Facharbeit im pdf.format - NAHRUNGSVERWEIGERUNG bei ...
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1. Elemente der Projektar<strong>bei</strong>t.........................................4<br />
1.1. Biographiear<strong>bei</strong>t................................................4<br />
1.2. Validation..........................................................5<br />
1.3. Zielvorstellung der Validation ..........................6<br />
1.4. Millieutherapie..................................................7<br />
2. Projektar<strong>bei</strong>t...............................................................8<br />
2.1. Methode ............................................................8<br />
2.1.1. Projektorientierter Unterricht ......................8<br />
2.1.2 Das Projekt „Umgang mit Demenzkranken“<br />
.................................................................................11<br />
2.2. Ziel des Projektes............................................12<br />
2.3. Wie werden die einzelnen Ziele erreicht.........12<br />
2.4. Die Rolle des Praxisanleiter............................13<br />
2.5. Ablauf..............................................................13<br />
2.5.1. Auswahl der Patienten...............................14<br />
2.5.2. Einführung.................................................14<br />
2.5.3. Der Praktische Abschnitt der Projektar<strong>bei</strong>t<br />
.................................................................................20<br />
2.5.4. Evaluation..................................................21<br />
2.5.5. Leitfragen/Reflektion ................................21<br />
2.5.6. Begleitung der Schüler/innen für den<br />
restlichen Einsatz auf Station...................................21<br />
Schluss .........................................................................22<br />
Literaturverzeichnis .....................................................24<br />
1
Einleitung<br />
Die Demenzerkrankung spielt eine <strong>im</strong>mer größere Rolle in unserer<br />
Gesellschaft. Morbus Alzhe<strong>im</strong>er ist eine Erkrankung, welcher jeder<br />
Mensch fürchtet, und bis heute nicht heilbar ist. Unter Demenz fällt aber<br />
nicht nur die Alzhe<strong>im</strong>er-Erkrankung, sonder auch die vaskulären Demenzen,<br />
welche in der Umgangsprache oft als „Verkalkung“ bezeichnet<br />
werden.<br />
Aufgrund der <strong>im</strong>mer besser werdenden medizinischen Versorgung,<br />
wächst der Anteil an Senioren und Hochbetagten in der Gesellschaft<br />
stark an. Die Folge ist eine größere Zahl an Demenzkranken, deren Versorgung<br />
in den nächsten Jahrzehnten <strong>im</strong> Mittelpunkt stehen wird1. Die<br />
Zahl der (mittelschweren und schweren) Demenzkranken wird sich, sofern<br />
keine entscheidende Fortschritte in Prävention und Therapie gelingen<br />
, in den nächsten 50 Jahren verdoppeln.2<br />
„Die Allgemeinkrankenhäuser in Deutschland müssen sich auf zunehmend<br />
mehr gerontopsychiatrische Patienten einstellen. Schon jetzt entfallen etwa die<br />
Hälfte der Pflegetage in den Allgemeinkrankenhäusern auf Menschen über 65<br />
Jahre.“<br />
„Zu diesem Ergebnis ist das Institut für Sozialforschung und Sozialwissenschaft<br />
Saarbrücken in einem Zwischenbericht gekommen. Da<strong>bei</strong><br />
handelt es sich um ein Modellprogramm des Bundesgesundheitsministeriums<br />
zur "Verbesserung der Versorgung gerontopsychiatrischer Erkrankter<br />
<strong>im</strong> Allgemeinkrankenhaus"3.<br />
In einer Studie, in welcher eine Bestandsaufnahme der gerontopsychiatrischen<br />
Pflege in Nürnberg gemacht wurde, kam man zu folgenden<br />
Fazit:<br />
„Es ist derzeit die absolute Ausnahme und außerdem dem Zufall ü-<br />
berlassen, ob jemand mit einer gerontopsychiatrischen Erkrankung in<br />
Nürnberg ambulante gerontopsychiatrische Pflegeleistungen in Anspruch<br />
nehmen kann.<br />
Ein Grund dafür ist der von den Diensten selbst so häufig genannte,<br />
nämlich das Fehlen einer Finanzierung gerontopsychiatrischer Pflegeleistungen,<br />
infolge dessen die Dienste diese Leistungen nicht anbieten<br />
können.“ 4<br />
21<br />
1 Deutscher Bundestag (Hrsg.): Drucksache 13/3343 von 1996<br />
2 Deutsche Alzhe<strong>im</strong>er Gesellschaft e.V., Stationäre Versorgung von Alzhe<strong>im</strong>erpatienten, 2001, S.<br />
3 Ärzte Zeitung, Kliniken müssen sich besser auf demente Patienten einstellen, 27.08.2002<br />
4<br />
Ziebell E., Bestandsaufnahme gerontopsychiatrischen Pflege in Nürnberg, in: Pfiff II/02, 5<br />
Jahrgang, 2002, S. 6<br />
2
Wenn verwirrte Patienten auf einer Station versorgt werden, sind<br />
Konfliktsituationen vorprogrammiert. Dies sind nicht nur Konflikte mit<br />
dem Krankenpflegepersonal, sondern auch mit den Mitpatienten. Oft<br />
bleiben keine anderen Möglichkeiten, wie der Einsatz von Psychopharmaka,<br />
bis hin zur Fixation. Die Folgen dieser Maßnahmen ergeben aber<br />
meist eine größer werdende Pflegebedürftigkeit bis hin zum Beginn der<br />
Bettlägerigkeit.<br />
Welche Möglichkeiten habe ich <strong>im</strong> Krankenhaus um zu verhindern,<br />
dass es zu solchen Zwangsmaßnahmen kommt<br />
Elementar ist ein menschenwürdiger Umgang mit dem verwirrten alten<br />
Menschen. Als Pflegekraft muss mir bewusst sein, dass dieser alte<br />
Mensch alle Höhen und Tiefen eines langen Lebens durchlebt hat, und<br />
ich ihn dafür zu respektieren habe. Auch wenn er in seinem Verhalten<br />
dem eines Kleinkindes gleicht, habe ich ihn nicht als solches zu behandeln.<br />
Hier ist das Prinzip der Validation eine ideale Methode, um diese<br />
Fähigkeiten zu erlernen. Die fortschreitende Demenz soll nicht als "Verlöschen"<br />
oder "Zerstörung" der Person des Kranken interpretiert werden.<br />
Es fällt leichter, dem Kranken weiter respektvoll zu begegnen und<br />
dessen Veränderungen zu ertragen, wenn man darin in erster Linie eine<br />
"Verschattung" oder "Verborgenheit" der Person sieht.<br />
Im Lehrplan für die Krankenpflegeausbildung gibt es keine inhaltliche<br />
Vorgaben zum Thema Demenz. In der Regel wird Demenz <strong>im</strong> ersten<br />
Ausbildungsjahr unterrichtet. Allerdings wird von Seiten der Lehrer bedauert,<br />
dass zu wenig Zeit vorhanden ist um umfassender das Thema zu<br />
behandeln. Mit meiner <strong>Fachar<strong>bei</strong>t</strong> möchte ich nun eine Art Projekt vorstellen,<br />
welches Krankenpflegeschüler/innen ermöglicht sich intensiv mit<br />
einem verwirrten alten Menschen <strong>im</strong> Krankenhaus zu beschäftigen.<br />
Auch wenn das von mir beschriebene Projekt, nicht alle typischen<br />
Merkmale einer Projektar<strong>bei</strong>t <strong>bei</strong>nhaltet, stellt es für mich eine ideale<br />
Möglichkeit dar, die Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis zumindest<br />
zu min<strong>im</strong>ieren. In einer dreitägigen intensiven Ar<strong>bei</strong>t mit einem dementen<br />
Patienten, können die Schüler/innen die Probleme erfahren, welche<br />
diese oft sogenannten „Problempatienten“ <strong>im</strong> Krankenhaus erleben. Die<br />
Schüler/innen sollen nicht nur etwas über den Patienten erfahren, auch<br />
ihre eigenen Einstellungen und Gefühle sollen da<strong>bei</strong> reflektiert werden.<br />
Ein dreitägiges Projekt, während eines praktischen Einsatzes stellt<br />
natürlich auch ein zeitliches Problem dar. Drei Tage sind eigentlich zu<br />
wenig um dem Umfang des Themas gerecht zu werden. Auf der anderen<br />
