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Dieter ist ein Arsch. - Rowohlt Theaterverlag

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THEATER VERLAG<br />

2011 / 12<br />

Albrecht<br />

Arzt<br />

Ayckbourn<br />

Baron<br />

Bronsky<br />

Carnevali<br />

Charms<br />

Donnelly<br />

Etchells<br />

Freyer<br />

Goos<br />

Händl<br />

Hare<br />

Herrndorf<br />

Jelinek<br />

Karasik<br />

Kelly<br />

Kluck<br />

Kruckemeyer<br />

LaBute<br />

Logan<br />

Löhle<br />

Marivaux<br />

McCoy<br />

Naumann<br />

Norén<br />

Pollak<br />

Pollesch<br />

Schmaering<br />

Schmitt<br />

Schober<br />

Senkel<br />

Shakespeare<br />

Staffel<br />

St<strong>ein</strong>beck<br />

St<strong>ein</strong>buch<br />

Stephens<br />

Strauß<br />

Syha<br />

Tawada<br />

Teller<br />

Thorne<br />

Tolstoi<br />

Wallace<br />

Walser<br />

Wilde<br />

Zaimoglu<br />

Zeh


Uraufführungen<br />

Jörg Albrecht<br />

DIE BLAUEN AUGEN VON<br />

TERENCE HILL<br />

(siehe S. 7)<br />

Lisa Danulat<br />

KÖNIGREICH (KUCHEN<br />

ODER TOD)*<br />

Staatstheater Mainz<br />

30.03.2012<br />

Regie: Johannes Schmit<br />

Irene Dische / Elfriede Jelinek<br />

DER TAUSENDJÄHRIGE POSTEN<br />

ODER DER GERMANIST<br />

Libretto<br />

(siehe S. 12)<br />

John von Düffel<br />

ANNA KARENINA<br />

Nach Leo Tolstoi<br />

(siehe S. 33)<br />

Jon Fosse<br />

SCHWESTER*<br />

Bühnenfassung<br />

Theater Marabu, Bonn<br />

12.05.2012<br />

Regie: Claus Overkamp<br />

David Gieselmann / Klaus<br />

Schumacher<br />

GESCHÜTTELT, NICHT<br />

GERÜHRT (Arbeitstitel)*<br />

Grips Theater Berlin<br />

Mai 2012<br />

Regie: Klaus Schumacher<br />

Händl Klaus<br />

DER KLAGERUF DES<br />

WEISELSCHWARMS*<br />

Libretto<br />

Salzburger Festspiele 2012<br />

August 2012<br />

Regie: Nicolas Liautard<br />

Wolfgang Herrndorf<br />

TSCHICK<br />

Bühnenfassung von Robert Koall<br />

(siehe S. 43)<br />

Elfriede Jelinek<br />

KEIN LICHT.<br />

(siehe S. 11)<br />

Elfriede Jelinek<br />

FAUSTIN AND OUT<br />

(siehe S. 11)<br />

Dennis Kelly<br />

THE RITUAL SLAUGHTER<br />

OF GORGE MASTROMAS<br />

(Arbeitstitel)*<br />

Schauspiel Frankfurt /<br />

Ruhrfestspielen Recklinghausen<br />

Mai 2012<br />

Regie: Chr<strong>ist</strong>oph Mehler<br />

Die mit * markierten Titel<br />

liegen nicht oder noch nicht<br />

als Rollenbuch vor<br />

Oliver Kluck<br />

DIE FROSCHFOTZEN­<br />

LEDERFABRIK<br />

(siehe S. 6)<br />

Oliver Kluck<br />

ÜBER DIE MÖGLICHKEITEN<br />

DER PUNKBEWEGUNG<br />

(siehe S. 7)<br />

Oliver Kluck<br />

LEBEN UND ERBEN*<br />

(siehe S. 6)<br />

Oliver Kluck<br />

NOCH OHNE TITEL*<br />

(siehe S. 7)<br />

Philipp Löhle<br />

DER WIND MACHT DAS<br />

FÄHNCHEN (Arbeitstitel)<br />

(siehe S. 5)<br />

Philipp Löhle<br />

DAS DING<br />

(siehe S. 4)<br />

Laura Naumann<br />

SÜSSER VOGEL UNDSOWEITER<br />

(siehe S. 19)<br />

René Pollesch<br />

JACKSON POLLESCH*<br />

Teatr Rozmaitos´ci, Warschau<br />

16.09.2011<br />

Regie: René Pollesch<br />

René Pollesch<br />

DIE LIEBE ZUM<br />

NOCHNIEDAGEWESENEN*<br />

Burgtheater (Akademietheater)<br />

Wien<br />

07.12.2011<br />

Regie: René Pollesch<br />

René Pollesch<br />

KILL YOUR DARLINGS. STREETS<br />

OF BERLADELPHIA*<br />

Volksbühne am Rosa-<br />

Luxemburg-Platz, Berlin<br />

18.01.2012<br />

Regie: René Pollesch<br />

René Pollesch<br />

WIR SIND SCHON GENUG!*<br />

Schauspiel Frankfurt<br />

03.03.2012<br />

Regie: René Pollesch<br />

René Pollesch<br />

EURE GANZ GROSSEN THEMEN<br />

SIND WEG!*<br />

Münchner Kammerspiele<br />

15.04.2012<br />

Regie: René Pollesch<br />

Hans Rath<br />

MAN TUT, WAS MAN KANN*<br />

Bühnenfassung von Petra<br />

Luisa Meyer<br />

Schlossparktheater Berlin<br />

Februar 2012<br />

Regie: Petra Luisa Meyer<br />

Oliver Reese<br />

BACON TALKS*<br />

Nach David Sylvester<br />

Schauspiel Frankfurt<br />

Mai 2012<br />

Regie: Oliver Reese<br />

Oliver Schmaering<br />

DREI10 OUTTAKES<br />

(siehe S. 9)<br />

Katharina Schmitt<br />

JUGENDBILDNIS<br />

(siehe S. 18)<br />

Katharina Schmitt<br />

SAM<br />

(siehe S. 19)<br />

Holger Schober<br />

DU BIST DABEI!<br />

(siehe S. 39)<br />

Holger Schober<br />

AUS DER TRAUM*<br />

(siehe S. 40)<br />

Raoul Schrott<br />

ILIAS<br />

Nach Homer<br />

Staatstheater Stuttgart<br />

14.10.2011<br />

Regie: Volker Lösch<br />

Alexander Solschenizyn<br />

KREBSSTATION<br />

Bühnenfassung von John von<br />

Düffel<br />

(siehe S. 33)<br />

Gerhild St<strong>ein</strong>buch<br />

AM SCHÖNSTEN IST DAS WAS<br />

BEREITS VERSCHWUNDEN IST*<br />

(siehe S. 18)<br />

Gerhild St<strong>ein</strong>buch<br />

DAS KALTE HERZ<br />

Nach Wilhelm Hauff<br />

(siehe S. 17)<br />

Simon Stephens<br />

THREE KINGDOMS<br />

(siehe S. 30)<br />

Ulrike Syha<br />

RADIKALE*<br />

(siehe S. 16)<br />

Theresia Walser<br />

EINE STILLE FÜR FRAU<br />

SCHIRAKESCH<br />

(siehe S. 13)<br />

Sabine Wen­Ching Wang<br />

HUND HUND<br />

Schlachthaus Theater Bern /<br />

Theater Winkelwiese, Zürich<br />

04.10.2011<br />

Regie: Beatrix Bühler<br />

Feridun Zaimoglu / Günter Senkel<br />

BILDERGESCHICHTEN*<br />

(siehe S. 37)<br />

Juli Zeh / Charlotte Roos<br />

NOCH OHNE TITEL*<br />

(siehe S. 15)<br />

Erstaufführungen<br />

Alan Ayckbourn<br />

ALLE LIEBEN GEORGE<br />

(siehe S. 31)<br />

Maria Goos<br />

DER LETZTE VORHANG<br />

(siehe S. 21)<br />

David Hare<br />

GETHSEMANE<br />

(siehe S. 32)<br />

Daniel Karasik<br />

DIE UNSCHULDIGEN<br />

(siehe S. 26)<br />

Dennis Kelly<br />

DIE GÖTTER WEINEN<br />

Theater Basel<br />

15.09.2011<br />

Regie: Elias Perrig<br />

Dennis Kelly<br />

UNSER LEHRER IST EIN TROLL<br />

(siehe S. 40)<br />

Herman Koch<br />

ANGERICHTET*<br />

Theater Ingolstadt<br />

28.04.2012<br />

Regie: Johannes Lepper<br />

Finegan Kruckemeyer<br />

THE TRAGICAL LIFE OF<br />

CHEESEBOY<br />

(siehe S. 41)<br />

Neil LaBute<br />

ZUR MITTAGSSTUNDE<br />

(siehe S. 22)<br />

Neil LaBute<br />

IN A FOREST, DARK AND<br />

DEEP*<br />

(siehe S. 23)<br />

John Logan<br />

ROT<br />

(siehe S. 24)<br />

Lars Norén<br />

LIEBESSPIEL<br />

(siehe S. 20)<br />

Simon Stephens<br />

WASTWATER<br />

(siehe S. 29)<br />

Janne Teller<br />

NICHTS<br />

Bühnenfassung von<br />

Andreas Erdmann<br />

(siehe S. 43)<br />

Jack Thorne<br />

BUNNY<br />

(siehe S. 27)


«Wer, glaubst du,<br />

wirst du s<strong>ein</strong>, wenn<br />

alles vorbei <strong>ist</strong> und<br />

du endlich aus<br />

träumbarer Masse<br />

bestehst?»<br />

Botho Strauß<br />

Das blinde Geschehen<br />

9D – 9H – Doppelbesetzungen<br />

möglich<br />

Das Theater <strong>ist</strong> verlassen, die Bühne<br />

dunkel und leer. Das blinde Geschehen<br />

übernimmt: das Reich der ungeträumten<br />

und vergessenen Gestalten, des<br />

Unbewussten und Phantastischen, der<br />

ungelösten Reste des Realen. Schatten,<br />

Avatare und Phantome treten aus dem<br />

Off ins Licht. John Porto, Computer­<br />

Das blinde Geschehen, Burgtheater Wien<br />

programmierer und <strong>ein</strong> Prospero des<br />

Cyberspace, glaubt ihr virtuelles Spiel<br />

zu steuern. Doch die herbeigerufenen<br />

Ge<strong>ist</strong>er entwickeln schnell <strong>ein</strong> Eigenleben.<br />

Vor allem Freya Genetrix, die als<br />

«Anwesenheitsantiquität» Raum und<br />

Zeit durchstreift, wird zu Portos leibhaftigem<br />

Widerspruch in <strong>ein</strong>em Game,<br />

dessen Level ständig wechseln.<br />

Botho Strauß’ jüngstes Stück wurde im<br />

März 2011 in der Regie von Matthias<br />

Hartmann am Wiener Burgtheater uraufgeführt:<br />

«Eine Hommage ans Theater<br />

als Überlebensform … Das blinde<br />

Geschehen <strong>ist</strong> wie schon Strauß’ vorletztes<br />

Stück Nach der Liebe beginnt<br />

ihre Geschichte die dramatische Feier<br />

<strong>ein</strong>es Paarglücks. Nur dass im Blinden<br />

Geschehen nach der Geschichte (des<br />

Theaters) die Liebe erst beginnt. Darin<br />

wird das Phantastische, Unglaubliche<br />

und Märchenhafte nun nicht sch<strong>ein</strong>bar<br />

wahr, dann wäre es Kitsch, sondern<br />

zur träumerischen Hoffnung … Es <strong>ist</strong><br />

<strong>ein</strong> großes, schwereloses Stück. K<strong>ein</strong>e<br />

kulturkritische Wut gegen die Zeitge<strong>ist</strong>welt,<br />

sondern deren ge<strong>ist</strong>erhafte Über­<br />

windung in sardonischer Heiterkeit …<br />

Eine barocke Liebesgeschichte in gesellschaftsloser<br />

Welt. Auf der Traumhinterbühne<br />

der Realität, in der all<strong>ein</strong> die Luftge<strong>ist</strong>ersch<strong>ein</strong>ungen<br />

in <strong>ein</strong>em zerstörten,<br />

aber wunderbar belebten Theater die<br />

Gegengesellschaft bilden.» (Frankfurter<br />

Allgem<strong>ein</strong>e Zeitung) «Eine Enzyklopädie<br />

der Liebesverwirrungen in den Zeiten<br />

des Internets … Das Stück, das sich<br />

aus vielen Quellen spe<strong>ist</strong>: Shakespeare<br />

und Raimund, Strindberg und Pirandello,<br />

<strong>ist</strong> auf phantastische Weise ungemütlich;<br />

am Einzelnen, Privaten haftend,<br />

lässt es den brüchigen Boden, auf dem<br />

sich dies alles begibt, immer mitschwingen.»<br />

(Theater der Zeit) «Botho Strauß<br />

hat mit Das blinde Geschehen s<strong>ein</strong><br />

schönstes Stück seit langem geschrieben<br />

… Er schleust den Virus der Poesie<br />

in unser programmiertes, durchforma­<br />

www.rowohlt-theater.de 1


tiertes Leben <strong>ein</strong>, verwebt s<strong>ein</strong>e bekannten<br />

Motive zu <strong>ein</strong>em kaleidoskopartigen<br />

Szenenreigen … Spielerisch lockt Strauß<br />

den Zuschauer in <strong>ein</strong> zauberisches Zwischenreich,<br />

in dem die Gegenwart ins<br />

Archetypische verflimmert … Er lässt<br />

die Zeit zurücklaufen, um die Heiterkeit<br />

zurückzuerobern, mit der alles<br />

begann: das Spiel zwischen Mann und<br />

Frau ebenso wie das Spiel des Theaters.»<br />

(Süddeutsche Zeitung)<br />

Mit Cate Blanchett in der Hauptrolle<br />

und neu übersetzt von Martin Crimp<br />

hat im November 2011 Botho Strauß’<br />

Groß und kl<strong>ein</strong> an der Sydney Theatre<br />

Company Premiere (Regie: Benedict<br />

Andrews), koproduziert von den Ruhrfestspielen<br />

Recklinghausen, den Wiener<br />

Festwochen, dem Théâtre de la Ville<br />

Paris und dem Londoner Barbican, wo<br />

das Stück im Frühjahr 2012 zu sehen<br />

s<strong>ein</strong> wird.<br />

In Deutschland wurde Groß und kl<strong>ein</strong><br />

zuletzt am Theater Heilbronn gespielt<br />

(Juni 2010, Regie: Esther Hattenbach)<br />

sowie am Theater Bremen (Oktober<br />

2010, Regie: Mirja Biel und Joerg<br />

Zboralski). Strauß’ Bekannte Gesichter,<br />

gemischte Gefühle hatte in der vergangenen<br />

Saison am Düsseldorfer Schauspielhaus<br />

Premiere (Dezember 2010,<br />

Regie: Stephan Rottkamp).<br />

2<br />

«Es gibt da <strong>ein</strong>e neue Behand lungs methode mit Hirn-Stimu latoren.<br />

Dabei kann es aller dings zu Persön lich keits veränderungen kommen.<br />

Aber das wäre in Ihrem<br />

Fall vielleicht gar nicht<br />

so schlecht.»<br />

Tim Staffel<br />

Hallo, Mr. Parkinson<br />

2D – 3H<br />

Lennarts Verhältnis zu s<strong>ein</strong>en Eltern war<br />

nie besonders innig, und längst hat sich<br />

der 30­Jährige in der Großstadt <strong>ein</strong>e<br />

neue, glücklichere «Familie» gesucht:<br />

Mit s<strong>ein</strong>er Freundin Dalida und s<strong>ein</strong>em<br />

Kumpel Ümit betreibt er <strong>ein</strong> Café – wo<br />

<strong>ein</strong>es Tages ohne Vorwarnung Werner,<br />

Lennarts Vater, auftaucht. Ausgerechnet<br />

jetzt, da er an Parkinson erkrankt <strong>ist</strong>, hat<br />

s<strong>ein</strong>e Frau ihn nach jahrzehntelangem<br />

Ehekrieg kurzentschlossen vor die Tür<br />

gesetzt. Gebrechlich, aber barsch wie<br />

eh und je n<strong>ist</strong>et sich Werner bei Lennart<br />

<strong>ein</strong>, als sei dies das Selbstverständlichste<br />

der Welt. Dabei verband ihn mit s<strong>ein</strong>em<br />

Sohn zeitlebens bestenfalls verstocktes<br />

Schweigen. Widerwillig und mehr, weil<br />

Blutsbande verpflichten, nimmt Lennart<br />

Werner bei sich auf, dessen Zustand sich<br />

sehr bald verschlechtert. Er rüstet s<strong>ein</strong>e<br />

Single­Wohnung um, füllt Krankenkassenformulare<br />

aus, engagiert <strong>ein</strong>e polnische<br />

Pflegekraft – stets begleitet von<br />

Werners vorwurfsvollen Kommentaren.<br />

Beide Männer sind mit der ungewohnten<br />

Situation heillos überfordert, merken<br />

jedoch ganz allmählich, dass sie<br />

<strong>ein</strong>ander vielleicht ähnlicher sind, als es<br />

ihnen lieb <strong>ist</strong>.<br />

Unsentimental, <strong>ein</strong>fühlsam und durchzogen<br />

von lakonischem Humor erzählt<br />

Tim Staffels neues Stück die Geschichte<br />

<strong>ein</strong>er Annäherung, die <strong>ein</strong>e sehr große<br />

D<strong>ist</strong>anz überwinden muss.<br />

Indien für Anfänger<br />

1D – 1H<br />

«Nichts an dir <strong>ist</strong> echt. Nicht mal d<strong>ein</strong>e<br />

Gefühle. Glaubst, du schreibst Gefühle auf,<br />

drückst auf Speichern, und schon hast du<br />

welche.»<br />

Jules und Jakobs Beziehung steckt in<br />

<strong>ein</strong>er tiefen Krise. Jule, 28, jettet rastlos<br />

um den Globus und besucht Lehrgänge<br />

für Interkulturelles Training, während<br />

der Programmierer Jakob, 31, nur noch<br />

vor dem Computer hockt. Früher halfen,<br />

wenn sie sich mal sahen, erotisch<br />

aufgeladene Rollenspiele, um Nähe herzustellen,<br />

doch mittlerweile führt nicht<br />

<strong>ein</strong>mal das Nachstellen ihrer ersten realen<br />

Begegnung zum Erfolg. Aus Angst,<br />

Jakob zu verlieren, behauptet Jule, sie<br />

habe <strong>ein</strong>en Gehirntumor und ihr blieben<br />

nur noch <strong>ein</strong>, zwei Monate zur Erfüllung<br />

ihres größten Traums: <strong>ein</strong>e Nacht<br />

mit dem indischen Filmstar Shah Rukh<br />

Khan. Jakob reagiert und fährt mit ihr<br />

in die phantastischste aller Illusionsmaschinen:<br />

Bollywood. Dass ausgerechnet<br />

er sich erheblich besser in dem Chaos,<br />

das draußen vor ihrem Hotel in Mumbai


herrscht, zurechtfindet als die weit gere<strong>ist</strong>e<br />

Jule, <strong>ist</strong> nicht die letzte Pointe der<br />

Ereignisse …<br />

Indien für Anfänger begleitet zwei Sinnsucher,<br />

die sich im Zeitalter von Wikipedia<br />

und Google Earth auf <strong>ein</strong>e Reise in<br />

die Fremde machen und dabei, getrieben<br />

von der Sehnsucht nach dem großen,<br />

authen ti schen Gefühl, unsanft in der<br />

Wirklichkeit aufschlagen.<br />

Zuletzt hat Tim Staffel s<strong>ein</strong>en Roman<br />

Jesús und Muhammed verfilmt, der<br />

2012 unter dem Titel Westerland in die<br />

deutschen Kinos kommt. S<strong>ein</strong> zweiteiliges<br />

Hörspiel Der Jäger <strong>ist</strong> die Beute<br />

wurde im Juni 2010 im WDR urgesendet.<br />

Ebenfalls für den WDR hat er das<br />

Hörspiel Das letzte Paradies produziert,<br />

dessen Ursendung im Dezember 2011<br />

s<strong>ein</strong> wird.<br />

Die Uraufführungen von Hallo, Mr.<br />

Parkinson und Indien für Anfänger sind<br />

noch frei.<br />

Thomas Freyer<br />

Das halbe Meer<br />

3D – 5H<br />

Eine Insel im Nirgendwo des Meeres, auf<br />

halber Strecke zwischen zwei Kontinenten.<br />

Immer wieder wurde sie im Laufe<br />

der Jahrhunderte entdeckt, erobert und<br />

besiedelt, bis sie erneut in Vergessenheit<br />

geriet. Seit gut 30 Jahren lebt auf ihr nun<br />

<strong>ein</strong>e kl<strong>ein</strong>e verschworene Gem<strong>ein</strong>schaft,<br />

