben<br />
ausländische Spieler, Trainer, Jugendbetreuer<br />
und Schiedsrichter, aber keine Vorstandsmitglieder“,<br />
bestätigt Martin Brandt, Vorsitzender<br />
der Fußballsparte und Vizepräsident<br />
des Gesamtvereins, gegenüber dem Fußball-<br />
Journal die allgemeine Situation. Wie fast<br />
überall in Deutschland, wo 2,7 Millionen<br />
türkische und türkischstämmige Menschen<br />
leben, bilden Türken auch in der Residenzstadt<br />
des ehemaligen Fürstentums und Landes<br />
Schaumburg-Lippe die größte ausländische<br />
Gruppe. Warum das Interesse am Ehrenamt<br />
fehlt? „Die Identifikation ist eine andere<br />
als bei uns, wo man 20, 30 oder 40<br />
Jahre Mitglied in einem Verein ist und einfach<br />
an ihm hängt. Eine derartige emotionale<br />
Bindung entwickeln die türkischen Mitbürger<br />
offenbar eher mit den großen Istanbuler<br />
Klubs oder ihrer Nationalmannschaft<br />
als zu dem örtlichen Verein in Deutschland“,<br />
sagt Brandt.<br />
Das scheinbar fehlende Interesse ist<br />
aber nur die eine Seite. Dies wird deutlich<br />
beim Anliegen des DFB, in den Sportgerichten<br />
der Landesverbände Richter und Beisitzer<br />
mit Migrationshintergrund zu etablieren.<br />
„Um zum Sportrichter gewählt zu werden,<br />
braucht es im Verband solide Netzwerke in<br />
der Struktur, und die haben Ausländer oder<br />
Menschen mit Migrationshintergrund oft<br />
nicht“, erklärte Gül Keskinler in ihrem Interview<br />
mit dfb.de. Deshalb begrüßt sie den<br />
Vorschlag des DFB-Sportgerichtsvorsitzenden<br />
Hans Lorenz, Sportrichter auf Ebene der<br />
Landesverbände künftig zu ernennen statt<br />
sie wie bisher zu wählen. Allerdings ist ihr<br />
auch bewusst, „dass es noch zu wenige<br />
Menschen mit Migrationshintergrund gibt,<br />
die sich in solchen Positionen einbringen<br />
können“.<br />
Im <strong>NFV</strong>-Kreis Schamburg käme für eines<br />
der Gremien sicher ein Mann vom Format<br />
eines Ahmet Cetindere in Frage. „Ein<br />
kultivierter Mann, mit dem ich sehr gerne<br />
zusammen arbeite“, sagt Martin Brandt<br />
über den promovierten Facharzt für Allgemeinmedizin,<br />
der sich als Präsident des SV<br />
Union Stadthagen dem Ehrenamt auf Vereinsebene<br />
verschrieben hat. Im Gegensatz<br />
zur Stadt Bückeburg, in der es keine ausländischen<br />
Klubs gibt, existieren im gut 13 Kilometer<br />
nördlich gelegenen Stadthagen gleich<br />
zwei so genannte „mono-ethnische“ Vereine.<br />
Der Fatih Sport Kultur- und Sportverein<br />
von 1995 sowie Cetinderes SV Union, der<br />
2001 aus der Fusion von zwei weiteren<br />
Klubs mit Migrationshintergrund entstanden<br />
ist.<br />
Im vergangenen Jahr sorgte Union für<br />
Schlagzeilen, als der Klub im VGH-Fairness-<br />
Cup unter 1.200 Mannschaften den 18.<br />
Platz belegte. „Darauf sind wir stolz“, erklärte<br />
Dr. Ahmet Cetindere als Gast der<br />
„Sportland-Sendung“. Sein Verein verfolge<br />
ein multikulturelles Konzept. Dem Ehrenamt<br />
misst er eine große Bedeutung zu („ohne<br />
diese Leute kann es keinen erfolgreichen<br />
Sport geben“), weiß aber aus eigener Erfahrung<br />
um die Schwierigkeiten. „Ich wünsche<br />
mir sehr, dass mehr Migranten in die Vereinsarbeit<br />
hineinkommen, auch auf verantwortlicher<br />
Ebene.“<br />
Mit dem VfL aus Bückeburg kooperiert<br />
sein Verein im Jugendbereich. Das gute Verhältnis<br />
beider Klubs kommt auch darin zum<br />
Ausdruck, dass Cetindere Mitglied im Förderkreis<br />
des VfL ist. So konnten sich Brandt<br />
und Cetindere im vergangenen Jahr gemeinsam<br />
freuen, als Bückeburg mit dem Integrationspreis<br />
des Schaumburger Landrats<br />
ausgezeichnet wurde.<br />
Dr. Ahmet Cetindere ist Präsident von Union<br />
Stadthagen, einem der beiden mono-ethnischen<br />
Klubs der Stadt.