Kaktus Herbst 2010 - Grüne Solingen
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Blickpunkt<br />
12<br />
Schwere Geburt<br />
Das Museum Baden hat eine wechselvolle Geschichte: Zunächst<br />
als Herberge für die seit 1938 gesammelten Kunstwerke der Stadt<br />
<strong>Solingen</strong> mit einem wichtigen Teil des Gesamtwerkes von Georg<br />
Meistermann, verwaltet vom Kulturamt der Stadt <strong>Solingen</strong>, ohne in<br />
eigenen Räumlichkeiten als Dauerausstellung präsentiert werden<br />
zu können. Deswegen wurden zahlreiche Wechselausstellungen organisiert,<br />
größtes jährliches Event war sicherlich die Bergische<br />
Kunstausstellung, die auch heute noch den Bergischen Kunstpreis<br />
vergibt und wesentlich dazu beiträgt, dass <strong>Solingen</strong> auch überregional<br />
als Kunststadt wahrgenommen wird.<br />
Nachdem in einem Verein zusammen geschlossene Solinger<br />
KünstlerInnen Anfang der 1990er Jahre das ehemalige Gräfrather<br />
Rathaus für eigene Ausstellungen genutzt hatten, erklärte sich das<br />
Stifterehepaar Baden dazu bereit, mit einer 10-jährigen Finanzierungszusage<br />
den Umbau zu einem Museum zu ermöglichen. Das<br />
Museum Baden entstand, die Sammlung – mittlerweile ergänzt<br />
durch den größten Teil des künstlerischen Nachlasses des Bildhauers<br />
Max Kratz – konnte endlich dauerhaft der Öffentlichkeit präsentiert<br />
werden. Das Land NRW beteiligte sich mit 7,2 Mio. DM an<br />
den Baukosten.<br />
Zunächst wurde das Museum durch einen Verein geführt. Die<br />
wirtschaftliche Grundlage geriet jedoch ins Wanken, als das Ehepaar<br />
Baden sich aus der Förderung zurückzog. Also stieg die Stadt<br />
2002 ein und übernahm 51 % der Geschäftsanteile der Betreibergesellschaft.<br />
Parallel dazu entstand ein Kontakt zwischen Museum und dem<br />
Kunstsammler Dr. Schneider aus Olpe, dessen Sammlung verfemter<br />
Kunst ein zweites Standbein neben der städtischen Kunstsammlung<br />
mit Bergischer Kunstausstellung werden sollte. Dr. Schneider<br />
suchte eine Präsentationsmöglichkeit, das Museum ein Alleinstellungsmerkmal<br />
– und so kam es zur Gründung der Bürgerstiftung für<br />
verfemte Künste, in die etwa 500 Werke von Dr. Schneider sowie<br />
eine Zustiftung in Höhe von 2 Mio. Euro des LVR „eingespeist“<br />
wurden. Später gelang es, auch noch die Wuppertaler Else-Lasker-<br />
Schüler-Gesellschaft mit der Sammlung Serke einzubeziehen. Damit<br />
war der Grundstein für ein Zentrum für verfolgte Künste im<br />
Museum Baden gelegt.<br />
Ein solches Zentrum braucht ein solides finanzielles Fundament,<br />
so dass der LVR sein Engagement ausdehnen sollte. Eine Aufgabe<br />
des Landschaftsverbands Rheinland ist die Förderung von regional<br />
bedeutsamen kulturellen Angeboten. Nicht zuletzt die sechs Industriemuseen<br />
(u.a. das an der Merscheider Straße in <strong>Solingen</strong>)<br />
widmen sich der regionalen (Industrie-)Geschichte und lassen sie<br />
wieder lebendig werden. Ein Sammlungsbestand „Verfemte Kunst“<br />
wäre im Bereich des LVR einzigartig. Mit ihm ließen sich vielfache<br />
und unterschiedliche Veranstaltungen der politischen Bildung für<br />
alle Altersklassen durchführen, die über das Stadtgebiet hinaus<br />
von hohem Interesse wären. Insofern passt dieser Sammlungsbestand<br />
in den Aufgabenbereich des LVR, der sich dann folgerichtig<br />
bereit erklärte, dieses Angebot unter bestimmten Bedingungen mit<br />
jährlich 250.000 Euro zu fördern. Seitens der Stadt müssen<br />
125.000 Euro beigesteuert werden, die aus einer Halbierung des<br />
städtischen Zuschusses für das Museum Baden generiert werden<br />
sollen.<br />
Die Verhandlungen zwischen Stadt und LVR ziehen sich nun<br />
schon lange hin, und drohten bereits an nicht wirklich deutbaren<br />
Schwierigkeiten zu scheitern, was wir in jedem Fall verhindern<br />
wollten. Denn wir Grüne halten das Zentrum für verfemte Kunst<br />
aus dem politischen Kontext heraus für außerordentlich wichtig.<br />
Die Perversität einer Diktatur lässt sich heutzutage über konkrete<br />
Beispiele sinnloser Verfolgung weit anschaulicher erklären. Die<br />
Wirksamkeit von Kunst in die Gesellschaft, die daraus resultierende<br />
Angst der Machthaber vor ihr, werden an den konkreten Künstlerbiographien<br />
deutlich. Das Zentrum für verfolgte Kunst wäre von<br />
hohem pädagogischen Wert, der weit über <strong>Solingen</strong> und sogar über<br />
Deutschland hinaus wirken könnte. Dass die Erben von Georg Meistermann<br />
darüber nachdenken, mit ihrer Stiftung die Werke des<br />
hochgeachteten Künstlers ebenfalls im Museum Baden zu platzieren,<br />
spricht für sich und wäre eine hoch willkommene Ergänzung.<br />
Wir werden alles daran setzen, im Museum Baden beide Säulen<br />
zu präsentieren: die städtische Kunstsammlung mit der jungen<br />
Kunst im Rahmen der Bergischen Kunstausstellung und das Zentrum<br />
für verfolgte Kunst.<br />
Susanne Fingscheidt