die sich ihr eigenes Gesetz gegeben hat:<br />

Jeder sei dem anderen gleich, alle teilen<br />

alles. Lange hat dieses Fundament gehalten,<br />

doch mittlerweile zeigt es erste<br />

Risse. Im Inneren zweifelt die jüngere<br />

Generation am strengen Regelwerk,<br />

und von außen kommen immer seltener<br />

Handelsschiffe, die die Versorgung<br />

und damit auch den Frieden sichern. Als<br />

<strong>ein</strong>es Tages <strong>ein</strong> Fremder an den Strand<br />

gespült wird, gerät das empfindliche<br />

«Was uns ausmacht,<br />

und<br />

das steht fest<br />

geschrieben, <strong>ist</strong>,<br />

dass gem<strong>ein</strong>sam<br />

wir hier leben<br />

und uns bei allem<br />

helfen. Wenn<br />

<strong>ein</strong>er das nun<br />

anders sehen will,<br />

kann er das tun.<br />

Es steht ihm zu.<br />

Doch nicht bei<br />

uns. Auf unsrer<br />

Insel.»<br />

Gleichgewicht der Gruppe endgültig aus<br />

dem Lot – <strong>ein</strong> Krieg bricht aus um Geld,<br />

Macht und Ressourcen.<br />

Thomas Freyer geht in Das halbe<br />

Meer – uraufgeführt im April 2011 am<br />

Staatsschauspiel Dresden (Regie: Tilmann<br />

Köhler) – <strong>ein</strong> hohes Risiko <strong>ein</strong>:<br />

Vom Zerbrechen <strong>ein</strong>es Ideals «erzählt<br />

er mit <strong>ein</strong>er Behäbigkeit, die vielleicht<br />

zum Tempo der Landwirtschaft, nicht<br />

aber zur Nervosität des mediengeschulten<br />

Rezipienten passt. Aber genau das<br />

verleiht dem Stück s<strong>ein</strong>en besonderen<br />

Ton, s<strong>ein</strong>e Eigenart des verknoteten,<br />

trotzigen Denkens, die durch die altmodische<br />

Rhythmik und Satzstellung<br />

<strong>ein</strong>es Versgedichts sich noch störrischer<br />

gegen modernen Zugang wehrt» (Süddeutsche<br />

Zeitung). In <strong>ein</strong>er «kraftvollen<br />

Sprache» (Nachtkritik), «packend, mit<br />

plastischen, glaubhaften Figuren, guter<br />

Dramaturgie und dichter Atmosphäre»<br />

(Dresdner Morgenpost), «maßt sich<br />

der kaum 30­jährige Thomas Freyer<br />

als <strong>ein</strong>er der wenigen starken Gegenwartsautoren<br />

nach wie vor die Aus<strong>ein</strong>andersetzung<br />

mit Utopien an … In<br />

Das halbe Meer überprüft er ihre Tragfähigkeit.<br />

Mit <strong>ein</strong>em fatalen Ergebnis.<br />

Es gibt k<strong>ein</strong>e Inseln des paradiesischen<br />

Zusammenlebens … Der Mensch wird<br />

durch Versetzung an <strong>ein</strong>en unberührten<br />

Ort und in <strong>ein</strong>em verm<strong>ein</strong>tlichen<br />

Urzustand k<strong>ein</strong> anderer. Also bleibt er<br />

auch höchst verschiedenartig und widersprüchlich.<br />

So <strong>ist</strong> die Dialektik die<br />

www.rowohlt-theater.de 3


eigentliche Hoffnung des düster endenden<br />

Stücks … Eigent lich <strong>ein</strong>e schlichte<br />

Erzählung gleich mehrerer großer Themen.<br />

Ein Gleichnis vom Scheitern des<br />

Kollektivs, das sich zu bewähren hätte,<br />

wenn die Wohlstandsklammer aus<strong>ein</strong>ander<br />

bricht. Im Dresdner Staatsschauspiel<br />

sah man <strong>ein</strong>e große kollektive Le<strong>ist</strong>ung»<br />

(Theater der Zeit).<br />

Außerdem wurde im Dezember 2010<br />

am Landestheater Eisenach Thomas<br />

Freyers Neufassung von Der gestiefelte<br />

Kater frei nach den Gebrüdern Grimm<br />

uraufgeführt (Regie: Rainer Fiedler), die<br />

in der aktuellen Saison nachgespielt wird<br />

am Theater Vorpommern in Greifswald<br />

4<br />

Das halbe Meer, Staatsschauspiel Dresden<br />

(Regie: Marcus Staiger), Theater Heilbronn<br />

(Regie: Alejandro Quintana) und<br />

am Theater Osnabrück (Regie: Andrea<br />

Udl).<br />

Zurzeit schreibt Thomas Freyer an <strong>ein</strong>er<br />

Neufassung von Ibsens Hedda Gabler,<br />

die in Tilmann Köhlers Regie im Januar<br />

2012 am Staatsschauspiel Dresden Premiere<br />

haben wird.<br />

Philipp Löhle<br />

Das Ding<br />

1D – 4H<br />

Mit Das Ding tritt Philipp Löhle den unumstößlichen<br />

Beweis an: Es gibt k<strong>ein</strong>en<br />

Zufall mehr. Durch weltumspannende<br />

Interdependenzen – genannt Globalisierung<br />

– <strong>ist</strong> alles mit allem verknüpft.<br />

Wenn sich der Afrikaner Siwa nachhaltige<br />

Methoden des Baumwollanbaus<br />

aufschwatzen lässt, verhilft das zwei<br />

jungen Chinesen zu ihrem ersten Startup­Erfolg.<br />

Wenn deren Handel mit Sojabohnen<br />

ins Stocken gerät, wirkt sich das<br />

auf die rumänische Schw<strong>ein</strong>ezucht aus,<br />

was wiederum direkte Folgen für<br />

die Ehe von Katrin und Thomas<br />

hat. Katrins Eskapaden vor der<br />

Webcam sind nicht nur Grund der<br />

Beziehungskrise, sondern münden<br />

auch in <strong>ein</strong>en überraschend internationalen<br />

Show down. Und das titelgebende<br />

Ding – <strong>ein</strong>e Baumwollfaser<br />

– re<strong>ist</strong> derweil <strong>ein</strong>mal um die<br />

Welt und schaut verwundert auf<br />

das Treiben der Menschen.<br />

In <strong>ein</strong>er Zeit, in der alles mit<br />

allem zusammenhängt und alle<br />

Geschehnisse potentiell erklärbar<br />

sind, werden die Figuren umso<br />

mehr von ihrer Sehnsucht nach<br />

dem Unerklärlichen, dem magischen<br />

Moment, der großen Liebe<br />

und vielleicht sogar nach dem Gefühl<br />

von Heimat getrieben – und


«Und <strong>ein</strong> Ding, das<br />

etwas wert <strong>ist</strong>, das<br />

<strong>ist</strong> nicht zu Ende.<br />

Niemals.»<br />

verstricken sich dabei hoffnungslos in<br />

das weltumspannende Netz kausaler<br />

Zusammenhänge.<br />

Die Uraufführung von Das Ding, <strong>ein</strong>e<br />

Koproduktion des Deutschen Schauspielhauses<br />

Hamburg und der Ruhrfestspiele<br />

Recklinghausen, war im Mai<br />

2011 in Recklinghausen (Regie: Jan Philipp<br />

Gloger). Im November 2011 folgt<br />

die Inszenierung am Deutschen Theater<br />

Berlin (Regie: Daniela Löffner). «Wer<br />

sich nach <strong>ein</strong>er intelligenten, zeitgemäßen,<br />

kritischen Komödie sehnt: Hier <strong>ist</strong><br />

sie.» (Frankfurter Rundschau) «Das<br />

Ding schwingt sich zur gewaltigen,<br />

poeti schen und nebenbei auch komischen<br />

Weltmetapher auf, in der Leitmotive<br />

wie Koi­Karpfen, P<strong>ist</strong>olen, Schwei­<br />

supernova (wie gold entsteht), Nationaltheater Mannheim<br />

nefleisch vertikal und horizontal durch<br />

Raum und Zeit reisen.» (Nachtkritik)<br />

«Es <strong>ist</strong> die anrührende Lebensgeschichte<br />

<strong>ein</strong>er Baumwollfluse. Und so kindlich<br />

und <strong>ein</strong>fühlsam sie Löhle auch erzählt,<br />

sie <strong>ist</strong> mehr als der Abenteuerroman<br />

<strong>ein</strong>er Fußballtrikot­Faser.<br />

Sie <strong>ist</strong> <strong>ein</strong>e Globalisierungsparabel:<br />

Das Ding als Teil <strong>ein</strong>es<br />

Ganzen, die Welt als Dorf.»<br />

(Süddeutsche Zeitung)<br />

Philipp Löhles supernova (wie<br />

gold entsteht), abgedruckt in<br />

Theater heute 03 / 2011, wurde<br />

im Januar 2011 am Nationaltheater<br />

Mannheim uraufgeführt<br />

(Regie: Cilli Drexel). Die<br />

nächsten Inszenierungen sind<br />

im April 2012 am Theater Baden­Baden<br />

(Regie: André Rößler) und im Juni<br />

2012 am Schauspiel Essen (Regie: Katja<br />

Blaszkiewitz). «Der Abend beginnt im<br />

Dunkel mit der Ouver türe zu Wagners<br />

Rh<strong>ein</strong>gold und dem Auftritt von drei Typen<br />

mit Cowboy­Hüten. Damit <strong>ist</strong> <strong>ein</strong><br />

Kontext eröffnet, in dem Friedrich von<br />

Anfang an weniger antreibender Protagon<strong>ist</strong><br />

als vielmehr nur Rädchen in <strong>ein</strong>er<br />

Gesamtmaschinerie <strong>ist</strong>, was sich zu<br />

Stück und Thema hervorragend fügt.»<br />

(Theater heute)<br />

In der aktuellen Spielzeit <strong>ist</strong> Philipp<br />

Löhle Hausautor am National theater<br />

Mannheim. Außerdem schreibt er zurzeit<br />

für das Theater Bonn an <strong>ein</strong>em<br />

Auftragswerk mit dem Arbeits titel Der<br />

Wind macht das Fähnchen, dessen Uraufführung<br />

im Januar 2012 s<strong>ein</strong> wird<br />

(Regie: Dominic Friedel).<br />

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Oliver Kluck<br />

6<br />

Die Froschfotzenlederfabrik<br />

Besetzung variabel<br />

Feuer mit mir, Theater Chemnitz<br />

In Die Froschfotzenlederfabrik verlaufen<br />

die Fronten der Verteilungskämpfe<br />

kreuz und quer durch das bunte Figurenpersonal:<br />

Jung gegen Alt, Stadt<br />

gegen Land, Angestellte gegen Arbeitgeber,<br />

privat versichert gegen gesetzliche<br />

Krankenkasse, jeder gegen jeden,<br />

und immer gibt es zu wenig Geld für<br />

scheiß Jobs. Einige der <strong>ein</strong>drücklichsten<br />

Figuren in diesem wortgewaltigen Reigen:<br />

der Fabrikant, Hersteller von Spezialbekleidung<br />

für Neofasch<strong>ist</strong>en, der<br />

s<strong>ein</strong>e Frau längst zugunsten der Frau<br />

Min<strong>ist</strong>er für Divergenzfragen verlassen<br />

hat, die beiden Töchter des Fabrikanten,<br />

die Söhne werden sollten, deren Mutter,<br />

die gewohnheitsmäßigen Getränkemissbrauch<br />

betreibt, sowie ihr erstaunlich<br />

schlecht bezahlter Krankenhausarzt, der<br />

mindestens <strong>ein</strong>e Tochter s<strong>ein</strong>er Patientin<br />

gänzlich unprofessionell in Doktor spiele<br />

verwickelt. Die Beschreibung des Verfalls<br />

<strong>ein</strong>er Familie weitet sich schnell zu<br />

«Schluss jetzt, wir wollten nicht mehr über Politik sprechen,<br />

die Politik interessiert uns schon lange nicht mehr, damit<br />

möchten wir nichts zu tun haben»<br />

<strong>ein</strong>em breiten gesellschaftlichen Panorama,<br />

vor dessen Hintergrund bürgerliche<br />

Selbstgefälligkeit und die Sch<strong>ein</strong>heiligkeit<br />

von Debatten zum Lebenszweck der<br />

Erwerbsarbeit entlarvt werden.<br />

«Wie gewohnt sind Klucks Figuren<br />

eher skizzenhaft angelegt, eröffnen jedoch<br />

in ihrer Unfertigkeit auch <strong>ein</strong>e<br />

Vielzahl spielerischer Möglichkeiten.<br />

Diese Textfläche erforscht mit scharfem<br />

Blick den Text der Fläche, verödete<br />

(deutsche) Steppen und Regionen, die<br />

stets auch als Seelenlandschaften ersch<strong>ein</strong>en.»<br />

(Florian Hirsch im Jahrbuch<br />

2011 von Theater heute)<br />

Die Uraufführung von Die Froschfotzen<br />

leder fabrik <strong>ist</strong> im Dezember 2011<br />

am Burgtheater (Kasino) Wien (Regie:<br />

Anna Bergmann). Die Schweizer Erstaufführung<br />

folgt im Februar 2012 am<br />

Theater Bern (Regie: Erich Sidler).<br />

Leben und Erben<br />

Besetzung variabel<br />

Die Neugestaltung des Stadtraumes<br />

<strong>ist</strong> nicht aufzuhalten. Und wer wollte<br />

das auch? Bestimmt nicht der Kaufinteressent,<br />

der auf der Flucht vor dem<br />

nachbarschaftlichen Terror <strong>ein</strong>e ruhige<br />

Wohnung sucht. Auch nicht der Besitzer,<br />

der endlich die Hausbesetzer loswerden<br />

will, die ihrerseits vor allem Anregungen<br />

für den Einsatz von Sprühfarbe und<br />

Feuerlöscher im öffentlichen Raum be­


eithalten. Dummerweise hat sich die<br />

Tochter des Hausbesitzers, womöglich<br />

aus <strong>ein</strong>er Konfusion heraus, nun im<br />

Haus der Besetzer <strong>ein</strong>gerichtet. Die Besetzer<br />

selber geben sich mit <strong>ein</strong>er Vielzahl<br />

von besten und allerbesten Ideen<br />

<strong>ein</strong>erseits kampfbereit, andererseits bestimmen<br />

ausschließlich sie, wie genau<br />

<strong>ein</strong>e richtige und anständige Revo lution<br />

auszusehen hat. Kurzum: Die gerade<br />

überwunden geglaubten Muster und<br />

Korrektheiten etablieren sich neu.<br />

«Selbstverständlich habe ich k<strong>ein</strong>en<br />

Text für oder gegen die sogenannte<br />

Gentrifizierung geschrieben,<br />

und auch<br />

habe ich nur am Rande<br />

<strong>ein</strong>ige Worte zum<br />

Faschismus verfasst,<br />

den ich längst als Teil<br />

unserer kulturellen<br />

Identität anerkannt<br />

habe. Vielmehr habe<br />

ich den Versuch unternommen,<br />

die viel<br />

zitierte neue Ehrlichkeit<br />

/ Transparenz, das aufrichtige Verhalten<br />

im aufrichtigen Gespräch auf<br />

s<strong>ein</strong>e tatsächlich vorhandene Aufrichtigkeit<br />

hin zu überprüfen. Insbesondere<br />

habe ich mir erlaubt, den Begriff ‹Inszenierung›<br />

<strong>ein</strong>er kritischen Betrachtung<br />

auszusetzen.» (Oliver Kluck)<br />

Leben und Erben entstand als Auftragswerk<br />

für das Deutsche Schauspielhaus<br />

Hamburg, wo im Januar 2012 die Uraufführung<br />

s<strong>ein</strong> wird (Regie: Dominique<br />

Schnizer).<br />

Oliver Kluck wird in der aktuellen Spielzeit<br />

in Zusammenarbeit mit dem Schauspielhaus<br />

Graz <strong>ein</strong>e Serie von Veranstaltungen<br />

erarbeiten, an deren Ende im Mai<br />

2012 <strong>ein</strong> neues abendfüllendes Stück ur­<br />

aufgeführt wird ( Regie: Chr<strong>ist</strong>ina<br />

Rast). Außerdem steht als Ergebnis<br />

der Zusammenarbeit mit<br />

dem Natio nal thea ter Weimar in<br />

der vergangenen Spielzeit dort im<br />

Mai 2012 <strong>ein</strong>e Kluck­Uraufführung<br />

auf dem Programm (Regie:<br />

Daniela Kranz). Im November<br />

2011 <strong>ist</strong> die Uraufführung von<br />

Über die Möglichkeiten der Punkbewegung<br />

am Volkstheater Rostock<br />

(Regie: Sonja Hilberger).<br />

Warteraum Zukunft und Das<br />

Prinzip Meese werden in der Spielzeit<br />

2011 / 12 weiterhin nachgespielt: Das<br />

Prinzip Meese am Theater Bielefeld<br />

(September 2011, Regie: Babett Grube),<br />

Warteraum Zukunft am Gostner Hoftheater<br />

(September 2011, Regie: Stefan<br />

Hoffstadt), Theater Luzern (Schweizer<br />

Erstaufführung, Januar 2012, Regie:<br />

Ivna Zic) und am Teatre Tantarantana,<br />

Barcelona (November 2011, Regie:<br />

Frithwin Wagner­Lippok). Zudem werden<br />

Klucks Stücke derzeit ins Spanische,<br />

Tschechische und Polnische übersetzt.<br />

2011 wurde Oliver Kluck mit dem BDI­<br />

Dramatikerpreis ausgezeichnet; damit<br />

verbunden <strong>ist</strong> die Uraufführung <strong>ein</strong>es<br />

neuen Stücks, die am Schauspiel Frankfurt<br />

voraussichtlich in der Spielzeit<br />

2012 / 13 s<strong>ein</strong> wird.<br />

Jörg Albrecht<br />

Die blauen Augen von<br />

Terence Hill<br />

1D – 3H<br />

«Du b<strong>ist</strong> so all<strong>ein</strong><br />

als Selbständiger.<br />

Letzte Woche hab ich<br />

mich selbst sexuell<br />

belästigt.»<br />

Spätrömische Dekadenz droht <strong>ein</strong> Loch<br />

in die bürgerliche Mitte des Sozialstaates<br />

zu fressen. Das Ruder herumreißen kann<br />

da nur noch <strong>ein</strong> Spaghetti­Western, und<br />

so drehen dessen Superstars von <strong>ein</strong>st,<br />

Bud Spencer und Terence Hill, in den<br />

Pappmaché­Kulissen <strong>ein</strong>es Freizeitparks<br />

für Arbeitslose noch <strong>ein</strong>mal <strong>ein</strong>en neuen<br />

Film – Arbeitstitel: «Hartzen für <strong>ein</strong><br />

Halleluja». Und wie in den 1970er Jahren,<br />

als sich Gut und Böse<br />

noch klar trennen ließen,<br />

gilt für den Plot das Motto:<br />

prügeln, saufen, Bohnen<br />

fressen! Schlagfertig<br />

machen sich Spencer und<br />

Hill daran, großen Schurken<br />

und fiesen Bürokraten<br />

das Handwerk zu legen.<br />

«Dem Standard von sozialverträglicher<br />

Unterversorgung und<br />

Überproduktion setzen sie den Entwurf<br />

www.rowohlt-theater.de 7


<strong>ein</strong>er ganz anderen Welt entgegen. Kann<br />

man das überhaupt: nicht arbeiten, sich<br />

selbst aushalten, ohne Mehrwert? Unsere<br />

H4 World <strong>ist</strong> offen für solidarische<br />

Tricksereien und nachhaltige Verschwendung,<br />

für arkadisches Nichtstun<br />

und <strong>ein</strong>e rastlos flexible Sozia li tät. Bud<br />

Spencers wirbelnde Fäuste machen es<br />

vor. In <strong>ein</strong>er Zeit, in der nur die verschwenden<br />

dürfen, die schon immer zu<br />

viel hatten, werfen Spencer und Hill virtuos<br />

alles über den Haufen. Aber sind<br />

die Western­Helden noch dagegen, oder<br />

<strong>ist</strong> ihr parasitäres Joint Venture von Superarm<br />

und Superreich bloß <strong>ein</strong>e weitere<br />

Säule der neoliberal­flexiblen Wirtschaftsordnung?»<br />

(copy & waste)<br />

Dem Irrsinn des Turbo­Kapitalismus<br />

begegnet Jörg Albrecht mit <strong>ein</strong>er überbordenden<br />

Turbo­Komödie, in der vier<br />

Himmelhunde, falsch: Schauspieler, auf<br />

dem Weg zur Hölle sind.<br />

Die blauen Augen von Terence Hill <strong>ist</strong><br />

das jüngste Projekt der Theatergruppe<br />

copy & waste, deren Texte Jörg Albrecht<br />

schreibt. Uraufgeführt wurde es – nach<br />

<strong>ein</strong>er ersten Voraufführungsserie beim<br />

steirischen herbst – im Oktober 2011<br />

am Hebbel am Ufer / HAU, Berlin, in Koproduktion<br />

mit dem Theaterhaus Jena<br />

und uniT, Graz (Regie: Steffen Klewar).<br />

Über copy & wastes letztes Stück Barbarellastrip,<br />

dessen Uraufführung im März<br />

2011 am Maxim Gorki Theater Berlin<br />

im Rahmen des Festivals Reality Kills<br />

war, schrieb der Tagesspiegel: «Es gibt<br />

Momente im Theater, in denen wächst<br />

die Bühnenkunst über sich hinaus – und<br />

8<br />

«Ich sags mal lieber gleich. Das <strong>ist</strong> <strong>ein</strong>e echte<br />

Hollywood-Identifikations-Story. In Farbe und mit Tränen. Gibts<br />

bis hierher schon Fragen?»<br />

nimmt wahrhaft prophetische Züge an.<br />

Da <strong>ist</strong> zum Beispiel diese junge, hoffnungsvolle<br />

Performancetruppe: copy<br />

& waste – <strong>ein</strong>e schöne Verfremdung<br />

der beliebten Computerfunktion ‹copy<br />

& paste›, mit der sich mühelos fremdes<br />

Gedankengut in eigene Dokumente<br />

transferieren lässt … copy & waste<br />

legen Persönlichkeiten des Zeitge<strong>ist</strong>s<br />

gleichsam so lange auf den Kopierer,<br />

bis <strong>ein</strong> heilloses Identitätskauderwelsch<br />

zwischen Original und Kopie herrscht.»<br />

Oliver Schmaering<br />

Trailer für die nahe Zukunft<br />

3D<br />

Drei Frauen auf der Suche nach ihrer<br />

Zukunft. Vom Jetzt und Hier in die<br />

große weite Welt, Hauptsache raus aus<br />

Kaffstadt – und warum nicht auch bis<br />

nach Hollywood? Filmstar werden, die<br />

Träume aus dem eigenen engen Kopf auf<br />

die Großbildl<strong>ein</strong>wände der ganzen Welt<br />

werfen. Das Ich erweitern über alle Grenzen<br />

menschlicher Vorstellungskraft hinaus.<br />

Nur in den Träumen selbst liegt die<br />

Erfüllung unserer Träume! Drei Frauen<br />

aus <strong>ein</strong>em Ort im Dornröschenschlaf, <strong>ein</strong>em<br />

Ort, der jede kl<strong>ein</strong>e, mittlere oder<br />

größere Stadt der Welt s<strong>ein</strong> könnte. Ein<br />

Ort, in dem k<strong>ein</strong> Mensch s<strong>ein</strong>e Zukunft<br />

sieht. Kaffstadt <strong>ist</strong> überall. Drei Frauen<br />

mit großen Träumen und ungebändigter<br />

Lebenslust, zwischen Ausbruchsphantasien<br />

und Realitätsangst, die Rosenhecke<br />

im Kopf und die Zukunft <strong>ein</strong> unbeschriebenes<br />

Blatt.<br />

Trailer für die nahe Zukunft zeichnet in<br />

poetischen Bildern und <strong>ein</strong>er hoch energetischen<br />

Sprache drei Figuren zwischen<br />

Verzweiflung und Sucht nach Leben.<br />

Konkret verortet und universell deutbar<br />

begegnen wir Menschen, die all ihre


Trailer für die nahe Zukunft, Theater Plauen Zwickau<br />

Sehnsüchte nach <strong>ein</strong>em realen, erfüllten<br />

Leben auf die absolute Fiktion projizieren:<br />

Die Traumfabrik Hollywood <strong>ist</strong><br />

für uns längst zum realsten Ort der Welt<br />

geworden.<br />

Trailer für die nahe Zukunft entstand als<br />

Auftragswerk für das Theater Plauen<br />

Zwickau, wo im April 2011 die Uraufführung<br />

war (Regie: Mari Bues). «Oliver<br />

Schmaering hat <strong>ein</strong>en in 30 Abschnitte<br />

unterteilten Text geschrieben, der mal<br />

solo, mal zu zweit, mal chorisch gesprochen<br />

werden kann. Mit Zwischentiteln,<br />

die auf Monitoren <strong>ein</strong>geblendet werden,<br />

kommt der starke Text mal ironisch, mal<br />

melancholisch, auch mal im Märchen­<br />

oder Soap­Ton daher.» (Die Deutsche<br />

Bühne)<br />

Drei10 Outtakes<br />

Ein Tag schlägt zurück<br />

Besetzung variabel, mind. 1H<br />

Ein Superheld blickt auf s<strong>ein</strong> Leben zurück.<br />

Eine Reihe von Schicksalsschlägen<br />

deutet schon seit s<strong>ein</strong>er frühesten<br />

Jugend darauf hin, dass er entweder der<br />

abergläubischste Paranoiker aller Zeiten<br />

oder zum größten Kämpfer gegen<br />

das Unglück ausersehen <strong>ist</strong>. Nachdem<br />

er alles verloren hat, <strong>ist</strong> der Schritt zum<br />

Einzelkämpfer, in den Untergrund, ins<br />

Exil nur die logische Schlussfolgerung.<br />

S<strong>ein</strong>e Mission <strong>ist</strong> klar: Das Unheil, das<br />

an <strong>ein</strong>em Freitag, dem 13., passiert,<br />

muss verhindert werden. Ganz auf sich<br />

gestellt, wie es sich für <strong>ein</strong>en Retter der<br />

Menschheit gehört, ersch<strong>ein</strong>t allerdings<br />

die Frage nach der eigenen Identität<br />

unausweichlich. Und je mehr der Blick<br />

ins innere Selbst gerichtet wird, desto<br />

geringer werden dummerweise die Gewissheiten<br />

und desto größer die Angst<br />

vor allem, was da draußen <strong>ist</strong>. Aber<br />

von der Suche nach dem Schauspieler<br />

Larry Miller, der auf mysteriöse Weise<br />

verschwand, wird ihn trotzdem nichts<br />

abhalten.<br />

Als wäre <strong>ein</strong> Superheld in <strong>ein</strong>en Film noir<br />

gestolpert, wird in Drei10 Outtakes <strong>ein</strong><br />

Kämpfer für das unbedingt Gute zum<br />

großen Melancholiker, der das Dunkle<br />

in sich entdeckt.<br />

«Wo ich gestern war.<br />

K<strong>ein</strong>e Ahnung. M<strong>ein</strong><br />

Name. Schwierig.<br />

Adresse. Vergessen.<br />

Verheiratet. Ich weiß<br />

es nicht.»<br />

Die Uraufführung von Drei10 Outtakes<br />

<strong>ist</strong> im Dezember 2011 am Ballhaus Ost,<br />

Berlin (Regie: Eike Hannemann). Mit<br />

den Stücken The Making of Der Untergang<br />

der Ver<strong>ein</strong>igten Staaten von Amerika,<br />

Trailer für die nahe Zukunft und<br />

Drei10 Outtakes hat Oliver Schmaering<br />

<strong>ein</strong>en Amerika­Zyklus geschrieben, der<br />

mit dem nächsten Stück King Kong Bonus<br />

Features abgeschlossen s<strong>ein</strong> wird.<br />

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Thomas Arzt<br />

10<br />

Grillenparz<br />

3D – 3H<br />

Am Grillenparz, dem Hügel, der direkt<br />

an die Stadt grenzt, versammelt sich<br />

jährlich die Belegschaft der ortsansässigen<br />

Firma – zu <strong>ein</strong>em archaischen<br />

Spiel? Zu <strong>ein</strong>em nächtlichen Ritual?<br />

Zu <strong>ein</strong>er besoffenen Sauerei? Jedenfalls<br />

geht es derb zu bei dem Versuch, an<br />

den Busen der Natur zurückzukehren<br />

bzw. der eigenen Natur freien Lauf zu<br />

lassen. Vorab muss noch das jährliche<br />

Betriebsfest, <strong>ein</strong>e anheimelnde Kulisse<br />

für die Investorenträume der aus dem<br />

Ausland angere<strong>ist</strong>en Geschäftspartner,<br />

absolviert werden. Doch vor allem treibt<br />

die Sommerfestgesellschaft der Wiederholung<br />

ihres eigenen Verbrechens zu.<br />

Was eigentlich genau vor <strong>ein</strong>em Jahr<br />

geschah, verschwimmt mit dem diesjährigen<br />

Rausch zu <strong>ein</strong>em undurchschaubaren<br />

Reigen und <strong>ist</strong> dennoch so real,<br />

dass niemand darüber reden will. Zu<br />

alldem singt der Chor der Grillen von<br />

Heimat und anderen ewigen Dingen des<br />

Lebens, von viel Gewalt und tröstlicherweise<br />

auch von Vergebung.<br />

Die Uraufführung von Grillenparz, abgedruckt<br />

in Theater heute 06 / 2011, war<br />

im April 2011 am Schauspielhaus Wien<br />

(Regie: Nora Schlocker), wo Thomas<br />

Arzt in der letzten Spielzeit Hausautor<br />

war. Eine Inszenierung in Prag folgte<br />

im Mai 2011 am Divadlo Leti (Regie:<br />

Martina Schlegelová). «Grillenparz <strong>ist</strong><br />

<strong>ein</strong> Stück über Heimat, aber nicht als<br />

Volksstück, auch wenn der ‹Chor der<br />

Grillen› immer wieder sehr volkstümlich<br />

wirkt – <strong>ein</strong> bemerkenswertes<br />

Stück.» (Süddeutsche Zeitung) «Arzt<br />

verwendet Firmenklischees und roman­<br />

Grillenparz, Schauspielhaus Wien<br />

«Tatort <strong>ist</strong> <strong>ein</strong>e voralpine Binnenwelt. Zwischen<br />

Zivilstadt und Wildland. Zwischen Geldmensch<br />

und Geiltier. Zwischen Schweißbadetag<br />

und Spätsommernacht. Bestimmt in <strong>ein</strong>er<br />

Binnensprache. Nicht mehr Volksmaul, noch<br />

nicht Staatsnorm. Nicht mehr Rohschnitt, noch<br />

nicht Figurenfleisch. Nicht mehr Naturgesetz,<br />

noch nicht Moral.» (Thomas Arzt)<br />

tische Archaik für <strong>ein</strong>e poetische Krimi­<br />

Sozialstudie. Kaum je zuvor hat sich<br />

angewandte Brutalität so zwingend auf<br />

die Bühne verirrt.» (Nachtkritik)<br />

In der aktuellen Kritikerumfrage von<br />

Theater heute wurde Thomas Arzt für<br />

Grillenparz an zweiter Stelle als Nachwuchsautor<br />

des Jahres genannt. Außerdem<br />

erhielt er das Thomas­Bernhard­Stipendium<br />

2011 des Landestheaters Linz.<br />

Im Rahmen des Stipendiums schreibt er<br />

in enger Zusammenarbeit mit dem Landestheater<br />

an s<strong>ein</strong>em neuen Stück.


