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GESELLSCHAFT<br />

POLITIK<br />

Beschneidungs-Gesetz<br />

nimmt erste Hürde<br />

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch ein Gesetz auf den Weg gebracht, das die<br />

Beschneidung in Deutschland erlauben soll. Noch in diesem Jahr will der Bundestag<br />

über den Entwurf abstimmen. Zuspruch kam unterdessen von Juden und<br />

Muslimen, Atheisten zeigten sich empört.<br />

Voraussetzung für eine religiöse Beschneidung<br />

soll künftig sein, dass<br />

die Regeln der ärztlichen Kunst eingehalten<br />

werden. Das bedeutet, dass ein<br />

Kind im Zweifel eine Betäubung oder Narkose<br />

bekommt. Eltern müssen sich außerdem<br />

vor dem Eingriff über die Risiken aufklären<br />

lassen. Und: Das Kindeswohl darf nicht<br />

gefährdet sein. Die Gesetzespläne aus dem<br />

Haus von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger<br />

(FDP) sehen zudem vor,<br />

dass auch Nicht-Ärzte in den ersten sechs<br />

Lebensmonaten eines Kindes den Eingriff<br />

übernehmen können. Bedingung ist, dass<br />

die Beschneider besonders dafür ausgebildet<br />

sind. Der Gesetzestext soll als Paragraf<br />

1631d in das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB)<br />

eingefügt werden. Der Bundestag soll die<br />

Neuregelung noch in diesem Jahr beschließen.<br />

Anfang Mai hatten Richter am Kölner Landgericht<br />

die religiöse Beschneidung eines<br />

minderjährigen Jungen als rechtswidrige<br />

Körperverletzung eingestuft. Das Urteil hatte<br />

bei Muslimen wie Juden Empörung und<br />

Proteste ausgelöst. Bei beiden gilt die Beschneidung<br />

als wichtiger Bestandteil der religiösen<br />

und kulturellen Identität.<br />

Juden, Muslime und Christen<br />

erfreut, Atheisten entsetzt<br />

Jüdische und muslimische Verbände zeigten<br />

sich unterdessen zufrieden mit der Gesetzesvorlage.<br />

„Das ist ein ausges<strong>pro</strong>chen<br />

lebenskluger, ausgewogener und fairer Gesetzentwurf“,<br />

sagte der Vorsitzende des<br />

Zentralrates der Juden, Dieter Graumann,<br />

der „Rheinischen Post“. Der Vorsitzende des<br />

Zentralrates der Muslime, Aiman Mazyek,<br />

sagte, es werde das „entscheidende Signal“<br />

ausgesendet, dass jüdisches und muslimisches<br />

Leben weiter willkommen sei. Rechtssicherheit<br />

zu schaffen bedeute „Aufrechterhaltung<br />

der Religionsfreiheit und damit<br />

auch Rechtsfrieden in unserem Land“. Die<br />

Evangelische Kirche in Deutschland (EKD)<br />

begrüßte den Entwurf ebenfalls. Der Gesetzesvorschlag<br />

berücksichtige, dass es zur elterlichen<br />

Sorge gehöre, ein Kind in das religiöse<br />

Leben der Familie hinein zu nehmen,<br />

<strong>pro</strong>KOMPAKT 41 | 2012<br />

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Jungen bei einer muslimischen Beschneidungsfeier: Geht es nach der Bundesregierung, soll die religiöse<br />

Beschneidung bald wieder offiziell und deutschlandweit erlaubt sein. (Foto: gemeinfrei)<br />

sagte der Präsident des EKD-Kirchenamtes,<br />

Hans Ulrich Anke, laut Evangelischem Presse-Dienst<br />

(epd). Zugleich ziehe der Entwurf<br />

die notwendigen Grenzen für den Schutz des<br />

Kindes.<br />

Kritik am Gesetzentwurf übte der Internationale<br />

Bund der Konfessionslosen und Atheisten<br />

(IBKA). „Eine ohne medizinische Indikation<br />

vorgenommene Beschneidung verletzt<br />

das Recht auf körperliche Unversehrtheit“,<br />

teilte René Hartmann, Vorsitzender<br />

des IBKA, mit. Eine Legalisierung per Gesetz<br />

sei verfassungswidrig.<br />

Die an einem nicht einwilligungsfähigen<br />

Kind vorgenommene religiös motivierte Beschneidung<br />

verletze die Religionsfreiheit.<br />

Ein Kind habe schließlich ein Recht darauf,<br />

nicht ohne seine Zustimmung dauerhaft als<br />

Angehöriger einer Religion gekennzeichnet<br />

zu werden. (dpa/<strong>pro</strong>) ||<br />

VON: AL | 10.10.2012<br />

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