die weichen für eine gute zukunft österreichs sind heute ... - periskop
die weichen für eine gute zukunft österreichs sind heute ... - periskop
die weichen für eine gute zukunft österreichs sind heute ... - periskop
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Angststörungen<br />
und Depression:<br />
Belastungen der<br />
modernen Welt<br />
Noch schwieriger wird <strong>die</strong> Situation, wenn <strong>eine</strong> psychische Erkrankung<br />
über <strong>die</strong> Arbeitslosigkeit in<strong>die</strong> Invalidität führt. „Bei den Neuzuerkennungen<br />
von Invaliditäts- und Berufsunfähigkeitspensionen liegen<br />
psychiatrische Erkrankungen bereits an erster Stelle“, betonte<br />
Dr. Michael Lenert von der Arbeiterkammer. Dieser Aspekt sei nicht<br />
nur medizinisch, sondernvor allem auch volkswirtschaftlichsehr relevant,<br />
denn Krankenstände und Pensionen belasten das Gesundheitssystem.<br />
Der flächendeckende Ausbau stationärer psychiatrischer<br />
Rehabilitationszentren müsse weiter vorangetrieben werden,<br />
da es <strong>eine</strong>n weiteren Bedarf geben wird, führte Prof. Dr.Rudolf Müller<br />
von der Pensionsversicherungsanstalt an. In Niederösterreich<br />
<strong>sind</strong> beispielsweise zwei derartige Rehabilitationseinrichtungen<br />
im Entstehen.<br />
VON MAG. SABINE SOMMER<br />
Warum nehmen psychische Erkrankungen wie Depressionen und<br />
Angststörungen immer mehr zu Sind Patienten mit psychischen<br />
Erkrankungen im österreichischen Gesundheitssystem gut versorgt<br />
Diese und andere zentrale Fragestellungen diskutierte <strong>eine</strong><br />
hochkarätige Expertenrunde im Rahmen der „PERI ImPULS“-Podiumsdiskussion<br />
am 1. Oktober 2009 in Wien. Psychische Probleme<br />
im Allgem<strong>eine</strong>n und Angststörungen und Depressionen im Besonderensteigen<br />
weltweit wie auch in Österreich stetig an. Neben den<br />
negativen Auswirkungen auf <strong>die</strong> Lebensqualität der Betroffenen<br />
spielen auch <strong>die</strong> volkswirtschaftlichen Aspekte <strong>eine</strong> große Rolle,<br />
denn psychische Erkrankungen <strong>sind</strong> immer häufiger <strong>die</strong> Ursache<br />
<strong>für</strong> Krankenstände und Berufsunfähigkeit.<br />
Teilnehmer der Diskussionsrunde<br />
(in alphabetischer Reihenfolge):<br />
DR. BARBARA DEGN<br />
Österreichische Gesellschaft <strong>für</strong> Allgemein- und Familienmedizin<br />
MR DR. WALTER DORNER<br />
Österreichische Ärztekammer<br />
MAG. DR. CHRISTIANE KÖRNER<br />
Österreichische Apothekerkammer<br />
DR. MICHAEL LENERT<br />
Kammer <strong>für</strong> Arbeiter und Angestellte<br />
PRIM. UNIV.-PROF. DR. MICHAEL MUSALEK<br />
Österreichische Gesellschaft <strong>für</strong> Psychiatrie und Psychotherapie<br />
Patienten ist es sehr wichtig, ein gut verträgliches Präparat, das<br />
möglichst wenig Nebenwirkungen hat, verordnet zu bekommen.<br />
Als wichtigste Erkenntnis geht aus der Befragung im Bereich Soziales<br />
und Gesellschaft der Wunsch nach <strong>eine</strong>r möglichst <strong>gute</strong>n<br />
Bewältigung des Alltags hervor. Nicht minder prioritär <strong>sind</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />
Betroffenen Verständnis, Akzeptanz und Toleranz <strong>für</strong> ihre Erkrankung.<br />
Die Allgemeinmedizinerin Dr. Barbara Degn führte zu Beginn<br />