Seite ist es nicht möglich während eines Praxiseinsatzes sich ausschließ-<br />
3
lich mit der ein und der selben Patientengruppe zu beschäftigen. Dies<br />
wäre zum einem für die Station eine Belastung, wenn die Schüler/innen<br />
nur für best<strong>im</strong>mte Patienten eingesetzt werden könnte, zum anderen<br />
würde es ihnen langweilig werden, und das Ziel des Projektes wäre nicht<br />
erreichbar. Mit meinem Projekt versuche ich nun eine Möglichkeit zu<br />
finden, wie man mit den vorgegebenen Rahmenbedingungen, es trotzdem<br />
schaffen kann den Krankenpflegeschüler/innen, während ihres Einsatzes<br />
in der Geriatrie, Kompetenzen <strong>im</strong> Umgang mit dementen Menschen<br />
zu vermitteln<br />
1. Elemente der Projektar<strong>bei</strong>t<br />
Zunächst möchte ich ihnen die wichtigsten Theorien und Betreuungskonzepte<br />
für Demenz-Kranke vorstellen, welche den Schüler/innen<br />
zumindest in ihren Grundlagen vermittelt werden sollen. Sie stellen sozusagen<br />
das Basiswissen dar, welche die sie benötigen, damit die von<br />
mir <strong>im</strong> Kapitel 3.2. vorgestellten Ziele des Projekts erreicht werden können.<br />
1.1. Biographiear<strong>bei</strong>t<br />
Alte verwirrte Menschen wirken aufgrund ihrer Erkrankung oft wie<br />
kleine Kinder. Die Gefahr ist groß, dass man sehr leicht in eine infantile<br />
Sprache verfällt. Der demenzkranke Mensch ist nicht nur das Häufchen<br />
Elend, sondern er hat eine individuelle Lebensgeschichte. Erhat die Höhen<br />
und Tiefen eines langen Lebens durchlebt, welche jetzt sein Verhalten,<br />
seine Gewohnheiten, Vorlieben und Empfindlichkeiten best<strong>im</strong>men.<br />
Die Biographiear<strong>bei</strong>t hilft da<strong>bei</strong> den dementen Menschen zu verstehen,<br />
sie hilft die mit dem Verhalten verknüpften Bedürfnissignale besser zu<br />
entschlüsseln und <strong>im</strong> Umgang mit dem Kranken zu berücksichtigen.<br />
Wissen über die Lebensgeschichte und den Charakter hilft den Kranken<br />
zu verstehen. und umso sympathischer wird er mir. Diese Verständnis<br />
hilft da<strong>bei</strong> auf den Dementen <strong>im</strong> Pflegealltag verständnisvoll einzugehen<br />
und erleichtert somit die Ar<strong>bei</strong>t. Die Begegnung miteinander kann somit<br />
für <strong>bei</strong>den Seiten fruchtbar sein. Eine wichtige Regel <strong>im</strong> Umgang mit<br />
demenzkranken Menschen, besonders <strong>bei</strong> Beleidigungen, aggressiven<br />
Verhalten, Wahnvorstellungen, usw. lautet, „Nehmen sie das Verhalten<br />
des Patienten nicht persönlich“ 5 . Hier hilft die Biographiear<strong>bei</strong>t, verbale<br />
Entgleisungen als Versuche des Kranken zu werten, unbewältigte Gefühle<br />
zu verar<strong>bei</strong>ten. Die Biographiear<strong>bei</strong>t hilft dem Kranken seine langsam<br />
untergehende Identität länger zu bewahren, sie stärkt neben<strong>bei</strong> durch das<br />
Interesse für seine Erzählungen sein Selbstvertrauen und hilft ihm somit<br />
5 Alzhe<strong>im</strong>er Europe, Handbuch der Betreuung, 1999, S.13<br />
4
schwierige Situationen, wie sie zum Beispiel ein Krankenhausaufenthalt<br />
darstellen kann, besser zu bewältigen.<br />
1.2. Validation<br />
Das Konzept der Validation ist ein individuums- und biographiebezogen<br />
ar<strong>bei</strong>tender therapeutischer Ansatz. Validation wurde von der USamerikanischen<br />
Sozialar<strong>bei</strong>terin Naomi Feil Ende der 60er/Anfang der<br />
70er Jahre aus ihrer praktischen Tätigkeit in einem Altenhe<strong>im</strong> heraus<br />
entwickelt. Ihr Ansatz der Validation (zunächst als ‘Fantasy Therapy’<br />
bezeichnet) betont das Einlassen auf phantasievolle und nicht vom logischen<br />
Denken geleitete Gefühlsinhalte der ‘verwirrten’ alten Menschen.<br />
Dieses Einlassen auf die Welt des Dementen ist es auch, was die Validation<br />
so beliebt <strong>bei</strong> den Pflegenden gemacht hat. Über die Effektivität von<br />
Validation liegen leider nur wenige Studien vor, welche eine fundierte<br />
Aussage über Wirkungen zulassen. Die bisher veröffentlichten Studien<br />
weisen häufig methodische Mängel auf und sind vom wissenschaftlichen<br />
Standpunkt nicht sehr aussagekräftig. Bei einzelnen therapeutischen Interventionen<br />
konnte aber eine Wirksamkeit der Maßnahmen beobachtet<br />
werden. 6<br />
Nach Feil ist ein alter verwirrter Mensch jemand, der sich in der letzten<br />
Phase seines Lebens befindet, der auf einzigartige, ganz persönliche<br />
Weise Frieden machen will. Das Symptom der Verwirrtheit ist demnach<br />
die Folge des Nichterkennens wichtiger Lebensaufgaben in früheren Abschnitten<br />
des Daseins. Diese Aufgaben wurden verdrängt oder bewusst<br />
nicht wahrgenommen. Nun in der letzten Periode des Lebens des Patienten<br />
hat dieser das dringende Bedürfnis diese Aufgaben zu „erledigen“.<br />
Mit der Weisheit menschlicher Erfahrung und Intuition kehrt er in die<br />
Vergangenheit zurück, um aufzuräumen und seine Grundbedürfnisse<br />
nach Liebe und Identität zu befriedigen. Er durchlebt für gewöhnlich 4<br />
Stadien der Aufar<strong>bei</strong>tungsphase:<br />
Mangelhafte Orientierung (maloriented): Diese Menschen beschuldigen<br />
andere, z.B. "Sie stehlen mir ..., man vergiftet mein<br />
Essen, ...)<br />
Zeitverwirrtheit (T<strong>im</strong>e confusion): Suchen die Mutter, wollen<br />
he<strong>im</strong>, wollen ständig weglaufen, erkennen oft die eigenen Angehörigen<br />
nicht mehr, ...<br />
Sich wiederholende Bewegung(repetetive motion): Rufen<br />
"Hilfe", "Schwester", "Hallo", wischen, schlagen, streicheln,<br />
falten ständig herum etc.<br />
6<br />
vgl. Radzey B, Kuhn C., Rauh J., Qualitätsbeurteilung der institutionellen Versorgung und<br />
Betreuung dementiell Erkrankter, 2001, S. 40-41<br />
5
Vegetieren (Vegetation): Zeigen keine Reaktionen, brauchen<br />
Pflege rund um die Uhr<br />
Nach Feil handelt ein verwirrter Mensch also nicht grundlos, hinter<br />
seinem Handeln steckt <strong>im</strong>mer eine Ursache.<br />
1.3. Zielvorstellung der Validation<br />
Validation - so Feil - kann dieses zunehmende Abgleiten in das Vegetieren<br />
verhindern, indem Validation die Betroffenen da<strong>bei</strong> unterstützt,<br />
ihre unbewältigten Konflikte durch das Ausdrücken der damit<br />
verbundenen Gefühle zu verar<strong>bei</strong>ten. Verdrängte Emotionen müssen<br />
auf dieser Suche nach Lösungen befreit werden. Sie müssen während<br />
dieses letzten Lebensstadiums ans Licht kommen. Validation will dem<br />
alten, desorientierten Menschen Unterstützung bieten <strong>bei</strong> der Bewältigung<br />
seiner letzten Lebensaufgabe, in Frieden zu sterben. Grundlegend<br />
ist da<strong>bei</strong> die Annahme, dass unbeachtete Gefühle stärker, offengelegte<br />
Gefühle hingegen, die durch einen vertrauten Zuhörer bestätigt und validiert<br />
werden, schwächer werden. Wirkliches, einfühlsames Zuhören (Validieren)<br />
erleichtert die emotionale Last. Ein bestätigtes, geteiltes und<br />
validiertes Gefühl kann entschwinden.<br />
Da<strong>bei</strong> geht es nicht um eine kognitive Bewältigung von Konflikten,<br />
da die Betroffenen nach Feil die kognitive Fähigkeit zur Einsicht<br />
verloren haben. Sie können ihre Emotionen nicht mehr mit dem Intellekt<br />
steuern oder die Gründe für ihre Gefühle herausfinden, um ihr Verhalten<br />
zu ändern. Sie haben die Fähigkeit des ‘AHA!’, des plötzlichen Erkennens<br />