Mülheimer Dramatikerpreis 2011<br />

«Beste deutschsprachige Dramatikerin des Jahres 2011»<br />

Kritikerumfrage von Theater heute<br />

«Da muß jetzt etwas zerfallen s<strong>ein</strong>,<br />

glaube ich, in sich und mit uns<br />

hoffnungslos zerfallen, geflohen<br />

<strong>ein</strong> flinkes Elektron vom Kern, das<br />

vorher aber gar nicht da war, erst<br />

im Zerfall entstanden.»<br />

Elfriede Jelinek<br />

K<strong>ein</strong> Licht.<br />

Besetzung variabel,<br />

mind. 2 Darsteller/innen<br />

Das Wasser <strong>ist</strong> an Land gekommen,<br />

<strong>ein</strong>e gewaltige Flutwelle hat alles mit<br />

sich fortgerissen. Energie wurde geraubt:<br />

Eine Anlage <strong>ist</strong> ausgefallen oder<br />

hat sich automatisch abgeschaltet. Nur<br />

noch ohrenbetäubende Stille erfüllt die<br />

Luft, <strong>ein</strong> Lärm, der die Welt lautlos unter<br />

sich begräbt, jedes Gehör taub macht,<br />

<strong>ein</strong>em kollektiven Tinnitus gleich. Etwas<br />

hat sich grundlegend verändert – aber<br />

was? Etwas, das der Mensch erschuf, hat<br />

sich unumkehrbar gegen ihn gewandt,<br />

und das Licht, das früher auf ihn schien,<br />

muss er nun selbst abstrahlen, bläulich<br />

leuchtend aus den Knochen s<strong>ein</strong>es<br />

Körpers …<br />

Zwei Musiker (erste und zweite Geige),<br />

die wie die Band auf der Titanic weiterspielen,<br />

während das Schiff im Meer<br />

versinkt, versuchen in Elfriede Jelineks<br />

neuem Stück das Unfassbare zu fassen.<br />

Ohne dass die Worte Fukushima oder<br />

Atomkraft fallen, <strong>ist</strong> K<strong>ein</strong> Licht. <strong>ein</strong><br />

Ge<strong>ist</strong>erszenario nach dem Super­GAU,<br />

<strong>ein</strong> Beckett­haftes Endspiel, das abrechnet<br />

mit unserem bedingungslosen Glauben<br />

an die Beherrschbarkeit der Technik<br />

und in dem die Schreie der totgeschwiegenen<br />

Opfer gespenstisch widerhallen.<br />

K<strong>ein</strong> Licht. entstand auf Anregung des<br />

Schauspiels Köln, wo im September<br />

2011 in der Regie von Karin Beier die<br />

Uraufführung war.<br />

FaustIn and out<br />

Besetzung variabel<br />

Wie Abraumhalde zu Lessings Nathan<br />

der Weise <strong>ist</strong> FaustIn and out <strong>ein</strong> «Sekundärdrama»<br />

zu Goethes Urfaust, das<br />

nur in Verbindung mit dem Klassiker gespielt<br />

werden soll. Die Gretchentragödie<br />

wird darin von Jelinek <strong>ein</strong>em radikalen<br />

Perspektivwechsel unterzogen und u. a.<br />

zusammengedacht mit dem Fall Josef<br />

www.rowohlt-theater.de 11


Fritzls, der s<strong>ein</strong>e Tochter jahrelang in<br />

<strong>ein</strong>en Keller sperrte und mehrere Kinder<br />

mit ihr zeugte. «Das fromme, gefallene<br />

Mädchen Margarete, die ihr Kind umgebracht<br />

hat, die verführt und verlassen<br />

wurde und an ihrem Ende all<strong>ein</strong> im Kerker<br />

ihre Hinrichtung erwartet – diese<br />

Geschichte tritt zurück hinter dem apokalyptischen<br />

Bild <strong>ein</strong>er Lebensgem<strong>ein</strong>schaft,<br />

in der Vater, Mann, Schöpfer und<br />

Gott zu <strong>ein</strong>em ‹Allerhalter, Allumfasser›<br />

verschmelzen … FaustIn and out erhebt<br />

s<strong>ein</strong>e Stimme aus dem Untergrund,<br />

bleibt aber lieber im Keller, als sich von<br />

<strong>ein</strong>em H<strong>ein</strong>rich mitnehmen zu lassen. Es<br />

will sowohl gehört als auch übergangen<br />

werden, will anwesend und abwesend<br />

zugleich s<strong>ein</strong>. Ein Stück gewordenes<br />

Frauenschicksal.» (Roland Koberg im<br />

Jahrbuch 2011 von Theater heute) «Jelineks<br />

‹Sekundärdrama› macht den Urfaust<br />

als Tragödie der konsum<strong>ist</strong>ischen<br />

Gewalt an der Frau wieder sichtbar und<br />

<strong>ist</strong> selbst <strong>ein</strong>e Tragödie der Gewalt in<br />

unserer Zeit, deren Fausts die sex­ und<br />

geldgierigen Männer und deren Meph<strong>ist</strong>os<br />

die Verkörperung <strong>ein</strong>er skrupellosen<br />

‹Le<strong>ist</strong>ungs­› und Konsumideologie, narzisstischer<br />

Verkrüppelungen und psychischen<br />

Mangels sind.» (Bärbel Lücke)<br />

12<br />

Winterreise, Münchner Kammerspiele<br />

Die Uraufführung von FaustIn and out<br />

<strong>ist</strong> im März 2012 als Teil von Goethes<br />

Faust I & II am Schauspielhaus Zürich<br />

(Regie: Dušan David Parizek).<br />

Ebenfalls im März 2012 zeigt das Theater<br />

Heidelberg in der Regie von An drea<br />

Schwalbach die Uraufführung von Jelineks<br />

gem<strong>ein</strong>sam mit Irene Dische geschriebenem<br />

Libretto Der tausendjährige<br />

Posten oder Der German<strong>ist</strong>, basierend auf<br />

Franz Schuberts Opern Der vierjährige<br />

Posten und Die Zwillingsbrüder.<br />

Außerdem hat im November 2011 Jelineks<br />

in Zusammenarbeit mit Karin<br />

Rausch entstandene Neufassung von<br />

Oscar Wildes Komödie Der ideale Mann<br />

(An Ideal Husband) Erstaufführung am<br />

Burgtheater (Akademietheater) Wien<br />

(Regie: Barbara Frey), siehe S. 36.<br />

Jelineks Winterreise, im Februar 2011<br />

in der Regie von Johan Simons an den<br />

Münchner Kammerspielen uraufgeführt<br />

und ausgezeichnet mit dem Mülheimer<br />

Dramatikerpreis 2011, wurde bzw.<br />

wird bisher nachgespielt am Badischen<br />

Staatstheater Karlsruhe (Regie: Michael<br />

Simon; ab Februar 2012 <strong>ist</strong> die Inszenierung<br />

am Theater Ingolstadt zu sehen),<br />

am Deutschen Theater Berlin (Regie: Andreas<br />

Kriegenburg), Schauspiel Frankfurt<br />

(Regie: Bettina Brui nier), Theater<br />

Oberhausen (Regie: Peter Carp), Theater<br />

Freiburg (Regie: Joachim Schloemer),<br />

Staatstheater Mainz (Regie: Jan Phi lipp<br />

Gloger), an den Städtischen Bühnen<br />

Münster (Regie: Alexander Schilling),<br />

am Deutschen National thea ter Weimar<br />

(Regie: Claudia Meyer), Staatstheater<br />

Kassel (Regie: Volker Schmalöer), Burgtheater<br />

(Akademietheater) Wien (Österreichische<br />

Erstaufführung, Regie: Stefan<br />

Bachmann), Staatstheater Stuttgart (Regie:<br />

Nora Schlocker) und am Theater<br />

St. Gallen (Schweizer Erstaufführung,<br />

Regie: Peter Ries).<br />

In der Kritikerumfrage 2011 von<br />

Thea ter heute wurde Winterreise – zusammen<br />

mit Verrücktes Blut von Nurkan<br />

Erpulat und Jens Hillje – zum besten<br />

deutschsprachigen Stück des Jahres gewählt<br />

und Karin Beiers Aufführung von<br />

Jelineks Das Werk / Im Bus / Ein Sturz<br />

(Schauspiel Köln) zur besten Inszenierung.<br />

Rechnitz (Der Würgeengel) erhielt in<br />

Hermann Schmidt­Rahmers Inszenierung<br />

am Düsseldorfer Schauspielhaus<br />

den Publikumspreis beim NRW Thea­


mir fehlt <strong>ein</strong> Schicksal.»<br />

«Seit ich hier sitze, habe ich das Gefühl,<br />

Eine Stille für Frau Schirakesch, Theater Freiburg / Theater Osnabrück<br />

tertreffen 2011; im März 2012 hat das<br />

Stück Premiere am Schauspielhaus Graz<br />

(Österreichische Erstaufführung, Regie:<br />

Michael Simon) und am Theater Chemnitz<br />

(Regie: Enrico Lübbe).<br />

Zu den weiteren Jelinek­Inszenierungen<br />

2011 / 12 gehören u. a. In den Alpen<br />

am Landestheater Linz (Regie: Chr<strong>ist</strong>ian<br />

Wittmann), Ulrike Maria Stuart<br />

am Schauspiel Essen (Regie: Hermann<br />

Schmidt­Rahmer) sowie Die Kontrakte<br />

des Kaufmanns an den Wuppertaler<br />

Bühnen (Regie: Chr<strong>ist</strong>ian von Treskow)<br />

und am Stockholmer Dramaten (Schwedische<br />

Erstaufführung, Regie: Mellika<br />

Melouani Melani).<br />

Theresia Walser<br />

Eine Stille für Frau<br />

Schirakesch<br />

4D – 2H<br />

In genau 77 Minuten soll auf dem Marktplatz<br />

von Tschundakar Frau Schirakesch<br />

gest<strong>ein</strong>igt werden. Zeitgleich beginnt im<br />

deutschen Fernsehen <strong>ein</strong>e Talkshow, die<br />

der grausamen Tat aus der Ferne still gedenken<br />

will. Eingeladen hat die Moderatorin<br />

Hilda Ludowsky dazu die junge<br />

Soldatin Rose, die kürzlich traumatisiert<br />

von <strong>ein</strong>em Militär<strong>ein</strong>satz zurückgekehrt<br />

<strong>ist</strong>, sowie ihren Vater Herrn Fahnenberg,<br />

der s<strong>ein</strong>em Namen alle Ehre macht. Daneben<br />

sitzen die Schönheitsköniginnen<br />

Ruth und Heidrun, die gerade mit <strong>ein</strong>er<br />

Bikiniparade in Tschundakar für Zündstoff<br />

sorgten, und Herr Gert, <strong>ein</strong> General,<br />

dessen Truppe auf dem Markt von<br />

Tschundakar immerhin <strong>ein</strong> Dixie­Klo<br />

aufbauen konnte, um den Frauen dort<br />

das Leben zu erleichtern. Noch bevor die<br />

Sendung losgeht, geraten die Gäste an<strong>ein</strong>ander.<br />

Schon an dem Begriff «Krieg»<br />

scheiden sich die Ge<strong>ist</strong>er, und von Stille<br />

kann in der eskalierenden Debatte um<br />

Aufklärung und Menschenrechte bald<br />

nicht mehr die Rede s<strong>ein</strong>.<br />

Mit Eine Stille für Frau Schirakesch<br />

hat Theresia Walser ihr bisher wohl<br />

politischstes Stück geschrieben: «Die<br />

gepfeffertste Satire seit langem. Denn<br />

Walser holt nicht nur weit aus, sondern<br />

trifft in ihrem virtuosen Rundumschlag<br />

auch die ganze Bandbreite des Politpalavers<br />

zwischen Arroganz und Zynismus,<br />

Verlegen­ und Verlogenheit, Opportunismus<br />

und Ohnmacht, Selbstdarstellungsdrang<br />

und Solidaritätsgesäusel.»<br />

(Frankfurter Allgem<strong>ein</strong>e Zeitung)<br />

«(Ihre Figuren) verlieren sich im aus<br />

Halbwissen geborenen Betroffenheitsgerede,<br />

das in sarkastisch­komische<br />

Dialoge mündet und aus der westlichen<br />

Werte­ <strong>ein</strong>e groteske Wartegem<strong>ein</strong>schaft<br />

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verunsicherter Selbstdarsteller macht.»<br />

(Süddeutsche Zeitung) «Die Konflikte<br />

des Abendlandes mit dem Islam bringt<br />

Walser sehr komisch auf den Punkt …<br />

In ihrer wunderbar leichten, bissigen,<br />

bitterbösen Komödie enttarnt sie die<br />

Wortwaffen in der Kriegsdebatte der<br />

vergangenen Jahre, macht die Taktik<br />

der Teilnehmer nachvollziehbar – und<br />

zwingt den Zuschauer, die eigene Position<br />

zu hinterfragen.» (Nachtkritik)<br />

Eine Stille für Frau Schirakesch entstand<br />

als Auftragswerk für das Theater Freiburg<br />

in Kooperation mit dem Theater<br />

Osnabrück, wo im September 2011 in<br />

der Regie von Annette Pullen die Uraufführung<br />

war, bevor die Produktion im<br />

Oktober in Freiburg Premiere hatte.<br />

Das Stück war in Theater heute<br />

10 / 2011 abgedruckt.<br />

Im November 2010 wurde am Nationaltheater<br />

Mannheim Die ganze Welt<br />

uraufgeführt (Regie: Burkhard C. Kosminski),<br />

das Theresia Walser gem<strong>ein</strong>sam<br />

mit Karl­H<strong>ein</strong>z Ott geschrieben hat.<br />

«Spätestens seit Kurt Tucholsky und<br />

Loriot wissen wir: Männer und Frauen<br />

passen nicht zusammen. Walser und<br />

Ott setzen noch <strong>ein</strong>s drauf: Mensch und<br />

Mensch, das kann nicht gut gehen. In<br />

Die ganze Welt finden sie <strong>ein</strong>e originelle<br />

Variante der Wer­hat­Angst­vor­Virginia­Woolf­Kampfzonen<br />

… Wie in <strong>ein</strong>em<br />

zerbrochenen Spiegel reflektieren sich<br />

die ramponierten Lebensentwürfe: Es<br />

geht um Lebenslügen, die man niemandem<br />

nehmen soll, will man ihm nicht<br />

s<strong>ein</strong>e Hoffnung auf <strong>ein</strong> bisschen Glück<br />

rauben. Es geht also auch um Glücksvorstellungen,<br />

ums Verschweigen von<br />

14<br />

Realitäten und vom großen Crash, wenn<br />

die nackte Wahrheit nicht mehr bemäntelt<br />

werden kann.» (Nachtkritik) «Ein<br />

prachtvolles Stück Literatur voller Lebensklugheit<br />

und Witz – <strong>ein</strong>es der besten<br />

neuen Dramen der jüngeren Zeit überhaupt.»<br />

(Wiesbadener Tagblatt)<br />

Nachgespielt wird Die ganze Welt in<br />

dieser Saison am Wallgraben Theater,<br />

Freiburg (Regie: Heidi Gohde) und am<br />

Staats thea ter Cottbus (Regie: Mario<br />

Holetzeck). Außerdem hatte Walsers<br />

Ein bisschen Ruhe vor dem Sturm im<br />

Oktober 2011 an den Hamburger Kammerspielen<br />

Premiere (Regie: Michael<br />

Bogdanov).<br />

Juli Zeh<br />

203<br />

6 Darsteller/innen<br />

Als Daniel Marker <strong>ein</strong>es Tages aus tiefem<br />

Schlaf erwacht, findet er sich in<br />

Raum 203 zu <strong>ein</strong>em Mann verwandelt,<br />

der Thomas heißt. Drei fremde Menschen<br />

umringen ihn und behaupten,<br />

s<strong>ein</strong>e Familie zu s<strong>ein</strong>, deren konfliktgeladene<br />

Vergangenheit sie ihm schrittweise<br />

enthüllen. Durchlebt Daniel, der erfolgsverwöhnte<br />

Banker, dem allerdings<br />

gerade <strong>ein</strong> Millionen­Deal geplatzt <strong>ist</strong>,<br />

<strong>ein</strong>fach <strong>ein</strong>en Albtraum? Oder <strong>ist</strong> das,<br />

was bisher für ihn Wahrheit war, nichts<br />

als <strong>ein</strong>e Täuschung? Beklemmend real<br />

sind jedenfalls die Wärterinnen, die<br />

Raum 203 bewachen, s<strong>ein</strong>e Bewohner<br />

mit großen Spritzen gegen Krankheiten<br />

impfen und wie Mastvieh brutal<br />

zwangsernähren. Immer gründlicher<br />

wird Daniels alte Ex<strong>ist</strong>enz von <strong>ein</strong>er<br />

neuen abgelöst, was jedoch nur die Nebenwirkung<br />

<strong>ein</strong>es ganz anderen, perfiden<br />

Plans <strong>ist</strong>.<br />

203 entstand als Auftragswerk für das<br />

Düsseldorfer Schauspielhaus, wo im<br />

April 2011 die Uraufführung war (Regie:<br />

Hans­Ulrich Becker). «Mit pointierter<br />

Schärfe und augenzwinkernder


«Erinnerungen. Zum größten Teil haben sie<br />

mit der Wirklichkeit gar nichts zu tun …<br />

Der Mensch erzählt sich s<strong>ein</strong> Leben wie <strong>ein</strong>e Geschichte,<br />

Selbstironie konstruiert Juli Zeh Dialoge<br />

und <strong>ein</strong>en Plot, die im Gewand der<br />

Groteske quer durch den Leitartikel­<br />

Garten pflügen. Tierhaltung und Bio,<br />

BKA und Bankenaufsicht, Rechtsstaat<br />

und Gehirnwäsche, Freiheit kontra Sicherheit<br />

… Gewitzt und gescheit, was<br />

ja in der zeitgenössischen Dramatik<br />

selten genug der Fall <strong>ist</strong>.» (Süddeutsche<br />

Zeitung) «Ein glänzendes Enthüllungsdrama<br />

mit halb politischer, halb poetisch­philosophischer<br />

Botschaft. Denn<br />

tatsächlich <strong>ist</strong> (hier) niemand unschuldig.<br />

Der Staat hat die Entsorgung von<br />

Schwerkriminellen hoch ökonomisch<br />

geregelt, indem er sie mästen lässt, um<br />

sie dann als leckeren Braten auf EU­<br />

Festbanketten zu servieren … Raum<br />

203 le<strong>ist</strong>et Widerstand – nicht durch<br />

Flucht oder Revolte, sondern durch das<br />

Erzählen von Geschichten. Deren Material<br />

liefern Zeitungen, die Wärterin­<br />

203, Düsseldorfer Schauspielhaus<br />

mit sich selbst als Hauptfigur.»<br />

nen oder die eigene Biographie … Das<br />

Stück <strong>ist</strong> weniger Anklage gegen <strong>ein</strong>en<br />

fasch<strong>ist</strong>ischen Überwachungs­ und Entsorgungsapparat<br />

als vielmehr tröstliche<br />

Aufklärung: Geschichten sind Überlebens­Mittel.<br />

Jenseits von Wahrheit oder<br />

Lüge, unter den Bedingungen von totaler<br />

Kontrolle oder totalem Ausgelieferts<strong>ein</strong><br />

geben sie, was jeder braucht: Identität.»<br />

(Deutschlandradio)<br />

Zurzeit schreibt Juli Zeh gem<strong>ein</strong>sam<br />

mit Charlotte Roos für das Staatsthea<br />

ter Braunschweig an <strong>ein</strong>em neuen<br />

Auftragswerk, dessen Uraufführung im<br />

Rahmen des Festivals Theaterformen<br />

und in Koproduktion mit dem z / k / m<br />

Zagreb im Juni 2012 s<strong>ein</strong> wird (Regie:<br />

Ivica Buljan).<br />

Zehs Stück Good Morning, Boys and<br />

Girls, im April 2010 am Düsseldorfer<br />

Schauspielhaus uraufgeführt (Regie:<br />

Stephan Rottkamp), hat in dieser Saison<br />

Premiere am Theater Ulm (Oktober<br />

2011, Regie: Katja Langenbach), an der<br />

Badischen Landesbühne Bruchsal (Januar<br />

2012, Regie: Joerg Bitterich) sowie<br />

im Herbst 2012 am Theater Heilbronn.<br />

Weiter nachgespielt wurden bzw. werden<br />

2011 / 12 auch Corpus Delicti, u. a.<br />

am Schauspiel Essen (April 2011, Regie:<br />

Florian von Hoermann), Landestheater<br />

Tübingen (April 2011, Regie:<br />

Jenke Nordalm) und am Staatstheater<br />

Braunschweig (Juni 2011, Regie: Crescentia<br />

Dünßer) sowie Der Kaktus, u. a.<br />

am Thea ter Phönix, Linz (Januar 2011,<br />

Regie: Esther Muschol), Innsbrucker<br />

Kellertheater (Januar 2011,<br />

Regie: Alexander Kratzer),<br />

Theater Freiberg / Döbeln<br />

(Februar 2011, Regie: Andreas<br />

Pannach), an der Studiobühne<br />

Bayreuth (März<br />

2011, Regie: Birgit Franz),<br />

am Wiener Theater Drachengasse<br />

(März 2011, Regie:<br />

Chr<strong>ist</strong>ine Wipplinger)<br />

und am Thea ter Erlangen<br />

(Mai 2011, Regie: Johannes<br />

Wenzel).<br />

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Ulrike Syha<br />

16<br />

Radikale<br />

Besetzung variabel<br />

Die Stimmung <strong>ist</strong> katastrophisch: Euro­<br />

Krise, Stuttgart 21, Krieg in Afghan<strong>ist</strong>an,<br />

Streiks im Nahverkehr – globale<br />

Erschütterungen hallen auf lokaler<br />

Ebene wider, Privates und Politisches<br />

vermischen sich, bis Unterschiede kaum<br />

mehr auszumachen sind. Das Resultat<br />

<strong>ist</strong> <strong>ein</strong> diffuses kollektives Unbehagen,<br />

<strong>ein</strong>e leicht entflammbare Gemengelage,<br />

die in Ulrike Syhas neuem Stück wie in<br />

<strong>ein</strong>em Druckluftkessel brodelt. Erstmals<br />

verzichtet Syha auf <strong>ein</strong>e durchgehende<br />

Handlung und klar konturierte Charaktere;<br />

stattdessen zoomt sie auf Menschenansammlungen<br />

an Bushaltestellen<br />

oder in S­Bahnen, in Großraumbüros<br />

oder Fußgängerzonen und fischt aus<br />

der Masse Einzelstimmen heraus. Aufgeschnappte<br />

Dialogfetzen oder innere<br />

«Wir<br />

kommunizieren<br />

nicht, wir<br />

überwachen<br />

<strong>ein</strong>ander bloß.»<br />

Herr Schuster kauft <strong>ein</strong>e Straße, Nationaltheater Mannheim<br />

Monologe, die normalerweise ungehört<br />

bleiben, erzählen von gescheiterten<br />

Lebensentwürfen, Le<strong>ist</strong>ungsdruck<br />

und angestauter Aggression, trivialen<br />

Alltagssorgen und nackter Ex<strong>ist</strong>enzangst.<br />

Wechselnd zwischen chorischen<br />

Passagen und leisen Soli, Momenten<br />

voller Tragik und abgründiger Komik,<br />

verdichtet sich Radikale zur «Symphonie<br />

<strong>ein</strong>er Großstadt», die <strong>ein</strong>e aus dem<br />

Takt geratene Gesellschaft zeigt und in<br />

der gleich mehrere Zeitbomben ticken.<br />

Radikale entstand als Auftragswerk für<br />

das Theater Chemnitz, wo im Februar<br />

2012 die Uraufführung s<strong>ein</strong> wird (Regie:<br />

<strong>Dieter</strong> Boyer).<br />

Zuletzt wurde im September 2010 am<br />

Nationaltheater Mannheim, dessen<br />

Haus autorin Ulrike Syha in der Spielzeit<br />

2009 / 10 war, Herr Schuster kauft <strong>ein</strong>e<br />

Straße uraufgeführt (Regie: Mirja Biel<br />

und Joerg Zboralski). Das Stück war in<br />

Theater heute 11 / 2010 abgedruckt und<br />

hat im November 2011 österreichische<br />

Erstaufführung am Thea ter Drachengasse,<br />

Wien (Regie: Katrin Schurich). An<br />

selber Stelle und in derselben Regie war<br />

im Februar 2011 auch die österreichische<br />

Erstaufführung von Fracht (Nautisches<br />

Denken I – IV): «Syha bewe<strong>ist</strong><br />

<strong>ein</strong>mal mehr, dass sie zu Deutschlands<br />

witzigsten Autorinnen zählt.» (Falter)<br />

«Man könnte sie als die triumphale Komödienschreiberin<br />

der Wirtschaftsblase<br />

bezeichnen.» (Der Standard)<br />

Außerdem hatte im Februar 2011 am<br />

Theater Basel Syhas Bühnenfassung<br />

von John St<strong>ein</strong>becks Roman Jenseits<br />

von Eden Uraufführung (Regie: Peter<br />

Kastenmüller), von der weitere Inszenierungen<br />

in Vorbereitung sind, siehe S. 33.


Gerhild St<strong>ein</strong>buch<br />

Das kalte Herz<br />

nach Wilhelm Hauff<br />

2D – 5H<br />

Die Zeiten, in denen man sich in Peters<br />

Stadt vor dem Holländer­Michel fürchtete,<br />

der <strong>ein</strong>em das Herz herausriss, sind<br />

vorbei. An das Glasmännchen, das <strong>ein</strong>em<br />

Sonntagskind zum Glück verhilft,<br />

glaubt erst recht k<strong>ein</strong>er mehr. Glück, das<br />

wäre für Peters Freunde höchstens, vom<br />

Fernsehen entdeckt zu werden. S<strong>ein</strong>er<br />

Mutter würde es schon reichen, wenn<br />

ihr Sohn k<strong>ein</strong> Versager wäre wie s<strong>ein</strong><br />

Vater Michel, der im Keller wohnt und<br />

vergessen hat, wer er <strong>ist</strong>. Und Mutters<br />

Lebensgefährte Glasmann hofft bloß,<br />

dass Peter endlich auszieht.<br />

Aber Peter hat weder Lust, sich mit<br />

s<strong>ein</strong>en Freunden bei Schlägereien auszutoben,<br />

noch den Weg in die Kl<strong>ein</strong>bür­<br />

gerlichkeit anzutreten; für die ewigen<br />

Ratgeberweisheiten des Glasmanns hat<br />

er nichts als Verachtung übrig. Er träumt<br />

vom Anderss<strong>ein</strong> und kann doch nichts<br />

ändern – bis er Lisbeth begegnet und<br />

von ihr lernt, wie man sich <strong>ein</strong> neues<br />

Leben herbeilügt. Plötzlich <strong>ist</strong> die alte<br />

Welt verschwunden, und Peter <strong>ist</strong> <strong>ein</strong><br />

Held, gefeiert und bewundert, mit schöner<br />

Frau, schöner Wohnung und ohne<br />

irgend<strong>ein</strong> Problem. Doch nach und<br />

nach regt sich Widerstand in Peters<br />

zwangsoptimierter Umgebung, <strong>ein</strong><br />

Widerstand, dessen er nicht mehr<br />

Herr werden kann.<br />

«Warum hasst du mich, wenn ich versuch alles richtig zu machen.»<br />

Das kalte Herz, <strong>ein</strong>es der düstersten<br />

Märchen Wilhelm Hauffs, stellt die<br />

Frage nach dem Preis des Glücks<br />

ohne Verstand und der Gier ohne<br />

Mitmenschlichkeit. Auch in Gerhild<br />

St<strong>ein</strong>buchs Neuinterpretation sind<br />

die Menschen weder klüger noch<br />

großherziger geworden. Von den<br />

Märchen sind ihnen bloß die Lügen<br />

geblieben. Die Sehnsucht wird davon<br />

nicht kl<strong>ein</strong>er – aber wie kann<br />

dann am Ende alles gut werden?<br />

Das kalte Herz entstand im Auftrag<br />

des Theaters Chemnitz, wo im November<br />

2011 die Uraufführung s<strong>ein</strong><br />

wird (Regie: Schirin Khodadadian).<br />

«Ja das <strong>ist</strong> das Ortsschild<br />

Ja hier endet die Welt»<br />

Herr mit Sonnenbrille<br />

2D – 2H – 1 weitere/r Darsteller/in<br />

Ein Dorf in den Bergen. Die Landschaft:<br />

dramatisch bis pittoresk. Früher war<br />

hier die Stahlindustrie zu Hause, seit<br />

aber die Fabrik stillgelegt wurde, setzt<br />

das Dorf ganz auf Tourismus. Nur leider<br />

funktioniert das nicht mehr wie gedacht.<br />

Die Tour<strong>ist</strong>en kommen kurz und bleiben<br />

nicht, oder sie kommen gar nicht erst.<br />

Ab und zu stürzt sich <strong>ein</strong> Arbeitsloser<br />

von <strong>ein</strong>em malerischen Felsen, und die<br />

Dorfjugend hat außer Sex auch k<strong>ein</strong>e<br />

sinnvolle Beschäftigung mehr. Dennoch<br />

<strong>ist</strong> man hier stolz auf sich. Der Ort, die<br />

Landschaft, die Gem<strong>ein</strong>schaft, nicht<br />

zu vergessen die Tradition: So etwas<br />

schafft Identität, die <strong>ein</strong>em k<strong>ein</strong>er nehmen<br />

kann. «Wenn du drin b<strong>ist</strong> willst<br />

du immer mal raus klar aber raus wird<br />

allgem<strong>ein</strong> überbewertet.» Ausbruchsversuche<br />

sind zwecklos – wohin sollte<br />

es auch gehen? Trotzdem versuchen Er<br />

und Sie den Aufstand gegen das immer<br />

gleiche Wir und kämpfen letztlich doch<br />

nur gegen sich selbst. Ein Kampf, den sie<br />

nur verlieren können: Sie bleiben und<br />

begegnen sich schließlich selbst, <strong>ein</strong>em<br />

alten, desillusionierten Paar, für das die<br />

Zukunft bloß <strong>ein</strong>e Erinnerung <strong>ist</strong>.<br />

Herr mit Sonnenbrille entstand im Auftrag<br />

des Schauspielhaus Wien und wur­<br />

www.rowohlt-theater.de 17


de dort in der Regie von Robert Borgmann<br />

im Februar 2010 uraufgeführt.<br />

«Ein Heimatstück für Hartgesottene …<br />

St<strong>ein</strong>buch erzählt von <strong>ein</strong>em Paar, in<br />

jüngerer und älterer Version, und von<br />

<strong>ein</strong>em weggelegten Kind. Doch sie erzählt<br />

viel mehr, bohrt den Finger tief in<br />

die Wunde österreichischer Befindlichkeit.<br />

Und das sogar mit (Galgen­)Humor.<br />

Sie berichtet von <strong>ein</strong>em Land, an<br />

dem sich die Vergangenheit so festkrallt,<br />

dass die Zukunft nicht beginnen kann.<br />

Von Verdrängung als Lebensphilosophie.<br />

Von Alltagsfaschismus, ­katholizismus,<br />

von Alltagsbrutalität.» (Kurier)<br />

Im März 2012 kommt das Stück in <strong>ein</strong>er<br />

überarbeiteten Fassung am Theater<br />

Chemnitz zur deutschen Erstaufführung<br />

(Regie: Mirja Biel und Joerg Zboralski).<br />

Ebenfalls am Schauspielhaus Wien<br />

wurde im März 2010 im Rahmen der<br />

X Gebote­Reihe Gerhild St<strong>ein</strong>buchs<br />

Kurzstück Vier Wörter für <strong>ein</strong> besseres<br />

Leben uraufgeführt (Regie: Daniela<br />

Kranz), das sich mit dem Gebot «Du<br />

sollst nicht ehebrechen» aus<strong>ein</strong>andersetzt.<br />

«In Wirklichkeit <strong>ist</strong> es doch so:<br />

Jeder sucht sich s<strong>ein</strong>e Sicherheit. Und<br />

die vertragliche Festklopfung <strong>ein</strong>er Ur­<br />

Sicherheit, der Idee <strong>ein</strong>er Liebe, <strong>ist</strong> natürlich<br />

