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Was ist das überhaupt?<br />
Stellt man mir die Frage danach, was das überhaupt ist, was ich da mache, so fällt die Antwort nicht<br />
immer leicht. Und das deshalb, weil es hier für mich um etwas sehr, sehr Vielschichtiges geht. Da<br />
wäre zum einen natürlich die Kampfkunst „Budo Taijutsu“ selbst, die als Basis für unser Dojo, unsere<br />
Abteilung steht. Eine jahrhundertealte Tradition, die mit unglaublich vielseitigen Kampftechniken<br />
aufwartet, mit unendlichen Variationsmöglichkeiten.<br />
Beim Training in der Halle (Dojo) und in der freien Natur lerne ich auch nach 23 Jahren noch immer<br />
so viel über mich und meinen Körper, so vieles über die Kontrollmöglichkeiten meines Trainingspartners,<br />
über die Ausführung von Schlägen, Tritten, Würfen, Hebeln, Waffentechniken (Speer,<br />
Stock, Seil, Schwert, und vieles mehr), und über taktisches und psychologisches Verhalten, dass es<br />
einfach niemals langweilig wird und ich tatsächlich immer wieder aufs Neue vor Herausforderungen<br />
gestellt bin.<br />
Aber da ist noch viel mehr. In den letzten 14 Jahren hat sich die Abteilung Budo Taijutsu im <strong>VfL</strong> zu<br />
einem Dojo entwickelt, das seines gleichen sucht. Was ich hier jede Woche aufs neue finden kann,<br />
klingt schon fast zu hochtrabend, um wahr zu sein. Doch so ist es. Freunde habe ich hier gefunden,<br />
Menschen, auf die ich zählen kann, egal, um was es geht. Vielfältigkeit in den Charakteren unserer<br />
Dojomitglieder, Meinungen, die zählen, Ideen, die ausgetauscht werden, Unternehmungen, die wir<br />
gemeinsam machen, Verantwortungen, die ich auf mich genommen habe, und die ich in teilen auch<br />
vertrauensvoll abgeben kann.<br />
Bei uns finden sich Menschen zusammen, die nicht nur körperliche Ertüchtigung oder möglichst<br />
effektive Selbstverteidigungstechniken oder gar die Herausforderung im Wettkampf suchen. Vielmehr<br />
findet hier jeder seinen persönlichen Platz in einer Gemeinschaft, die gerade von ihrer Vielschichtigkeit<br />
lebt. Harmonie ohne Gruppenzwang, innere Ausgewogenheit, Ausgleich zum mitunter<br />
anstrengenden und stressigen Alltag, Entspannung, viel Spaß und dennoch einen Lernerfolg, der<br />
sowohl intellektuell, als auch körperlichen Niederschlag findet.<br />
Ich fühle mich wohl in meinem Verein, in meiner Abteilung. Das liegt an den Menschen, denen ich<br />
dort regelmäßig begegne. Menschen die bereit sind, anzunehmen und zu geben, ohne nur nach dem<br />
eigenen Vorteil zu streben, ohne ein Anspruchsdenken als Konsument einer Dienstleistung an den<br />
Tag zu legen. Sie gehen freundschaftlich miteinander um, bringen sich in die Gemeinschaft, in das<br />
Dojo ein, helfen, wo es ihnen möglich ist, und unterstützen einander.<br />
Alles das ist heutzutage nicht unbedingt selbstverständlich. Die Zeiten werden von vielen als unsicher,<br />
als schwieriger wahrgenommen, persönliche Probleme, häufig im Zusammenhang mit einer<br />
unsicheren beruflichen/finanziellen Zukunft, belasten manche ebenso, wie Leistungsdruck und Ellenbogenmentalität<br />
oder die allgegenwärtigen Zunkunftssorgen hinsichtlich unserer ökologischen,<br />
ökonomischen und politischen Umwelt.<br />
In das Wakagi-Dojo des <strong>VfL</strong>-<strong>Nürnberg</strong> e. V. habe ich bis heute enorm viel Zeit, Kraft, Geduld und<br />
auch Geld investiert. Aber ich habe so viel Positives zurückbekommen, dass es mir manchmal ganz<br />
unwirklich vorkommt. Das zu erkennen ist nur möglich, wenn man sich auch mal zurücklehnt und<br />
über all die einzelnen Menschen in der eigenen Umgebung nachdenkt, ihr Verhalten, ihre Anstrengungen<br />
und ihr Wesen reflektiert und auch darüber nachsinnt, was für enorme Energie man aus einem<br />
solchen Dojo zurückbekommt. Wer das Positive zulässt, sich ihm nicht verschließt, kann es<br />
auch erkennen, es erfahren und spüren. Und dadurch neue Kraft gewinnen, selbst sein Bestes zur<br />
Gemeinschaft beizutragen.<br />
Die Freundschaften und Verbindungen tragen seit langem auch weit über unsere Stadtgrenze hinaus.<br />
Ohne über diesen Aspekt noch mehr Worte verlieren zu wollen, möchte ich an dieser Stelle jedoch<br />
meine Trauer über den aus meiner ganz persönlichen Sicht sinnlosen Tod des 21-jährigen Georg<br />
Kurat zum Ausdruck bringen, der im Februar diesen Jahres in Ausübung seines Dienstes bei der<br />
Deutschen Bundeswehr in Afghanistan erschossen wurde. Ein Mitglied des Wakagi-Dojos in Augs-<br />
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