der Diskussion an, dass <strong>die</strong> Bevölkerung zwar im Vergleich zu<br />
früher immer besser über psychische Erkrankungen aufgeklärt ist<br />
und auch immer mehr Betroffene Hilfe in Anspruch nehmen, aber<br />
hier dennoch viel Informationsarbeit zu leisten ist.<br />
Psychische Erkrankungen können jeden treffen<br />
Depressionen oder Angststörungen können in jedem Lebensabschnitt<br />
und Alter auftreten und auch öfter vorkommen. Während<br />
manche Experten <strong>die</strong> Ansicht vertreten, dass unser rasanter Lebensstil,<br />
der uns in puncto Berufs- und Privatleben immer mehr<br />
abverlangt, <strong>für</strong> das vermehrte Auftreten von psychischen Erkrankungen<br />
verantwortlich ist, teilen andere <strong>die</strong>se Meinung nicht. Depressionen<br />
nehmen möglicherweise auch deshalb zu, weil sie <strong>heute</strong><br />
einfach öfter diagnostiziert und behandelt werden als früher, so<br />
Dr. Musalek. Während betroffene Erwachsene im mittleren Alter<br />
meist ganz gut therapiert werden, <strong>sind</strong> junge Erwachsene und alte<br />
Menschen oft nicht erfasst. Neben <strong>eine</strong>r Primär- und Sekundärprävention<br />
sei daher auch <strong>eine</strong> Risikogruppenprävention anstatt<br />
<strong>eine</strong>s Gießkannenprinzips sinnvoll, <strong>sind</strong> sich <strong>die</strong> Experten einig.<br />
PROF. DR. RUDOLF MÜLLER<br />
Pensionsversicherungsanstalt<br />
MMAG. MARTIN H. STAUDINGER<br />
Bundesministerium <strong>für</strong> Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz<br />
PRIM. UNIV.-PROF. DR. CHRISTOPH STUPPÄCK<br />
Österreichische Gesellschaft <strong>für</strong> Psychiatrie und Psychotherapie<br />
DR. EVELYN WALTER<br />
Institut <strong>für</strong> pharmaökonomische Forschung (IPF)<br />
Moderation: UNIV.-PROF. DR. ANITA RIEDER<br />
Sozialmedizinisches Zentrum, Universität Wien<br />
Depressionen <strong>sind</strong> schwer diagnostizierbar<br />
Ein großes Problem bei Depressionen sei <strong>die</strong> oft viel zu spät gestellte<br />
Diagnose, wie Prim. Univ.-Prof. Dr. Michael Musalek von der<br />
Österreichischen Gesellschaft <strong>für</strong> Psychiatrie und Psychotherapie<br />
erklärte. Das hänge <strong>eine</strong>rseits mit der Stigmatisierung der Erkrankung<br />
zusammen, <strong>die</strong> dazu führt, dass viele Betroffene erst bei<br />
großem Leidensdruck <strong>eine</strong>n Arzt aufsuchen. Andererseits wird<br />
dann an erster Stelle ein Allgemeinmediziner oder Internist konsultiert,<br />
der <strong>eine</strong> Depression nicht gleich als solche erkennen kann,<br />
weil der Patient oft mit somatischen Symptomen wie Magenschmerzen<br />
oder Schlafstörungen zum Arzt kommt. Mag.<br />
Dr. Christiane Körner von der Österreichischen Apothekerkammer<br />
kann sich hierzu vorstellen, den Hausarzt als „Gatekeeper“ zu positionieren,<br />
bei dem alle Informationen des Patienten zusammenlaufen<br />
und der den weiteren Behandlungsweg festlegt. Auch <strong>die</strong> Rolle<br />
von Arbeitsmedizinern gehöre angesichts der Krankenstandsstatistik<br />
aufgewertet. Personen mit psychischen Erkrankungen <strong>sind</strong> in<br />
fast allen Lebensbereichen eingeschränkt, so auch beruflich. Längere<br />
Krankenstände können zu Schwierigkeiten mit dem Arbeitgeber<br />
