Aktuelles 4-00.pm6 - Hartmann
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KASUISTIK<br />
Wir fanden, dass die Wunde geeignet<br />
für die Behandlung mit TenderWet-<br />
Wundkissen sein könnte. Diese Entscheidung<br />
wurde mit dem Patienten<br />
und dem chirurgischen Team getroffen<br />
und die Zustimmung zur Behandlung<br />
gegeben.<br />
Behandlung mit TenderWet<br />
Die Behandlung wurde mit drei<br />
10 cm x 10 cm großen Wundkissen begonnen,<br />
die mit einem Gesamtvolumen<br />
Ringerlösung von 180 ml aktiviert wurden.<br />
Die Verbände wurden alle zwölf<br />
Stunden gewechselt. Die TenderWet-<br />
Wundkissen wurden durch zwei sterile<br />
Kompressen fixiert, um etwaiges überschüssiges<br />
Exsudat zu absorbieren;<br />
das ganze Areal wurde schließlich mit<br />
einem formadaptiven Fixiervlies abgedeckt<br />
(Abb. 2b/c).<br />
Die Wunde wurde am 30.1.98, also<br />
zwei Tage nach Beginn des Einsatzes<br />
der TenderWet-Wundkissen, erneut untersucht.<br />
Es wurde beobachtet, dass<br />
es zu einer beträchtlichen Verringerung<br />
der Dicke des Schorfbelags im<br />
Wundbett gekommen war; das eingangs<br />
beobachtete Volumen hatte sich<br />
um etwa 50% verringert. Granulationsgewebe<br />
war jetzt in einigen Bereichen<br />
der Wunde deutlich sichtbar, und das<br />
Exsudatniveau hatte stark abgenommen.<br />
Obwohl der störende Geruch<br />
noch immer merklich vorhanden war,<br />
fiel dieser nur beim Abnehmen des Verbandes<br />
auf und war nun deutlich weniger<br />
belästigend (Abb. 2d).<br />
Der Behandlungsplan blieb unverändert.<br />
Am 5.2.98 konnte nur eine isolierte,<br />
dünne Detritusschicht im Wundbett<br />
beobachtet werden. Granulationsgewebe<br />
ist hier innerhalb der ganzen<br />
Wunde deutlich sichtbar, und das<br />
Exsudatniveau ist zurückgegangen<br />
(Abb. 2e).<br />
Am 17.2.98 wurden keinerlei Anzeichen<br />
von zersetztem Gewebe in der<br />
Wunde gefunden. Das gesamte Wundbett<br />
ist hier von gesundem Granulationsgewebe<br />
bedeckt. Die Wundränder<br />
haben sich stabilisiert und weisen Anzeichen<br />
aktiver epidermaler Wanderung<br />
auf (Abb. 2f).<br />
In diesem Stadium wurde die Wundpflegestrategie<br />
auf Hydrosorb umgestellt.<br />
Dieser Gelverband war dazu<br />
imstande, das nun geringere Exsudatvolumen<br />
aufzunehmen sowie das notwendige,<br />
feuchte Mikroklima aufrechtzuerhalten<br />
und damit die weitere Gra-<br />
22 HARTMANN WundForum 2 /2001<br />
nulation und Reepithelisierung zu fördern.<br />
Bald nach dem Zeitpunkt des Entstehens<br />
von Abb. 2f wurde Herrn C. L.<br />
unter Lokalanästhesie ein Spalthauttransplantat<br />
von seinem Oberschenkel<br />
entnommen. Dieses wurde im Sinne<br />
eines verzögerten Verfahrens auf das<br />
Wundbett transplantiert. Die Prozedur<br />
war zu 100% erfolgreich, das Transplantat<br />
wuchs vollständig an.<br />
ZUSAMMENFASSUNG<br />
Während der Behandlung der<br />
Bauchwunde bewertete das Pflegepersonal<br />
den TenderWet-Verband als<br />
schnell und leicht anwend- und entfernbar.<br />
Die Wundkissen waren durchaus<br />
dazu imstande, die anfallenden<br />
Exsudatvolumina zu bewältigen. Die<br />
Verbände behielten das gesamte Exsudat,<br />
und es erübrigte sich, das Wundbett<br />
beim Verbandwechsel zu reinigen.<br />
Wie sich herausstellte, trat das Problem<br />
einer perifokalen Wundmazeration<br />
nicht auf. Sehr wichtig ist, dass der<br />
Patient das Tragen der Verbände als<br />
bequem empfand. Er war hierdurch in<br />
