Durchgangslager Friedland | Janne Teller - Pony
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Can you help me?<br />
FLüchtLingsaLLtag Seit 1945 bereitet man im südniedersächsischen Grenzdurchgangslager<br />
<strong>Friedland</strong> Menschen auf ein Leben in Deutschland vor. Eine Reportage.<br />
Benjamin Laufer<br />
adrett gekleidet schreitet Heinrich Hörnschemeyer durch den langen, beigen Flur<br />
von Haus 6. Er trägt einen braunen Anzug, ein braunes Hemd mit Krawatte und<br />
einen Schnurrbart. Aus den weißen Türen rechts und links des Ganges kommen<br />
Menschen mit dunkler Hautfarbe, dunkelbraunen Haaren und abgetragener<br />
Kleidung. Die Flüchtlinge tragen rosa Trainingsanzüge und schlagen die Zeit<br />
in ihren Unterkünften tot; einer schläft in seinem Zimmer mit dem Kopf auf dem<br />
Tisch. Einige sind neugierig und folgen uns. »Can you help me?«, nuschelt jemand<br />
in gebrochenem Englisch. »Yes, I can, wait please«, antwortet Hörnschemeyer.<br />
Dann geht er weiter.<br />
Hörnschemeyer ist Leiter des Grenzdurchgangslagers <strong>Friedland</strong> am südlichen<br />
Ende Niedersachsens. Bereits seit 1945 werden hier Flüchtlinge aufgenommen<br />
und auf ein Leben in Deutschland vorbereitet. Nachdem im vergangenen<br />
Sommer die letzten der 2.500 Kontingentflüchtlinge aus dem Irak das Lager verlassen<br />
haben, kommen hier seit Anfang Januar Asylbewerber an.<br />
21 vorwiegend junge Menschen aus dem Irak, Afghanistan und dem Libanon<br />
sind es Ende Januar, täglich können es mehr werden. Sie leben in karg eingerichteten<br />
Zimmern mit zwei bis acht Etagenbetten und stellen im Lager ihren Asylantrag.<br />
Etwa zwei Monate bleiben Sie in <strong>Friedland</strong>, dann werden Sie in Niedersachsen<br />
»verteilt«, wie Lagerleiter Hörnschemeyer sagt. Erst dann erfahren Sie,<br />
ob ihr Antrag angenommen wurde und sie bleiben dürfen.<br />
»Wer‹s bis <strong>Friedland</strong> schafft und an die Tür klopft, der ist drin«, sagt Martin<br />
Steinberg. Er ist Leiter der Inneren Mission der evangelischen Kirche im Lager.<br />
Auf welchem Weg die Flüchtlinge genau nach <strong>Friedland</strong> kamen, weiß hier<br />
noch niemand so genau. Einige sind irregulär eingereist und wurden von der<br />
Polizei hierher geschickt. Manche bekommen auch Unterstützung von Schlepperbanden,<br />
glaubt Steinberg. »Die Flüchtlinge vermuten in jedem von uns Unterstützung«,<br />
sagt er. Seit Jahren arbeitet der Pastor in <strong>Friedland</strong> mit Flüchtlingen<br />
und versucht zu helfen, wo er kann. »Das waren sehr gute Erfahrungen. Es<br />
macht richtig Spaß hier.«<br />
40 Euro Taschengeld, keine Sprachkurse<br />
Die Flüchtlinge, die jetzt nach <strong>Friedland</strong> kommen, sind schlechter dran als<br />
die meisten ihrer Vorgänger. Sie haben einen ungeklärten Aufenthaltsstatus<br />
und werden nach dem Asylbewerberleistungsgesetz versorgt. Das bedeutet,<br />
sie erhalten hauptsächlich Sachleistungen, Gutscheine und 40 Euro Taschengeld<br />
im Monat. Pastor Steinberg findet, das reicht nicht. Aber ändern<br />
kann er es nicht.<br />
12 Große Texte<br />
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