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Aktuelles 4-00.pm6 - Hartmann

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PRAXISWISSEN<br />

Fremdblutübertragungen<br />

in der operativen Medizin –<br />

aktueller Status<br />

H-Th. Panknin 1 , K. Schwemmle 2, H.-B. Reith 3<br />

1 Medizinjournalist, Berlin<br />

2 Klinik für Allgemein- und Thoraxchirurgie, Justus-Liebig-Universität Gießen<br />

3 Chirurgische Klinik und Poliklinik, Universitätsklinikum Würzburg<br />

EINLEITUNG UND PROBLEMSTELLUNG<br />

Bluttransfusionen sind vor allem in<br />

der operativen Medizin, aber auch in<br />

den konservativen Fächern zum Ausgleich<br />

eines blutungsbedingten Volumenmangels<br />

und zur Behandlung<br />

schwerer Anämien unverzichtbar. Wir<br />

wissen aber, dass mit Fremdblut trotz<br />

aller im Transfusionsgesetz vorgeschriebenen<br />

Sicherheitsmaßnahmen<br />

Infektionserreger übertragen werden<br />

können, wenn auch das Risiko, zum<br />

Beispiel für eine Hepatitisinfektion,<br />

wesentlich reduziert werden konnte.<br />

Wegen der Möglichkeit von Nebenwirkungen<br />

ist man aber bestrebt, die Zahl<br />

von Fremdblutübertragungen zu reduzieren.<br />

Ein Zwang dazu besteht nicht zuletzt<br />

auch deshalb, weil vor allem in Urlaubszeiten<br />

der Blutbedarf das Angebot<br />

an Fremdblut übersteigt. Zwar<br />

konnte zum Beispiel der Blutspendedienst<br />

des Bayerischen Roten Kreuzes<br />

die Zahl entnommener Bluteinheiten<br />

von etwa 400.000 im Jahre 1980 auf<br />

etwa 500.000 im Jahre 1985 – also um<br />

etwa 20% in 5 Jahren – steigern, von<br />

1986 bis 1990 blieb aber die Zahl der<br />

Blutkonserven mit etwa 515.000 pro<br />

24 HARTMANN WundForum 2/2001<br />

Jahr konstant. Es lassen sich also nicht<br />

beliebig viele Blutspender rekrutieren.<br />

Viele scheiden auch deshalb aus, weil<br />

sie die Altersgrenze überschritten haben,<br />

krank geworden sind oder Medikamente<br />

einnehmen, die die Blutspende<br />

ausschließen. Durch jüngere Erstspender<br />

kann dieses Defizit nicht<br />

ausreichend ausgeglichen werden.<br />

Obwohl der intraoperative Blutverlust<br />

und damit die Zahl der notwendigen<br />

Transfusionen deutlich reduziert<br />

werden konnte, steigt der Blutbedarf<br />

immer mehr an: Durch ein verbessertes<br />

Rettungssystem erreichen<br />

Schwerstverletzte mit einem hohen<br />

Transfusionsbedarf, manchmal über<br />

50 Konserven, die Klinik. Die Nachfrage<br />

nach Fremdblut steigt außerdem<br />

wegen sehr ausgedehnter operativer<br />

Eingriffe und wegen der Notwendigkeit,<br />

Intensivpatienten mit Blut und Blutprodukten<br />

zu versorgen, an.<br />

Schließlich wurden durch den Druck<br />

einer wegen der HIV-Problematik verunsicherten<br />

und misstrauisch gewordenen<br />

Öffentlichkeit die Vorschriften für<br />

Herstellung und Vertrieb von Fremdblut<br />

verschärft und die Bereitschaft zur<br />

Blutspende nicht gerade begünstigt.<br />

RESTRISIKO TRANSFUSIONSASSOZIIERTER VIRUSINFEKTIONEN (TAB. 1)<br />

Restrisiko Spannweite<br />

Hepatitis C* ca. 1:100.000 ca. 1: 32.000 bis 1:300.000<br />

Hepatitis B ca. 1:200.000 ca. 1:130.000 bis 1:630.000<br />

HIV 1 und 2 ca. 1:1.900.000 ca. 1:700.000 bis 1:4.800.000<br />

Werte für Deutschland nach Glück et al. (1998)<br />

* Die Übertragungswahrscheinlichkeit für das Hepatitis C-Virus (HCV) ist durch den<br />

vorgeschriebenen direkten Virusnachweis (HCV-PCR-Screening) als sicher noch niedriger<br />

einzustufen (Prohaska, 2001).<br />

Auf verschiedenen Wegen versucht<br />

man daher, den Bedarf an Fremdblut<br />

zu senken.<br />

INDIKATION ZUR BLUTTRANSFUSION<br />

Die Entscheidung zur Transfusion<br />

sollte auf die Maxime ausgerichtet sein,<br />

„so viel wie nötig, aber auch so wenig<br />

wie möglich“.<br />

Eine Erythrozyten-Substitution bei<br />

einem Hämoglobinwert von über 8 g/dl<br />

ist oft und bei einem Wert von über<br />

10 g/dl immer unnötig.<br />

Bei Werten unter 7 g/dl sollte allerdings<br />

das Erythrozytendefizit ausgeglichen<br />

werden, auch wenn wir wissen,<br />

dass Patienten mit chronischer Blutung<br />

einen Hämoglobin-Gehalt von 3 g/dl<br />

und weniger tolerieren. Nach Spence<br />

et al. (1992) wird dann die Prognose<br />

der Patienten jedoch signifikant<br />

schlechter.<br />

Bei manchen Patienten<br />

kann sogar die Anhebung des Hämoglobins<br />

über 10 g/dl sinnvoll sein.<br />

Zwei neuere Arbeiten zeigten jedenfalls,<br />

dass die Mortalität von Kranken<br />

mit kardiovaskulären Erkrankungen<br />

dadurch gesenkt wird.<br />

ALTERNATIVE EIGENBLUTSPENDE<br />

Eine oft empfohlene Alternative für<br />

die Fremdblutspende (homologe Bluttransfusion)<br />

ist die Eigenblutspende<br />

(autologe Blutspende). Sie ist bei Patienten<br />

zu diskutieren, die sich einem<br />

elektiven Eingriff ohne Zeitdruck unterziehen<br />

müssen, bei dem erfahrungsgemäß<br />

mit größeren Blutverlusten zu<br />

rechnen ist. Dazu gehören orthopädische<br />

Eingriffe (Endoprothesen), ebenso<br />

die kardiovaskulären Operationen.<br />

Auch wenn mit der plastischen Chirurgie<br />

und bei gynäkologischen Operationen<br />

große Wundflächen gesetzt werden<br />

müssen, lässt sich wegen diffuser<br />

Blutungen ein größerer Blutverlust oft<br />

nicht vermeiden.<br />

Nach den Empfehlungen des ehemaligen<br />

Bundesgesundheitsamtes aus<br />

dem Jahre 1994 gilt als Richtschnur,<br />

dass bei planbaren Operationen, bei<br />

denen regelmäßig in mehr als 5-10%<br />

der Fälle Blut benötigt wird, eine Eigenblutspende<br />

in Betracht kommt und die<br />

Patienten entsprechend aufgeklärt werden<br />

müssen.<br />

Die Eigenblutspende ermöglicht<br />

eine sichere und risikoarme Blutübertragung.<br />

Die Infektionsgefahr für HIV,<br />

Hepatitis B und C, Cytomegalie ist<br />

nahezu ausgeschlossen. Unverträg-

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