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Aktuelles 4-00.pm6 - Hartmann

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PRAXISWISSEN<br />

ist. Dabei gelten Wundauflagen aus<br />

textilen und textilähnlichen Materialien<br />

aufgrund ihrer hohen Durchlässigkeit<br />

als besser geeignet als semipermeable<br />

Systeme wie Hydrogele oder Hydrokolloide,<br />

die bei klinisch manifesten<br />

Infektionen vorsichtshalber immer noch<br />

als kontraindiziert eingestuft werden.<br />

Diese Einstufung ist auf Erfahrungen<br />

mit den früher üblichen, absolut luftdicht<br />

abschließenden Okklusivverbänden<br />

zurückzuführen, bei denen die Gefahr<br />

der Ausbildung feuchter Kammern<br />

und ein hohes Infektionsrisiko vor allem<br />

im Hinblick auf Anaerobier-Infektionen<br />

bestand.<br />

Moderne semipermeable Wundauflagen<br />

sind jedoch so konstruiert, dass<br />

dieses Gefahrenpotenzial entscheidend<br />

minimiert ist. Sie saugen keimbelastetes<br />

Sekret auf, sodass gefährliche<br />

Sekretstaus, die zur Bildung einer<br />

feuchten Kammer führen, erst gar nicht<br />

entstehen, wobei die Keime sicher in<br />

der Materialstruktur eingeschlossen<br />

werden. Zusätzlich trägt der in einem<br />

bestimmten Umfang mögliche Gasaustausch<br />

zum Ausbalancieren der Feuchtigkeit<br />

bei.<br />

Wundfreundlichkeit<br />

Eine nachteilige Eigenschaft textiler,<br />

saugender Verbandstoffe wie Mulloder<br />

Vliesstoffkompressen ist deren<br />

ausgeprägte Tendenz zum Verkleben<br />

mit der sezernierenden Wundfläche,<br />

wenn das aufgenommene Sekret im<br />

Verband eintrocknet und mit ihm eine<br />

starre Verbindung eingeht. Dies führt<br />

beim Wechseln des Verbandes dazu,<br />

dass mit dem eingetrockneten Sekret<br />

auch das darunter liegende, neu gebildete<br />

Gewebe mit abgerissen wird.<br />

Um diese Wundheilungsstörung zu<br />

vermeiden, müssen Wundauflagen<br />

über wundfreundliche oder so genannte<br />

„atraumatische“ Eigenschaften verfügen,<br />

d. h. sie dürfen auch bei längerer<br />

Anwendung auf sezernierenden<br />

Wunden nicht verkleben, damit beim<br />

Verbandwechsel keine neuen Wunden<br />

gesetzt werden. Gleichzeitig wird<br />

durch die atraumatischen Eigenschaften<br />

einer Wundauflage ein schmerzarmer<br />

Verbandwechsel ermöglicht.<br />

Bei textilen, saugenden Verbandstoffen<br />

werden atraumatische Eigenschaften<br />

durch wasserabweisende Imprägnierungen<br />

wie z. B. Salben (Salbenkompressen)<br />

oder Beschichtungen mit<br />

Gelen erreicht. Des Weiteren kann<br />

30 HARTMANN WundForum 2/2001<br />

durch die Verwendung hydrophober,<br />

nicht selbst saugender Fasern als<br />

Material für die wundnahe Schicht von<br />

Kompressen der Verklebungsgefahr<br />

entgegengewirkt werden. Wundfreundlich<br />

sind auch alle hydroaktiven Wundauflagen,<br />

die trotz ihrer Saugfähigkeit<br />

durch ihre spezifischen Materialstrukturen<br />

nicht mit der Wundfläche verkleben.<br />

Anwendungssicherheit<br />

Wundauflagen müssen sowohl mechanisch<br />

als auch biochemisch reizlos<br />

sein. Mechanische Reize sind vor allem<br />

Bewegungsreize und betreffen vorrangig<br />

Wundauflagen auf textiler Basis.<br />

Sie dürfen weder schrumpfen noch zu<br />

locker oder zu dünn verwebt sein, da<br />

zweidimensionale Bewegungsvorgänge<br />

auf der Wunde zur Reizsekretion<br />

führen.<br />

Die biochemische Reizlosigkeit bezieht<br />

sich auf ein mögliches Potenzial<br />

zellschädigender (zytotoxischer) und<br />

sensibilisierender Wirkung von Wundauflagen,<br />

wobei von dieser Problematik<br />

die traditionellen Wundverbände aus<br />

