Winter - Redaktion Heyder
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.gedanken zur zeit<br />
Singen im Chor beglückt –<br />
nicht nur die Zuhörer!<br />
Junge Sängerinnen der Mädchenkantorei,<br />
B-Chor der Singschule an der Petrikirche<br />
Von der Kraft der Musik<br />
D<br />
ieses Thema umfassend zu erörtern, würde jeglichen Rahmen sprengen.<br />
In Ausschnitten aus ihrer täglichen Arbeit erzählen Petra StahringerBurger,<br />
Kantorin und Musikerin am Ev. Krankenhaus seit 1990 und Kirchenmusikdirektor<br />
Gijs Burger, Kantor, Organist und Leiter der Singschule der Petrikirche seit 1986,<br />
gemeinsam von dem Phänomen der Kraft der Musik:<br />
Was ist das für eine Kraft der<br />
Musik, die etwas entstehen lassen<br />
kann, das wir nicht willentlich<br />
herbeiführen können<br />
Foto: Uwe Baumann<br />
Nach einem Konzert des Jungenchores in der Petrikirche:<br />
Auf die Frage, welchen Eindruck sie selbst vom eben gesungenen Konzert hätten,<br />
meint ein achtjähriger Nachwuchssänger: „Ich glaube, meine Mutter fand es ziemlich schlecht.<br />
Sie hat die ganze Zeit geweint."<br />
Szenenwechsel:<br />
Erste Vorbesprechung zu einem geplanten Rundfunkgottesdienst.<br />
Der fachberatende Theologe sagt im Gespräch mit allen verantwortlich Beteiligten:<br />
„Das Wichtigste ist, was die Musik transportiert. Werden die Emotionen angesprochen, schalten<br />
die Radiohörer nicht ab."<br />
Rund 150 internationale Studien belegen<br />
den positiven Einfluss von Musik auf unsere<br />
Gesundheit, vor allem ihre Wirkung auf das<br />
vegetative Nervensystem, auf Schmerztoleranz<br />
und Stressminderung. Neben all den physikalischen<br />
(Umwandlung von Schallwellen in neuronale<br />
Impulse) und chemischen (Ausschüttung<br />
von „Glückshormonen“ etc.) Reaktionen<br />
unseres Körpers kann uns Musik auch eine<br />
andere Dimension der Wirklichkeit eröffnen.<br />
Szenenwechsel:<br />
Ökumenisches Abendgebet nach Taizé. Die letzten Töne sind verklungen, doch die Besucher<br />
bleiben noch lange in Stille sitzen und lassen die Musik in sich nachklingen. Man spürt, dass<br />
die Musik etwas im Raum und in den Menschen hinterlassen hat.<br />
Wenn man ein größeres Werk dirigiert, passiert es immer wieder, dass man selbst plötzlich überwältigt<br />
wird: Musikalische Dinge geschehen, die man erhofft hat, aber nicht in der Hand hat.<br />
Szenenwechsel:<br />
Gemeinschaftsraum in einem Seniorenwohnstift.<br />
Frau A., gerade noch zufrieden beim gemeinsamen Singen, wird beim Zurückbringen in ihren<br />
Wohnbereich unruhig: „Ich will nach Hause!" Alle gesprochenen Beruhigungen erreichen sie<br />
nicht. Schließlich, mit einer Hand auf ihrer Schulter, zunächst eine Melodie leise in ihr Ohr<br />
gesummt, dann lauter gesungen, stimmt sie mit ein – und alle Umsitzenden mit ihr. Plötzlich ist<br />
sie wieder da, diese besondere Atmosphäre von Geborgenheit.<br />
Szenenwechsel:<br />
Ebenfalls voll konzentriert bei der Probe:<br />
Der Nachwuchs im Jungenchor, B-Chor der Singschule<br />
Genau diese Erfahrungen machen die Größe<br />
von Musik aus. Ludwig van Beethoven nannte<br />
es so: „Musik ist eine höhere Offenbarung<br />
als alle Weisheit und Philosophie.“ So wird<br />
in jeder Religion Musik genutzt, um mit dem<br />
Göttlichen in Verbindung zu treten.<br />
Wer diese Erfahrung macht, erfährt sich als<br />
Resonanzkörper, der auf die Schwingungen<br />
eines Größeren reagiert und nichts anderes<br />
tun kann, als dieses Mitschwingen geschehen<br />
zu lassen. Gefühle von Berührtsein, Geborgenheit,<br />
Gemeinschaft, Lebensbejahung und<br />
Glück sind dann alle Facetten eines Ganzen.<br />
Diese Erfahrung überwältigt immer wieder.<br />
Foto: Uwe Baumann<br />
„Singing Pool“ mit Ulrike Dommer* in der Backsteinschule.<br />
Es könnte auch die Musikwerkstatt oder eine Chorprobe sein.<br />
Ein wöchentliches Angebot der Musischen Werkstätten öffnet seine Tore. Menschen ganz<br />
unterschiedlicher Herkunft und aller Altersgruppen finden sich zum Singen ein. „Ich komme<br />
zum Ent spannen. Nach der Arbeit tut mir das Singen in der Gruppe einfach gut.“ – „Das<br />
Singen hier ist wie Musiktherapie für mich. Ich gehe mit viel Lebensmut wieder nach Hause.“<br />
– „Dass ein Krankenhaus solche präventiven Angebote macht, finde ich bemerkenswert.“ –<br />
„Jetzt habe ich völlig vergessen, dass ich morgen operiert werde. Meine Angst ist weg und<br />
eine tiefe Freude klingt nach.“<br />
*Ulrike Dommer, Musikpädagogin und Musikerin, arbeitet gemeinsam mit Petra<br />
Stahringer im musikalischen Bereich der Kulturarbeit in EKM und Stiftung.<br />
Musizieren im Wohnstift:<br />
Petra Stahringer berührt die Senioren mit Klängen und<br />
kümmert sich intensiv um einzelne Bewohner/innen.<br />
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