der Lage, während des gesamten Behandlungszeitraums<br />
mit seiner Mobilisation<br />
fortzufahren.<br />
Martyn Butcher<br />
Tissue Viabilitiy Clinical Nurse<br />
Specialist, Derriford Hospital<br />
Plymouth, England<br />
FALL 3: AMPUTATIONSWUNDE<br />
OBERHALB DES KNIES MIT<br />
POSTOPERATIVER DEHISZENZ<br />
Frau A. war eine 57-jährige Dame mit<br />
einer langen Geschichte von Adipositas<br />
und Atemlosigkeit, die Ursache<br />
einer Reihe kurzer Krankenhausaufnahmen<br />
zur Abklärung und Behandlung<br />
waren. Am 26.12.1999 wurde sie<br />
durch ihren Hausarzt als Notfall zur Untersuchung<br />
eines schmerzhaften rechten<br />
Beines aufgenommen. Während<br />
der vorhergehenden Tage hatte Frau A.<br />
selbst bei minimaler Anstrengung einen<br />
starken Schmerz entlang ihrer<br />
rechten Wade gespürt. Dieser wurde<br />
anfangs durch Ruhe gelindert. Bei der<br />
Untersuchung war ihr rechter Fuß taub,<br />
die Sensibilität verringert.<br />
Frau A. fühlte sich sehr unwohl und<br />
litt starke Schmerzen. Beide Füße waren<br />
kalt, verfärbt, ein eindrückbares<br />
Ödem war offensichtlich und die kapil-<br />
lare Wiederauffüllung der Fußzehen<br />
war recht träge. Am linken Bein ergab<br />
sich kein abnormer Befund.<br />
Am 1.1.2000 hatte sich der Zustand<br />
von Frau A.s rechtem Bein verschlechtert,<br />
der Unterschenkel war von der<br />
Wade abwärts verfärbt, am Vorfuß<br />
waren keine Pulse tastbar.<br />
Am 3.1.00 war das rechte Bein<br />
ischämisch, und die Gefäßchirurgen<br />
führten eine Amputation oberhalb des<br />
Knies durch.<br />
Nach der Operation, am 10.1.00,<br />
wurde der Verband mit physiologischer<br />
Kochsalzlösung durchtränkt. Die Wun-<br />
1g<br />
de war übel riechend und sonderte<br />
einen serös-purulenten Ausfluss ab.<br />
Sie wurde mit Betadine, Jelonet und<br />
Gaze versorgt und der Verband mit<br />
einem Filmverband fixiert. Trotz dieser<br />
Wundverbandstrategie verschlechterte<br />
sich der Wundzustand, und es kam zur<br />
Entwicklung von methicillinresistentem<br />
Staphylococcus aureus. Nach Diskussion<br />
mit dem Mikrobiologen wurde die<br />
Entscheidung getroffen, die Infektion<br />
nicht sofort aktiv zu behandeln, sondern<br />
den weiteren Verlauf zunächst beobachtend<br />
abzuwarten.<br />
Da kein weiterer chirurgischer Eingriff<br />
vorgesehen war, wurde am 24.<br />
1.00 beschlossen, Frau A. zwecks klinischer<br />
Beratung an die Abteilung „Tissue<br />
Viability Service“ zu überweisen.<br />
Behandlung<br />
Abb. 3a, 24.1.00: Bei der Aufnahmeuntersuchung<br />
war die Wunde übel riechend<br />
und enthielt größere Mengen<br />
abgestorbenen Gewebes. Die Nahtlinie<br />
war gespalten, die Wundränder<br />
klafften und waren erythematös. Bedingt<br />
durch das tägliche Abziehen der<br />
Filmverbände begann die Haut im<br />
Bereich der Wunde an Frau A.s Oberschenkel<br />
zusammenzubrechen, auch<br />
litt die Patientin unter zunehmend<br />
stärkeren Schmerzen beim Verbandwechsel.<br />
Es fiel ein mäßiges Exsudatvolumen<br />
an.<br />
Infolge des Ausmaßes der Wunde<br />
wurde gefordert, dass das auszuwählende<br />
Verbandprodukt zur Erfüllung<br />
folgender Aufgaben imstande sein<br />
sollte: Absorption des Exsudats, Entfernung<br />
der Beläge und Stimulation der<br />
Granulation. Daher entschieden wir<br />
uns, Frau A zunächst mit 24-stündig zu<br />
wechselnden TenderWet-Verbänden zu<br />
behandeln. Die TenderWet-Wundkissen<br />
wurden mit Lyofoam in situ gehalten