<strong>ein</strong>e f<strong>ein</strong>e Sache … [Ich] ziehe<br />

mich zurück auf privates Territorium,<br />

das in vertraglichter Eheform zum öffentlichen<br />

Standpunkt wird: Wie man<br />

leben soll und wo ich mich befinde im<br />

Verhältnis dazu, nämlich mittendrin.»<br />

(Gerhild St<strong>ein</strong>buch)<br />

Im November 2010 kam außerdem<br />

am Theater Konvikt in Olmütz Gerhild<br />

St<strong>ein</strong>buchs kopftot zur tschechischen<br />

18<br />

«Sie war die Art<br />

von Person, die<br />

Ihnen in die Augen<br />

blickt und die<br />

Wahrheit sagt,<br />

selbst wenn die<br />

Wahrheit <strong>ein</strong>e<br />

unangenehme<br />

Wahrheit <strong>ist</strong>. Sie<br />

konnte gar nicht<br />

lügen.»<br />

Erstaufführung (Regie: Jan Zurek). Im<br />

Oktober 2011 wurde beim steirischen<br />

herbst, Graz, die Audiowalk­Performance<br />

Am Schönsten <strong>ist</strong> das was bereits<br />

verschwunden <strong>ist</strong> (Regie: Julie Pfleiderer)<br />

uraufgeführt.<br />

Katharina Schmitt<br />

Jugendbildnis<br />

Besetzung variabel<br />

Woran macht sich Jugend fest, woran<br />

Erinnerung? Katharina Schmitts<br />

Stück schleust den Zuschauer durch<br />

<strong>ein</strong> Museum der Pubertät in elf Gegenständen.<br />

Die Ausstellungsobjekte wurden<br />

von verschiedenen Besitzern zur<br />

Verfügung gestellt. Das Jugendbildnis,<br />

das sich daraus ergibt, <strong>ist</strong> so disparat<br />

und widersprüchlich wie die Aussagen<br />

der Eigentümer. Ihr Andenken kre<strong>ist</strong><br />

um <strong>ein</strong> sich entziehendes Zentrum der<br />

Betrachtung: das Kind, die Jugendliche,<br />

während die Gegenstände <strong>ein</strong> immer<br />

stärkeres Eigenleben gewinnen.<br />

«Das Kind im Wagen <strong>ein</strong>es Karussells. /<br />

Es <strong>ist</strong> der <strong>ein</strong>zige Fahrgast, der Wagen<br />

sieht aus wie <strong>ein</strong> Flugzeug. / Das Kind <strong>ist</strong><br />

elf Jahre alt. / S<strong>ein</strong> Geschlecht <strong>ist</strong> schwer<br />

auszumachen. / Es sieht aus wie <strong>ein</strong> Junge.<br />

/ Es sieht aus wie <strong>ein</strong> Mädchen, das<br />

aussieht wie <strong>ein</strong> Junge. / Es sitzt in <strong>ein</strong>em<br />

Karussell und es lacht nicht. / Sehen


«Phantasie hab ich k<strong>ein</strong>e nur Tagträume von Erfolg»<br />

Sie. / Erinnern Sie sich an dieses Bild. / Erinnern<br />

Sie sich. Sie müssen sich beeilen,<br />

Sie müssen sich mehr Mühe geben. / Bitte<br />

strengen Sie sich mehr an. / Die Gegenstände<br />

werden langsam kalt.»<br />

Jugendbildnis entstand als Auftragswerk<br />

für das Thalia Theater Hamburg,<br />

wo im Februar 2012 die Uraufführung<br />

s<strong>ein</strong> wird (Regie: Benedikt Haubrich).<br />

Katharina Schmitts Stück Sam wird im<br />

März 2012 am Hessischen Staats thea ter<br />

Wiesbaden uraufgeführt (Regie: Tilman<br />

Gersch), gefolgt von Inszenierungen<br />

am Theater Bielefeld (Mai 2012, Regie:<br />

Patrick Schimanski) und am Prager<br />

Kammer theater (Tschechische Erstaufführung,<br />

April 2012, Regie: Kamila Polivkova).<br />

Im Rahmen ihrer Residency<br />

an Robert Wilsons Watermill Centre in<br />

New York im April 2012 wird die Autorin<br />

<strong>ein</strong>e englischsprachige Inszenierung<br />

von Sam erarbeiten. Gleich zwei Stücke<br />

von Katharina Schmitt werden vom<br />

Deutschlandradio als Hörspiele produziert<br />

und im November 2011 urgesendet<br />

(Sam, Regie: Martin Schulze, und<br />

Knock­out, Regie: Katharina Schmitt).<br />

Laura Naumann<br />

demut vor d<strong>ein</strong>en taten baby<br />

3D<br />

Ein herrenloser Koffer in der Damentoilette<br />

<strong>ein</strong>es deutschen Flughafens<br />

löst Terroralarm aus. Die Toilette wird<br />

großräumig abgeriegelt, der Flughafen<br />

evakuiert. Zurück bleiben nur Bettie,<br />

Mia und Lore, die hilflos in ihren Klokabinen<br />

festsitzen. Eben <strong>ein</strong>ander noch<br />

völlig fremd, erwarten sie gem<strong>ein</strong>sam<br />

die Katastrophe, Freundinnen fürs Leben,<br />

wie kurz es auch nur noch s<strong>ein</strong> mag.<br />

Aber der große Knall bleibt aus, die Sicherheitskräfte<br />

geben Entwarnung, «es<br />

riecht nach Frühling und Geburt die<br />

Vögel singen auch und irgend<strong>ein</strong> goldener<br />

Glitzer liegt auf uns allen drauf».<br />

Lebenskrisen, Depression und Einsamkeit<br />

– nichts davon hat irgend<strong>ein</strong>e Bedeutung<br />

neben dem Gefühl, gerade noch<br />

<strong>ein</strong>mal davongekommen zu s<strong>ein</strong>. Dieses<br />

Gefühl <strong>ist</strong> zu groß für die drei all<strong>ein</strong>,<br />

dieses Gefühl will in die Welt getragen<br />

s<strong>ein</strong>. Und plötzlich <strong>ist</strong> die Idee da: Ein<br />

Anschlagsimulator muss<br />

her, «dafür müssen wir<br />

nicht mal was bauen wir<br />

können das machen wir<br />

gehen an die Orte wir sind<br />

die Terror<strong>ist</strong>en wir machen<br />

die Leute erleben».<br />

Das Konzept geht auf,<br />

besser als gedacht. Das<br />

Frauentrio überfällt Discos und Supermärkte.<br />

Allmählich wird die Regierung<br />

aufmerksam, doch statt <strong>ein</strong>zuschreiten,<br />

kauft sie die Idee. Die drei expandieren;<br />

die Stimmung im Land steigt, die Geburtenrate<br />

wächst und die Wirtschaft<br />

gleich mit. Leichtsinn macht sich breit.<br />

Ein bisschen zu viel Leichtsinn für all<br />

die, die ihr Geschäft mit Pflichtbewussts<strong>ein</strong>,<br />

Angst und Sorge machen. Es muss<br />

wieder Ernst <strong>ein</strong>kehren in Deutschland,<br />

und es gibt auch schon <strong>ein</strong>en Plan …<br />

Laura Naumann studiert an der Universität<br />

Hildesheim kreatives Schreiben<br />

und Kulturjournalismus und <strong>ist</strong> Mitglied<br />

des Theaterkollektivs machina<br />

eX. Im Herbst 2011 nahm sie an den<br />

Werkstatttagen des Wiener Burgtheaters<br />

teil. Zuletzt wurde von Laura Naumann<br />

im August 2011 süßer vogel undsoweiter<br />

am Australian Theatre for Young<br />

People in Sydney uraufgeführt (Regie:<br />

Laura Scrivano).<br />

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Lars Norén<br />

20<br />

Liebesspiel<br />

Dämonen, Schaubühne am Lehniner Platz, Berlin<br />

(Om kärlek)<br />

2D – 3H<br />

Deutsch von Katja Hagedorn<br />

A und B haben <strong>ein</strong>en siebenjährigen<br />

Sohn. Schon lange sprechen sie darüber,<br />

<strong>ein</strong> zweites Kind zu bekommen und <strong>ein</strong><br />

Haus zu kaufen, aber seit <strong>ein</strong>iger Zeit<br />

bringt B nur noch wenig Interesse für<br />

die gem<strong>ein</strong>samen Zukunftspläne auf. C<br />

und D wünschen sich seit Jahren vergeblich<br />

<strong>ein</strong> Kind. Alle Behandlungen sind<br />

fehlgeschlagen, jetzt denken sie an <strong>ein</strong>e<br />

Adoption. Die Zeitebenen verschieben,<br />

die Geschichten überlappen sich: C hat<br />

<strong>ein</strong>e Affäre mit B. C und D sind seit langem<br />

getrennt, Bs und As Ehe scheitert,<br />

<strong>ein</strong>e weitere Figur, E, tritt auf – s<strong>ein</strong>e Beziehung<br />

<strong>ist</strong> vor langer Zeit zerbrochen,<br />

nachdem das kl<strong>ein</strong>e Mädchen, das s<strong>ein</strong>e<br />

Exfrau und er adoptiert hatten, schon<br />

nach wenigen Monaten starb. Aber <strong>ist</strong><br />

das nicht eigentlich Cs Vergangenheit,<br />

die sich in die Gegenwart drängt? Dann<br />

wird B schwanger, und Cs Kinderwunsch<br />

sch<strong>ein</strong>t sich endlich zu erfüllen.<br />

Aber B entschließt sich, das Kind nicht<br />

auf die Welt zu bringen.<br />

In Liebesspiel erwe<strong>ist</strong> sich Lars Norén<br />

<strong>ein</strong> weiteres Mal als Me<strong>ist</strong>er im Sezieren<br />

«Ein asketisches Me<strong>ist</strong>erwerk.» Dagens Nyheter<br />

menschlicher Beziehungen. Psychologische<br />

Präzision und größte Allgem<strong>ein</strong>gültigkeit<br />

verbinden sich in <strong>ein</strong>em Stück,<br />

das aufs Wesentlichste reduziert <strong>ist</strong>:<br />

«Ein Kammerspiel über die alltäglichsten<br />

aller Dinge: Beziehungen, Unfruchtbarkeit,<br />

Untreue, jemand stirbt, <strong>ein</strong><br />

Streit, so trivial, dass man schnell vergessen<br />

hat, zwischen wem und warum.<br />

Wie in <strong>ein</strong>er Seifenoper – aber ohne den<br />

Seifenschaum, ohne die grellen Töne falscher<br />

Intimität. Nackt, aller unsinnigen<br />

Ausreden beraubt.» (Dagens Nyheter)<br />

Liebesspiel wurde im Januar 2010 am<br />

Stockholmer Dramaten uraufgeführt<br />

und im Juli 2011 auch am Teatro Municipal<br />

de Almada in Portugal gezeigt. Die<br />

deutschsprachige Erstaufführung <strong>ist</strong> im<br />

Januar 2012 am Schauspiel Frankfurt<br />

(Regie: Alexander Frank).<br />

Seit März 2010 zeigt die Schaubühne<br />

am Lehniner Platz, Berlin, Lars Noréns<br />

Dämonen (Regie: Thomas Ostermeier),<br />

das auch in Gastspielserien in Ma drid,<br />

Paris und Lyon lief. «Vom Grusel­Boulevard<br />

in die Psychonummer und zurück,<br />

von der verklemmten Contenance


«Wenn man dir die Rolle des Godot anbieten würde, würdest du<br />

die dann übernehmen?» – «Na ja … find ich eher so ’ne typische Männerrolle. Und ich find<br />

das Stück auch <strong>ein</strong> bisschen überholt.»<br />

in die schamfreie Entblößung … (Ein<br />

Abend), der sich k<strong>ein</strong>en Illusionen mehr<br />

hingibt: Dieses seelische Prekariat rettet<br />

k<strong>ein</strong> Gott, k<strong>ein</strong> Geld und k<strong>ein</strong> guter Geschmack<br />

… Trostlos <strong>ist</strong> das, und ziemlich<br />

fesselnd anzuschauen.» (Theater heute)<br />

Dämonen hatte außerdem im November<br />

2010 am Akropolis Theater Helios<br />

in Athen, im Februar 2011 am Grand<br />

Théâtre de Luxembourg sowie im September<br />

2011 bei De Queeste in Hasselt,<br />

Belgien, Premiere und wird im November<br />

2011 auch am Staatstheater Kaunas<br />

in Litauen gezeigt. Im September bzw.<br />

Oktober 2010 war an den Städtischen<br />

Bühnen Münster und am Theaterlabor<br />

Darmstadt die Premiere von 20. November,<br />

das im Januar 2011 auch im<br />

Atelier Theater in Sopot, Polen, sowie<br />

im Frühjahr und Herbst 2011 in zwei<br />

Tourneeproduktionen in Portugal aufgeführt<br />

wurde. Im April 2011 zeigte das<br />

Orange Tree Theatre, Richmond / London,<br />

Lars Noréns Herbst und Winter.<br />

Maria Goos<br />

Der letzte Vorhang<br />

(Doek!)<br />

1D – 1H<br />

Deutsch von Rainer Kersten<br />

Die Bühnenstars Lies und Richard galten<br />

<strong>ein</strong>st als Traumpaar à la Liz Taylor<br />

und Richard Burton. Dann heiratete Lies<br />

<strong>ein</strong>en reichen Arzt, beendete ihre Karriere<br />

und zog nach Südfrankreich. Richard<br />

blieb dem Theater treu und tingelt nach<br />

wie vor über die Lande. Mit s<strong>ein</strong>en Allüren,<br />

s<strong>ein</strong>em Größenwahn und besonders<br />

s<strong>ein</strong>em Alkoholkonsum hat er<br />

allerdings schon so manche Partnerin<br />

vergrault. Ausgerechnet bei den Proben<br />

zu dem Stück, das Lies und ihn damals<br />

berühmt machte (und das fatal an Wer<br />

hat Angst vor Virginia Woolf? erinnert),<br />

kommt es zum Eklat: W<strong>ein</strong>end verlässt<br />

Jojanneke, die Richards Gattin spielen<br />

soll und leider ziemlich unbegabt <strong>ist</strong>, die<br />

Szene und kehrt nicht zurück. Kurzfr<strong>ist</strong>ig<br />

helfen kann jetzt nur noch Lies – die<br />

sich zum Glück in Frankreich längst<br />

<strong>ein</strong> bisschen langweilt. Nach über zehn<br />

Jahren treffen Lies und Richard erstmals<br />

wieder auf<strong>ein</strong>ander, und die Mischung,<br />

die dabei entsteht, <strong>ist</strong> hochexplosiv.<br />

Der letzte Vorhang <strong>ist</strong> <strong>ein</strong> Geschenk für<br />

zwei Schauspieler, die übergangslos in<br />

die unterschiedlichsten Rollen schlüpfen.<br />

In schnellem Tempo wechselt Maria<br />

Goos zwischen Vergangenheit und Gegenwart:<br />

Die Darstellerin von Lies spielt<br />

nicht nur sich selbst (als heute 50­Jährige,<br />

als junge Frau, als Kate im Stück­im­<br />

Stück), sondern ebenso Jojanneke, die<br />

tölpelhafte Kollegin. Ebenso sieht man<br />

Richard in verschiedenen Stadien s<strong>ein</strong>er<br />

Biographie oder – in <strong>ein</strong>em genüsslichboshaften<br />

Porträt – als Lies’ unbedarften<br />

Ehemann. Wilder Slapstick wird von<br />

anrührenden Momenten abgelöst; alte<br />

Wunden reißen auf, und Lies und Richard<br />

müssen frühere Entscheidungen<br />

neu überdenken. Goos’ Stück gleicht<br />

<strong>ein</strong>er Achterbahnfahrt der Gefühle: <strong>ein</strong><br />

komisches Spiel der Kunst um die todernsten<br />

Dinge des Lebens.<br />

Der letzte Vorhang wurde im Oktober<br />

2010 an der Stadsschouwbourg Haarlem<br />

uraufgeführt, tourte anschließend<br />

durch Holland und hatte danach <strong>ein</strong>e<br />

ausverkaufte Vorstellungsserie am Amsterdamer<br />

DeLaMar Theater. Zurzeit<br />

sind zahlreiche internationale Produktionen<br />

in Vorbereitung, darunter in London<br />

und New York. Die deutschsprachige<br />

Erstaufführung <strong>ist</strong> im Dezember<br />

2011 am Renaissance­Theater, Berlin,<br />

mit Suzanne von Borsody und Guntbert<br />

Warns als Lies und Richard (Regie: Antoine<br />

Uitdehaag).<br />

Ebenfalls am Renaissance­Theater war<br />

2006 die deutschsprachige Erstaufführung<br />

von Goos’ Alte Freunde (Cloaca),<br />

das seither vielfach nachgespielt wurde<br />

und in Deutschland sowie in der Schweiz<br />

auf Tournee ging.<br />

www.rowohlt-theater.de 21


Davide Carnevali<br />

22<br />

Sweet Home Europa<br />

Deutsch von Sabine Heymann<br />

1D – 2H<br />

Nur drei Figuren braucht Davide Carnevali,<br />

um Mechanismen der Migration<br />

samt <strong>ein</strong>igen Stolperstricken der Integra<br />

tion und den perfiden Verlockungen<br />

westeuropäischer Überheblichkeit<br />

durchzuspielen. Der Mann, die Frau<br />

und der andere Mann repräsentieren<br />

dabei möglicherweise Völker mit unterschiedlicher<br />

Kultur und vor allem mit<br />

ungleicher ökonomischer Bedeutung,<br />

sie vertreten aber immer auch ihre ganz<br />

persönliche Geschichte. Die Figuren, die<br />

in unterschiedlichen Konstellationen<br />

zusammentreffen, sind mal Vater und<br />

Sohn, mal zwei Geschäftspartner, Mann<br />

und Geliebte, Mutter und Sohn. Ihr Verhältnis<br />

<strong>ist</strong> dabei immer von denselben<br />

Machtstrukturen geprägt. Während<br />

der Mann die Gepflogenheiten s<strong>ein</strong>es<br />

Landes nicht nur beherrscht, sondern<br />

auch definiert, bewegt sich der Fremde<br />

zwischen zwei Kulturen und <strong>ist</strong> um Anpassung<br />

und sozialen Aufstieg bemüht.<br />

Der Frau bleibt nur die Beobachtung des<br />

männlichen Machtkampfes, sie wird in<br />

der Aus<strong>ein</strong>andersetzung mit dem Sieger<br />

ihre Rolle definieren müssen. Von Familientraditionen<br />

wird erzählt, aber nur<br />

solange sie amüsant sind, kulinarische<br />

Bräuche werden gepflegt, und trotzdem<br />

gibt es immer nur Kürbis, Wortspiele<br />

sch<strong>ein</strong>en die Gespräche humorvoll aufzulockern<br />

und demonstrieren doch vor<br />

allem die Überlegenheit des Muttersprach<br />

lers. In der ersten Szene lädt der<br />

Mann den Anderen zum feierlichen<br />

Abendessen anlässlich <strong>ein</strong>es Geschäftsabschlusses<br />

in s<strong>ein</strong> Haus <strong>ein</strong>. Doch wie<br />

gastfreundlich <strong>ist</strong> die «Festung Europa»<br />

tatsächlich, und <strong>ist</strong> der gem<strong>ein</strong>same Bau<br />

an <strong>ein</strong>em «europäischen Haus» überhaupt<br />

erwünscht?<br />

Davide Carnevali, Jahrgang 1981, arbeitet<br />

als Autor, Publiz<strong>ist</strong> und Übersetzer in<br />

Italien, Deutschland und Spanien. S<strong>ein</strong>e<br />

Stücke wurden mehrfach ausgezeichnet<br />

(u. a. mit dem Premio Borello per la nuova<br />

drammaturgia) und zuletzt für den<br />

Premio Riccione per il Teatro nominiert.<br />

S<strong>ein</strong>e Variationen über das Kraepelin­<br />

Modell gewannen 2009 den Hörspielpreis<br />

des Berliner Stückemarkts und<br />

wurden daraufhin von Deutschlandradio<br />

ausgestrahlt. Auch Sweet Home<br />

Europa wird von Deutschlandradio als<br />

Hörspiel produziert. Das Stück <strong>ist</strong> noch<br />

frei zur deutschsprachigen Erstaufführung.<br />

«Sie müssen<br />

noch viel<br />

lernen über<br />

dieses Land.<br />

Der Sinn für<br />

Humor wird<br />

Ihnen auf<br />

jeden Fall nützlich<br />

s<strong>ein</strong>.»<br />

Neil LaBute<br />

Zur Mittagsstunde<br />

(The Break of Noon)<br />

mind. 2D – 2H<br />

Deutsch von Frank Heibert<br />

John Smith hat <strong>ein</strong>en Amoklauf überlebt,<br />

der kurz vor der Mittagspause<br />

s<strong>ein</strong> Großraumbüro in <strong>ein</strong> Höllenszenario<br />

verwandelte. Während alle s<strong>ein</strong>e<br />

Kollegen von dem Attentäter regelrecht<br />

hingerichtet wurden, blieb John auf unerklärliche<br />

Weise als Einziger verschont.<br />

Für ihn bedeutet das <strong>ein</strong>e Epiphanie: Im<br />

Moment größter Todesangst <strong>ist</strong> ihm<br />

Gott erschienen und hat ihm den Auftrag<br />

gegeben, s<strong>ein</strong> Leben von Grund auf<br />

zu ändern und die Botschaft des Herrn<br />

zu verbreiten. Doch schnell stellt sich die<br />

Frage, ob <strong>ein</strong> Mann, der s<strong>ein</strong>e Nächsten<br />

bisher wie Dreck behandelt hat, durch<br />

<strong>ein</strong> Erweckungserlebnis wirklich <strong>ein</strong><br />

besserer Mensch wird oder <strong>ein</strong>fach <strong>ein</strong><br />

erleuchtetes <strong>Arsch</strong>loch <strong>ist</strong>. Durch das<br />

riesige Medieninteresse <strong>ist</strong> er obendr<strong>ein</strong><br />

auch Nutznießer des Attentats und ver


«Gott bedeutet<br />

uns nichts mehr.<br />

Wir tun, was wir<br />

tun, wir treffen<br />

Entscheidungen,<br />

wir übernehmen<br />

Verantwortung.<br />

Irgend<strong>ein</strong> Mann<br />

hat dir <strong>ein</strong>e<br />

Waffe ins Gesicht<br />

gehalten, jetzt<br />

gefällt dir d<strong>ein</strong><br />

Leben nicht mehr,<br />

und du willst es<br />

ändern. Schön.<br />

Tu was.»<br />

dient durch den Verkauf <strong>ein</strong>es blutigen<br />

Fotos vom Tatort <strong>ein</strong> kl<strong>ein</strong>es Vermögen.<br />

So sehr John auch versucht, s<strong>ein</strong>e Ex­<br />

Frau, s<strong>ein</strong>en Anwalt, <strong>ein</strong>e Fernsehmoderatorin<br />