eingebüßt. Zu beachten ist des Weiteren, dass der alte Mensch seine<br />
unbewältigten Lebensaufgaben niemals vollständig lösen und dass er bis<br />
zum Tod damit beschäftigt sein wird. Wichtig erscheint realistische Zielsetzungen<br />
für jede einzelne Person festzusetzen.<br />
Indem man <strong>im</strong> Rahmen der Validation die Gefühle des Betroffenen<br />
zu verstehen versucht, diese angenommen, akzeptiert und bestätigt werden,<br />
soll eine Vertrauensbasis geschaffen und Sicherheit gegeben werden.<br />
Angst und Stress sollen so vermindert werden. Angestrebt wird zudem<br />
eine Stärkung der Identität und des Selbstwertgefühls des alten<br />
Menschen. Validation soll ihm seine Würde zurückgeben bzw. bewahren.<br />
Validation soll Vertrauen herstellen, das für den alten Menschen Sicherheit<br />
bedeutet. Wenn Menschen sich sicher fühlen, gewinnen sie an<br />
Stärke. Die Interaktion n<strong>im</strong>mt zu, sie beginnen zu sprechen, teilen ihre<br />
Gedanken und Gefühle mit, das Selbstwertgefühl und die Würde steigen.<br />
Auch auf die St<strong>im</strong>ulans von „Wohlbehagen und Glück“ zielt Validation.<br />
Alle fühlen sich glücklicher, wenn sie anerkannt werden.<br />
Schließlich nennt Feil als weitere Ziele von Validation die Verbesserung<br />
des Gehvermögens und körperlichen Wohlbefindens des alten<br />
6
Menschen und die Reduktion von chemischen wie physikalischen<br />
Zwangsmitteln, die lediglich ein weiteres Fortschreiten des Rückzugs<br />
fördern.<br />
Validationsziele sind:<br />
Wiederherstellen des Selbstwertgefühls<br />
Reduktion von Stress<br />
Rechtfertigung des gelebten Lebens<br />
Lösen der unausgetragenen Konflikte aus der<br />
Vergangenheit<br />
Reduktion chemischer und physischer<br />
Zwangsmittel<br />
Verbesserung der verbalen und nonverbalen<br />
Kommunikation<br />
Verhindern eines Rückzugs in das Vegetieren<br />
Verbesserung des Gehvermögens und des<br />
körperlichen Wohlbefindens<br />
1.4. Millieutherapie<br />
Tabelle 1 Validationsziele 7<br />
Das Ziel der Milieutherapie ist es, das gesamte Umfeld des Verwirrten<br />
zu verbessern. Mit Umfeld ist hauptsächlich die Situation in He<strong>im</strong>en<br />
und anderen Institutionen gemeint. Es wird nicht nur die dingliche Umwelt<br />
auf den Patienten abgest<strong>im</strong>mt, sondern auch die soziale Umgebung.<br />
Unter dinglicher Umwelt versteht man die räumliche Gestaltung der<br />
Umgebung des Kranken, die Strukturierung seines Tagesablaufes. Bei<br />
der Verbesserung der sozialen Umgebung, möchte man gegebenenfalls<br />
die erforderlichen Veränderungen der Einstellung und der Verhaltensweisen<br />
der professionellen und ehrenamtlichen Mitar<strong>bei</strong>ter erreichen.<br />
Warum soll also das Umfeld des Kranken auf seine Person abgest<strong>im</strong>mt<br />
werden Die mit der Demenz verbundenen Beeinträchtigungen<br />
führen <strong>bei</strong> dem Dementen zu einer starken Einschränkung seiner Umweltkompetenz..<br />
Demente alte Menschen können sich am wenigsten ü-<br />
ber negative Umweltbedingungen hinwegsetzen. Vor diesem Hintergrund<br />
der verringerten Umweltkompetenz und damit vermehrten Verwundbarkeit<br />
gewinnt die Gestaltung der dinglichen wie sozialen Umwelt<br />
des dementiell erkrankten Menschen an Bedeutung. Im Rahmen von Milieutherapie<br />
wird also darauf abgezielt, die Behinderung <strong>im</strong> Zuge einer<br />
dementiellen Erkrankung durch eine Anpassung des Lebensraumes an<br />
7 Feil N., Validation, 2000, S. 11<br />
7
die Bedürfnisse der Betroffenen auszugleichen. Verlorengegangene Binnenstrukturen<br />
sollen durch entsprechende Außenstrukturen ausgeglichen<br />
werden. 8<br />
Die milieutherapeutischen Möglichkeiten sind auf einer Krankenhausstation,<br />
schon allein aufgrund der räumlichen Gegebenheiten natürlich<br />
nur sehr begrenzt einsetzbar. Hier muss der Schwerpunkt auf die<br />
soziale Umgebung gelegt werden.<br />
Die Gestaltung der Tagesstruktur orientiert sich an den Bedürfnissen<br />
des Patienten. Das heißt zum Beispiel, der Patient wird nicht um 6 Uhr<br />
zum aufstehen aufgefordert, sondern zu seiner üblichen Aufstehzeit,<br />
bzw. man versucht ihn nicht wie es oft üblich ist um 20:00 Uhr ins Bett<br />
zu legen, wenn er normalerweise erst um 23:00 Uhr sich zu Bett begibt.<br />
Die Pflegekräfte sollten eine dementengerechte Haltung besitzen. Sie<br />
sollten empathische Fähigkeiten besitzen sowie eine professionelle Distanz<br />
mit der Fähigkeit der Selbstbeobachtung und Selbstreflexion. Die<br />
Kranken sollen sich verstanden fühlen und verstehen können durch eine<br />
einfache, eindeutige, klare, konkrete Sprache ohne „Wenn...dann...“ und<br />
zurückweisendes „nein“, <strong>im</strong>mer in kurzen Sätzen. Die Begegnung ist<br />
direkt auf einer Ebene, mit Blickkontakt und ggf. Berührung. Angehörige<br />
werden als Partner angesehen, gezielt einbezogen und entsprechend<br />
unterstützt 9 .<br />
2. Projektar<strong>bei</strong>t<br />
In den folgenden Kapiteln stelle ich ihnen nun vor das Projekt „Umgang<br />
mit Demenz-Kranken“ vor. Wie bereits in der Einleitung erwähnt<br />
habe ich versucht dieses Projekt unter dem Hauptgesichtspunkt -<br />
Realisierbarkeit- entwickelt.<br />
2.1. Methode<br />
Zunächst möchte ich darauf eingehen, mit welcher Form bzw. mit<br />
welchem Hilfsmittel der Pädagogik ich ar<strong>bei</strong>ten möchte.<br />
2.1.1. Projektorientierter Unterricht<br />
Als Methode um diese Ziele zu erreichen, habe ich die Projektar<strong>bei</strong>t<br />
ausgewählt. In der Wirtschaftspraxis wurde die Erfahrung gemacht, dass<br />
durch die Projekttechnik häufig bessere, schnellere, kreativere Ergebnisse<br />
erzielt werden können und dass die Mitar<strong>bei</strong>termotivation deutlich<br />
8<br />
vgl. Egidius U., Pflegekonzepte, 1997 , Ausgewählte Behandlungsansätze in der Ar<strong>bei</strong>t mit<br />
dementiell erkrankten alten Menschen aus sozialpädagogischer Perspektive, 4. Februar 2002<br />
9<br />
vgl. Deutsche Alzhe<strong>im</strong>er Gesellschaft e.V., Stationäre Versorgung von Alzhe<strong>im</strong>erpatienten,<br />
2001, S. 38<br />
8
steigt. Diese Erfahrung ist auch aus pflegepädagogischer Sicht interessant.<br />
Denn eine Begründung für Projektar<strong>bei</strong>t in der Krankenpflegeausbildung<br />
liegt darin, dass Lernen dadurch effizienter werden kann und die<br />
Motivation der Schüler/innen steigt. Der Begriff Projekt ist in der Pädagogik<br />
allerdings nicht genau definiert. Hierüber gibt es unter den Pädagogen<br />
unterschiedliche Ansichten. Der Ursprung des Projektbegriffes<br />
liegt <strong>im</strong> 16. bzw. 18. Jahrhundert, er wurde an europäischen Universitäten<br />
als Aufgabe und Methode des „praktischen Problemlösens“ für Studenten<br />
der Architektur bzw. des Ingenieurwesens entwickelt. Die Projektidee<br />
wurde dann in Amerika weiterentwickelt. Hier wurde vor allem<br />
die Motivation zu einem Projekt als entscheidende Rolle, zur Definition<br />
des Projekts verstanden 10 . Bis heute gibt es unterschiedliche Ansichten<br />
darüber, wie die Methode des Projekts eindeutig zu definieren ist.<br />
Der Philosoph und Reformpädagoge John Dewey orientiert sich an<br />
drei Kerngedanken des Projektkonzeptes:<br />
Der Begriff der „denkenden Erfahrung“, mit dem Dewey den<br />
Prozess der planvollen Auseinandersetzung des Menschen mit<br />
seiner Umwelt meint. Schüler/innen sollen Erfahrungen erwerben,<br />
