Senioren tanzen - Bundesverband Seniorentanz eV
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<strong>Senioren</strong> <strong>tanzen</strong><br />
Die therapeutische Wirkung des Tanzes<br />
Körperliche Bewegung regt auch die innere Bewegung an<br />
Nach den Abhandlungen über Ursprung<br />
und Wesen des Tanzes und dessen<br />
kulturgeschichtlicher Entwicklung geht<br />
es in dieser Ausgabe um die therapeutische<br />
Wirkung des Tanzes. Wir drucken<br />
damit den dritten und letzten Teil der<br />
Diplomarbeit von Annekathrin Raue<br />
ab, die sie im Fachbereich Soziales<br />
und Arbeit an der Hochschule Mittweida<br />
(FH) unter dem Titel „Musische<br />
Gruppenarbeit mit <strong>Senioren</strong> am Beispiel<br />
des <strong>Senioren</strong>tanzes“ geschrieben hat.<br />
Die Wirkung des Tanzes für den<br />
Menschen ist in der Literatur vorwiegend<br />
im therapeutischen Zusammenhang<br />
beschrieben. Die Tanztherapie<br />
entwickelte sich am Anfang des Jahrhunderts,<br />
als man im Bewusstsein der<br />
tiefgründigen Zusammenhänge unserer<br />
Psyche mit dem Ausdruck des Körpers<br />
nach Anwendungsmethoden suchte.<br />
Die Bewegung war bereits aus der<br />
Geschichte der Naturvölker als unmittelbarstes<br />
Ausdrucksmittel des Körpers<br />
bekannt. Hinzu kam die Annahme,<br />
dass jeder Mensch Musik in sich hat,<br />
wenn er sie auch nicht immer hört.<br />
Musik ist Rhythmus, und jeder<br />
Mensch hat einen ganz bestimmten<br />
individuellen Rhythmus. Damit bot<br />
sich der Tanz als geeignete Methode an.<br />
Für die Tanztherapie kommen nach<br />
Petzold drei Modalitäten zum Tragen,<br />
die übungszentriert-funktionale, die<br />
erlebniszentriert-agogische und die<br />
konfliktzentriert-aufdeckende. Diese<br />
werden von ihr auch für die Arbeit mit<br />
alten Menschen beschrieben. Die<br />
übungszentrierte Modalität soll dazu<br />
6 <strong>Senioren</strong> <strong>tanzen</strong> IV/2005<br />
beitragen, Beweglichkeit, Geschicklichkeit<br />
und Koordinationsfähigkeit zu<br />
erhalten oder wieder aufzubauen.<br />
Dazu dienen vor allem die festen<br />
Tanzformen, die Gefühle der Sicherheit<br />
und Geborgenheit vermitteln. In<br />
diesem Rahmen können körperliche<br />
Erfahrungen vollzogen und Bewegungsqualität<br />
erfasst werden. Dabei gibt es<br />
keinen Leistungsdruck. So wie sich<br />
jeder bewegen kann, ist es gut.<br />
Wichtig ist hier die körperliche<br />
Aktivität überhaupt. Körperliche Übung<br />
kräftigt den alten Menschen, gibt ihm<br />
Sicherheit, Standvermögen, Vitalität<br />
und Spannkraft. Die Erarbeitung der<br />
Tanzformen schult Geschicklichkeit,<br />
Koordinationsfähigkeit und das Gedächtnis.<br />
Das Gelingen der Formen<br />
führt darüber hinaus zu motivierenden<br />
Erfolgserlebnissen. In der erlebniszentrierten<br />
Modalität werden Möglichkeiten<br />
erschlossen, Gefühle,<br />
Stimmungen oder Phantasien auszuleben<br />
bzw. zu erleben. Außerdem wird<br />
eine ästhetische Qualität gewonnnen.<br />
Die Schönheit des Ausdrucks in der<br />
Bewegung wird erfahrbar, sie wird<br />
genussvoll und beglückend erlebt.<br />
Die körperliche Bewegung regt auch<br />
eine innere Bewegung an. Um dieses<br />
Erlebnis zu vertiefen und gezielt auch<br />
Erinnerungen, Träume und Phantasien<br />
zu wecken, empfiehlt Lander den<br />
Einsatz verschiedener Medien. So beispielsweise<br />
das Einfügen von Geschichten,<br />
Gedichten oder Liedern.<br />
Ebenso wirkungsvoll ist die Verwendung<br />
von Handgeräten wie kleinen<br />
und großen Tüchern, Bändern, Stäben,<br />
Rasseln u.v.m. Im geistigen vor allem<br />
im seelisch-gefühlsmäßigen Bereich<br />
läuft gerade bei behinderten, eingeschränkten<br />
Menschen mehr ab, als<br />
nach außen hin direkt sichtbar. Äußeres<br />
„Stumpfsein“ muss nicht unbedingt<br />
einem inneren „Stumpfsein“<br />
entsprechen. Bewegungsimpulse, die<br />
sich nicht bis außen zeigen, können<br />
sich sehr wohl als Bewegungsimpulse<br />
im Inneren vollziehen. Diese Tatsache<br />
sollte für die Arbeit mit Behinderten<br />
ermutigen. Auch dann, wenn kein<br />
sichtbarer Erfolg zu verzeichnen ist.<br />
Ebenfalls wesentlicher Bestandteil des<br />
erlebnisorientierten Ansatzes ist die<br />
Gruppe. Hier bestehen besondere<br />
Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme<br />
mit anderen Gruppenmitgliedern und<br />
zur kreativen Gestaltung von Kontakten.<br />
Weiterhin wirken gemeinsame Erfahrungen<br />
und die Kommunikation in der<br />
Gruppe verbindend. Die Verbesserung<br />
der Anpassungsfähigkeit und der<br />
Kooperation führen schließlich auch<br />
zur Verbesserung des Selbstwertgefühls<br />
und damit zu einem insgesamt positiveren<br />
Selbstkonzept.<br />
Das dritte Gebiet der Tanztherapie<br />
bezieht sich auf den konfliktzentriertenaufdeckenden<br />
Ansatz. Hier besteht<br />
der unmittelbare Zusammenhang zur<br />
Psychotherapie. Der Tanz wird über<br />
die Anregung hinaus zu einer tiefgründigen<br />
Problembewältigung sowie<br />
als Heilmittel eingesetzt. Besonders<br />
bei jenen Menschen, die dem<br />
Verbalen nicht mehr zugänglich sind.<br />
An dieser Stelle muss, wie schon bei<br />
der Wirkung der Musik, auf mögliche<br />
unvorhersehbare Gefühlsausbrüche<br />
hingewiesen werden. Daher ist die<br />
Tanztherapie im psychotherapeutischen<br />
Bereich unbedingt qualifizierten<br />
Tanztherapeuten zu überlassen.<br />
In dieser Modalität sind tanztherapeutische<br />
Aktivitäten genauso wenig<br />
mit den verschiedenen Formen des<br />
„<strong>Senioren</strong>tanzes“ gleichzusetzen wie<br />
bewegungstherapeutische Maßnahmen<br />
mit „<strong>Senioren</strong>sport“. Grundlegende<br />
therapeutische Erkenntnisse sind aber