oder selbst die Polizei von s<strong>ein</strong>er<br />

neu gewonnenen Glückseligkeit zu<br />

überzeugen, stößt er doch immer wieder<br />

auf Unverständnis und scheitert an s<strong>ein</strong>er<br />

eigenen Unzulänglichkeit.<br />

In Zweierszenen, <strong>ein</strong>gerahmt von zwei<br />

Monologen, zeigt Neil LaBute die<br />

Wandlung <strong>ein</strong>es Mannes, der verzweifelt<br />

versucht, Gutes zu tun in <strong>ein</strong>er Welt,<br />

die s<strong>ein</strong>em Wunderglauben mit Skepsis<br />

und Zynismus begegnet und ihn als sehr<br />

geübten Sünder dabei immer wieder in<br />

Versuchung führt – bis zur letzten überraschenden<br />

Szene.<br />

Die Uraufführung von Zur Mittagsstunde,<br />

mit David Duchovny als John<br />

Smith, war im Oktober 2010 im Lucille<br />

Lortel Theatre, New York. «LaBute<br />

geht es nicht um das innere Drama des<br />

Trauma­Opfers. Er entwirft <strong>ein</strong> Planspiel:<br />

‹Was wäre, wenn jemand die matte<br />

Routine des Religionsbetriebs mit<br />

Breaking News von Gottes Ex<strong>ist</strong>enz<br />

Zur Mittagsstunde, Residenztheater, München<br />

durchbräche?› Die Frage nach<br />

Glauben und Religion, Gut und<br />

Böse dient ihm vor allem dazu,<br />

<strong>ein</strong> tr<strong>ist</strong>es Gesellschaftsbild zu<br />

malen.» (Süddeutsche Zeitung)<br />

Die deutschsprachige Erstaufführung<br />

war im Oktober 2011<br />

am Residenztheater München (Regie:<br />

Wilfried Minks), dicht gefolgt von der<br />

Inszenierung an den Hamburger Kammerspielen<br />

(Regie: Jens Pesel).<br />

Die deutsche Erstaufführung von Neil<br />

LaButes lieber schön, dessen deutschsprachige<br />

Erstaufführung in der Regie<br />

von Alexandra Liedtke nach wie vor am<br />

Burgtheater (Kasino) Wien läuft, <strong>ist</strong> im<br />

Februar 2012 am Theater Kiel (Regie:<br />

Neele von Müller). Weitere LaBute­Premieren<br />

in der Spielzeit 2011 / 12 sind<br />

u. a.: Fettes Schw<strong>ein</strong> an der Komödie<br />

am Kurfürstendamm, Berlin (Februar<br />

2012, Regie: Folke Braband), und an<br />

der Komödie Düsseldorf (Februar 2012,<br />

Regie: Volker Hesse), In <strong>ein</strong>em finsteren<br />

Haus am Staatstheater Cottbus (Januar<br />

2012, Regie: Anniki Nugis), Der große<br />

Krieg am Luzerner Theater (Schweizer<br />

Erstaufführung, Oktober 2011, Regie:<br />

Andreas Herrmann) sowie das maß der<br />

dinge am Theater Phoenix, Linz (Januar<br />

2012, Regie: Johannes Maile).<br />

Außerdem war im März 2011 die Uraufführung<br />

von LaButes neuem Stück<br />

In a Forest, Dark and Deep in der Regie<br />

des Autors im Londoner West End.<br />

Die deutsche Übersetzung <strong>ist</strong> in Vorbereitung,<br />

die deutschsprachige Erstaufführung<br />

wird im Mai 2012 am Theater<br />

Bonn s<strong>ein</strong> (Regie: Michael Lippold).<br />

www.rowohlt-theater.de 23


John Logan<br />

24<br />

Rot<br />

(Red)<br />

2H<br />

Deutsch von Corinna Brocher<br />

Mark Rothko befindet sich auf dem Höhepunkt<br />

s<strong>ein</strong>es Ruhms. Gerade hat er den<br />

Auftrag für <strong>ein</strong>e Serie von Wandbildern<br />

angenommen, die das neue Seagram<br />

Building schmücken sollen – für das<br />

höchste Honorar, das je <strong>ein</strong>em Maler<br />

gezahlt wurde. Mit entsprechenden<br />

Starallüren führt er sich in s<strong>ein</strong>em Studio<br />

auf: Er bestimmt die Lichtintensität,<br />

die Musikauswahl und die Gesprächsthemen.<br />

Rothkos Megalomanie hat sich<br />

s<strong>ein</strong> neuer Ass<strong>ist</strong>ent Ken widerspruchslos<br />

zu fügen. Für den Me<strong>ist</strong>er wäscht er<br />

nicht nur die Pinsel aus, sondern muss<br />

sich vor allem von s<strong>ein</strong>en Auslassungen<br />

über Kunst, Gesellschaft und Gott und<br />

die Welt tyrannisieren lassen. Der junge<br />

Mann wird dennoch zu <strong>ein</strong>em ernstzunehmenden<br />

Gegner in <strong>ein</strong>er Aus<strong>ein</strong>andersetzung,<br />

in der mit harten Bandagen<br />

um die <strong>ein</strong>zig wahre Kunst gestritten<br />

wird. Rothko muss sich der Frage stellen,<br />

ob er mit dem jüngsten Auftrag nicht<br />

s<strong>ein</strong>e Seele verkauft, aber auch Ken wird<br />

an den Rand <strong>ein</strong>es psychischen Zusammenbruchs<br />

getrieben. Was will Rothko<br />

eigentlich von ihm? Ist Ken wirklich<br />

nur austauschbarer Zuhörer, soll ihm<br />

geziemender Kunstverstand beigebracht<br />

werden oder will Rothko s<strong>ein</strong>e Kreativität<br />

herauskitzeln? Zum Schluss bleibt<br />

der alte Maler all<strong>ein</strong> zurück, und plötzlich<br />

sch<strong>ein</strong>t es, als habe er sich in dem<br />

«M<strong>ein</strong> Freund,<br />

es gibt nur<br />

<strong>ein</strong>e Sache, die<br />

ich im Leben<br />

fürchte … Eines<br />

Tages wird das<br />

Schwarz das Rot<br />

verschlingen.»<br />

Atelier längst von der Außenwelt abgeschottet,<br />

voller Zweifel und Furcht vor<br />

s<strong>ein</strong>er drohenden Bedeutungslosigkeit.<br />

John Logan hat u. a. die Drehbücher für<br />

Aviator und Gladiator geschrieben, die<br />

beide für den Oscar nominiert waren.<br />

Rot, das nach der Uraufführung am<br />

Donmar Warehouse in London auch am<br />

New Yorker Broadway zu sehen war, gewann<br />

zahlreiche Preise, u. a. den Drama<br />

Desk Award, Drama League Award und<br />

den Tony Award 2010 als bestes Stück.<br />

Die deutschsprachige Erstaufführung<br />

war im Oktober 2011 am Renaissance­<br />

Theater Berlin (Regie: Torsten Fischer).<br />

Es folgen Inszenierungen am Theater<br />

Baden­Baden (März 2012, Regie: Stefan<br />

Huber) sowie in der Spielzeit 2012 / 13<br />

an den Hamburger Kammerspielen.<br />

Jeff Baron<br />

Besuch bei Mr. Green<br />

(Visiting Mr. Green)<br />

2H<br />

Deutsch von Ulrike Syha<br />

Ross <strong>ist</strong> vom Gericht verurteilt worden,<br />

<strong>ein</strong>mal pro Woche den 86­jährigen<br />

Mr. Green zu besuchen und ihm<br />

bei alltäglichen Erledigungen zur Hand<br />

zu gehen. Doch der resolute Alte will<br />

überhaupt nicht <strong>ein</strong>sehen, warum ihm<br />

jemand im Haushalt helfen soll. Und<br />

wer <strong>ist</strong> dieser fremde Mann überhaupt?<br />

Als Ross ihm erklärt, dass er in den<br />

Verkehrsunfall verwickelt war, bei dem<br />

Mr. Green gestürzt <strong>ist</strong>, steht s<strong>ein</strong> Urteil<br />

fest: Mörder! Andererseits, nun <strong>ist</strong> der<br />

junge Mann schon mal da, und er hat<br />

Suppe mitgebracht; soll man etwa gutes<br />

Essen vergeuden? So erfahren die<br />

beiden im Laufe der wöchentlichen Besuche<br />

notgedrungen immer mehr per­


sönliche Dinge von<strong>ein</strong>ander. Ross <strong>ist</strong><br />

verblüfft, dass es in über 50 Ehejahren<br />

mit Mr. Greens kürzlich verstorbener<br />

Frau Yetta k<strong>ein</strong>en <strong>ein</strong>zigen Streit gegeben<br />

haben soll. Und Mr. Green horcht<br />

zum ersten Mal auf, als er erfährt, dass<br />

Ross auch Jude <strong>ist</strong>, selbst wenn er den<br />

Unterschied zwischen milchick und flaychick<br />

nicht kennt – vielleicht lässt sich<br />

doch noch <strong>ein</strong> Mensch aus ihm machen.<br />

Aber dann muss Ross plötzlich feststellen,<br />

dass s<strong>ein</strong>e Ignoranz gegenüber jüdischem<br />

Brauchtum nicht das Einzige <strong>ist</strong>,<br />

was bei Mr. Green auf völliges Unverständnis<br />

stößt. Unversehens findet sich<br />

Ross in <strong>ein</strong>er Rolle wieder, mit der er<br />

schon seit Jahren hadert: Er muss sich<br />

für das rechtfertigen, was er <strong>ist</strong>. Dass es<br />

zwischen den beiden Männern schließlich<br />

doch noch zu <strong>ein</strong>er Versöhnung und<br />

vielleicht sogar zu <strong>ein</strong>em Moment tiefen<br />

Verständnisses kommt, hat nicht nur<br />

mit <strong>ein</strong>em dunklen Geheimnis von Mr.<br />

Green zu tun, sondern <strong>ist</strong> vielleicht sogar<br />

das Verdienst der sanftmütigen Yetta.<br />

Jeff Barons Komödie Besuch bei Mr.<br />

Green wurde zu <strong>ein</strong>em weltweiten Erfolg.<br />

In über 20 Sprachen übersetzt,<br />

erlebte sie mehr als 400 Produktionen<br />

und wurde mit zahlreichen Preisen<br />

ausgezeichnet. In Deutschland war das<br />

Stück bisher in über 30 Inszenierungen<br />

zu sehen. Zuletzt hatte im September<br />

2011 am Schlossparktheater Berlin die<br />

Inszenierung von Philip Tiedemann mit<br />

Michael Degen in der Rolle des Mr.<br />

Green Premiere. Jeff Baron hat s<strong>ein</strong> erfolgreichstes<br />

Stück überarbeitet und dabei<br />

den Text behutsam modernisiert. Im<br />

<strong>Rowohlt</strong> Theater Verlag liegt Besuch bei<br />

Mr. Green nun in der pointierten Neuübersetzung<br />

von Ulrike Syha vor.<br />

«Du läufst 42 Kilometer? Das <strong>ist</strong> das Verrückteste, was ich je<br />

gehört habe. Iss lieber was.»<br />

Mischpoke<br />

Neuer Besuch bei Mr. Green<br />

1D – 3H<br />

Deutsch von Ulrike Syha<br />

Mr. Green <strong>ist</strong> mittlerweile 92 und immer<br />

noch genauso starrköpfig wie vor<br />

sechs Jahren, als er Ross kennenlernte.<br />

Immerhin hat sich zwischen den beiden<br />

unterschiedlichen Männern <strong>ein</strong>e echte<br />

Freundschaft entwickelt, die auch Ross’<br />

Lebensgefährten Chris mit <strong>ein</strong>schließt.<br />

Mr. Green kann sich sogar mit der Idee<br />

anfreunden, dass Ross und Chris <strong>ein</strong><br />

Kind adoptieren wollen. Als auch noch<br />

Mr. Greens jüngste Enkelin Chana auftaucht,<br />

die sich über das Kommunikationsverbot<br />

zwischen ihrer säkularen<br />

Mutter und ihrem religiösen Großvater<br />

hinweggesetzt hat, sch<strong>ein</strong>t die neue<br />

Wahlfamilie komplett zu s<strong>ein</strong>. Doch<br />

wie das in Familien nun mal so <strong>ist</strong>, der<br />

erste handfeste Streit lässt nicht lange<br />

auf sich warten. Chana <strong>ist</strong> <strong>ein</strong>e streng<br />

gläubige Jüdin, die selbst ihren Großvater<br />

noch Mores lehren kann. Gegen­<br />

über Ross’ und Chris’ Homosexualität<br />

kann sie sich gerade noch zu skeptischer<br />

Toleranz durchringen, doch als sie von<br />

den Adoptionsplänen hört, reißt ihr ohnehin<br />

schon gespannter Geduldsfaden.<br />

Ross wiederum beobachtet mit <strong>ein</strong>igem<br />

Misstrauen, wie Chana ihren Großvater<br />

für sich ver<strong>ein</strong>nahmt und ihn ihrem<br />

orthodoxen Verlobten als vorbildlichen<br />

Ahnen präsentieren will. Mr. Green<br />

steht zwischen den Fronten – bis der<br />

Familienkrach <strong>ein</strong> Ausmaß erreicht, das<br />

k<strong>ein</strong>er der Beteiligten absehen konnte.<br />

Die Fortsetzung von Besuch bei Mr.<br />

Green <strong>ist</strong> noch frei zur deutschsprachigen<br />

Erstaufführung.<br />

www.rowohlt-theater.de 25


Daniel Karasik<br />

26<br />

Die Unschuldigen<br />

(The Innocents)<br />

2D – 3H<br />

Deutsch von Philipp Löhle<br />

Angeblich hat der junge Aaron <strong>ein</strong>e ältere<br />

Dame überfallen, ausgeraubt und umgebracht.<br />

Die Beweislage für s<strong>ein</strong>e Beteiligung<br />

an dem Verbrechen <strong>ist</strong> allerdings<br />

dürftig, und die Polizei glaubt nicht an<br />

s<strong>ein</strong>e Schuld. Warum beharrt er trotzdem<br />

darauf, die Tat begangen zu haben?<br />

Warum trägt andererseits <strong>ein</strong> blutjunger,<br />

brillanter Anwalt permanent das Gefühl<br />

von Unzulänglichkeit mit sich herum?<br />

Warum hadert er ständig mit sich und<br />

der Welt, in der er bisher perfekt funktioniert<br />

hat? Aaron und Stanley, beide aus<br />

Die Unschuldigen, Staatstheater Mainz<br />

gut situierten Verhältnissen,<br />

treffen als Klient und Verteidiger<br />

im Gefängnis auf<strong>ein</strong>ander.<br />

Trotz Aarons f<strong>ein</strong>dseliger Haltung<br />

entwickelt Stanley <strong>ein</strong>e<br />

Obsession für den Fall. Um zu begreifen,<br />

warum Aaron <strong>ein</strong>e Gefängnisstrafe<br />

dem Leben in Freiheit vorzieht, dringt er<br />

immer tiefer in dessen Welt <strong>ein</strong> und sieht<br />

sich mit den Sehnsüchten, Ängsten und<br />

der Abgeklärtheit s<strong>ein</strong>er Altersgenossen<br />

konfrontiert – sie spiegeln sich auch in<br />

s<strong>ein</strong>em auf die Karriere ausgerichteten<br />

Leben wider.<br />

«Karasik wirft <strong>ein</strong>en hellsichtigen<br />

Blick auf das ambivalente Lebensgefühl<br />

<strong>ein</strong>er Generation der Extreme. Er verdichtet<br />

den Krimi zum f<strong>ein</strong>gesponnenen<br />

Psychogramm <strong>ein</strong>er jungen Gene ration,<br />

die mit dem Glauben aufwächst,<br />

alles erreichen zu können, dabei aber<br />

verzweifelt nach ihrem Platz in <strong>ein</strong>er<br />

Wohlstandsgesellschaft mit Turboantrieb<br />

sucht.» (Marie Rötzer im Jahrbuch<br />

2011 von Theater heute).<br />

Die Unschuldigen wurde 2010 in der<br />

Regie des Autors am Factory Theatre in<br />

Toronto uraufgeführt. Die deutschsprachige<br />

Erstaufführung war im Septem­<br />

ber 2011 am Staatstheater Mainz (Regie:<br />

Philipp Löhle). «Sie sind wirklich<br />

wahnsinnig jung. Sie wissen das, aber<br />

nicht, was sie damit anfangen sollen. Die<br />

<strong>ein</strong>en fühlen sich schon jetzt als Versager,<br />

die anderen haben schon jetzt k<strong>ein</strong>e<br />

Zeit mehr. Die Unschuldigen <strong>ist</strong> <strong>ein</strong><br />

Gene ra tionen porträt unserer Tage, weit<br />

entfernt von Jugend­ und Lebensfreudewahn.»<br />

(Frankfurter Rundschau)<br />

Daniel Karasik, Jahrgang 1986, lebt in<br />

Toronto und arbeitet als Autor, Regisseur<br />

und Schauspieler. S<strong>ein</strong> Stück Weiß<br />

wie das Licht wurde bereits in der Spielzeit<br />

2009 / 10 am Theater Magdeburg<br />

erstaufgeführt (Regie: Sascha Hawemann).


Jack Thorne<br />

Bunny<br />

1D<br />

Deutsch von John Birke<br />

Ein Sommernachmittag. Katie wird von<br />

ihrem Freund Abe von der Orchesterprobe<br />

abgeholt. Abe <strong>ist</strong> etwas älter als<br />

sie, er arbeitet, «er sieht gut aus. Hm.<br />

Und er <strong>ist</strong> <strong>ein</strong> Schwarzer. Nicht, dass<br />

das – ich weiß nur nie, wann ich das<br />

erwähnen soll». Sie gehen <strong>ein</strong> Stück, Abe<br />

holt sich <strong>ein</strong> Eis. Dann geht alles ganz<br />

schnell: Ein Radfahrer streift Abe, das<br />

Eis fällt auf die Straße. Abe tritt gegen<br />

das Fahrrad, <strong>ein</strong>e kurze Prügelei beginnt,<br />

bei der Abe unterliegt. Der Junge fährt<br />

davon, und die Sache wäre erledigt, hätten<br />

nicht zwei Arbeitskollegen von Abe<br />

die Szene beobachtet, Asif, Pak<strong>ist</strong>ani,<br />

und Jake, <strong>ein</strong> Weißer. Sie beschließen,<br />

dem Jungen hinterherzufahren, ihm <strong>ein</strong>e<br />

Lektion zu erteilen. Katie steigt mit Abe<br />

in Asifs Auto. «Und wir sind fertig. Und<br />

es geht los. Und ich hab nichts dagegen.<br />

Erregung. Angst. Errangst.»<br />

Katie, weißes Mittelklassekind aus<br />

linksliberalem Hause, <strong>ist</strong> dabei, als sie<br />

den Jungen stellen und dieser in letzter<br />

Sekunde entkommt, sie wartet mit<br />

den anderen vor s<strong>ein</strong>em Haus und geht<br />

schließlich mit hin<strong>ein</strong>. Wie unter <strong>ein</strong>em<br />

Vergrößerungsglas nimmt sie das subtile<br />

Spiel von Macht­, Klassen­ und Rassenverhältnissen<br />

wahr, beobachtet die<br />

anderen und – vor allem – sich selbst.<br />

Nie bezieht sie Position, nicht <strong>ein</strong>mal,<br />

wenn sie von sich erzählt: davon, wie<br />

sie heimlich den Wagen ihres Vaters zerkratzt<br />

oder wie Asif sie sexuell demütigt,<br />

als beide kurz all<strong>ein</strong> im Auto sind.<br />

Doch dann entdeckt Katie den versteck­<br />

«Ich denk<br />

nicht gern<br />

nach. Aber ich<br />

denke. Nach.<br />

Andauernd.»<br />

ten, verängstigten Jungen. Und plötzlich<br />

hängt, was weiter geschieht, von ihr ab.<br />

Bunny wurde im August 2010 beim<br />

Edinburgh Festival uraufgeführt und<br />

dort mit dem Fringe First Award ausgezeichnet.<br />

Die deutschsprachige Erstaufführung<br />

<strong>ist</strong> im Dezember 2011 am<br />

National theater Mannheim (Regie:<br />

Nicole Schneiderbauer). «Jack Thornes<br />

großartiger Monolog versucht nicht,<br />

uns Katies Verstörung zu erklären, hinterlässt<br />

aber <strong>ein</strong>en nachhaltigen Eindruck<br />

ihrer tiefen, unausgesprochenen<br />

Verzweiflung.» (The Scotsman) «Ein<br />

mitreißender Text, der das Publikum<br />

auf <strong>ein</strong>e Reise ins Ungewisse führt.»<br />

(Herald)<br />

Jack Thorne schreibt neben Theaterstücken<br />

und Hörspielen auch Drehbücher,<br />

u. a. für die erfolgreichen Fernsehserien<br />

Skins und This is England. 2009 wurde<br />

er mit dem Best British Newcomer<br />

Award des Londoner Film Festivals ausgezeichnet.<br />

www.rowohlt-theater.de 27


«Ihr sagt uns Wörter, die wir uns merken sollen.<br />

Ihr sagt uns, wo wir hin sollen. Ihr sagt, wir sollen uns in <strong>ein</strong>er Reihe aufstellen.<br />

Ihr sagt, dass <strong>ein</strong> Schauspieler nur <strong>ein</strong> Papagei <strong>ist</strong>, der Sätze spricht, die er nicht versteht.<br />

Dass man tun muss, was <strong>ein</strong>em gesagt wird.<br />

Dass die Menschen Marionetten sind. Dass die Menschen Schafe sind.<br />

Dass Kinder k<strong>ein</strong>en eigenen Willen haben.»<br />

Tim Etchells<br />

28<br />

Dass nach dem Tag die<br />

Nacht kommt<br />

(That Night Follows Day)<br />

Besetzung variabel (Kinder bis<br />

maximal 16 Jahre)<br />

Deutsch von Astrid Sommer<br />

«Beeil dich bitte», «Sei still», «Spiel<br />

nicht so nah an der Straße» sind Sätze,<br />

die sich wahrsch<strong>ein</strong>lich jeder als Kind<br />

von s<strong>ein</strong>en Eltern anhören musste. Und<br />

überhaupt sagen und tun Eltern bisweilen<br />

ominöse Dinge: Sie suchen aus, was<br />

man anziehen soll, schimpfen ohne klaren<br />

Grund, behaupten, dass Sonnenlicht<br />

gefährlich s<strong>ein</strong> kann oder Rom nicht<br />

an <strong>ein</strong>em Tag erbaut wurde. Aus <strong>ein</strong>er<br />

Vielzahl sch<strong>ein</strong>bar simpler Aus sage sätze<br />

setzt sich Tim Etchells’ Performance­<br />

Text zusammen, gespielt von Kindern<br />

bis maximal 16 Jahre, aber gerichtet<br />

an Erwachsene: Befehlen, Strafandrohungen,<br />

Benimmregeln, Naturgesetzen,<br />

Vorurteilen, Lob, Ansporn, Liebesbekundungen.<br />

Mal chorisch gesprochen,<br />

mal von Einzelnen, in wechselnden<br />

Gruppierungen und Rhythmen, sprunghaft<br />

assoziativ oder hartnäckig ins<strong>ist</strong>ie­<br />

rend, setzt sich so <strong>ein</strong> vielschichtiges Bild<br />

der Welt aus Kindersicht zusammen, das<br />

vor allem aber auch von Erziehung bis<br />

hin zur Zurichtung erzählt, von der Anmaßung,<br />

der Hilflosigkeit und Überforderung<br />

der Eltern. Das Frappierende <strong>ist</strong>,<br />

dass dabei trotz des sachlich­nüchternen<br />

Erzähltons echte Rührung entsteht genauso<br />

wie subversive Komik.<br />

Dass nach dem Tag die Nacht kommt<br />

entstand auf Anregung der belgischen<br />

Produktionsplattform Victoria in Koproduktion<br />

mit dem Festival d’Automne,<br />

Paris, Les Spectacles Vivants – Centre<br />

Georges Pompidou, dem steirischen<br />

herbst Graz und dem Productiehuis<br />

Rotterdam. Die Uraufführung war in<br />

Tim Etchells’ Regie im Mai 2007 beim<br />

KunstenFestivalDesArts in Brüssel. Seither<br />

hatte die Produktion zahlreiche internationale<br />

Gastspiele.<br />

Tim Etchells <strong>ist</strong> Mitbegründer, Autor<br />

und Regisseur der britischen Performance­Gruppe<br />

Forced Entertainment.<br />

S<strong>ein</strong>e Storys Endland sowie s<strong>ein</strong> Roman<br />

Broken World sind, ins Deutsche<br />

übersetzt von Astrid Sommer, im Verlag<br />

diaphanes erschienen.<br />

John Donnelly<br />

Besser wissen<br />

(The Knowledge)<br />

3D – 4H<br />

Deutsch von Karen Witthuhn<br />

Die junge Lehrerin Zoe tritt ihr Referendariat<br />

an – in <strong>ein</strong>er Klasse mit Schülern,<br />

die längst von der Schule geflogen<br />

wären, würde das dem Schulamt nicht<br />

die Stat<strong>ist</strong>ik versauen. Versager in jedem<br />

Lehrfach, Me<strong>ist</strong>er darin, wunde Punkte<br />

aufzuspüren: Karris, Sal, Daniel und<br />

Mickey sind nur zu viert, aber, wie Zoes<br />

Vorgesetzter Harry anmerkt: «Die Reiter<br />

der Apokalypse waren auch nur zu<br />

viert.» Zoe müht sich redlich, aber sie <strong>ist</strong><br />

jung, weiblich, unerfahren: nicht gerade<br />

ideale Voraussetzungen, um sich bei<br />

Schülern und Kollegen Respekt zu verschaffen.<br />

Denn wie Zoe bald feststellt,<br />

hören die Revierkämpfe um Sex, Macht<br />

und Anerkennung im Lehrerzimmer<br />

nicht auf. Ihr Kollege und Mentor Maz<br />

<strong>ist</strong> so attraktiv wie abgebrüht und <strong>ein</strong>er<br />

Affäre niemals abgeneigt. Und Harry <strong>ist</strong><br />

fast jedes Mittel recht, um den Ruf der<br />

Schule nicht völlig den Bach runtergehen<br />

zu lassen. Dennoch gelingt es Zoe<br />

nach und nach, beim täglichen Kampf<br />

um die Kontrolle im Klassenraum die<br />

Oberhand zu behalten. Als aber die Zuneigung<br />

<strong>ein</strong>es ihrer Schüler ihre gesamte<br />

weitere Karriere in Gefahr bringt, kann<br />

sich Zoe ihre Ideale nicht mehr le<strong>ist</strong>en.<br />

Stattdessen muss sie sich entscheiden,<br />

wie viel und vor allem wen sie opfern<br />

will, um ihren Hals zu retten.<br />

Mit «beunruhigender Eindringlichkeit<br />

und ätzendem Humor» (The Independent)<br />

hat John Donnelly, der selbst lan­


«Unsicher?<br />

Das <strong>ist</strong> doch<br />

das Zeit-<br />

Magazin-<br />

Wort für<br />

Wichser?»<br />

ge an öffentlichen Schulen<br />

in England unterrichtete, <strong>ein</strong><br />

Stück geschrieben, das weder<br />

in das Lamentieren über<br />

bildungs­ und erziehungsres<strong>ist</strong>ente<br />

Schüler <strong>ein</strong>stimmt<br />

noch ihre Lehrer denunziert.<br />

«Donnellys Verdienst <strong>ist</strong> es, zu zeigen,<br />

wie Lehrer von ihrem Umfeld be<strong>ein</strong>flusst<br />

sind … Weit entfernt davon, sie<br />

pauschal abzuurteilen, verwe<strong>ist</strong> er darauf,<br />

dass in <strong>ein</strong>er Welt des Mangels, in<br />

der Lehrer gleichzeitig Ersatzeltern und<br />

Sozialarbeiter s<strong>ein</strong> müssen, Standards<br />

kaum zu wahren sind.» (The Guardian)<br />

Besser wissen, das im Januar 2011 am<br />

Londoner Bush Theatre mit großem Erfolg<br />

bei Publikum und Kritik uraufgeführt<br />

wurde, <strong>ist</strong> «k<strong>ein</strong> Stück zur Lage der<br />

Nation, das ideologische Messer zur Bildungsmisere<br />

wetzt … Immer wenn man<br />

zu wissen glaubt, worauf Donnelly hinauswill,<br />

bringt er etwas Neues ins Spiel»<br />

(Financial Times). «Ernüchternd und<br />

äußerst unterhaltsam … Was zunächst<br />

wie <strong>ein</strong> Thesenstück wirken mag, entpuppt<br />

sich auf der Bühne als schrecklich<br />

glaubhaftes, bitter komisches menschliches<br />

Drama.» (The Times) «Lesen Sie<br />

John Donnellys exzellentes Stück Besser<br />

wissen, um (unsere Gesellschaft) besser<br />

zu verstehen.» (Dennis Kelly in Theater<br />

der Zeit)<br />

John Donnelly wurde bisher mit dem<br />

PMA Award für den besten Nachwuchsautor<br />

und dem Sunday Times<br />

Play writing Award ausgezeichnet. Er<br />

unterrichtet an Londons Central School<br />

of Speech and Drama und schreibt derzeit<br />

an <strong>ein</strong>em Stückauftrag für das Royal<br />

Court Theatre, London.<br />

Simon Stephens<br />

Wastwater<br />

3D – 3H<br />

Deutsch von Barbara Chr<strong>ist</strong><br />

«Bester ausländischer Dramatiker des Jahres 2011»<br />

Der 25. Juni, 21 Uhr. Harry nimmt von<br />

s<strong>ein</strong>er Pflegemutter Frieda Abschied – er<br />

geht nach Kanada, und wahrsch<strong>ein</strong>lich<br />

werden sich die zwei nie wieder sehen.<br />

Zeitgleich treffen Mark und Lisa sich<br />

in <strong>ein</strong>em Hotelzimmer zu zwanglosem<br />

Sex, dem Lisas Vorgeschichte aber <strong>ein</strong>e<br />

ungeahnte Richtung gibt. Parallel dazu<br />

wartet Jonathan in <strong>ein</strong>em verlassenen<br />

Hangar auf die Ankunft <strong>ein</strong>es gekauften<br />

Kindes aus Fernost und wird dabei von<br />

der skrupellosen Sian <strong>ein</strong>em quälenden<br />

Kreuzverhör unterzogen.<br />

Wastwater heißt der tiefste See Englands,<br />

der, gelegen im Lake D<strong>ist</strong>rict, nie<br />

ganz von Tageslicht erhellt wird und<br />

ähnlich still und unheimlich wirkt wie<br />

die Ereignisse in Simon Stephens’ Stück.<br />

Kritikerumfrage von Theater heute<br />

«Alle drei Episoden von Wastwater –<br />

inhaltlich subtil mit<strong>ein</strong>ander verlinkt –<br />

spielen nahe dem Flughafen Heathrow<br />

und werden regelmäßig vom Lärm startender<br />

Maschinen durchdonnert. Doch<br />

es <strong>ist</strong> vor allem <strong>ein</strong> unterschwelliger<br />

Horror, der sie durchzuckt. Sie bergen<br />

<strong>ein</strong> Geheimnis, sorgen für Misstrauen<br />

und Unbehagen. Es <strong>ist</strong> der Kopf des<br />

Zuschauers, in dem diese Geschichten<br />

weiterarbeiten, Fragen, Zweifel und<br />

Monster gebären. Hat der Pflegesohn<br />

s<strong>ein</strong>en Freund getötet? Plant er <strong>ein</strong> Attentat?<br />