indem sie ihre <strong>im</strong> Projektprozess erworbene Kenntnisse<br />
und Vorstellungen in konkreten Situationen anwenden;<br />
Am Bildungsziel der Höherentwicklung des Menschen, deren<br />
gesellschaftliche Seite in der Demokratie sieht;<br />
Am Bild des Schülers, den Dewey als selbständig handelndes<br />
Individuum mit einem möglichst weitgehenden Anspruch auf<br />
Selbstorganisation und Selbstverantwortung sieht 11 .<br />
Der Pädagoge Herbert Gudjons versucht die Frage „Was ist Projektunterricht<br />
bzw. projektorientierter Unterricht“ mit Hilfe eines Merkmalkatalogs<br />
12 zu beantworten.<br />
Situationsbezug bzw. Lebensweltorientierung: Gegenstand der<br />
Projektar<strong>bei</strong>t sind Aufgaben oder Probleme, die sich aus dem<br />
„Leben“ ergeben, deren Einbettung in eine Lebenssituation,<br />
am Zusammenhang der Dinge in der Wirklichkeit<br />
Orientierung an den Interessen, Bedürfnissen, Betätigungswünschen<br />
und Ablehnung der Beteiligten<br />
Gesellschaftliche Praxisrelevanz<br />
Zielgerichtete Projektplanung <strong>im</strong> Sinne des zielgerichteten<br />
Tuns<br />
10<br />
Renfer K., Projektunterricht in der Pflegeausbildung, Sahmel K.-H. (Hrsg.), Grundfragen der<br />
Pflegepädagogik, , 2001, S. 189<br />
11<br />
vgl. Bastian J., Freie Ar<strong>bei</strong>t und Projektunterricht. Eine didaktische Wiedervereinigung, in.<br />
Pädagogik, S.8<br />
12<br />
vgl. Gudjons H., Handlungsorientiert lehren und lernen. Schüler/innenaktivierung – Selbsttätigkeit<br />
– Projektar<strong>bei</strong>t, 1997, S. 74ff<br />
9
Selbstorganisation und Selbstverantwortung aller Beteiligten<br />
Einbeziehen vieler Sinne<br />
Soziales Lernen <strong>im</strong> Sinne demokratischer Verhaltensformen<br />
Produktorientierung: Projektunterricht hat stets ein „Produkt“<br />
zum Ziel. Dieses „Produkt“ muss mehr sein als der gewöhnliche<br />
„Lernerfolg“<br />
Persönliche tiefgreifende Erfahrungen<br />
Veränderungen von Haltungen und Einstellung<br />
Verbesserung von Situationen können ebenso „Produkte“ des<br />
Projektunterrichts sein wie abrufbares Wissen und Fertigkeiten<br />
und vorzeigbare Gegenstände<br />
„Das Projekt gilt als eine bevorzugte Form von Lehren und Lernen<br />
<strong>im</strong> Sinne einer handlungsorientierten emanzipatorischen Pädagogik. Sie<br />
soll den Lernenden nicht nur fachlich qualifizieren, sondern führt ihn<br />
darüber hinaus zu schul- und berufsfeldübergreifenden Bildungszielen<br />
wie z.B. Abstraktionsfähigkeit, methodisches Vorgehen, Kommunikations-<br />
und Kooperationsfähigkeit, Selbstbest<strong>im</strong>mung und Verantwortungsbewusstsein.“<br />
13<br />
Auf die Frage, was projektorientierter Unterricht konkret in der<br />
Krankenpflegeausbildung erreichen will, konnten folgende übergeordnete<br />
Zielsetzungen identifiziert werden 14 :<br />
Theorie-Praxis-Verknüpfung<br />
Förderung und Entwicklung der beruflichen Handlungskompetenz<br />
der Schüler/innen<br />
Entwicklung des eigenständigen Berufs- bzw. Pflegverständnisses<br />
der Schüler/innen und dessen Übertragung auf die Praxis<br />
Entwicklung der Persönlichkeit der Schüler/innen<br />
Vorbereitung auf das bevorstehende Examen bzw. auf die berufliche<br />
Tätigkeit nach dem Examen (Sicherheitsvermittlung<br />
bzw. Angstabbau)<br />
Öffentlichkeitsar<strong>bei</strong>t/Tranzparentmachen von Ausbildung und<br />
Beruf<br />
Verbesserung der Ausbildungssituation sowie der Pflegepraxis<br />
in struktureller wie fachlich-inhaltlicher Hinsicht<br />
Das Projekt stellt eine ideale Verknüpfung von Theorie und Praxis<br />
dar. Gerade die Diskrepanz zwischen Schule und Station, ist ein <strong>im</strong>mer<br />
13<br />
Renfer K., Projektunterricht in der Pflegeausbildung, Sahmel K.-H. (Hrsg.), Grundfragen der<br />
Pflegepädagogik, 2001, S. 203<br />
14<br />
Renfer K., Projektunterricht in der Pflegeausbildung, Sahmel K.-H. (Hrsg.), Grundfragen der<br />
Pflegepädagogik, 2001, S. 206<br />
10
noch nicht gelöstes Problem innerhalb der Pflegeausbildung. Das Projekt,<br />
als Methode der Wissensvermittlung, ist ideal um dieser Diskrepanz<br />
entgegenzuwirken, da hier theoretische Inhalte und praktisches Vorgehen<br />
gleichermaßen Bestandteil des didaktischen Vorgehens ist.<br />
2.1.2 Das Projekt „Umgang mit Demenzkranken“<br />
Ein Projekt besteht normalerweise aus folgenden Bestandteilen:<br />
1. Entstehung<br />
2. Ideenfindung<br />
3. Zielformulierung<br />
4. Projektablauf<br />
5. Dokumentation<br />
6. Reflexion/Evaluation<br />
7. Präsentation<br />
Diese Bestandteile finden sich nur zum Teil in meinem Projekt wieder.<br />
Das Projekt „Umgang mit Demenzkranken“ ist nur eine vereinfachte<br />
Form der Projektar<strong>bei</strong>t. Ein Projekt stellt eigentlich eine Gruppenar<strong>bei</strong>t<br />
dar. Dieses Element spielt in diesem Projekt eine eher untergeordnete bis<br />
gar keine Rolle. Auch die Entstehung, Ideenfindung sowie die Zielformulierung<br />
wurde von mir weitgehend übernommen. Trotzdem, so glaube<br />
ich werden die unter Kapitel 5.2.1. vorgestellten Kriterien weitgehend<br />
erreicht.<br />
Ein wichtiges Kriterium für die Erar<strong>bei</strong>tung dieses Projektes, ist, wie<br />
bereits erwähnt, auch die Realisierbarkeit. Sicherlich ist es auch möglich<br />
ein Projekt <strong>im</strong> eigentlichen Sinne durchzuführen. Dies könnte z.B. heißen<br />
„Der Demenzkranke <strong>im</strong> Krankenhaus“. Eine Gruppe von Schüler/innen<br />
müsste dann hierzu eine Projektar<strong>bei</strong>t leisten, sie müssten Ideen<br />
finden, Ziele formulieren, Vorgehen absprechen, Projektleiter festlegen<br />
usw. Da aber dies nicht <strong>im</strong> Rahmen einer praktischen Ausbildung, bzw.<br />
Stationseinsatzes umsetzbar ist und dies auch nicht eine Aufgabe für einen<br />
Praxisanleiter darstellt, sondern eher für eine Lehrkraft in der Krankenpflegeschule,<br />
stellt mein Projekt nur eine abgespeckte Version der<br />
Projektar<strong>bei</strong>t dar. Auch die Präsentation wurde von mir herausgenommen,<br />
da dies den realistischen Zeitrahmen sprengen würde.<br />
Die Dokumentation der Projektar<strong>bei</strong>t, soll sich auch weitgehend auf<br />
eine Pflegeplanung, bzw. auf das schriftliche Erfassen der Biografie des<br />
Patienten beschränken.<br />
Ich habe mich also auf wesentliche Bestandteile beschränkt, mit denen<br />
ich die von mir vorformulierten Ziele erreichen kann.<br />
11
2.2. Ziel des Projektes<br />
Welche Ziele, bzw. Fähigkeiten sollen nun den Krankenpflegeschüler/innen<br />
vermittelt werden:<br />
1. Sie sollen verstehen lernen, welche Stresssituation ein Krankenhausaufenthalt<br />
für einen verwirrten Menschen darstellt, und<br />
sie sollen eigene Strategien entwickeln, um diese für den<br />
Kranken auf ein Min<strong>im</strong>um zu reduzieren.<br />
2. Die Schüler/innen sollen eine Suchhaltung entwickeln, die es<br />
ihnen ermöglicht, sich in den Krankheitsprozess hinein zu versetzten<br />
um den drohenden Identitätsverlust zu verstehen.<br />
3. Die Schüler/innen lernen eine das Selbstwertgefühl stärkende,<br />
nicht an Bedingungen gebundene Wertschätzung und Zuwendung<br />
dem Patienten gegenüber zu praktizieren.<br />
4. Die Schüler/innen unterstützt den Erkrankten in seiner Orientierungsfähigkeit<br />
und in seiner lebenspraktischen Selbstständigkeit,<br />
hier<strong>bei</strong> soll er Vorschläge machen zur Herstellung einer<br />
