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GESELLSCHAFT<br />

NETZWELT<br />

Jung, ledig,<br />

internetsüchtig<br />

Von Internetsucht sind besonders Junge, Ledige, Arbeitslose und Menschen mit<br />

Migrationshintergrund betroffen. Das haben Experten am Dienstag in Berlin erklärt.<br />

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans (FDP),<br />

will nun vor allem Therapieeinrichtungen für die ganze Familie fördern.<br />

Rund ein Prozent der Deutschen gilt<br />

als internetabhängig. Das ist das Ergebnis<br />

der sogenannten PINTA-Studie,<br />

für die 15.000 Menschen telefonisch<br />

befragt wurden. Erste Zahlen gab das Bundesministerium<br />

für Gesundheit bereits im<br />

vergangenen Jahr bekannt. Demnach sind<br />

560.000 der 14- bis 64-Jährigen abhängig,<br />

weitere 2,5 Millionen zeigen erste Anzeichen<br />

für eine Abhängigkeit. Am Dienstag schlüsselte<br />

der Psychologe Hans-Jürgen Rumpf die<br />

erhobenen Daten im Rahmen einer Jahrestagung<br />

zum Thema Internetsucht weiter auf.<br />

Demnach sind besonders die 14- bis 16-Jährigen<br />

gefährdet. Unter ihnen sind derzeit bereits<br />

4 Prozent abhängig. Zum Vergleich: Bei<br />

den 25- bis 64-Jährigen gelten 0,7 Prozent<br />

als süchtig. Die meisten Betroffenen sind zudem<br />

männlich, ledig, arbeitslos oder haben<br />

einen Migrationshintergrund.<br />

Unter den Jüngeren finden rund drei Viertel<br />

Facebook besonders attraktiv. „Es gibt so etwas<br />

wie eine Sucht nach Sozialen Netzwerken“,<br />

räumte Rumpf ein. Rund die Hälfte der<br />

älteren Nutzer ist dort auch aktiv, ganze 35<br />

Prozent spielen aber eher online. Unter den<br />

Jüngeren tun das nur rund 20 Prozent.<br />

„Ganz so wie beim Alkohol“<br />

Dyckmans sieht besonders bei der Ausbildung<br />

von Fachkräften zur Bekämpfung der<br />

Internetsucht „Handlungsbedarf“. Zudem<br />

müssten weitere Kliniken öffnen, die darauf<br />

spezialisiert sind, sagte sie in Berlin.<br />

Auch die Anerkennung der Internetsucht als<br />

Krankheit stehe noch aus. Dies sei notwendig,<br />

damit die Krankenkassen notwendige<br />

Therapien auch übernähmen. Dyckmans erklärte,<br />

die Bundesregierung wolle bei letzteren<br />

künftig vor allem darauf setzen, die ganze<br />

Familie in den Blick zu nehmen. Beispielhaft<br />

dafür arbeite etwa „ESCapade“, initiiert<br />

von der Drogenhilfe Köln. Im Rahmen dieses<br />

Projekts müssen sich alle engeren Familienmitglieder<br />

beispielsweise in Rollenspielen<br />

in den anderen hineinversetzen. Eltern<br />

sollten etwa ihren eigenen Avatar, also eine<br />

Computerspielfigur nach ihrem Sinn, schaf-<br />

<strong>pro</strong>KOMPAKT 41 | 2012<br />

fen, um sich näher mit der Materie auseinanderzusetzen.<br />

„ESCapade“ existiert bisher<br />

an fünf Standorten und soll künftig bundesweit<br />

durch die Regierung gefördert werden.<br />

„Direkter Kontakt ist die wirksamste Prävention“,<br />

erklärte dazu Anne Kreft von der Drogenhilfe<br />

Köln. Sie verglich die Internetsucht<br />

mit Alkoholabhängigkeit. In betroffenen Familien<br />

sei ihr sogar eine Tabuisierung des<br />

Themas PC begegnet, „ganz so wie beim Alkohol“,<br />

sagte sie.<br />

Eine Abhängigkeit erkennt man laut Rumpf<br />

DRUCKEN | KONTAKT | VOLLBILD | SCHLIESSEN<br />

Seiten, Seiten,<br />

Seiten – wer internetsüchtig<br />

ist, kann vom<br />

Netz nicht genug<br />

bekommen.<br />

Betroffen sind<br />

vor allem junge<br />

Menschen.<br />

(Foto: Senoldo /<br />

fotolia)<br />

daran, dass die Betroffenen sich fast andauernd<br />

im Internet aufhalten, die Kontrolle<br />

über ihren Konsum verlieren, Entzugserscheinungen<br />

aufweisen oder das Internet<br />

besonders dann nutzen, wenn es ihnen<br />

schlecht geht. Der Psychologe betonte allerdings<br />

auch, dass sich die Forschung bei der<br />

Internetsucht nach wie vor „im Graubereich“<br />

bewege und kündigte eine weitere Studie<br />

zum Thema für das kommende Jahr an. ||<br />

VON: AL | 09.10.2012<br />

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