Geht es (in dem Hangar) tatsächlich<br />

um illegale Adoption – oder nicht<br />

vielleicht um Kindesmissbrauch? Es <strong>ist</strong><br />

die große Qualität von Simon Stephens,<br />

in s<strong>ein</strong>en Stücken mit minimalen Mitteln<br />

messerscharfe Ausrisse der Realität<br />

zu liefern – und es tun sich Abgründe<br />

auf.» (Süddeutsche Zeitung) «Jede Szene<br />

<strong>ist</strong> <strong>ein</strong> blitzendes Rätselfunkelspiel:<br />

nur langsam offenbart sich, wovon die<br />

Rede <strong>ist</strong>, nie, was die Figuren fürchten<br />

und flüchten lässt … Simon Stephens hat<br />

<strong>ein</strong> tastendes, vorsichtiges Stück Menschenerkundung<br />

geschrieben, vielleicht<br />

www.rowohlt-theater.de 29


s<strong>ein</strong> bestes bislang.» (Berliner<br />

Zeitung) «Ein melancholisches,<br />

kl<strong>ein</strong>es Großdrama.» (Frankfurter<br />

Allgem<strong>ein</strong>e Zeitung)<br />

Uraufgeführt wurde Wastwater<br />

im April 2011 in der Regie von<br />

Katie Mitchell am Londoner<br />

Royal Court Theatre; im Mai<br />

gastierte Mitchells Inszenierung<br />

bei den Wiener Festwochen. Das<br />

Stück war in Theater heute 07 / 2011<br />

abgedruckt.<br />

Die deutschsprachige Erstaufführung<br />

<strong>ist</strong> im März 2012 am Schauspiel Köln<br />

(Regie: <strong>Dieter</strong> Giesing), im April gefolgt<br />

von der österreichischen Erstaufführung<br />

am Burgtheater (Akademietheater)<br />

Wien (Regie: Stephan Kimmig).<br />

In der aktuellen Kritikerumfrage von<br />

Theater heute wurde Wastwater zum<br />

besten ausländischen Stück des Jahres<br />

gewählt.<br />

30<br />

«Du triffst <strong>ein</strong>e<br />

Entscheidung. Und<br />

sie bleibt dir. Als<br />

würden dir die<br />

Konsequenzen bis<br />

in die Knochen<br />

dringen. Klingt<br />

das jetzt irgendwie<br />

verrückt?»<br />

Punk Rock, Junges Theater Basel<br />

Three Kingdoms<br />

2D – 11H<br />

Deutsch von Barbara Chr<strong>ist</strong><br />

«Ich glaube, ihr habt da drüben <strong>ein</strong>e<br />

Phantasievorstellung vom Osten, und die<br />

dient eher euerm Selbstwertgefühl,<br />

weil ihr euch dann die Scheiße bei euch zu<br />

Hause nicht so genau ansehen müsst.»<br />

Der abgetrennte Kopf <strong>ein</strong>er Frauenleiche<br />

wird an das Themseufer gespült. Ein<br />

Tatverdächtiger <strong>ist</strong> schnell gefasst, doch<br />

dessen Geständnis <strong>ist</strong> erst der Auftakt<br />

labyrinthischer Ermittlungen, die Detective<br />

Ignatius Stone und s<strong>ein</strong>en Kollegen<br />

Charlie Lee von London über Hamburg<br />

nach Tallinn führen. Immer klarer<br />

sch<strong>ein</strong>en sich die Fäden <strong>ein</strong>es kriminellen<br />

Netzwerks zu entwirren, das sich<br />

auf internationalen Menschenhandel,<br />

Zwangsprostitution und brutale Pornofilme<br />

konzentriert. Bis Ignatius merkt,<br />

dass er – zunehmend geplagt von Schlaflosigkeit<br />

– <strong>ein</strong>er falschen Spur gefolgt <strong>ist</strong><br />

und s<strong>ein</strong>e Irrfahrt durch Europa von Anfang<br />

an <strong>ein</strong> völlig anderes Ziel hatte …<br />

Nicht zufällig erinnert Three Kingdoms<br />

an TV­Serien wie The Wire oder<br />

Breaking Bad und entwickelt, nur vordergründig<br />

<strong>ein</strong> Krimi, <strong>ein</strong>en ähnlich kafkaesken<br />

Sog. «M<strong>ein</strong> Stück sollte davon<br />

ausgehen, dass der Teufel womöglich in<br />

uns allen steckt. Dass wir unter Umständen<br />

Jahre damit verbringen, das Böse zu<br />

suchen, um am Ende festzustellen, dass<br />

wir es die ganze Zeit selbst waren. Gut<br />

und Böse haben das exakt gleiche Gesicht.<br />

Das Hinterfragen und Unterwandern<br />

moralischer Gewissheiten <strong>ist</strong> das<br />

Herz des Stückes.» (Simon Stephens)<br />

Three Kingdoms entstand als Auftragswerk<br />

für die Münchner Kammerspiele<br />

in Koproduktion mit dem Teater NO99,<br />

Tallinn, und dem Lyric Hammersmith<br />

Theatre, London. Premiere der dreisprachigen<br />

Uraufführungsinszenierung<br />

(Englisch, Deutsch von Barbara Chr<strong>ist</strong><br />

und Estnisch von Anu Lamp) war in der<br />

Regie von Sebastian Nübling im September<br />

2011 in Tallinn. Seit Oktober 2011<br />

<strong>ist</strong> die Produktion in München zu sehen,<br />

im Mai 2012 wechselt sie nach London.<br />

Im Februar 2011 war außerdem am<br />

Schauspiel Frankfurt die deutschsprachige<br />

Erstaufführung von Stephens’<br />

Monolog Terminal 5 (Regie: Lily Sykes),<br />

die Momentaufnahme <strong>ein</strong>er Frau, die<br />

nach <strong>ein</strong>em traumatischen Erlebnis<br />

plötzlich aus dem Alltag fällt: «Simon<br />

Stephens schafft es, bedrückende Stimmungen<br />

federleicht ersch<strong>ein</strong>en zu lassen.»<br />

(Süddeutsche Zeitung) «Es zeichnet<br />

s<strong>ein</strong>e Texte aus, dass er unglaublich


viel unausgesprochen lässt,<br />

dass die Sätze nur <strong>ein</strong> sehr<br />

weitmaschiges Netz bilden,<br />

durch dessen Lücken <strong>ein</strong>em<br />

ihre Deutung leicht mal entwischen<br />

kann. Oder jedenfalls<br />

die Gewissheit <strong>ein</strong>er bestimmten<br />

Deutung. Es sind,<br />

trotz ihres tragischen Kerns,<br />

zarte Texte.» (Frankfurter<br />

Rundschau)<br />

Stephens’ Stück Punk Rock,<br />

im März 2010 am Deutschen<br />

Schauspielhaus Hamburg<br />

erstaufgeführt (Regie: Daniel<br />

Wahl), wurde in der vergangenen Saison<br />

nachgespielt am Jungen Theater Basel<br />

(Schweizer Erstaufführung, Regie: Sebastian<br />

Nübling), Staatstheater Mainz<br />

(Regie: Matthias Kaschig), Thea ter Kiel<br />

(Regie: Ulrike Maack), Theater Bielefeld<br />

(Regie: Kerstin Lenhart) und am Volkstheater<br />

Wien (Österreichische Erstaufführung,<br />

Regie: Schirin Khodadadian).<br />

In der aktuellen Spielzeit hatte bzw. hat<br />

es Premiere am Schauspielhaus Graz<br />

(September 2011, Regie: Stefan Behrendt)<br />

und am Brandenburger Theater<br />

(Februar 2012, Regie: Chr<strong>ist</strong>iane Ziehl).<br />

Die nächsten Inszenierungen von Stephens’<br />

Jarry­Fortschreibung Ubus Prozess,<br />

uraufgeführt im April 2010 am<br />

Schauspiel Essen in Koproduktion mit<br />

der Toneelgroep Amsterdam (Regie: Sebastian<br />

Nübling), sind im Januar 2012<br />

am Londoner Hampstead Theatre (Regie:<br />

Katie Mitchell) sowie im Mai 2012<br />

am Theater Ingolstadt (Regie: Vince<br />

Zrinyi Gál).<br />

Alan Ayckbourn<br />

Alle lieben George<br />

(Life of Riley)<br />

3D – 3H<br />

Deutsch von Inge Greiffenhagen<br />

Früher war George Riley der Schwarm<br />

sämtlicher Mädchen – die dann allerdings<br />

solidere Jungs geheiratet haben.<br />

Zwei, drei Jahrzehnte später <strong>ist</strong> der<br />

ewige Hippie George immer noch attraktiv,<br />

Single und für Kathryn, Monica<br />

und Tamsin, die alle mal mit ihm liiert<br />

waren, zum heimlichen Sinnbild ihrer<br />

unerfüllten Sehnsüchte geworden. Als<br />

bekannt wird, dass George unheilbar<br />

krank <strong>ist</strong> und voraussichtlich bald sterben<br />

wird, beginnt <strong>ein</strong> Wettkampf der<br />

drei Frauen, wer ihn auf s<strong>ein</strong>em letzten<br />

Weg begleiten darf – sehr zum Entsetzen<br />

ihrer Ehemänner.<br />

«Findest du nicht auch, dass<br />

die me<strong>ist</strong>en Männer nie richtig<br />

zuhören? Nach den ersten<br />

paar Minuten schalten ihre<br />

Ohren langsam auf taub.<br />

Sie hören nur das, was sie<br />

hören wollen. Klar, wenn du<br />

jung b<strong>ist</strong>, dann hängen sie<br />

an d<strong>ein</strong>en Lippen. Aber da<br />

glauben sie auch noch, dass<br />

was dabei für sie heraus-<br />

springt. Zuhören <strong>ist</strong> in ihrem<br />

eigenen Interesse. Aber wenn<br />

du älter wirst und weniger<br />

attraktiv – äußerlich –, hören<br />

sie immer schlechter. Dann<br />

kriegen sie diesen glasigen,<br />

vage interessierten Blick. Als<br />

ob du dich mit ihnen durch<br />

<strong>ein</strong>e Glasscheibe unterhältst.<br />

Wie im Gefängnis oder am<br />

Postschalter.»<br />

Zum ersten Mal hat Alan Ayckbourn<br />

<strong>ein</strong> Stück geschrieben, in dem die<br />

Hauptperson, die das Geschehen dominiert<br />

und ihre Umwelt in <strong>ein</strong> komplettes<br />

Chaos stürzt, nie auftritt. George Riley<br />

wird (auch für den Zuschauer) zur Projektionsfläche<br />

längst begrabener Hoffnungen<br />

und Träume, die plötzlich, wenn<br />

auch aus makaberem Anlass, fröhlich<br />

Wiederauferstehung feiern. In vier unterschiedlich<br />

gepflegten Gärten durchleben<br />

drei klassische Mittelschichtspaare<br />

noch <strong>ein</strong>mal die Gefühlsverwirrung<br />

ihrer Jugend – nur eben als Erwachsene<br />

und in Gestalt <strong>ein</strong>er Tragikomödie voll<br />

schwarzen Humors. Dabei knüpft Ayckbourn<br />

selbst nicht von ungefähr an s<strong>ein</strong><br />

eigenes «Jugendstück», s<strong>ein</strong>en ersten<br />

großen Erfolg Halbe Wahrheiten an:<br />

Es <strong>ist</strong> das Stück, das s<strong>ein</strong>e Figuren als<br />

Mitglieder <strong>ein</strong>er Amateurtheatergruppe<br />

nebenher proben und in dem sich die<br />

Gegenwart so heiter wie melancholisch<br />

spiegelt.<br />

www.rowohlt-theater.de 31


Uraufgeführt wurde Alle lieben George<br />

in Alan Ayckbourns Regie im September<br />

2010 am Stephen Joseph Theatre, Scarborough.<br />

Die deutschsprachige Erstaufführung<br />

<strong>ist</strong> im März 2012 im Großen<br />

Haus des Theaters St. Gallen (Regie:<br />

Tim Kramer).<br />

2009 wurde Alan Ayckbourn für s<strong>ein</strong><br />

Lebenswerk mit dem Laurence Olivier<br />

Special Award ausgezeichnet; 2010 erhielt<br />

er, ebenfalls für s<strong>ein</strong> Lebenswerk,<br />

in New York den Special Tony Award.<br />

32<br />

David Hare<br />

Gethsemane<br />

4D – 5H<br />

Deutsch von Stefan Kroner<br />

Die Regierung steht kurz vor <strong>ein</strong>em<br />

handfesten Skandal: Suzette, Tochter der<br />

Innenmin<strong>ist</strong>erin Meredith Guest, wurde<br />

beim Drogenkonsum erwischt; zugleich<br />

droht Merediths Mann im Ausland <strong>ein</strong><br />

Prozess wegen zwielichtiger Geschäfte.<br />

So etwas kann nicht nur Wählerstimmen<br />

kosten, sondern vor allem noch wertvollere<br />

Parteispenden. Die Fundraiser<br />

sind alarmiert und versuchen mit allen<br />

Mitteln – von dezenten Geldgeschenken<br />

bis hin zur Manipulation von Journal<strong>ist</strong>en<br />

–, die Affäre zu vertuschen. Nicht<br />

auf ihrer Rechnung haben sie jedoch Suzettes<br />

Lust an der Rebellion, gefördert<br />

von ihrer <strong>ein</strong>stigen Lehrerin Lori, die<br />

als bekennende Ideal<strong>ist</strong>in den Gegenpol<br />

zur pragmatischen Meredith bildet. Lori<br />

hat sogar in <strong>ein</strong>em Moment des Zweifels<br />

ihren Beruf gekündigt, statt sich um jeden<br />

Preis an ihn zu klammern, und von<br />

demselben Zweifel wird nun Meredith<br />

erfasst …<br />

«Wir sind<br />

nicht korrupt.<br />

Wir sind<br />

vorsichtig.»<br />

David Hares Stück, im November<br />

2008 am Londoner National<br />

Theatre uraufgeführt, hat<br />

im Jahr der gefälschten Doktorarbeiten<br />

und der Enthüllungen<br />

um das Boulevardblatt News<br />

of the World noch an Aktualität<br />

gewonnen: «Verpackt in<br />

<strong>ein</strong>e hochkomplexe Handlung,<br />

beleuchtet Gethsemane, das zu Hares<br />

besten Stücken zählt, die Überschneidungen<br />

von Wirtschaft, Politik und Medien<br />

… S<strong>ein</strong> wahres Thema aber sind<br />

die Ohnmacht und Entfremdung, die<br />

Menschen mit Idealen angesichts <strong>ein</strong>er<br />

Partei empfinden, die sich weniger um<br />

Inhalte sorgt als um den bloßen Machterhalt.»<br />

(The Guardian) «Eindringlich<br />

zeigt Hare, welchen Zwängen Integrität<br />

und Visionen in <strong>ein</strong>er Welt des sofortigen<br />

Medienechos ausgesetzt sind und<br />

wie stromlinienförmig Regierungsarbeit<br />

heute geworden <strong>ist</strong>.» (Financial Times)<br />

«Gethsemane <strong>ist</strong> <strong>ein</strong> wichtiges Stück,<br />

das uns unsere aktuelle Misere treffsicher<br />

vor Augen führt.» (Time Out)<br />

Die deutschsprachige Erstaufführung<br />

von Gethsemane <strong>ist</strong> im Februar 2012<br />

am Ernst­Deutsch­Theater, Hamburg<br />

(Regie: Rüdiger Burbach).<br />

Für s<strong>ein</strong>e Drehbücher zu The Hours und<br />

Der Vorleser war David Hare 2003 bzw.<br />

2009 für den Oscar nominiert. Zurzeit<br />

schreibt er am Drehbuch für die Verfilmung<br />

von Jonathan Franzens Roman<br />

Die Korrekturen.


KLASSIKER · BEARBEITUNGEN · STOFFREcHTE<br />

Leo Tolstoi<br />

Anna Karenina<br />

«Ich möchte <strong>ein</strong>en Garten aus<br />

m<strong>ein</strong>em Land machen … Bisher<br />

habe ich k<strong>ein</strong>en Garten Eden<br />

gehabt, geschweige denn bin ich<br />

aus <strong>ein</strong>em vertrieben worden.»<br />

3D – 5H<br />

Bühnenfassung von John von Düffel<br />

Anna Karenina, verheiratet und Mutter<br />

<strong>ein</strong>es neunjährigen Sohnes, re<strong>ist</strong> von<br />

St. Petersburg nach Moskau, um die Beziehung<br />

ihres Bruders und s<strong>ein</strong>er Frau<br />

vor dem endgültigen Aus zu retten. Dass<br />

sie damit ihre eigene Ehe riskiert, ahnt<br />

sie noch nicht. Denn in Moskau begegnet<br />

Anna dem charismatischen Graf Wronski<br />

und beginnt mit ihm <strong>ein</strong>e Amour fou,<br />

die sehr bald öffentlich wird …<br />

John von Düffel gelingt es, Tolstois Klassiker<br />

ganz in unmittelbares Bühnengeschehen<br />

zu verwandeln. Ohne dass die<br />

Geschichte an Wucht und Intensität<br />

verliert, übersetzt er sie durchgehend in<br />

Spielszenen und behutsam aktualisierte<br />

Dialoge, so dass man vollständig vergisst,<br />

dass der Ausgangspunkt ursprünglich<br />

<strong>ein</strong> Roman war.<br />

Düffels Dramatisierung von Anna<br />

Karenina entstand als Auftragswerk für<br />

das Salzburger Landestheater, wo im<br />

April 2012 die Uraufführung s<strong>ein</strong> wird<br />

(Regie: Carl Philip von Maldeghem).<br />

Für das Hans­Otto­Theater Potsdam<br />

hat John von Düffel außerdem Alexan­<br />

Jenseits von Eden, Theater Basel<br />

der Solschenizyns Roman Krebsstation<br />

für die Bühne adaptiert; die Uraufführung<br />

<strong>ist</strong> dort im März 2012 (Regie: Tobias<br />

Welle meyer).<br />

Zuletzt wurde im August 2011 John von<br />

Düffels Stück Die Mätresse des Königs<br />

bei den Zwingerfestspielen Dresden uraufgeführt<br />

(Regie: <strong>Dieter</strong> Wedel), und<br />

im November 2010 hatte Düffels Neufassung<br />

von Gullivers Reise (nach Jonathan<br />

Swift) Uraufführung am Deutschen<br />

Nationaltheater Weimar (Regie: Marcelo<br />

Diaz), dicht gefolgt von der Inszenierung<br />

am Theater Heidelberg (Regie:<br />

Annette Büschelberger).<br />

In der aktuellen Spielzeit hat zudem<br />

Sieben Sonette (nach Shakespeare) Premiere<br />

am Rh<strong>ein</strong>ischen Landestheater<br />

Neuss (März 2012, Regie: Katharina<br />

Schmidt). Düffels Klassenzimmerstück<br />

Traumjobs wurde zuletzt nachgespielt<br />

am Theater St. Gallen (Februar 2011,<br />

Regie: Dominik Kaschke), läuft nach<br />

wie vor am Theater Naumburg (Regie:<br />

Paul Sonderegger) und <strong>ist</strong> seit September<br />

2011 zu sehen am Schleswig­Holst<strong>ein</strong>ischen<br />

Landestheater (Regie: Ilona Januschewski)<br />

sowie ab November 2011 in<br />

spanischer und katalanischer Erstaufführung<br />

in <strong>ein</strong>er Tourne<strong>ein</strong>szenierung<br />

der Germinal Producciones / Alicante<br />

(Regie: Sergi Calleja).<br />

John St<strong>ein</strong>beck<br />

Jenseits von Eden<br />

(East of Eden)<br />

3D – 7H<br />

Bühnenfassung von Ulrike Syha<br />

Berühmt wurde Jenseits von Eden vor<br />

allem durch Elia Kazans Verfilmung<br />

(1955), die jedoch lediglich auf dem<br />

letzten Drittel von John St<strong>ein</strong>becks<br />

monumentalem Epos basierte. Für ihre<br />

Bühnenfassung greift Ulrike Syha nun<br />

auf den gesamten Roman des Literatur­<br />

Nobelpre<strong>ist</strong>rägers zurück. Statt <strong>ein</strong>es<br />

intimen Kammerspiels erzählt sie <strong>ein</strong>e<br />

große Familiensaga, die sich über drei<br />

Generationen spannt und in deren Mikrokosmos<br />

sich die Umwälzungen der<br />

Weltgeschichte spiegeln.<br />

Syhas St<strong>ein</strong>beck­Dramatisierung entstand<br />

als Auftragswerk für das Theater<br />

Basel, wo im Februar 2011 die Uraufführung<br />

war (Regie: Peter Kastenmüller).<br />

Die deutsche Erstaufführung <strong>ist</strong> im<br />

März 2012 am Theater Bielefeld (Regie:<br />

Chr<strong>ist</strong>ian Schlüter). In der Saison<br />

2012 / 13 geht Syhas Fassung in <strong>ein</strong>er<br />

Produktion der Konzertdirektion Landgraf<br />

auf Tournee.<br />

Mehr zu Ulrike Syha siehe S. 16.<br />

www.rowohlt-theater.de 33


KLASSIKER · BEARBEITUNGEN · STOFFREcHTE<br />

Wie im Himmel, Rh<strong>ein</strong>isches Landestheater Neuss<br />

Kay Pollak<br />

34<br />

Wie im Himmel<br />

(Så som i himmelen)<br />

Besetzung variabel,<br />

mind. 4D – 6H – Chor<br />

Deutsch von Jana Hallberg<br />

Mit Beginn der aktuellen Spielzeit vertritt<br />

der <strong>Rowohlt</strong> Theater Verlag wieder die<br />

deutschsprachigen Aufführungsrechte<br />

an Kay Pollaks Film Wie im Himmel,<br />

den all<strong>ein</strong> in s<strong>ein</strong>er Heimat Schweden<br />

weit über zwei Millionen Kinobesucher<br />

sahen und der 2005 nominiert war für<br />

den Europäischen Filmpreis, den Europäischen<br />

Publikumspreis sowie für den<br />

Oscar als bester fremdsprachiger Film.<br />

Auch auf der Bühne <strong>ist</strong> Pollaks Geschichte<br />

um den Stardirigenten Daniel<br />

Daréus, der nach <strong>ein</strong>em Zusammenbruch<br />

in das Dorf s<strong>ein</strong>er Kindheit zurückkehrt<br />

und dort widerstrebend die<br />

Leitung des Kirchenchors übernimmt,<br />

seit der Uraufführung am Theater Konstanz<br />

(Januar 2007, Regie: Bettina Bruinier)<br />

<strong>ein</strong> Erfolg. Nachgespielt wurde<br />

Wie im Himmel bisher u. a. am Thüringischen<br />

Landestheater Rudolstadt (Regie:<br />

Alejandro Quintana), Theater Bielefeld<br />

(Regie: Michael Heicks), Rh<strong>ein</strong>ischen<br />

Landestheater Neuss (Regie: Bettina<br />

Jahnke), Theater Lübeck (Regie: Pit<br />

Holz warth), Staatstheater Cottbus (Regie:<br />

Mario Holetzeck), Staats theater<br />

Oldenburg (Regie: Michael Uhl) und<br />

bei den Domfestspielen Bad Gandersheim<br />

(Regie: Johannes Klaus). Fast<br />

alle Produktionen hielten sich lange im<br />

Repertoire und wurden von Publikum<br />

und Kritik gefeiert: «Eine Inszenierung,<br />

in der die Lebensfreude triumphiert<br />

und die die Menschen gut gelaunt nach<br />

Hause gehen lässt.» (Lübecker Nachrichten)<br />

«Ein gefühlvolles Stück großartigen<br />

Theaters.» (Neue Westfälische)<br />

«Ein berührender Theaterabend, von<br />

dem man k<strong>ein</strong>e Minute missen möchte.»<br />

(Kieler Nachrichten) «Ergreifend<br />

schön.» (Ostthüringer Zeitung) «Ein<br />

himmlisches Vergnügen mit Tiefgang.»<br />

(Nordwest Zeitung) «Breitwandkino<br />

fürs melancholische Glücklichs<strong>ein</strong>.»<br />

(Die Deutsche Bühne)<br />

Weitere Neuinszenierungen von Wie im<br />

Himmel sind derzeit in Vorbereitung.<br />

Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss, Düsseldorfer Schauspielhaus<br />