die Orientierung fördernde Umwelt.<br />
2.3. Wie werden die einzelnen Ziele erreicht<br />
1. Durch das intensive Zusammensein und Begleitung des Patienten,<br />
auch <strong>bei</strong> Untersuchungen lernen die Schüler/innen die<br />
Probleme die ein Demenzkranker <strong>im</strong> Krankenhaus hat zu verstehen,<br />
und kann somit Lösungsansätze entwickeln.<br />
2. Mit Hilfe der Biographiear<strong>bei</strong>t, welche sich an den Methoden<br />
von Böhm und Feil orientieren, lernen die Schüler/innen durch<br />
best<strong>im</strong>mte (emotionale) Fragen In<strong>format</strong>ionen von dem Patienten<br />
zu bekommen, welche ihm Hinweise auf seine Persönlichkeit<br />
geben. Somit können best<strong>im</strong>mte Verhaltensmuster des<br />
Kranken besser verstanden werden.<br />
3. Durch das Kennenlernen des Grundprinzips der Validation lernen<br />
die Schüler/innen eine wertschätzende Haltung gegenüber<br />
dem dementen Menschen einzunehmen.<br />
4. Durch das Erstellen einer Pflegeplanung und die Möglichkeit<br />
ohne Zeitdruck eigene Ideen zu entwickeln, kann er diese <strong>im</strong><br />
Rahmen des Projekts ausprobieren und auf ihre Wirksamkeit<br />
hin überprüfen.<br />
12
2.4. Die Rolle des Praxisanleiter<br />
Die Rolle des Praxisanleiter in diesem Projekt definiert sich als eine<br />
Art Hintergrundlehrer. Merkmale dieser Rolle sind 15 :<br />
das allmähliche Zurückziehen des/der Lehrenden;<br />
helfen, wenn nötig;<br />
beobachten wie die Schüler/innen mitmachen;<br />
aushalten und nicht eingreifen.<br />
Der Praxisanleiter stellt hauptsächlich eine begleitende Funktion dar.<br />
Lediglich in der Einführung in das Projekt und <strong>bei</strong> der Evaluation, tritt er<br />
den Schüler/innen als Lehrer gegenüber, bzw. leitet er die Reflexion der<br />
Ar<strong>bei</strong>t. Während des Projektes, unterstützt er die Ar<strong>bei</strong>t der Schüler/innen,<br />
indem er sie <strong>bei</strong> organisatorischen Schwierigkeiten entlastet.<br />
Diese sollten bewusst so gering, wie möglich gehalten werden, damit die<br />
Schüler/innen sich mehr auf den dementen Menschen konzentrieren<br />
können. Der Praxisanleiter kann Hilfestellung geben, wenn die Situation<br />
verfahren wird, z.B. weil der Verwirrte dem Schüler/in nicht mehr von<br />
der Seite weicht. Er kann auch eingreifen, wenn der Verwirrte aggressives<br />
Verhalten zeigt, hier sollte zumindest <strong>im</strong> Hintergrund anwesend sein.<br />
Sonst sollte er den Schüler/innen so viele Freiheiten wie möglich belassen.<br />
2.5. Ablauf<br />
Aufgaben während des Projekts<br />
Entlastung <strong>bei</strong> organisatorischen Aufgaben (z.B.<br />
Visite ausar<strong>bei</strong>ten, Untersuchungen organisieren)<br />
Beschaffung von Hilfsmitteln (z.B. Rollstuhl,<br />
Esshilfen, CD-Spieler, Aromaöle, usw.)<br />
Hilfestellung <strong>bei</strong> schwierigen Situationen (z.B.<br />
Aggressionen des Patienten, Anhänglichkeit,<br />
usw.)<br />
Kontrolle der pflegerischen Maßnahmen (z.B.<br />
keine Überforderung des Patienten, Beachtung<br />
der Diagnosen)<br />
Hilfe <strong>bei</strong> der Angehörigenar<strong>bei</strong>t (z.B. Angehörige<br />
über Projekt aufklären)<br />
Hilfe <strong>bei</strong> der Absprache mit Pflegekräfte der<br />
Station und Stationsarzt<br />
In den folgenden Kapiteln beschreibe ich nun den Ablauf des Projektes.<br />
Wie sollen die Patienten ausgewählt werden. Welche Inhalte sollen<br />
15 Frey K., Die Projektmethode, 1998, S. 241<br />
13
den Schüler/innen in der Einführung in das Projekt vermittelt werden.<br />
Den praktischen Abschnitt des Projektes, die Reflektion mit den Schüler/innen,<br />
sowie die restliche Zeit, die sie auf Station verbringen sollen.<br />
2.5.1. Auswahl der Patienten<br />
Die Auswahl der Patienten müssen vom Praxisanleiter nach Absprache<br />
mit Stationsleitung und Stationsarzt ausgewählt werden. Die Wahl<br />
der Patienten orientiert sich an den vier Stadien der Desorientierung nach<br />
Naomi Feil 16 . Es sollen Patienten <strong>im</strong> Stadium III (Sich wiederholende<br />
Bewegungen) bevorzugt werden. Patienten <strong>im</strong> Stadium II (Zeitverwirrtheit),<br />
sind geeignet, wenn der Schwerpunkt der Ar<strong>bei</strong>t <strong>im</strong> Bereich der<br />
Biographiear<strong>bei</strong>t besteht. Patienten Im Stadium IV (Vegetieren), sind<br />
geeignet, wenn der Schüler/innen seinen Schwerpunkt z.B. auf die Basale<br />
St<strong>im</strong>ulation legen will. Der Praxisanleiter sollte ein, zwei Tage vor<br />
dem Projekt, 5-6 Patienten zur Verfügung haben, um diese den Schüler/innen<br />
vorstellen zu können<br />
2.5.2. Einführung<br />
In der geriatrischen Klinik des Klinikum Nürnberg Nord gibt es drei<br />
Stationen. Die Anzahl der Schüler/innen, welche an einem Projekt beteiligt<br />
sind sollte deshalb auf drei begrenzt sein, so dass auf jeder Station<br />
ein Schüler/in, mit einem Patienten ar<strong>bei</strong>tet. Das Projekt ist für Schüler/innen<br />
ab dem zweiten Ausbildungsjahr konzipiert. Wenn möglich<br />
sollten theoretische Inhalte zum Thema Demenz bereits in der Schule<br />
abgehandelt sein, dies ist aber nicht zwingend notwendig.<br />
Das Projekt ist auf drei Tage begrenzt. Die Ar<strong>bei</strong>tszeiten, Früh-, Tagoder<br />
Spätdienst, können von ihnen nach Bedarf festgelegt, sollten aber<br />
mit dem Praxisanleiter abgesprochen werden.<br />
Zur Einführung der Schüler/innen in das Projekt soll zu Beginn ein<br />
etwa vierstündiger Unterricht gehalten werden. Hier sollen die wichtigsten<br />
Elemente (siehe Elemente der Projektar<strong>bei</strong>t) vorgestellt und erläutert<br />
werden. Der Ar<strong>bei</strong>tsauftrag wird definiert, die Ar<strong>bei</strong>tsblätter werden<br />
ausgeteilt (Siehe Anhang). Es soll das Ziel des Projekts den Schüler/innen<br />
klar gemacht werden. Ihnen soll aber auch Raum gegeben werden<br />
für eigene Initiativen, um spätere Motivationsdefizite einzuschränken.<br />
Der Praxisanleiter gibt ihnen Beispiele für ein mögliches Vorgehen,<br />
um ihnen den Einstieg zu erleichtern. Es müssen die Rahmenbedingungen<br />
erklärt werden. Es sollen Fragen geklärt werden, wie zum Beispiel,<br />
was ist zu tun <strong>bei</strong> Untersuchungen Kann ich eigene Musik mitbringen<br />
Dürfen Angehörige befragt werden Muss ich auch Visite ausar<strong>bei</strong>ten<br />
16 vgl. Feil N., Validation, 2000, S. 49<br />
14
In der Einführung sollen auch den einzelnen Schüler/innen die Patienten<br />
zugewiesen werden, dies kann entweder durch Los oder durch Absprache<br />
mit den ihnen geschehen.<br />
Ablauf der Einführung<br />
45 Minuten Allgemeine Ziele des Projektes<br />
120 Minuten Einführung in die Validation mit<br />
Videovorführung<br />
45 Minuten Biographiear<strong>bei</strong>t<br />
30 Minuten Milieutherapie<br />
Der Zeitplan selber stellt einen Richtwert dar, und kann je nach Bedarf<br />
variieren.<br />
2.5.2.1 Einführung: Allgemeine Ziele des Projekts<br />
Es werden die unter 6.1. aufgeführten Ziele vorgestellt. Die Krankenpflegschüler/innen<br />
sollen den Sinn und Zweck des Projektes verstehen<br />
(Siehe Kapitel 6.1.). Wichtig ist vor allem, noch einmal zu verdeutlichen,<br />
welche „Leistungen“ verlangt werden. Folgende „Leistungen“ sollen<br />
erbracht werden:<br />
Offenheit für alternative Denkweisen<br />
Selbstrefflektion, „in sich hinein hören“<br />
Autonomes Ar<strong>bei</strong>ten<br />
Kreativität<br />