textilen Materialien und die neuen synthetischen<br />

Materialien gleichermaßen<br />

betroffen sind. Um Interferenzen auszuschließen,<br />

müssen sich Wundauflagen<br />

zudem neutral gegenüber anderen<br />

Substanzen verhalten, die zur lokalen<br />

Wundbehandlung eingesetzt werden.<br />

Sicherheit in der Anwendung bedeutet<br />

aber auch, dass eine Wundauflage<br />

einfach anzuwenden, gebrauchsgerecht<br />

verpackt und eindeutig gekennzeichnet<br />

ist. Selbstverständlich müssen<br />

alle Wundauflagen sterilisierbar<br />

sein bzw. bereits gebrauchsfertig sterilisiert<br />

bereitstehen.<br />

METHODEN DER WUNDBEHANDLUNG<br />

Je nach ihrem Zustand werden Wunden<br />

„trocken“ oder „feucht“ versorgt.<br />

Dabei beschränkt sich die „trockene<br />

Wundbehandlung“ unter Anwendung<br />

trockener Wundauflagen, wie z. B.<br />

Mullkompressen, heute auf folgende<br />

Indikationen:<br />

� Versorgung von Wunden im Rahmen<br />

der Ersten Hilfe und<br />

� Versorgung primär heilender, mit<br />

Naht verschlossener Wunden zur<br />

Aufnahme von Sickerblutungen, als<br />

Schutz vor Sekundärinfektion und als<br />

Polsterschutz gegen mechanische<br />

Irritationen.<br />

Eine Spezialindikation der trockenen<br />

Wundbehandlung stellt außerdem die<br />

Interimsdeckung von Brandwunden<br />

oder Konditionierung von Weichteildefekten<br />

mit synthetischen Hautersatzmaterialien<br />

dar.<br />

Weder trocken noch feucht sind Salbenkompressen,<br />

die zum Geschmeidighalten<br />

von Wundflächen eingesetzt<br />

werden. Da sie selbst durch die Salbenimprägnierung<br />

über keine Saugkraft<br />

verfügen, müssen sie mit saugenden,<br />

trockenen Wundauflagen zur<br />

Sekretaufnahme kombiniert werden.<br />

Bekannte Wundauflagen für die trockene<br />

Wundbehandlung sind Mull- und<br />

Vliesstoffkompressen sowie kombinierte<br />

Saugkompressen aus den verschiedensten<br />

Materialien (Tab. 2).<br />

Feuchte Wundbehandlung<br />

Auch wenn sie noch längst nicht in<br />

wünschenswertem Maße praktiziert<br />

wird, gilt heute die feuchte Wundbehandlung<br />

für alle sekundär heilenden<br />

Wunden als Standard. Insbesondere<br />

bewährt sie sich bei der Behandlung<br />

chronischer Problemwunden.<br />

Die feuchte Wundbehandlung (moist<br />

wound healing), die auf Arbeiten von<br />

G. D. Winter basiert (1962, Erstveröffentlichung<br />

in „Nature“) und deren wissenschaftliche<br />

Grundlagen in groben<br />

Zügen auch abgesichert wurden, hat<br />

ihre Auswirkungen auf alle Phasen der<br />

Wundheilung.<br />

In der Reinigungsphase weisen<br />

feuchte Wundverbände einen guten<br />

wundreinigenden Effekt auf und ermöglichen<br />

ein physikalisches Débridement,<br />

ohne Zellen zu schädigen. Des<br />

Weiteren kann durch das feuchte<br />

Wundmilieu eine Inaktivierung immunkompetenter<br />

Zellen vermieden werden<br />

(Seiler).<br />

In der Granulationsphase schaffen<br />

feuchte Wundverbände ein physiologisches<br />

Mikroklima, ähnlich einem Zellkulturmedium,<br />

das die Zellproliferation<br />

und damit die Ausbildung von Granulationsgewebe<br />

fördert. Nach Turner /<br />

Beatty et. al (1990) bewirkt die permanente<br />

Feuchttherapie eine signifikant<br />

schnellere Reduktion der Wundfläche<br />

und führt zu einer größeren Menge an<br />

Granulationsgewebe.<br />

In der Epithelisierungsphase verbessern<br />

sich unter feuchten Verbänden die<br />

Bedingungen für die Mitose und Migration<br />

von Epithelzellen. Dies führt in der<br />

Regel zu einer schnelleren Epithelisierung<br />

mit kosmetisch günstigeren Ergebnissen.

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