Horace McCoy<br />

Nur Pferden gibt man den<br />

Gnadenschuss<br />

(They Shoot Horses, Don’t They?)<br />

Horace McCoys Roman <strong>ist</strong> in den USA<br />

der 1930er Jahre zur Zeit der Weltwirtschaftskrise<br />

angesiedelt. Ein Tanzmarathon<br />

lockt nicht nur mit dem Preisgeld<br />

von 1000 Dollar, sondern auch mit der<br />

Aussicht auf freie Verpflegung zahlreiche<br />

Lebenskünstler, Verzweifelte und<br />

professionelle Glückssucher an. Die<br />

Teilnehmer unterwerfen sich den unmenschlichen<br />

Regeln, die von den Veranstaltern<br />

mit Blick auf die größtmögliche<br />

Publikumsattraktion aufgestellt<br />

werden. Im Grunde heißt das: Tanzen<br />

bis zum Umfallen. Unter den Paaren<br />

sind auch die arbeitslosen Film­Stat<strong>ist</strong>en<br />

Gloria und Robert, die sich erst im Rahmen<br />

ihrer Anmeldung für den Wettbewerb<br />

kennengelernt haben. Wochenlang<br />

drehen sie ihre Runden auf dem Tanzboden,<br />

zunehmend zermürbt von körperlicher<br />

Erschöpfung, aber auch von den<br />

zwischenmenschlichen Querelen, die im<br />

Laufe des Marathons eskalieren. Als der<br />

Wettbewerb nach 879 Stunden vorzeitig<br />

abgebrochen wird, gehören Robert und


Gloria zu den letzten 20 Paaren. Gloria<br />

<strong>ist</strong> zu diesem Zeitpunkt bereits verbittert<br />

und völlig desillusioniert. Sie drückt<br />

Robert <strong>ein</strong>e P<strong>ist</strong>ole in die Hand …<br />

Im März 2011 inszenierte Susanne<br />

Ken ne dy <strong>ein</strong>e Fassung von Nur Pferden<br />

gibt man den Gnadenschuss an<br />

den Münchner Kammerspielen, im Mai<br />

2011 war die Premiere von Amélie Niermeyers<br />

Inszenierung am Düsseldorfer<br />

Schauspielhaus. «Der Stoff führt die<br />

Le<strong>ist</strong>ungs­ und Spektakelgesellschaft<br />

brutalstmöglich vor.» (Süddeutsche Zeitung)<br />

«Unter dem Eindruck der ‹Great<br />

Depression› geschrieben, verdichtet<br />

McCoy die damals populäre Unterhaltung<br />

des Tanzmarathons zur Metapher<br />

für <strong>ein</strong>en (Über­)Lebenskampf, der nur<br />

Verlierer kennt.» (Frankfurter Allgem<strong>ein</strong>e<br />

Zeitung)<br />

Seit Anfang 2011 vertritt der <strong>Rowohlt</strong><br />

Theater Verlag die Stoffrechte des Romans.<br />

Da die Theater ihre Bühnenfassungen<br />

auf Grundlage des englischen<br />

Originaltextes erstellen können, liegen<br />

für Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss<br />

k<strong>ein</strong>e Rollenbücher vor.<br />

David Foster<br />

Wallace<br />

Unendlicher Spaß<br />

(Infinite Jest)<br />

Deutsch von Ulrich Blumenbach<br />

1996 erschien Unendlicher Spaß in den<br />

USA und machte David Foster Wallace<br />

über Nacht zum Superstar der Literaturszene.<br />

Nicht all<strong>ein</strong> der schiere Umfang,<br />

sondern vor allem die sprachliche Kreativität,<br />

die ungeheure Themenvielfalt,<br />

die treffsichere Gesellschaftskritik sowie<br />

der Humor machen den Roman zum<br />

Meilenst<strong>ein</strong> der amerikanischen Literatur.<br />

Die Theaterrechte an Unendlicher<br />

Spaß – in der mehrfach preisgekrönten<br />

deutschen Übersetzung von Ulrich Blumenbach,<br />

die beim Verlag Kiepenheuer<br />

& Witsch erschienen <strong>ist</strong> – werden vom<br />

<strong>Rowohlt</strong> Theater Verlag vertreten.<br />

Die Handlung spielt in <strong>ein</strong>em leicht in<br />

die Zukunft versetzten Amerika, das mit<br />

Kanada und Mexiko die «Organisation<br />

der nordamerikanischen Nationen» bildet<br />

und von radikalen Separat<strong>ist</strong>en in<br />

Kanada, den rollstuhlfahrenden «Assassins<br />

des Fauteuils Rolants» (A. F. R.),<br />

KLASSIKER · BEARBEITUNGEN · STOFFREcHTE<br />

bekämpft wird. Das Staatsgebilde wird<br />

von <strong>ein</strong>em ehemaligen Schlagersänger<br />

und hypochondrischen Neurotiker namens<br />

Johnny Gentle regiert.<br />

Unendlicher Spaß, so nannte James<br />

Incandenza s<strong>ein</strong>en Film, der Menschen,<br />

die ihn anschauen, so verhext, dass sie<br />

sich nicht mehr von ihm lösen können<br />

und dabei verdursten und verhungern.<br />

Die A. F. R. <strong>ist</strong> auf der Suche nach der<br />

Master­Kassette dieses Films, da sie ihn<br />

für die ultimative Waffe halten, um die<br />

Amerikaner Opfer ihrer eigenen unersättlichen<br />

Gier nach Unterhaltung werden<br />

zu lassen. Ebenso auf der Suche <strong>ist</strong><br />

der Geheimdienst, der die Verbreitung<br />

des Films verhindern möchte. Diese Suche<br />

verbindet unterschiedliche Figuren<br />

mit<strong>ein</strong>ander und fokussiert den Handlungsort<br />

auf die von Incandenza gegründete<br />

Tennisakademie, wo s<strong>ein</strong>e beiden<br />

Söhne Hal und Mario studieren, sowie<br />

<strong>ein</strong> nahe gelegenes Entziehungsheim für<br />

Drogenabhängige. Dabei stellen die Internatsbewohner<br />

um den marihuanaabhängigen<br />

Hal Incandenza und die schrägen<br />

Bewohner der Drogenklinik um den<br />

hünenhaften Ex­Junkie Don Gately nur<br />

<strong>ein</strong>en kl<strong>ein</strong>en Teil des bunten Figurenpersonals<br />

dar.<br />

Im März 2012 <strong>ist</strong> die Premiere <strong>ein</strong>er<br />

Dramatisierung des Romans am Volkstheater<br />

München (Regie: Bettina Bruinier).<br />

Das Hebbel am Ufer / HAU wird<br />

im Juni 2012 mit <strong>ein</strong>er großangelegten<br />

Adap tion, die in 24­Stunden­Performances<br />

und in Inszenierungen mehrerer<br />

Regisseure an verschiedenen Orten zu<br />

sehen s<strong>ein</strong> wird, ganz Berlin bespielen.<br />

Eine Bühnenfassung von David Foster<br />

Wallaces Erzählungen Kurze Interviews<br />

mit fiesen Männern <strong>ist</strong> unter dem Titel<br />

Böse Buben in <strong>ein</strong>er Koproduktion der<br />

Münchner Kammerspiele mit den Wiener<br />

Festwochen für Juni 2012 in Vorbereitung<br />

(Regie: Ulrich Seidl).<br />

www.rowohlt-theater.de 35


KLASSIKER · BEARBEITUNGEN · STOFFREcHTE<br />

Oscar Wilde<br />

36<br />

«Heutzutage machen wir alle <strong>ein</strong>en auf Moral, sogar wenns um <strong>ein</strong>en Krieg geht, und jeder<br />

muß so tun, als wäre er <strong>ein</strong> Muster an Friedensliebe, R<strong>ein</strong>heit, Unbestechlichkeit und allen anderen sieben<br />

Tugendsünden – und was<br />

kommt dabei heraus? …<br />

K<strong>ein</strong> Jahr vergeht, ohne<br />

daß hier jemand <strong>ein</strong>fach<br />

so von der Bildfläche verschwindet.<br />

Skandale früher,<br />

die hatten wenigstens<br />

noch <strong>ein</strong>en gewissen Stil!»<br />

Ernst <strong>ist</strong> das Leben (Bunbury), Thalia Theater Hamburg<br />

Der ideale Mann<br />

(An Ideal Husband)<br />

6D – 6H<br />

Deutsche Fassung von Elfriede Jelinek<br />

nach <strong>ein</strong>er Übersetzung von<br />

Karin Rausch<br />

Der populäre Politiker Sir Robert Chiltern,<br />

gut aussehend, glaubwürdig und<br />

vermögend, steht kurz vor dem Aufstieg<br />

ins Kabinett. Dass sich s<strong>ein</strong> Reichtum<br />

<strong>ein</strong>em Insidergeschäft verdankt, getätigt<br />

am Anfang s<strong>ein</strong>er Blitzkarriere,<br />

weiß nur Mrs. Cheveley, die Sir Robert<br />

nun erpresst. Gegen s<strong>ein</strong>e Überzeugung<br />

soll er im Parlament für den dubiosen<br />

Hyper­Alpenkanal stimmen, in den Mrs.<br />

Cheveley investiert hat. Plötzlich steht<br />

Sir Robert vor der unschönen Entscheidung:<br />

Rücktritt oder Selbstverrat.<br />

Basierend auf <strong>ein</strong>er Übersetzung von<br />

Karin Rausch, lässt Elfriede Jelinek ihre<br />

Neufassung von Oscar Wildes böser<br />

Politik­Komödie zwar nach wie vor im<br />

England des ausgehenden 19. Jahrhunderts<br />

spielen, verteilt jedoch genügend<br />

Seitenhiebe auf die unmittelbare Gegenwart,<br />

dass Ähnlichkeiten zu lebenden<br />

Personen durchaus beabsichtigt sind.<br />

Erstaufführung von Der ideale Mann<br />

<strong>ist</strong> im November 2011 am Burgtheater<br />

(Akademietheater) Wien (Regie: Barbara<br />

Frey), im Dezember gefolgt von der<br />

Schweizer Erstaufführung am Schauspielhaus<br />

Zürich (Regie: Tina Lanik).<br />

Jelineks / Rauschs Neufassung von Oscar<br />

Wildes Ernst <strong>ist</strong> das Leben (Bun bury)<br />

wurde seit ihrer Erstaufführung am<br />

Burgtheater (Akademietheater) Wien<br />

(Februar 2005, Regie: Falk Richter) vielfach<br />

nachgespielt, u. a. am Düsseldorfer<br />

Schauspielhaus (Regie: Patrick Schlösser),<br />

Deutschen Theater Berlin (Regie:<br />

Bettina Bruinier), Schauspielhaus Salzburg<br />

(Regie: Robert Pienz), Theater Heidelberg<br />

(Regie: Bernd Mottl), Thea ter<br />

Osnabrück (Regie: Jos van Kan), Thalia<br />

Theater Hamburg (Regie: Anna Bergmann)<br />

und am Theater Koblenz (Regie:<br />

Andrea Udl). Im Februar 2012 hat sie<br />

am Theater Ingolstadt Premiere (Regie:<br />

Cornelia Crombholz).<br />

Mehr zu Elfriede Jelinek siehe S. 11.<br />

Pierre Carlet de<br />

Marivaux<br />

Triumph der Liebe<br />

(Le Triomphe de l’amour)<br />

3D – 4H<br />

Deutsch von Almuth Voß<br />

Prinzessin Léonide dringt zusammen<br />

mit ihrer Dienerin als Mann verkleidet<br />

in den Garten des Philosophen Hermocrate<br />

<strong>ein</strong>. Hier verbirgt sich der rechtmäßige<br />

Thronfolger des Landes, Prinz Agis,<br />

dessen Vater von Léonides Onkel entmachtet<br />

wurde. Léonide <strong>ist</strong> entschlossen,<br />

das Unrecht wiedergutzumachen<br />

und Agis zu heiraten. Doch um nicht<br />

sofort wieder aus dem Haus des eigenbrötlerischen<br />

Philosophen vertrieben zu<br />

werden, muss sie nicht nur Agis’ Liebe<br />

erringen, sondern auch Hermocrate sowie<br />

dessen spröde Schwester verführen.<br />

Unter Aufbietung größter rhetorischer<br />

Finessen gelingt es Léonide, dreifach<br />

unsterbliche Liebe hervorzurufen, bis<br />

sie am Ende den Betrug aufdeckt und<br />

ihre Eroberung Agis heimführt.<br />

Almuth Voß’ Neuübersetzung von Marivaux’<br />

doppelbödiger Komödie um die<br />

Macht der Sprache und die Skrupellosigkeit<br />

des Gefühls entstand im Auftrag<br />

des Stadttheaters Bern und wird dort im<br />

Dezember 2011 erstaufgeführt (Regie:<br />

Matthias Kaschig).<br />

Für den <strong>Rowohlt</strong> Theater Verlag hat Almuth<br />

Voß außerdem Stücke von Fabrice<br />

Melquiot sowie Victorien Sardous Tosca<br />

ins Deutsche übertragen.


William<br />

Shakespeare<br />

Julius caesar<br />

Neufassung von Feridun Zaimoglu<br />

und Günter Senkel<br />

3D – 6H<br />

Nach Othello und Hamlet, die in Luk<br />

Percevals Inszenierungen nach wie vor<br />

am Thalia Theater Hamburg zu sehen<br />

sind, sowie nach Romeo und Julia haben<br />

Feridun Zaimoglu und Günter Senkel<br />

mit Julius Caesar bereits ihre vierte<br />

Neufassung <strong>ein</strong>es Shakespeare­Dramas<br />

geschrieben. Entstanden <strong>ist</strong> sie als Auftragswerk<br />

für das Theater Kiel, wo im<br />

April 2011 die Erstaufführung war (Regie:<br />

Anne Sophie Domenz).<br />

Ebenfalls für das Theater Kiel arbeiten<br />

Zaimoglu / Senkel zurzeit an dem Stück<br />

Bildergeschichten, das als theatraler<br />

Rundgang durch die Kieler Kunsthalle<br />

konzipiert <strong>ist</strong> und auf <strong>ein</strong>zelne Werke<br />

der dortigen Sammlung Bezug nehmen<br />

wird. Die Uraufführung des ersten<br />

Teils mit dem Untertitel Liebe, diesseits,<br />

jenseits <strong>ist</strong> im November 2011 (Regie:<br />

Nora Mansmann); der zweite Teil wird<br />

im März 2012 Premiere haben.<br />

Zuletzt wurde von Zaimoglu / Senkel<br />

an den Münchner Kammerspielen im<br />

April 2011 Alpsegen uraufgeführt (Regie:<br />

Sebastian Nübling), das auch zu<br />

den Autorentheatertagen am Deutschen<br />

Theater Berlin <strong>ein</strong>geladen war: «Mit auf<br />

deutschen Bühnen schon lange nicht<br />

mehr gehörter Sprachlust und Idiomverliebtheit<br />

stürzen sich Zaimoglu / Senkel<br />

in <strong>ein</strong> überbordendes Stimmengewirr<br />

aus wundersamen Wortzusammensetzungen,<br />

anmutigen Alliterationen und<br />

kühnen Syntaxverstrebungen.» (Theater<br />

heute) «Den Alpsegen sprechen die<br />

Bauern im Gebirge jeden Tag, auf dass<br />

ihr Vieh beschützt sei und die Ernte<br />

reich werde. Das <strong>ist</strong> sie tatsächlich, die<br />

Ernte, im Text von Zaimoglu / Senkel …<br />

Ein herrlicher, ungem<strong>ein</strong> saftiger Alb­<br />

Alpsegen, Münchner Kammerspiele<br />

KLASSIKER · BEARBEITUNGEN · STOFFREcHTE<br />

traum … Man nimmt aus dieser Aufführung<br />

<strong>ein</strong>en f<strong>ein</strong>en Rausch mit nach<br />

Hause.» (Süddeutsche Zeitung)<br />

Außerdem hatte im März 2011 an der<br />

Neuköllner Oper das Libretto Discount<br />

Diaspora Uraufführung (Musik: Vivan<br />

und Ketan Bhatti, Regie: Markus H<strong>ein</strong>zelmann),<br />

und im Auftrag der Wuppertaler<br />

Bühnen haben Feridun Zaimoglu<br />

und Günter Senkel das Libretto für die<br />

Kammeroper Aufstand geschrieben, deren<br />

Uraufführung in der Komposition<br />

von Enver Yalçin Özdiker im März 2012<br />

s<strong>ein</strong> wird.<br />

Im Verlag Kiepenheuer & Witsch <strong>ist</strong> im<br />

Herbst 2011 Feridun Zaimoglus neuer<br />

Roman Ruß erschienen, dessen Dramatisierung<br />

bereits zur Uraufführung in<br />

der Saison 2012 / 13 optioniert <strong>ist</strong>.<br />

www.rowohlt-theater.de 37


KLASSIKER · BEARBEITUNGEN · STOFFREcHTE<br />

Zwischenfälle, Burgtheater (Akademietheater) Wien<br />

Daniil Charms<br />

Der <strong>Rowohlt</strong> Theater Verlag vertritt für<br />

den Verlag Galiani Berlin die Aufführungsrechte<br />

an Alexander Nitzbergs und<br />

Beate Rauschs Neuübersetzungen von<br />

Daniil Charms’ Gesamtwerk, die seit<br />

2010 in der ersten deutschen Charms­<br />

Werkausgabe bei Galiani ersch<strong>ein</strong>en.<br />

«Nun kommt der ‹richtige› Daniil<br />

Charms! … Nitzberg begreift (und zitiert)<br />

Charms als den Performer, der<br />

er war … Es geht um Klanglichkeit,<br />

um den Vortrag, um das Gedicht als<br />

Ereignis, nicht nur als Text. Daraus erwachsen<br />

strenge Kriterien, auch wenn<br />

deren Ziel das höchste Maß an Verspieltheit,<br />

an Nonsens, an Sprachkomik<br />

und Albernheit manchmal, s<strong>ein</strong> mag.»<br />

(Deutschlandradio) «Nie hat man Nitzberg<br />

beschwingter gesehen als hier bei<br />

Daniil Charms, den er nicht <strong>ein</strong>fach<br />

übersetzt … mit dem er vielmehr korrespondiert,<br />

dessen Schreibbewegung er<br />

mitvollzieht und dessen vielfältigen Intonationen<br />

er im Deutschen zu entsprechender<br />

Echowirkung verhilft.» (Neue<br />

Zürcher Zeitung) «Die Prosa … <strong>ist</strong> in<br />

der Übersetzung von Beate Rausch <strong>ein</strong><br />

<strong>ein</strong>ziges schaurig­schönes Vergnügen.<br />

Im Alltäglichen, Banalen entdeckte<br />

Charms das Mystische, im Biederen das<br />

38<br />

«Tragischer <strong>ist</strong> Komik derzeit nicht zu haben.»<br />

Frankfurter Allgem<strong>ein</strong>e Sonntagszeitung<br />

Schaurige, im Harmlosen die widerwärtigste<br />

Brutalität.» (Frankfurter Allgem<strong>ein</strong>e<br />

Zeitung)<br />

Eine Auswahl von Charms Prosawerken<br />

und Gedichten wurde im Februar<br />

2011 in der Regie von Andrea Breth mit<br />

überwältigendem Erfolg am Burgtheater<br />

(Akademietheater) Wien in der Produktion<br />

Zwischenfälle gezeigt. Neben<br />

zwei vollständigen Theaterstücken hat<br />

Daniil Charms auch <strong>ein</strong>e Fülle kurzer<br />

dramatischer Szenen geschrieben.<br />

Jelisaweta Bam<br />

2D – 3H<br />

Deutsch von Alexander Nitzberg<br />

Jemand hämmert an Jelisaweta Bams<br />

Tür: Draußen stehen zwei Männer,<br />

die sie verhaften wollen. Doch gerade<br />

als sie beginnen, die Tür aufzubrechen,<br />

endet die mit «Realismus, Melodram»<br />

überschriebene erste Szene und Szene 2,<br />

«Rea lis mus, Komödie» beginnt. Schlagartig<br />

ändert sich die Stimmung, unter<br />

den Herren draußen entbrennt <strong>ein</strong> heftiger<br />

Streit – Szenenwechsel. Szene 3,<br />

«Absurde Komik, naiv»: Die Besucher<br />

haben ihre Mission völlig vergessen und<br />

führen alberne Zaubertricks vor. Im wilden<br />

Schw<strong>ein</strong>sgalopp wechseln die Sze­<br />

nen und mit ihnen die Genres – bis in der<br />

vorletzten Szene 18 die Aus gangs situation<br />

wieder hergestellt <strong>ist</strong>: Jelisaweta<br />

Bam wird tatsächlich verhaftet und abgeführt,<br />

für <strong>ein</strong>en Mord, der zu Beginn<br />

des Stücks noch gar nicht geschehen<br />

war. Statt <strong>ein</strong>es Entkommens vergönnt<br />

ihr das Stück nur <strong>ein</strong>e Schlussszene –<br />

«Kadenz, opernhaft».<br />

20 Jahre vor den absurden Theaterstücken<br />

Ionescos und Becketts entzieht<br />

Daniil Charms in Jelisaweta Bam dem<br />

Zuschauer alle Verlässlichkeiten und<br />

evoziert gerade im dauernden surrealen<br />

Wandel den Widersinn des Geschehens.<br />

Charms schrieb Jelisaweta Bam für die<br />

Theatersektion der Avantgarde­Gruppierung<br />

Oberiu, die das Stück im Januar<br />

1928 unter s<strong>ein</strong>er Regie uraufführte.<br />

In ihrer Deklaration heißt es: «Die<br />

dramaturgische Handlung des Stücks<br />

wird von vielen quasi nebensächlichen<br />

Themen verwackelt … darum wird<br />

der Zuschauer in der dramaturgischen<br />

Handlung k<strong>ein</strong>e klare narrative Linie<br />

erkennen (denn diese glimmt gleichsam<br />

dahinter), dafür aber <strong>ein</strong>e szenische<br />

Handlung, die sich mit Sturmgewalt<br />

aus allen Elementen unseres Spektakels<br />

heraus entwickelt.»


Kinder- und Jugendtheater<br />

Daniil Charms<br />

Zirkus Schardam<br />

Besetzung variabel<br />

Empfohlen ab 6 Jahren<br />

Deutsch von Alexander Nitzberg<br />

Im Zirkus Schardam geht alles drunter<br />

und drüber. Denn während die Vorstellung<br />

läuft, platzt immer wieder Wendehals<br />

in die verschiedenen Nummern,<br />

der selbst auch <strong>ein</strong>mal auftreten möchte.<br />

Leider hat er nur eher zweifelhafte<br />

Kunststücke auf Lager: Er steht auf<br />

<strong>ein</strong>em B<strong>ein</strong>, bellt (<strong>ein</strong>em Hund überhaupt<br />

nicht ähnlich) oder imitiert <strong>ein</strong>e<br />

Fliege. Nichts davon kann den Zirkusdirektor<br />

überzeugen, der zunehmend<br />

verzweifelt versucht, die Vorstellung im<br />

Griff zu behalten und sich gleichzeitig<br />

des lästigen Eindringlings zu entledigen.<br />

Er entwickelt <strong>ein</strong>en hinterl<strong>ist</strong>igen<br />

Plan – doch eben als er glaubt, Wendehals<br />

endgültig los zu s<strong>ein</strong>, setzt dieser<br />

versehentlich nicht nur die ganze Manege<br />

unter Wasser, sondern lässt auch<br />

noch den gefräßigen Haifisch Fifi frei.<br />

«Wunderbare Figuren, running gags<br />

und Missgeschicke, überhaupt <strong>ein</strong>e geradezu<br />

anarchische Komik. Man kann<br />

den Zirkus Schardam deutschsprachigen<br />

Bühnen nur ans Herz legen …<br />

R<strong>ein</strong>ster, schönster Blödsinn – und <strong>ein</strong>e<br />

lautpoetische Fingerübung, <strong>ein</strong>e Verneigung<br />

vor den russischen Futur<strong>ist</strong>en und<br />

ihrer Kunstsprache zwischen Magie und<br />

Mathematik.» (Deutschlandradio)<br />

1935 für das Leningrader Marionettentheater<br />

geschrieben, wurde das Stück<br />

direkt nach der Premiere von den Behörden<br />

abgesetzt. In Deutschland wurde<br />

es erst nach der Jahrtausendwende wiederentdeckt<br />

und vielfach gespielt.<br />

Schwarze Milch. Klassenfahrt nach Auschwitz, Comedia Theater, Köln<br />

«<strong>Dieter</strong> <strong>ist</strong> <strong>ein</strong> <strong>Arsch</strong>.»<br />

Holger Schober<br />

Du b<strong>ist</strong> dabei!<br />

Klassenzimmerstück<br />

1D – 1H<br />

Empfohlen ab 12 Jahre<br />

Diese Tour <strong>ist</strong> ihre letzte Chance. Bastian<br />

Wunz (sieht so aus, wie er heißt)<br />

und Lisa Lohr (<strong>ist</strong> nicht mehr die<br />

Style­Ikone, die sie in der dritten Staffel<br />

war) waren mal Stars <strong>ein</strong>er der vielen<br />

Castingshows, spielten vor Hunderttausenden<br />

und haben schon Top­Fünf­Hits<br />

vorzuweisen. Jetzt sind sie ganz unten<br />

angekommen: Sie treten in Klassenzimmern<br />

auf. Bastian hält mit s<strong>ein</strong>er<br />

Abscheu vor diesem mickrigen Publikum<br />

nicht hinterm Berg. Er <strong>ist</strong> halt<br />

das großmäulige, sozial inkompetente<br />

Musik genie. Da muss erst Lisa in ihre<br />

Rolle als optim<strong>ist</strong>ischer Energiefrosch<br />

schlüpfen, um Bastian zum professionellen<br />

«Performen» zu bewegen. Denn<br />

schließlich wird ihr Auftritt mit der<br />

mitgebrachten Kamera für <strong>ein</strong>e Realityshow<br />

dokumentiert. Dort können sie<br />

sich dann endlich mal so zeigen, wie sie<br />

wirklich sind. Aber wie sehr die beiden<br />

längst mit den Rollen, die ihnen vom<br />

Management vorgeschrieben wurden,<br />

verschmolzen sind, ob Bastian schwul<br />

<strong>ist</strong>, Lisa Depressionen hat, die beiden<br />

<strong>ein</strong> heimliches Liebespaar sind – all das<br />

<strong>ist</strong> letztlich egal. Eine Karriere als Musiker<br />

sch<strong>ein</strong>t mittlerweile angesichts ihrer<br />

desolaten Situation undenkbar. Dieser<br />

ganze Casting­Zirkus <strong>ist</strong> doch menschenverachtend,<br />

bei so <strong>ein</strong>em Dreck<br />

www.rowohlt-theater.de 39


Kinder- und Jugendtheater<br />

kann man nicht mitmachen, da sind sich<br />

Bastian und Lisa <strong>ein</strong>ig. Sobald sie dieses<br />

hochemotionale Material im Kasten<br />

haben, leiten sie zum Höhepunkt ihres<br />

Auftritts über: Das Publikum wird <strong>ein</strong>en<br />

der beiden rausvoten und somit bestimmen,<br />

wer die Schultour fortsetzen darf.<br />

Du b<strong>ist</strong> dabei! entstand als Auftragswerk<br />

für die internationale Koproduktion des<br />

Deutschen Theaters Berlin mit Fondazione<br />

TeatroDue Parma und dem Jungen<br />

Theater Zagreb. Die Uraufführung <strong>ist</strong><br />

am Deutschen Theater im November<br />

2011 (Regie: Dominik Günther), danach<br />

folgen die Produktionen in Italien<br />

und Kroatien.<br />

Im März 2011 war die Uraufführung<br />

von Schwarze Milch. Klassenfahrt nach<br />

Auschwitz am Comedia Theater, Köln<br />

(Regie: Ulrike Stöck). «Ein Balanceakt,<br />

der Schober großartig gelingt. Trotz<br />

des ernsten Themas <strong>ist</strong> Schwarze Milch<br />

wohltuend frei von falscher Betroffenheit.»<br />

(WDR) «Schober erschafft <strong>ein</strong><br />

aufklärendes Stück frei von verklemmter<br />

Political Correctness.» (Kölner<br />

Stadtanzeiger) Zuletzt wurde Aus der<br />

Traum, das als Auftragswerk für das<br />

Theater der Jungen Welt entstand, im<br />

September 2011 in Leipzig uraufgeführt<br />

(Regie: Jürgen Zielinski). Ebenfalls im<br />

September war die österreichische<br />

Erstaufführung von Heimat.com am<br />

Dschungel Wien (Regie: Kevin E. Osenau).<br />

Im März 2012 zeigt das Stadt theater<br />

Bremerhaven die Uraufführung von<br />

Holger Schobers neuem Stück mit dem<br />

Arbeitstitel Feiert! Facebooked! Folgt!<br />

40<br />

«Und sie lebten glücklich bis an ihr Ende.<br />

Abgesehen von denen natürlich, die ihre Köpfe <strong>ein</strong>gebüßt hatten,<br />

denn die waren natürlich schon tot.»<br />

Dennis Kelly<br />

Unser Lehrer <strong>ist</strong> <strong>ein</strong> Troll<br />

(Our Teacher’s a Troll)<br />

Besetzung variabel, mindestens<br />

drei Darsteller/innen<br />

Empfohlen ab 8 Jahren<br />

Deutsch von John Birke<br />

Als Holly und Sean, die schrecklichen<br />

Zwillinge, ihrer Schrecklichkeit mal<br />

wieder freien Lauf lassen, erleidet ihre<br />

Schulleiterin Mrs. Spike <strong>ein</strong>en Nervenzusammenbruch.<br />

Sie sitzt muhend in der<br />

Sandk<strong>ist</strong>e und isst Sand, dann wird sie<br />

fortgebracht. Mrs. Spikes Nachfolger<br />

<strong>ist</strong> <strong>ein</strong> Troll, der, weil er nun mal <strong>ein</strong><br />

Troll <strong>ist</strong>, Kindern und Lehrern bei der<br />

kl<strong>ein</strong>sten Ungezogenheit den Kopf abreißt<br />

– und das <strong>ist</strong> sehr wörtlich zu verstehen.<br />

Aber mit der Ankunft des neuen<br />

Schulleiters haben nicht nur die Streiche<br />

<strong>ein</strong> Ende. Statt Französisch, Mathe<br />

oder Geschichte zu lernen, müssen die<br />

Schüler jetzt jeden Tag in der Goldmine<br />

schuften, die auf dem Schulhof ausgehoben<br />

wird. Doch so schwer die Arbeit<br />

auch <strong>ist</strong>: Wenn man <strong>ein</strong> Kind <strong>ist</strong> (und<br />

speziell <strong>ein</strong> schrecklicher Zwilling), lässt<br />

sich auch beim besten Willen die <strong>ein</strong>e<br />

oder andere Ungezogenheit kaum vermeiden.<br />

Jeden Tag verhängt der Troll<br />

neue Strafmaßnahmen, lässt Rosenkohl<br />

in Erdnussbutter servieren und Männer<br />

und Frauen ihre Schuhe tauschen – aber<br />

niemand rebelliert. Nur Sean und Holly<br />

wollen sich nicht kampflos geschlagen<br />

geben. Immerhin <strong>ist</strong> Kinder zu fressen<br />

definitiv nicht erlaubt. Sie suchen Hilfe,<br />

aber leider stellen sich die Erwachsenen,<br />

an die sie sich wenden, als völlig nutzlos<br />

heraus: Von ihrer Mutter bis hin zum<br />

Premiermin<strong>ist</strong>er <strong>ist</strong> niemand bereit, etwas<br />

zu unternehmen. Da beschließen<br />

die Kinder, die Sache selbst in die Hand<br />

zu nehmen, und begeben sich dabei in<br />

große Gefahr.<br />

Unser Lehrer <strong>ist</strong> <strong>ein</strong> Troll <strong>ist</strong> Dennis Kellys<br />

erstes Kinderstück. Im April 2009<br />

wurde es vom National Theatre of Scotland<br />

am Mull Theatre als Auftakt <strong>ein</strong>er<br />

schottlandweiten Tournee uraufgeführt.<br />

Im Februar 2012 <strong>ist</strong> die deutschsprachige<br />

Erstaufführung am Schauspiel Hannover<br />

(Regie: Ricarda Beilharz). «Ein<br />

Fest der Ungezogenheit und des Fragenstellens;<br />

<strong>ein</strong> wilder, haarsträubender<br />

Spaß.» (The Guardian)