Für das Verhalten sehr alter desorientierter Menschen Empathie<br />
zeigen<br />
Er soll wissen, dass am Ende des Projektes, jede Erfahrung wichtig<br />
ist, egal ob sie positiv oder negativ war.<br />
Es soll in den 30 Minuten aufgezeigt werden, in welcher Situation<br />
sich ein Demenzkranker <strong>im</strong> Krankenhaus befindet, und auch der gesellschaftspolitische<br />
Aspekte soll angesprochen werden.<br />
Die Schüler/innen bekommen Zettel ausgeteilt auf denen sie ihre Gedanken<br />
festhalten sollen, welche sie mit dem Thema „Verwirrter alter<br />
Mensch“ in Verbindung bringen. Diese werden auf einer Pinnwand aufgesteckt.<br />
In der Evaluation können die Schüler/innen mit Hilfe dieser<br />
Pinnwand erkennen, ob sich ihre Einstellungen zu dem Thema verändert<br />
oder eventuell bestätigt haben. Sie wird auch am Ende des Einsatzes auf<br />
Station noch einmal von Bedeutung sein.<br />
15
Themen „Allgemeine Ziele des Projektes“<br />
Ziele des Projektes und wie sie erreicht<br />
werden sollen (siehe Kapitel 6.1.; 6.2.)<br />
Welche Fähigkeiten werden von dem<br />
Schüler/innen gefordert<br />
Die Situation eines Demenzkranken <strong>im</strong><br />
Krankenhaus<br />
Die Demenzerkrankung in unserer Gesellschaft<br />
(Betreuung, Ursachen, Entwicklung<br />
der Erkrankungsfälle)<br />
2.5.2.3. Einführung: Validation<br />
Eine Einführung in die Validation ist in diesem begrenzten Zeitrahmen<br />
zwar möglich, man kann aber nicht erwarten, dass die Schüler/innen<br />
danach die Validation richtig anwenden können. Die Einführung<br />
in die Validation kann lediglich einen Überblick geben, und die<br />
Grundprinzipien erläutern. Die von mir ausgewählte Methode ist dem<br />
Trainingsprogramm Validation entnommen 17 . Folgende Themen sollen<br />
in der Einführung behandelt werden:<br />
Themen<br />
Grundlegende Konzepte<br />
Positive Wirkungen<br />
Ziele<br />
Merkmale der Aufar<strong>bei</strong>tungsphase<br />
Ziele<br />
Grundzüge der Validation<br />
verstehen<br />
Die positiven Wirkungen<br />
von Validation auflisten<br />
Die Ziele der Pflegekraft<br />
und des sehr alten desorientierten<br />
Menschen erkennen<br />
Die vier Aufar<strong>bei</strong>tungsphasen<br />
unterscheiden<br />
Tabelle 2 Gestaltung der Einführung Validation<br />
Folgende Materialien für die Einführung werden benötigt:<br />
Feil N., Sutton E., Johnson F., Trainingsprogramm – Validation 1,<br />
Reinhardt, 2001<br />
Feil N., Sutton E., Johnson F., Trainingsprogramm Validation Folien,<br />
Reinhardt, 2001:<br />
Folie F1 „Die vier Aufar<strong>bei</strong>tungsphasen”<br />
Folie F3 „Bedürfnisse“<br />
Folie F4 „Ziele der Validation“<br />
17 Feil N., Sutton E., Johnson F., Trainingsprogramm – Validation 1, 2001, S. 8<br />
16
Folie F14 „Positive Wirkungen“<br />
Feil N., Feil E., Zwei Lehrfilme zur Validation, Reinhardt, 2001, Video:<br />
Kurzfilm „Die vier Phasen der Aufar<strong>bei</strong>tung“ plus Ar<strong>bei</strong>tsanleitung<br />
Ar<strong>bei</strong>tsblatt „Validationsregeln“, siehe Kapitel 3.5.2.4.<br />
2.5.2.4. Ar<strong>bei</strong>tsblatt Validationsregeln (Siehe Anhang)<br />
Auf diesem Ar<strong>bei</strong>tsblatt sind die Grundregeln der Validation aufgeführt.<br />
Sie sind aus einem Leitfaden für die stationäre Altenhilfe des Caritasverbandes<br />
entnommen. 18<br />
2.5.2.5. Einführung: Biographiear<strong>bei</strong>t<br />
Die Ar<strong>bei</strong>tsblätter Biographiear<strong>bei</strong>t und Biographiefragebogen (siehe<br />
Kapitel 3.5.2.5) werden ausgeteilt. Die Bedeutung der Biographiear<strong>bei</strong>t,<br />
in der Pflege von alten Menschen soll den Schüler/innen erklärt werden.<br />
Sie sollen verstehen, dass <strong>bei</strong> dementen Menschen es nicht darum geht,<br />
einen genauen chronologischen Ablauf ihrer Lebensgeschichte zu erhalten,<br />
sondern um das Erkennen von Emotionen. Demente Menschen verstehen<br />
meist abhängig vom Grad der Demenz nicht mehr den Inhalt dessen,<br />
was wir ihnen sagen, sie kommunizieren daher auf der Gefühlsebene<br />
oder sogar auf der Signalsprachenebene. Sie sind da<strong>bei</strong> in ihren Gesprächen<br />
oft zeitversetzt. 19<br />
Den Schüler/innen muss aber auch bewusst sein, dass Biografie etwas<br />
ist, was nicht an einem Tag abgefragt werden kann. Die Sammlung<br />
lebensgeschichtlicher Daten kann nur <strong>im</strong> Laufe der Zeit erstellt werden,<br />
sie kann nur nach und nach ergänzt und fortgeschrieben werden. 20 Es<br />
kommt also nicht darauf an eine best<strong>im</strong>mte Anzahl an In<strong>format</strong>ionen zu<br />
bekommen, sondern es sollen die Prinzipien der Biographiear<strong>bei</strong>t verstanden<br />
werden. Der Biographiefragebogen soll ihnen da<strong>bei</strong> helfen konkrete<br />
Fragen zur Hand zu haben, mit dem sie Angehörige zu dem Patienten<br />
befragen können.<br />
Auf dem Ar<strong>bei</strong>tsblatt Biographiear<strong>bei</strong>t, welches mit den Schüler/innen<br />
zusammen besprochen und erläutert werden soll, finden sie eine<br />
Darstellung der wichtigsten psychosozialen Phänomen, welche für die<br />
Erhebung der Biografie von Bedeutung sind. Wichtig ist es sie <strong>im</strong>mer<br />
wieder dazu anzuregen, ob sie Parallelen zu ihrer eigenen Lebensgeschichte<br />
oder die ihrer Angehörigen finden.<br />
18<br />
Caritasverband für die Diözese Münster e.V., Die Entwicklung eines Betreuungskonzeptes für<br />
dementiell erkrankte Bewohner, 2002, S. 25ff<br />
19<br />
vgl. Böhm E., Psychobiographisches Pflegemodell nach Böhm, Band II: Ar<strong>bei</strong>tsbuch, 1999. S.<br />
19<br />
20 Leptihn T., Pflegekonzepte in der Gerontopsychiatrie, 2001, S. 38<br />
17
Den Schüler/innen sollen mögliche Probleme, welche <strong>bei</strong> der ersten<br />
Begegnung auftreten können, verdeutlicht werden. 21 Sie sollen den Sinn<br />
und Zweck von emotionalen Fragen verstehen und auf mögliche Probleme<br />
<strong>bei</strong> der ersten Begegnung hingewiesen werden. Auf dem Ar<strong>bei</strong>tsblatt<br />
finden sie auch mögliche Fragestellungen für den Einstieg in das<br />
Gespräch.<br />
Themen Biografiear<strong>bei</strong>t<br />
Bedeutung der Biografiear<strong>bei</strong>t <strong>bei</strong> alten Menschen<br />
Besonderheit der Biografiear<strong>bei</strong>t <strong>bei</strong> verwirrten<br />
Menschen<br />
Wie viel „Biografie“ soll erhoben werden<br />
Psychosoziale Phänomene welche einen Menschen<br />
prägen<br />
Mögliche Probleme, welche <strong>bei</strong> einer ersten Begegnung<br />
auftreten können<br />
Sinn und Zweck von emotionalen Fragen<br />
Mögliche Fragen, welche dem Patienten gestellt<br />
werden können<br />
2.5.2.5. Ar<strong>bei</strong>tsblatt „Biografiear<strong>bei</strong>t“ und „Biographiebogen“<br />
(Siehe Anhang)<br />
Mit Hilfe der Fragen auf diesen Ar<strong>bei</strong>tsblättern sollen die Schüler/innen,<br />
die Persönlichkeit des Demenzkranken kennen lernen. Auf<br />
dem Ar<strong>bei</strong>tsblatt sind zunächst psychosoziale Phänomene dargestellt,<br />
welche einen Mensch beeinflussen. Es folgen wichtige Regeln für ein<br />
Erstgespräch, sowie Fragen welche gestellt werden können. Die Fragen,<br />
Hinweise und Regeln sind aus den Büchern von Naomi Feil und Erwin<br />
Böhm entnommen und von mir modifiziert worden. Als Vorlage für den<br />
Biografiefragebogen habe ich einen ausgewählt, welcher sich bereits in<br />
der Praxis bewährt hat. Dieser wird in dem Allohe<strong>im</strong> „Senioren-<br />