führen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Symptomatik mitunter noch weiter verstärken.<br />
Kostenfaktor Psychotherapie<br />
Die ideale Behandlung von psychischen Erkrankungen bestehe<br />
aus <strong>eine</strong>r medikamentösen Therapie und <strong>eine</strong>r Gesprächstherapie.<br />
Letztere wird inÖsterreich nur zu <strong>eine</strong>m geringen Teil von den<br />
Krankenkassen rückerstattet, was viele Patienten daran hindert,<br />
ihre Erkrankung im Rahmen <strong>eine</strong>r Gesprächstherapie langfristig<br />
aufzuarbeiten. Dazu meinte MR Dr. Walter Dorner von der Ärztekammer,<br />
dass <strong>die</strong> versicherungsfremden Leistungen aus den sozialen<br />
Krankenversicherungen herausgenommen werden müssten,<br />
damit mit den entsprechenden Geldreserven Leistungen wie<br />
<strong>die</strong> Psychotherapie unterstützt werden können.<br />
Psychische Erkrankungen stellen schwerwiegende Belastungen <strong>für</strong><br />
den einzelnen Betroffenen, aber auch <strong>für</strong> dessen familiäres und berufliches<br />
Umfeld dar.Der Mangel an Fachärzten und der beschränkte<br />
Zugang zur Psychotherapie aufgrund zu hoher Kosten gestalten<br />
<strong>die</strong> Therapie <strong>für</strong> <strong>die</strong> Betroffenen zeit- und kostenintensiv. Politik und<br />
Medizin <strong>sind</strong> daher gleichermaßen gefordert, <strong>die</strong>ser Entwicklung mit<br />
entsprechenden Maßnahmen entgegenzuwirken. Darüber hinaus<br />
müssen auch Lösungsansätze <strong>für</strong> <strong>die</strong> Entstigmatisierung psychischer<br />
Erkrankungen erarbeitet werden, damit den Betroffenen im Alltag<br />
mit mehr Verständnis und Respekt begegnet wird.<br />
_______________________________________________________________<br />
In Anlehnung an <strong>die</strong> Erkenntnisse aus dem „Ersten Österreichischen<br />
Patientenbericht Angststörung und Depression 2009“ diskutierten<br />
namhafte Experten im Rahmen der PERI ImPULS-Veranstaltungsreihe<br />
über psychische Erkrankungen und ihre vielfältigen<br />
Auswirkungen. Aus der Patientenbefragung geht hervor, dass <strong>für</strong><br />
<strong>die</strong> Betroffenen gut informierte und untereinander kooperierende<br />
Fachärzte und Allgemeinmediziner sehr wichtig <strong>sind</strong>. Außerdem<br />
belegt <strong>die</strong> Stu<strong>die</strong>, dass Medikamente gegen Depressionen von 85<br />
Prozent der Betroffenen regelmäßig eingenommen werden. Den<br />
Über PERI imPULS<br />
PERI imPULS ist <strong>eine</strong> Veranstaltungsreihe, <strong>die</strong> sich dem offenen Dialog<br />
im Gesundheitswesen verschrieben hat. Denn <strong>die</strong> langjährige Erfahrung<br />
zeigt, dass es der offene Dialog ist, der letztlich <strong>die</strong> besseren<br />
Lösungen ermöglicht, und dass <strong>die</strong>s immer vorteilhaft <strong>für</strong> den Patienten<br />
ist. Die Ergebnisse des Patientenberichts „Angststörungen<br />
und Depression“ <strong>sind</strong> auf www.patientenbericht.at einsehbar. Eine<br />
Nachlese der Podiumsdiskussion vom 1. Oktober 2009 steht auf<br />
www.periconsulting.at als Download zur Verfügung. Die Umsetzung<br />
des Patientenberichts und der Podiumsdiskussion fand mit freundlicher<br />
Unterstützung der Lundbeck Austria GmbH statt.<br />
<strong>periskop</strong>/43 [ 12 ]