Yoko Tawada<br />

M<strong>ein</strong> kl<strong>ein</strong>er Zeh war <strong>ein</strong><br />

Wort<br />

1D – 1H<br />

Empfohlen ab 8 Jahre<br />

«Hallo. Hallo, schön, dass du uns besuchst.<br />

Du hast schon gehört, ja, es <strong>ist</strong><br />

wirklich ungewöhnlich, dass das Haus<br />

verschwunden <strong>ist</strong>. Aber uns geht es erstaunlich<br />

gut, und unser Kind sch<strong>ein</strong>t besonders<br />

glücklich zu s<strong>ein</strong>.» Mit dem Verlust<br />

und dem Verschwinden von Haus,<br />

Arbeit, Regeln und Grenzen beginnt<br />

auch das Gewohnte und Gewöhnliche<br />

sich aufzulösen. Die vertrauten Wörter<br />

und Klänge öffnen sich für neuen Sinn;<br />

die kl<strong>ein</strong>e Familie in Tawadas Stück<br />

richtet sich <strong>ein</strong> in <strong>ein</strong>er Welt aus Sprache.<br />

Ausgehend von den Buchstaben des<br />

Alphabets, entstehen Szenen, Wörter<br />

und Bilder. Dabei tun sich unerwartete<br />

Fragen auf: Ob in dem Wort «Dusche»<br />

Wasser läuft? Wie betritt man <strong>ein</strong> Haus<br />

ohne Tür? Träumt <strong>ein</strong> Adler manchmal<br />

davon, <strong>ein</strong> Hase zu s<strong>ein</strong>? Braucht <strong>ein</strong><br />

Regenschirm den Regen? Unbeschwert<br />

von Linearität und Chronologie, <strong>ist</strong><br />

M<strong>ein</strong> kl<strong>ein</strong>er Zeh war <strong>ein</strong> Wort <strong>ein</strong> Tanz<br />

der Bedeutungen, in dem auch das, was<br />

tragisch und dramatisch s<strong>ein</strong><br />

könnte, neue Leichtigkeit gewinnt.<br />

Konkret und zugleich<br />

philosophisch lässt der Text<br />

den Gedanken der Zuschauer<br />

Raum für eigene Assoziationen<br />

und Bilder.<br />

«Das Alphabet als Welt, jeder<br />

Buchstabe <strong>ein</strong> Wort und Beginn<br />

<strong>ein</strong>er Szene – das Spiel damit fügt sich<br />

zu <strong>ein</strong>em kl<strong>ein</strong>en Kosmos als Theater<br />

der erzählten Dinge … Tawada hat <strong>ein</strong><br />

‹Alphabeet› bereitet, auf dem die Schauspieler<br />

Geschichten sprießen lassen, von<br />

A wie anders bis Z wie zählen … Ein<br />

Spiel als Anregung, die eigene Sprache<br />

mit Tawadas staunendem Blick zu begreifen.»<br />

(Thomas Irmer für die Auswahljury<br />

des Mülheimer KinderStücke­<br />

Preises 2011)<br />

M<strong>ein</strong> kl<strong>ein</strong>er Zeh war <strong>ein</strong> Wort entstand<br />

als Auftragswerk für die Theaterwerkstatt<br />

Pilkentafel in Flensburg,<br />

wurde dort im Juni 2010 uraufgeführt<br />

und war nominiert für den Mülheimer<br />

KinderStückePreis 2011. Im April 2013<br />

hat das Stück an der Württembergischen<br />

Landesbühne Esslingen Premiere.<br />

Yoko Tawada wurde 1960 in Tokio<br />

geboren und studierte in Japan Literaturwissenschaften.<br />

Seit 1982 lebt sie in<br />

Deutschland. Tawada schreibt Essays,<br />

Prosa, Theaterstücke, Hörspiele und<br />

Lyrik in deutscher und japanischer Sprache<br />

und wurde vielfach ausgezeichnet.<br />

Kinder- und Jugendtheater<br />

Finegan<br />

Kruckemeyer<br />

Das tragische Leben des<br />

Käsejungen<br />

(The Tragical Life of Cheeseboy)<br />

1D oder 1H<br />

Empfohlen ab 6 Jahre<br />

Deutsch von Thomas Kruckemeyer<br />

Das Leben des Käsejungen nimmt <strong>ein</strong>e<br />

dramatische Wendung, als s<strong>ein</strong>e eigenartig<br />

märchenhafte Welt, <strong>ein</strong> Miniaturplanet<br />

mitsamt s<strong>ein</strong>er ganzen Familie<br />

zerstört wird. Durch <strong>ein</strong>en glücklichen<br />

Zufall, eigentlich weil er sich nicht an<br />

die Verbote s<strong>ein</strong>er Eltern hält, driftet der<br />

kl<strong>ein</strong>e Held schlafend in <strong>ein</strong>em Beiboot<br />

ins Weltall hinaus, ohne von der Kata­<br />

www.rowohlt-theater.de 41


Kinder- und Jugendtheater<br />

strophe etwas zu bemerken. So beginnt<br />

<strong>ein</strong>e Odyssee, die ihn auf der Suche nach<br />

s<strong>ein</strong>en Eltern und nach sich selbst durch<br />

die Wüste, übers Meer und bis zum<br />

Mond und zurück führt. Bald muss er<br />

erkennen, dass er nach s<strong>ein</strong>er Heimat<br />

noch viele andere Dinge verlieren wird.<br />

S<strong>ein</strong>e beiden neuen Freunde, die als Astronom<br />

und Astrologin durch die Welt<br />

ziehen, sind nur temporäre Gefährten,<br />

und selbst Ebbe und Flut erweisen sich<br />

auf s<strong>ein</strong>er Reise als unbeständig. Das<br />

mag traurig s<strong>ein</strong>, aber es <strong>ist</strong> nie hoffnungslos.<br />

Dementsprechend <strong>ist</strong> auch der<br />

Erzähler dieser Geschichte vom Verlieren<br />

und (Wieder­)Finden unbeschwert<br />

heiter und nie um <strong>ein</strong>e überraschende<br />

Wendung oder <strong>ein</strong> zuversichtliches Lied<br />

verlegen. Am Ende steht der Protagon<strong>ist</strong><br />

ganz all<strong>ein</strong>e und mit neuem Selbstbewussts<strong>ein</strong><br />

am Rand <strong>ein</strong>er unüberschaubaren<br />

Welt, vielleicht so <strong>ein</strong>sam wie nie<br />

zuvor – und erfüllt uns trotzdem mit<br />

seltsamer Zuversicht.<br />

Finegan Kruckemeyer, 1981 als Sohn <strong>ein</strong>es<br />

Deutschen in Irland geboren, <strong>ist</strong> in<br />

Australien aufgewachsen und lebt derzeit<br />

in Tasmanien. Er hat bereits über<br />

40 Stücke geschrieben, die international<br />

aufgeführt wurden. Er war u. a. zu World<br />

Interplay 2005, zum ASSITEJ Weltkongress<br />

2008 und zuletzt zum ASSITEJ<br />

Weltkongress 2011 in Kopenhagen <strong>ein</strong>geladen.<br />

Das tragische Leben des Käsejungen<br />

wurde 2008 uraufgeführt, mit<br />

zahlreichen Preisen ausgezeichnet und<br />

war u. a. in England, Spanien, Kanada<br />

und den USA zu sehen. Die deutschsprachige<br />

Erstaufführung <strong>ist</strong> im März 2012<br />

am Theater Ingolstadt (Regie: Donald<br />

Berkenhoff).<br />

42<br />

Alina Bronsky<br />

Scherbenpark<br />

Bühnenfassung von Thomas Richhardt<br />

1D<br />

Empfohlen ab 16 Jahre<br />

Sascha, 17, hat zwei Träume: «Ich will<br />

Vadim töten. Und ich will <strong>ein</strong> Buch über<br />

m<strong>ein</strong>e Mutter schreiben. Ich habe auch<br />

schon <strong>ein</strong>en Titel: ‹Die Geschichte <strong>ein</strong>er<br />

hirnlosen rothaarigen Frau, die noch<br />

leben würde, wenn sie auf ihre kluge<br />

älteste Tochter gehört hätte›.» Seit er<br />

Saschas Mutter erschossen hat, sitzt<br />

Vadim im Gefängnis. Und Sascha lebt<br />

mit ihren zwei jüngeren Geschw<strong>ist</strong>ern<br />

und <strong>ein</strong>er Tante aus Sibirien weiter in<br />

ihrer Plattenbausiedlung am Stadtrand,<br />

auch schlicht «Russenghetto» genannt.<br />

Getrieben von ihrer Wut und ihrem messerscharfen<br />

Verstand, hat sie k<strong>ein</strong>esfalls<br />

vor, sich mit ihrem Schicksal <strong>ein</strong>fach so<br />

abzufinden. Sie wird an ihrem katholischen<br />

Elitegymnasium weiter Einsen<br />

schreiben, sie wird für ihre Geschw<strong>ist</strong>er<br />

sorgen, und sie wird ihre Mutter rächen,<br />

so viel <strong>ist</strong> klar. Doch als sie den Journal<strong>ist</strong>en<br />

Volker und dessen Sohn Felix ken­<br />

nenlernt, entwickelt die Geschichte sich<br />

in <strong>ein</strong>e unerwartete Richtung. «Je mehr<br />

Sascha ihre Stärke, ihre Selbständigkeit<br />

und ihre Unerschrockenheit betont,<br />

umso sichtbarer werden ihre Ängste,<br />

ihre Verzweiflung und ihre Sehnsüchte<br />

… Von <strong>ein</strong>er, die auszog, das Fürchten<br />

zu lernen, könnte dieses Buch auch<br />

heißen.» (Süddeutsche Zeitung)<br />

Alina Bronskys Debütroman Scherbenpark,<br />

erschienen 2008 bei Kiepenheuer<br />

& Witsch, war für den Deutschen Jugendliteraturpreis<br />

2009 sowie für den<br />

Aspekte Literaturpreis nominiert. Der<br />

<strong>Rowohlt</strong> Theater Verlag vertritt die<br />

Dramatisierungsrechte an dem Roman.<br />

Thomas Richhardts Monologfassung<br />

wurde im Juli 2010 am Theaterhaus<br />

Stuttgart uraufgeführt (Regie: Werner<br />

Schretzmeier). Außerdem hatte der<br />

Text in jeweils eigenen Spielfassungen<br />

am Deutschen Theater Berlin (November<br />

2010, Regie: Annette Kuß) und am<br />

Thea ter haus Frankfurt (Juni 2011, Regie:<br />

Elisabeth Gabriel) Premiere.


Wolfgang<br />

Herrndorf<br />

Tschick<br />

Bühnenfassung von Robert Koall<br />

1D – 3H<br />

Empfohlen ab 14 Jahre<br />

Es <strong>ist</strong> der erste Tag der Sommerferien.<br />

Die Mutter des 14­jährigen Maik <strong>ist</strong><br />

beim jährlichen Entzug, s<strong>ein</strong> Vater mit<br />

jugendlicher Geliebter auf Geschäftsreise,<br />

der Rest der Klasse <strong>ein</strong>geladen bei der<br />

Geburtstagsfeier der Jahrgangsschönsten.<br />

Und Maik all<strong>ein</strong> mit Villa, Pool<br />

und 200 Euro Taschengeld. Da taucht<br />

Tschick vor Maiks Haustür auf, in <strong>ein</strong>em<br />

geklauten Lada. Tschick <strong>ist</strong> noch<br />

neu in Maiks Klasse, <strong>ein</strong> Proll aus der<br />

Hochhaussiedlung, öfters betrunken,<br />

möglicherweise Russenmafia. Trotzdem<br />

steigt Maik <strong>ein</strong>. Zuerst wollen die beiden<br />

noch Richtung Walachei, Tschicks<br />

Familie besuchen, aber schon bald<br />

(«Landkarten sind für Muschis») fahren<br />

sie <strong>ein</strong>fach drauflos, die Fenster offen,<br />

als Soundtrack die <strong>ein</strong>zig verfügbare<br />

Kassette, Richard Claydermans Solid<br />

Gold Collection.<br />

Tschick <strong>ist</strong> die Geschichte <strong>ein</strong>er sommerlichen<br />

Deutschlandreise durch <strong>ein</strong><br />

vertrautes, fremdes Land. Durch Orte<br />

mitten im Nirgendwo, bizarre Kraterlandschaften<br />

und fehlplatzierte Gebirgszüge,<br />

bevölkert von seltsamen, aber häu­<br />

Deutscher Jugendliteraturpreis 2011<br />

fig entwaffnend freundlichen Menschen.<br />

Eine Reise, getränkt mit dem Gefühl von<br />

Freiheit und Abenteuer und gleichzeitig<br />

voller Wehmut, weil sie nicht ewig dauern<br />

kann. «Man lacht viel, wenn man<br />

Tschick liest, aber ebenso oft <strong>ist</strong> man gerührt,<br />

gelegentlich zu Tränen. Tschick <strong>ist</strong><br />

<strong>ein</strong> Buch, das <strong>ein</strong>en Erwachsenen rundum<br />

glücklich macht und das man <strong>ein</strong>em<br />

Altersgenossen s<strong>ein</strong>er Helden jederzeit<br />

schenken kann.» (Süddeutsche Zeitung)<br />

«Dass diese Hymne auf das Jungs<strong>ein</strong>, die<br />

Freundschaft, die Liebe und das Leben<br />

auch von großer Wehmut und Trauer<br />

kündet, macht sie aus … Auch in 50 Jahren<br />

wird dies noch <strong>ein</strong> Roman s<strong>ein</strong>, den<br />

wir lesen wollen. Aber besser, man fängt<br />

gleich damit an.» (Frankfurter Allgem<strong>ein</strong>e<br />

Zeitung) «Leider endet dieser<br />

Roman.» (Frankfurter Rundschau)<br />

Wolfgang Herrndorf erhielt für Tschick<br />

den Clemens Brentano Förderpreis der<br />

Stadt Heidelberg sowie den Deutschen<br />

Jugendliteraturpreis 2011. Robert Koalls<br />

Bühnenfassung wird im November<br />

am Staatsschauspiel Dresden (Regie:<br />

Jan Gehler) uraufgeführt, gefolgt von<br />

Premieren am Deutschen Theater Berlin<br />

(Regie: Alexander Riemenschneider),<br />

Badischen Staatstheater Karlsruhe (Regie:<br />

Ulrike Stöck), Theater Osnabrück<br />

(Regie: Alexander May), Hans­Otto­<br />

Theater Potsdam (Regie: Sascha Hawemann)<br />

sowie am Gostner Hoftheater,<br />

Nürnberg (Regie: Thomas Stang).<br />

Kinder- und Jugendtheater<br />

Janne Teller<br />

Nichts<br />

Was im Leben wichtig <strong>ist</strong><br />

(Intet)<br />

Bühnenfassung von Andreas Erdmann,<br />

nach der deutschen Übersetzung von<br />

Sigrid C. Engeler<br />

5 oder 8 Darsteller/innen<br />

Empfohlen ab 13 Jahre<br />

Am ersten Tag nach den Sommerferien<br />

verkündet Pierre Anthon s<strong>ein</strong>e Erkenntnis:<br />

«Nichts bedeutet irgendwas, deshalb<br />

lohnt es sich nicht, irgendwas zu<br />

tun.» Er verlässt mitten im Unterricht<br />

die Klasse, zieht sich auf <strong>ein</strong>en hohen<br />

Ast im Pflaumenbaum zurück und traktiert<br />

s<strong>ein</strong>e Schulkameraden von da an<br />

abwechselnd mit reifen Pflaumen und<br />

nihil<strong>ist</strong>ischen Einsichten. Die Klasse <strong>ist</strong><br />

sich schnell <strong>ein</strong>ig, dass sie Pierre Anthon<br />

etwas entgegensetzen muss. Die Schüler<br />

beginnen, persönliche Gegenstände zusammenzutragen<br />

und so <strong>ein</strong>en «Berg aus<br />

Bedeutung» aufzuhäufen. Sie werden zu<br />

<strong>ein</strong>er <strong>ein</strong>geschworenen Gem<strong>ein</strong>schaft,<br />

die sich mit zunehmendem Fanatismus<br />

ihrer Mission widmet. Als ihr mons tröser<br />

Plan, der immer drastischere Opfer<br />

verlangt, auffliegt, stürzen sich die<br />

Medien darauf, und es kommt zu <strong>ein</strong>er<br />

landesweiten Diskussion um Sinn und<br />

Unsinn ihres Tuns. Nur Pierre Anthon<br />

bleibt von alldem unbe<strong>ein</strong>druckt – und<br />

die Klasse rächt sich an ihm … Die<br />

Hauptfigur in Janne Tellers Roman <strong>ist</strong><br />

www.rowohlt-theater.de 43


Kinder- und Jugendtheater<br />

Kinder- und J ugendtheater<br />

Agnes, die rückblickend die Ereignisse<br />

dieses Schuljahres schildert, das alle Beteiligten<br />

für immer verändern wird.<br />

Janne Teller wurde 1964 in Kopenhagen<br />

geboren. Nach Abschluss ihres Jurastudiums<br />

arbeitete sie für internationale<br />

Organisationen wie die EU und die UN,<br />

u. a. in New York und in verschiedenen<br />

Krisengebieten der Welt. Seit 1994<br />

widmet sie sich ausschließlich dem Schreiben.<br />

In Deutschland ersch<strong>ein</strong>en ihre<br />

Bücher beim Carl Hanser Verlag.<br />

Nach der Veröffentlichung von Nichts<br />

in Skandinavien gab es zunächst viel<br />

Widerstand gegen den Roman. Das dänische<br />

Schulamt untersagte sogar, das<br />

Buch im Unterricht durchzunehmen.<br />

2001 erhielt Nichts den Dänischen Kinderbuchpreis.<br />

Mittlerweile <strong>ist</strong> der Roman<br />

<strong>ein</strong> internationaler Bestseller und<br />

wurde vielfach ausgezeichnet.<br />

Die deutschsprachige Erstaufführung<br />

war im Oktober 2011 am Düsseldorfer<br />

Schauspielhaus (Regie: Marco Štorman),<br />

es folgen Inszenierungen u. a. am Theater<br />

Ingolstadt (Regie: Julia Mayr),<br />

Tha lia Theater Halle (Regie: Michael<br />

Krenz), Theater am Ortw<strong>ein</strong>platz, Graz<br />

(Österreichische Erstaufführung, Regie:<br />

Simon Windisch), Theater im Marien­<br />

44<br />

Nichts. Düsseldorfer Schauspielhaus<br />

«Du sitzt bloß da und gaffst in die Luft.<br />

Ist das vielleicht besser?»<br />

bad, Freiburg (Regie: N. N.), Theater an<br />

der Parkaue, Berlin (Regie: Roscha A.<br />

Saidow), Landestheater Tübingen (Regie:<br />

Michael Miensopust), Staatsschauspiel<br />

Dresden (Regie: Tilmann Köhler),<br />

Schauspielhaus Zürich (Schweizer Erstaufführung,<br />

Regie: Enrico Beeler) sowie<br />

an der Badischen Landesbühne Bruchsal<br />

(Regie: N. N.).<br />

«Ein brutales, <strong>ein</strong> mutiges Buch – <strong>ein</strong><br />

literarischer Glücksfall zur rechten<br />

Zeit! Nichts deprimiert nicht, sondern<br />

ermutigt s<strong>ein</strong>e Leser, ihr Leben selbst<br />

zu bestimmen. Es beschreibt <strong>ein</strong>e Suche,<br />

auf die sich jeder irgendwann begibt,<br />

die aber selten so packend erzählt<br />

worden <strong>ist</strong>.» (Die Zeit) «Eine psychologisch<br />

spannende Parabel über Mut und<br />

Feigheit, über die Verführbarkeit durch<br />

Ideologien und die Suche nach dem Sinn<br />

des Lebens. Nichts erschüttert dadurch,<br />

dass das Erzählte so unaufhaltsam abläuft<br />

wie <strong>ein</strong> antikes Drama.» (Deutschland<br />

radio) «Wer wissen möchte, welchen<br />

Weg Fanatiker hinter sich haben,<br />

die alles und jeden zu opfern bereit sind,<br />

findet in Nichts <strong>ein</strong>e Antwort.» (Frankfurter<br />

Allgem<strong>ein</strong>e Zeitung)<br />

Krieg<br />

Stell dir vor, er wäre hier<br />

(Hvis der var krig i Norden)<br />

1 oder 2 Darsteller/innen<br />

Empfohlen ab 12 Jahre<br />

Deutsch von Sigrid C. Engeler<br />

Stell dir vor, es <strong>ist</strong> Krieg – nicht irgendwo<br />

weit weg, sondern hier in Europa.<br />

Die demokratische Politik <strong>ist</strong> gescheitert<br />

und fasch<strong>ist</strong>ische Diktaturen haben die<br />

Macht übernommen. Wer kann, flieht<br />

in den Nahen Osten, wie der 14­jährige<br />

Protagon<strong>ist</strong> aus Deutschland. In <strong>ein</strong>em<br />

ägyptischen Flüchtlingslager versucht er<br />

mit s<strong>ein</strong>er Familie <strong>ein</strong> neues Leben zu beginnen.<br />

Weil er k<strong>ein</strong>e Aufenthaltsgenehmigung<br />

hat, kann er nicht zur Schule gehen,<br />

k<strong>ein</strong> Arabisch lernen, k<strong>ein</strong>e Arbeit<br />

finden. Er fühlt sich als Außenseiter und<br />

sehnt sich nach Hause. Doch wo <strong>ist</strong> das?<br />

«Eine ebenso <strong>ein</strong>fache wie geniale Idee:<br />

Mit <strong>ein</strong>em kl<strong>ein</strong>en Dreh stellt die Autorin<br />

unsere Alltagswirklichkeit auf den<br />

Kopf und zwingt uns, in <strong>ein</strong>en hässlichen<br />

Zerrspiegel zu schauen.» (Deutschlandradio)<br />

Die Bühnenfassung, der ungekürzte Text<br />

des Buches für maximal zwei Darsteller,<br />

wurde im Mai 2011 an der Badischen<br />

Landesbühne Bruchsal uraufgeführt<br />

(Regie: Carsten Ramm). Die österreichische<br />

Erstaufführung <strong>ist</strong> für März 2012<br />

am Dschungel Wien geplant (Regie: Mareike<br />

Dick).


Bildnachweise:<br />

Arno Declair (Cover: Szenenfoto aus<br />

Winterreise, Deutsches Theater Berlin,<br />

Regie: Andreas Kriegenburg)<br />

R<strong>ein</strong>hard Werner (S. 1 o.)<br />

Ruth Walz (S. 1 u.)<br />

Jochen Jezussek (S. 2)<br />

Matthias Horn (S. 3 & S. 4)<br />

Fernando Perez Re (S. 5 o.)<br />

Hans Jörg Michel (S. 5 u.)<br />

<strong>Dieter</strong> Wuschanski / Die Theater<br />

Chemnitz gGmbH (S. 6 o.)<br />

Beowulf Sheehan (S. 7)<br />

Peter Awtukowitsch (S. 9)<br />

Johannes Gebert (S. 10 o.)<br />

Alexi Pelekanos (S. 10 u.)<br />

Karin Rocholl (S. 11)<br />

Julian Röder (S. 12)<br />

Jörg Landsberg (S. 13 l.)<br />

Ekko von Schwichow (S. 13 r.)<br />

David Finck (S. 14)<br />

Sebastian Hoppe (S. 15)<br />

Chr<strong>ist</strong>ian Kl<strong>ein</strong>er (S. 16 l. & r)<br />

Tobias Bohm (S. 17)<br />

Nicole Gräter (S. 18)<br />

Renate Baricz (S. 19)<br />

Arno Declair (S. 20 o.)<br />

Martin Skoog (S. 20 u.)<br />

Jan Giliam van Arkel (S. 21)<br />

Hans Jörg Michel (S. 23 l.)<br />

Aaron Eckhardt (S. 23 r.)<br />

Michael Rafelson (S. 25)<br />

Bettina Müller (S. 26 r.)<br />

www.fayethomas.com (S. 29 l.)<br />

Katrin Ribbe (S. 29 r.)<br />

Uwe H<strong>ein</strong>rich (S. 30)<br />

Adrian Gatie (S. 31)<br />

Daniel Farhi (S. 32)<br />

Judith Schlosser (S. 33)<br />

Björn Hickmann / Stage Picture (S. 34 l.)<br />

Sebastian Hoppe (S. 34 r.)<br />

Kiepenheuer & Witsch (S. 35)<br />

Krafft Angerer (S. 36)<br />

Iko Freese, Drama – Agentur für<br />

Theaterfotografie (S. 37 o.)<br />

Philipp Ottendörfer (S. 37 u.)<br />

Bernd Uhlig (S. 38)<br />

MEYER ORIGINALS (S. 39 o.)<br />

Yves Noir (S. 41 o.)<br />

Andy Rasheed, Eyefood (S. 41 u.)<br />

Bettina Fürst Fastré (S. 42)<br />

Mathias Mainholz (S. 43)<br />

Sebastian Hoppe (S. 44 l.)<br />

Morten Holtum Nielsen (S. 44 r.)<br />

Alle weiteren Abbildungen sind über das Archiv<br />

des <strong>Rowohlt</strong> Theater Verlages nachweisbar<br />

oder konnten bisher nicht ermittelt werden.<br />

Impressum:<br />

<strong>Rowohlt</strong> Theater Verlag<br />

Hamburger Straße 17<br />

D-21465 R<strong>ein</strong>bek bei Hamburg<br />

Tel. 040-7272-270<br />

Fax 040-7272-276<br />

theater@rowohlt.de<br />

www.rowohlt-theater.de<br />

Leitung:<br />

Nils Tabert<br />

(nils.tabert@rowohlt.de)<br />

Lektorat:<br />

Bastian Häfner<br />

(bastian.haefner@rowohlt.de)<br />

Maren Zindel<br />

(maren.zindel@rowohlt.de)<br />

Aufführungsverträge:<br />

Tanja Müller<br />

(tanja.mueller@rowohlt.de)<br />

Honorarbuchhaltung:<br />

Marion St<strong>ein</strong>ert<br />

(marion.st<strong>ein</strong>ert@rowohlt.de)<br />

Kerstin Runte<br />

(kerstin.runte@rowohlt.de)<br />

Redaktion: Bastian Häfner, Nils Tabert,<br />

Maren Zindel<br />

Layout: Das Herstellungsbüro, Hamburg<br />

Druck: Bartels Druck, Lüneburg


<strong>Rowohlt</strong> Theater Verlag · Hamburger Straße 17 · D-21465 R<strong>ein</strong>bek · Tel. 040-72 72 270 · Fax 040-72 72 276 · E-Mail: theater@rowohlt.de<br />

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