Residenz Mainpark“ angewendet. 22<br />
2.5.2.6. Einführung: Millieutherapie<br />
Wie bereits erwähnt, ist es schwierig in einem Krankenhaus ein geeignetes<br />
Milieu für den Demenzkranken zu schaffen. Ein wohnliches<br />
Umfeld in einen Krankenhausz<strong>im</strong>mer einzurichten scheitert meist schon<br />
alleine an den Hygienebest<strong>im</strong>mungen, aber auch an dem mangelnden<br />
Freiraum. Trotzdem gibt es eine Reihe von Möglichkeiten, auch mit die-<br />
21 Böhm E., Psychobiographisches Pflegemodell nach Böhm, Band II: Ar<strong>bei</strong>tsbuch, 1999, S.24<br />
22 vgl. Teigeler B., Ein Stück Zuhause, in: Die Schwester/Der Pfleger, 08/02, 2002, S. 668-671<br />
18
sen Vorgaben kreative Ideen zu entwickeln, z.B. Aufstellen von Bildern,<br />
Musik, gewohnte Bettwäsche und Kleidung, kleinere persönliche Gegenstände.<br />
Den Schüler/innen sollen also Beispiele gegeben werden, a-<br />
ber auch Freiraum für eigene Ideen.<br />
Millieutherapie bedeutet aber nicht nur Anpassung der Wohnverhältnisse,<br />
sondern auch die Abst<strong>im</strong>mung auf den gewohnten Tagesablauf.<br />
Ein Beispiel, ein alter Mann, welcher jahrzehnte als Bäcker gear<strong>bei</strong>tet<br />
hat, ist es gewohnt nachts um 2:00 Uhr aufzustehen, man muss ihm also<br />
die Möglichkeit geben, früh aufzustehen, und ihn nicht mit Schlafmitteln<br />
ruhig zustellen. Das gleiche gilt natürlich auch für den umgekehrten Fall,<br />
ein Mensch welcher sein ganzes Leben gewohnt war erst spät ins Bett zu<br />
gehen, kann man nicht um 19:00 Uhr ins Bett legen und dann erwarten,<br />
dass er dann einschläft. Diese Punkte sollen in der Einführung „Milieutherapie“<br />
veranschaulicht werden.<br />
Zur Erläuterung der dementgerechten Haltung, soll das Ar<strong>bei</strong>tsblatt<br />
"Charakteristika in den unterschiedlichen Stadien der Desorientierung,<br />
Empfehlung für die Betreuenden“ ( siehe Kapitel 3.5.2.7.) ausgeteilt<br />
werden. Hier haben die Schüler/innen noch einmal einen Überblick, in<br />
welchem Stadium der Verwirrtheit sie welche Methoden anwenden können.<br />
Wichtig ist auch die Erläuterung des Begriffs Empathie.<br />
Laut Fremdwörterbuch 23 bedeutet Empathie:<br />
Bereitschaft und Fähigkeit, sich in die Einstellung<br />
anderer Menschen einzufühlen.<br />
Böhm erläutert den Begriff Empathie noch etwas genauer:<br />
„Gerade weil unser Klient andres fühlt als wir eher harten Normalmenschen,<br />
spürt er auch, wenn wir lügen, wenn wir Altersverliebtheit<br />
spielen oder wenn wir Empathie m<strong>im</strong>en und es nicht ehrlich meinen.<br />
Daher hat sich die moderne Empathieforschung auch von dem ursprünglichen<br />
Gedankengang, Empathie sei Mitfühlen, Mitleiden, und dies sei<br />
gut so, wieder entfernt. Empathie soll nach der modernen Literatur:<br />
Keine Sympathie zum Klienten sein<br />
Kein Mitfühlen sein; denn wenn man mitfühlt, ist man <strong>bei</strong> sich<br />
und nicht be<strong>im</strong> Patienten;<br />
Kein Verständnis sein; denn es gibt so viele Absonderlichkeiten,<br />
<strong>bei</strong> denen man kein Verständnis mehr aufbringen kann.<br />
Es ist nicht erforderlich, seine eigenen Gefühle einzubringen. Empathie<br />
heißt, be<strong>im</strong> anderen zu bleiben, ohne ihn gefühlsmäßig überzubet-<br />
23 Dudenredaktion, Duden – Fremdwörterbuch, 2001, S. 265<br />
19
euen. Es ist besser, wenn der Patient sich selbst versteht, als ihn zu verstehen.“<br />
24 Dies sollte den Schüler/innen bewusst werden.<br />
Themen Milieutherapie<br />
Möglichkeiten der Gestaltung eines Krankenz<strong>im</strong>mers,<br />
mit den Schüler/innen sammeln<br />
Möglichkeiten der Tagesgestaltung (Beschäftigungstherapie)<br />
<strong>im</strong> Krankenhaus, mit den Schüler/innen<br />
sammeln<br />
Besprechen des Ar<strong>bei</strong>tsblattes<br />
Erklärung des Begriffs „Empathie“<br />
2.5.2.7. Ar<strong>bei</strong>tsblatt „Charakteristika in den unterschiedlichen<br />
Stadien der Desorientierung, Empfehlung für die Betreuenden“<br />
(Siehe Anhang)<br />
Dieses Ar<strong>bei</strong>tsblatt ist aus den Leitlinien zur Behandlung und Pflege<br />
dementiell erkrankter Menschen entnommen, welche vom Klinikum<br />
Kreis Herford entwickelt wurden 25 . Hier finden die Schüler/innen zusammengefasst<br />
allgemeine Hinweise zum Umgang mit Demenzkranken<br />
nach den vier Stadien der Desorientierung.<br />
2.5.3. Der Praktische Abschnitt der Projektar<strong>bei</strong>t<br />
Nachdem die Schüler/innen einen Patienten zugewiesen bekommen<br />
haben, sollen sie sich zunächst mit der bisherigen Dokumentation und<br />
Krankengeschichte befassen. Der nächste Schritt stellt dann die Biographiear<strong>bei</strong>t<br />
dar, dies sollte hauptsächlich mit dem Dementen selber<br />
durchgeführt werden. Angehörige können auch befragt werden, dies ist<br />
aber nicht zwingend notwendig. Wichtig ist der Interpretation der Schüler/innen<br />
der emotionale Fragen. Wie lange und in welchen Abständen<br />
der Schüler/innen den Patienten befragt kann er selber entscheiden.<br />
Wenn er es für sinnvoll betrachtet die Erhebung der Biografie ans Ende<br />
der Projektar<strong>bei</strong>t zu stellen, ist dies auch möglich. Wichtig <strong>bei</strong> der Befragung<br />
ist, dass sie <strong>im</strong>mer wieder auf die Art und Weise, wie sie die<br />
Kommunikation gestalten, achten sollen.<br />
Der nächste Schritt wäre, zu eruieren, welche Probleme der Demente<br />
nun <strong>im</strong> Krankenhaus hat. Hier soll das Vorgehen nach dem Prinzipien<br />
24<br />
Böhm E., Psychobiographisches Pflegemodell nach Böhm, Band II: Ar<strong>bei</strong>tsbuch, 1999, S. 20-<br />
21<br />
25<br />
Klinikum Kreis Herford, Leitlinie – Behandlung und Pflege dementiell erkrankter Menschen,<br />
o.J., S. 8<br />
20
des Pflegeprozesses geschehen (Pflegeplanung). Wenn gewünscht können<br />
die Schüler/innen eine Pflegeplanung, welche sie auch für den Rest<br />
ihres Einsatzes, bzw. für die Dauer des Aufenthaltes des Patienten auf<br />
Station, anwenden und überprüfen können. Sonst gelten für die Gestaltung<br />
der Projekttage bewusst keine vorgefertigten Regeln. Alleine die<br />
Kreativität, bzw. die persönliche Situation der Schüler/innen in der intensiven<br />
Begegnung mit dem alten verwirrten Mensch soll <strong>im</strong> Vordergrund<br />
der Projektar<strong>bei</strong>t stehen.<br />
2.5.4. Evaluation<br />
In der Evaluation geht es nicht darum die „Leistung“ der Schüler/innen<br />
nach gut oder schlecht zu beurteilen. Wie bereits erwähnt ist<br />
dies nicht das Ziel diese Projekts. Es geht darum Erfahrungen zu sammeln,<br />
und diese zu reflektieren.<br />
Die Evaluation soll nach den Prinzipien der Supervision durchgeführt<br />
werden. Es soll nicht instruiert oder geschult, sondern die Probleme, Gedanken,<br />
Gefühle zur Sprache gebracht werden. Diese werden dann von<br />
allen Beteiligten analysiert und erörtert. Wichtig ist die gemeinsame Bear<strong>bei</strong>tung<br />
der während des Projektes gemachten Erfahrungen. Hilfestellung<br />
<strong>bei</strong> der Evaluation sollen die auf dem Ar<strong>bei</strong>tsblatt „Leitfragen/Reflektion“<br />
vorformulierten Fragen geben, sowie die in der Einführung<br />
von den Schüler/innen gestaltete Pinnwand.<br />
2.5.5. Leitfragen/Reflektion<br />
Auf diesem Ar<strong>bei</strong>tsblatt finden die Schüler/innen Fragestellungen,<br />
welche sie in der Evaluation, wenn möglich beantworten sollen. Einmal<br />
sollen sie ihre pflegerisch-therapeutischen Interventionen anhand der<br />
Fragen beschreiben. Sie sollen anhand der Fragen ihre Pflegebeziehung<br />
in der Begegnung mit dem alten Menschen reflektieren. 26<br />
2.5.6. Begleitung der Schüler/innen für den restlichen Einsatz<br />
auf Station<br />
Nach den drei Tagen ar<strong>bei</strong>ten die Schüler/innen wieder auf Station<br />
mit. Sie können, wenn sie es möchten, den von ihnen während des Projektes<br />
übernommenen Patienten weiter betreuen. Allerdings dann <strong>im</strong><br />
Rahmen des normalen Stationsablaufes.<br />
Der Praxisanleiter sollte <strong>bei</strong> der Beobachtung der Schüler/innen,<br />
während der restlichen Zeit auf Station, eben besonders auf die Art und<br />
Weise achten, wie sie sich gegenüber den dementen Patienten verhalten.<br />
Dies soll keine Kontrolle darstellen, sondern sie soll den Schüler/innen<br />
als Feedback für das Endgespräch dienen, wenn sie ihren Einsatz auf Ge-<br />
26 vgl. Falk J., Kerres A., Das Ziel ist die Selbsttätigkeit, in: Pflegezeitschrift 10/95, 1995, S. 631<br />
21
iatrie beendet haben. Für das Endgespräch kann dann noch einmal die<br />
Pinnwand von der Einführung genommen werden und zusammen mit<br />
dem Praxisanleiter die Einstellung und die Befindlichkeit der Schüler/innen<br />
zu dem Thema „Demenz-Kranke“ reflektiert werden. Hat sich<br />
seit dem Projekt an der Einstellung, bzw. am Verhalten noch einmal etwas<br />
verändert, oder hat sich eventuell gezeigt, dass jenes was in den 3<br />
Tagen der Projektar<strong>bei</strong>t erlernt wurde in der Realität des Stationsalltages<br />
nicht oder nur bedingt umsetzbar ist. Auch hier gilt wieder die Regel,<br />
jede Erfahrung ist eine gute Erfahrung.<br />
Schluss<br />
Theorie und Praxis in der Krankenpflege zu verknüpfen ist und bleibt<br />
eine der Herausforderungen in der Ausbildung von Krankenpflegekräften.<br />
Krankenpflegeschüler/innen sollen nicht nur schulmedizinische Fakten<br />
auswendig lernen, sowie einzelne pflegerische, therapeutische Maßnahmen.<br />
Sie müssen lernen den Menschen <strong>im</strong> „Ganzen“ zu erfassen. Ein<br />
Mensch besteht nicht nur aus einzelnen Aktivitäten des täglichen Lebens,<br />
sondern er besteht aus dem, was seine Umwelt ihn geformt hat. Er<br />
hat eine Seele, die nach dem strebt nach dem alle Menschen streben. Das<br />
grundsätzliche Ziel, welches wir alle gemeinsam haben ist: Wir möchten<br />
Glück erreichen und Leid vermeiden 27 .<br />
Die in Schule und Studium geprägte materialistische Einstellung<br />
führte dazu, dass in den Gesundheitseinrichtungen körperliche Störungen<br />
<strong>im</strong> Vordergrund stehen. Die heutige Medizin besteht zu mehr als 80%<br />
aus körperbezogener Diagnostik, zu rund 15% aus körperbezogener Therapie,<br />
während Heilungsansätze auf seelisch-geistiger Ebene bestenfalls<br />
5% ausmachen. Mit anderen Worten, die unsichtbaren (unerklärlichen)<br />
Kräfte die den Menschen als Person ausmachen, seine Persönlichkeitsmerkmale,<br />
sein Fühlen und Denken, stehen nicht <strong>im</strong> Mittelpunkt der Betrachtungen,<br />
sondern Laborwerte, Hirnstrommessergebnisse, computertomografische<br />
Daten und inzwischen die Gene. Man könnte auch sagen:<br />
Alle Augen richten sich auf die Hardware des Menschen und nicht auf<br />
die Programme, d.h. auf die seelisch-geistigen Strukturen, die unsichtbaren<br />
Kräfte, die das Leben kennzeichnen. Diese Prägung führte dazu, dass<br />
sich nicht nur viele Ärzte und Pflegekräfte fragen, inwieweit sich die<br />
Mühe aktivierender Maßnahmen angesichts des Alters und Krankheitsbildes<br />
noch lohnen. Gegen den seelischen Druck, die geistige Unruhe,<br />
die den Kranken dann umtreibt, gibt man Mittel, die auf best<strong>im</strong>mte Hirnrezeptoren<br />
wirken und schließlich die Fähigkeit zur bewussten Wahrnehmung<br />
und Verar<strong>bei</strong>tung des Problems gänzlich blockieren.<br />
27 vgl. Dalai Lama, Der Weg zum Glück, 2002, S.13<br />
22
Würde man hingegen schon nur theoretisch zwischen der Hard- und<br />
Software 'Mensch' unterscheiden und von der Annahme ausgehen, dass<br />
Geist und Seele die belebenden Elemente sind, müsste jedem einleuchten<br />
- dass man Störungen <strong>im</strong> geistigen Netzwerk durch Eingriffe in den Körper<br />
nur verschl<strong>im</strong>mern kann.<br />
Was man heute mit Sicherheit weiß, ist, dass unser Körper nach dem<br />
Tode zerfällt. Was man nicht weiß, ist, was mit Seele und Geist passiert.<br />
Dennoch sind aus besagtem Grunde inzwischen bis zuletzt die Augen<br />
von Ärzten und Schwestern mehr auf das Wohlergehen des Körpers als<br />
das der Seele gerichtet.<br />
Wenn durch dieses Projekt den Krankenpflegeschüler/innen mehr<br />
bewusst wird, dass wenn wir die Seele des Menschen „pflegen“, wir uns<br />
viele überflüssige Pflegetätigkeiten sparen können, dann kann ich das<br />
Projekt als gelungen bezeichnen. Dies soll der Maßstab sein, an dem sich<br />
das Projekt messen soll. Was nützt es einem altem Menschen, wenn wir<br />
ihm Medikamente geben welche seine Gebrechen lindern sollen, wenn<br />
wir ihn über Sonden und Infusionen ernähren, damit er nicht verhungert<br />
oder verdurstet. Solange wir nicht seinen Lebenswillen wecken können,<br />
und seine Umwelt für ihn so anpassen, dass er wieder einen Sinn darin<br />
sehen kann noch ein paar Jahre länger zu leben, so lange wird er auf unsere<br />
„Maßnahmen“ mit regredierenden Verhaltensmustern reagieren.<br />
Inwieweit dass Projekt nun realisiert werden kann, dass muss natürlich<br />
mit allen zuständigen Personen abgesprochen werden. Die Theorie<br />
für das Projekt könnte auch in der Schule vermittelt werden, inhaltlich<br />
können meiner Meinung nach, allerdings keine Abstriche gemacht werden.<br />
Wie viel Zeit auf Station zur Verfügung gestellt werden kann, ob<br />
dieses Projekt zu den Theoriestunden oder den Praxisstunden der Schüler/innen<br />
gezählt werden soll, all diese Fragen müssen natürlich <strong>im</strong> Vorfeld<br />
abgesprochen werden. Die Notwendigkeit für dieses Projekt habe<br />
ich bereits in der Einleitung dargestellt, nun liegt es in der Hand der einzelnen<br />
Leitungen und Direktoren dies zu erkennen und umzusetzen.<br />
23
Literaturverzeichnis<br />
Ärzte Zeitung, Kliniken müssen sich besser auf demente Patienten<br />
einstellen, www.aerztezeitung.de/nel/id=224489,2346,/politik/pflege<br />
7.08.2002<br />
Alzhe<strong>im</strong>er Europe, Handbuch der Betreuung, Thieme,1999<br />
Caritasverband für die Diözese Münster e.V., Die Entwicklung eines<br />
Betreuungskonzeptes für dementiell erkrankte Bewohner, Ein Leitfaden<br />
für die stationäre Altenhilfe, o.V., 2002<br />
Bastian J., Freie Ar<strong>bei</strong>t und Projektunterricht. Eine didaktische Wiedervereinigung,<br />
in. Pädagogik, . 45. Jg., Heft 10, S.6ff<br />
Böhm E., Psychobiographisches Pflegemodell nach Böhm, Band I:<br />
Grundlagen, Verlag Wilhelm Maudrich, 1999<br />
Böhm E., Psychobiographisches Pflegemodell nach Böhm, Band II:<br />
Ar<strong>bei</strong>tsbuch, Verlag Wilhelm Maudrich, 1999<br />
Böhm E., Verwirrt nicht die Verwirrten, Psychiatrie-Verlag,<br />
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Feil N., Sutton E., Johnson F., Trainingsprogramm Validation Folien,<br />
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26
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