Indoor-Positionierung mittels Smartphone - Lehrstuhl für Mobile und ...
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<strong>Indoor</strong>-<strong>Positionierung</strong> <strong>mittels</strong> <strong>Smartphone</strong><br />
Alexander Oschatz<br />
Seminar: Trends in mobilen <strong>und</strong> verteilten Systemen<br />
Sommersemester 2011<br />
<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Mobile</strong> <strong>und</strong> Verteilte Systeme<br />
Institut <strong>für</strong> Informatik<br />
Ludwig-Maximilians-Universität München<br />
Abstract: Diese Arbeit befasst sich mit <strong>Indoor</strong>-<strong>Positionierung</strong>ssystemen <strong>und</strong> deren<br />
Relevanz sowie der technischen Ausstattung von <strong>Smartphone</strong>s <strong>und</strong> darauf aufbauenden<br />
Ansätzen zur Standortbestimmung innerhalb von Gebäuden. Ausgehend von einer<br />
Klassifizierung der Infrastruktur in vorhanden, neu zu implementieren <strong>und</strong> nicht vorhanden<br />
wird <strong>für</strong> jede Klasse ein Ansatz zur Standortbestimmung innerhalb von Gebäuden<br />
vorgestellt. Dabei werden die Ansätze WLAN-basiertes Location Fingerprinting,<br />
QR-Codes in Verbindung mit Dead Reckoning sowie Bild-basierte <strong>Positionierung</strong> <strong>mittels</strong><br />
<strong>Smartphone</strong>-Kamera untersucht. Jeder Ansatz wird zunächst erläutert, im nächsten<br />
Schritt einer SWOT-Analyse unterzogen, dann daraus sinnvolle Einsatzgebiete<br />
abgeleitet <strong>und</strong> durch Ausbaustufen weiter entwickelt. Nach Analyse der untersuchten<br />
Ansätze steht fest, dass derzeit ein einziges Verfahren zur Standortbestimmung<br />
innerhalb von Gebäuden nicht ausreicht. Das optimale <strong>Positionierung</strong>ssystem ist eine<br />
hybride Lösung, welche die Stärken unterschiedlicher Ansätze kombiniert <strong>und</strong> im<br />
selben Zuge die Schwächen der Ansätze ausgleicht. Zudem ist es kontext-sensitiv <strong>und</strong><br />
nutzt am aktuellen Standort alle ihm zur Verfügung stehenden Messwerte oder Kalibrierungsmöglichkeiten,<br />
um eine Standortbestimmung durchzuführen. Den Abschluss<br />
der Arbeit bildet eine Zusammenfassung der erläuterten Verfahren <strong>und</strong> ein Ausblick<br />
zur Verwendung von Augmented Reality bei der Standortbestimmung innerhalb von<br />
Gebäuden.<br />
Keywords: wireless indoor positioning, indoor positioning system, ips, wlan, 802.11,<br />
location fingerprinting, qr code, accelerometer, digital compass, smartphone, camera,<br />
infrastructure, nearest neighbor, dead reckoning, swot, einsatzgebiete
1 Aufbau der Arbeit<br />
Diese Arbeit befasst sich mit der <strong>Smartphone</strong>-gestützten Standortbestimmung innerhalb<br />
von Gebäuden. Der Aufbau der Arbeit gliedert sich in sieben Abschnitte: Im Abschnitt<br />
Motivation wird darauf eingegangen, welche Bedeutung <strong>Smartphone</strong>s heutzutage haben<br />
<strong>und</strong> warum <strong>Indoor</strong>-<strong>Positionierung</strong> eine Vielzahl potentieller Einsatzgebiete eröffnet. Des<br />
Weiteren wird erläutert, warum <strong>Smartphone</strong>s aufgr<strong>und</strong> ihrer Hardware-Ausstattung zur<br />
Standortbestimmung innerhalb von Gebäuden genutzt werden können.<br />
Im darauf folgenden Abschnitt Was ist <strong>Indoor</strong>-<strong>Positionierung</strong> wird der Begriff <strong>Indoor</strong>-<br />
<strong>Positionierung</strong> definiert <strong>und</strong> im anschließenden Abschnitt Notwendigkeit dedizierter Verfahren<br />
zur <strong>Indoor</strong>-<strong>Positionierung</strong> erklärt, warum nicht auf etablierte Verfahren der Outdoor-<strong>Positionierung</strong><br />
zurückgegriffen werden kann.<br />
Danach werden in Abschnitt Klassifizierung von <strong>Indoor</strong>-basierten Verfahren ausgehend<br />
von der (nicht) vorhandenen Infrastruktur drei Klassen vorgestellt, auf deren Basis die<br />
Ansätze zur <strong>Indoor</strong>-<strong>Positionierung</strong> unterschieden werden können.<br />
Im anschließenden Abschnitt Ausgewählte <strong>Indoor</strong>-<strong>Positionierung</strong>sverfahren im Detail<br />
wird <strong>für</strong> jede der drei Klassen ein Ansatz vorgestellt. Die Klassen <strong>und</strong> Ansätze sind:<br />
Tabelle 1: Klassifizierung <strong>Indoor</strong>-basierter <strong>Positionierung</strong>sverfahren mit je einem Ansatz zur<br />
Erläuterung.<br />
Klasse Ansatz<br />
Vorhandene Infrastruktur WLAN-basiertes Location Fingerprinting<br />
Neue Infrastruktur QR-Codes in Kombination mit Dead Reckoning<br />
Keine Infrastruktur Bild-basierte Lokalisierung <strong>mittels</strong> <strong>Smartphone</strong>-Kamera<br />
Für jeden Ansatz erfolgt eine Nennung der genutzten Technologie bzw. Instrumente, eine<br />
Erläuterung der Funktionsweise, eine Nennung der erzielten Ergebnisse <strong>und</strong> eine SWOT-<br />
Analyse. Auf Gr<strong>und</strong>lage der Analyseergebnisse <strong>und</strong> der Berücksichtigung existierender<br />
Ausbaustufen werden sinnvolle Einsatzgebiete vorgeschlagen.<br />
Den Abschluss der Arbeit bilden eine Zusammenfassung der vorgestellten Ansätze mit<br />
Ergebnisdarstellung, abgeleitet von der Analyse der Ansätze neue Anforderungen an ein<br />
optimales <strong>Positionierung</strong>ssystem sowie ein Ausblick auf zukünftige Entwicklungen im Bereich<br />
<strong>Indoor</strong>-<strong>Positionierung</strong> durch Nutzung von Augmented Reality.
2 Motivation<br />
Mit dem Verkaufsstart der ersten iPhone-Generation im Juni 2007 [App11] in den USA<br />
legte Apple den Gr<strong>und</strong>stein <strong>für</strong> den Durchbruch einer neuen Klasse mobiler Endgeräte -<br />
den <strong>Smartphone</strong>s.<br />
Derzeit gibt es keine genaue Definition, was ein <strong>Smartphone</strong> ist. Zum besseren Verständnis<br />
dieses Begriffs kann aber festgehalten werden, dass ein <strong>Smartphone</strong> die Weiterentwicklung<br />
eines klassischen Mobilfunk-Handys ist. Die bekannten Kommunikationsmöglichkeiten<br />
wie Telefonieren <strong>und</strong> Kurzmitteilungen versenden bleiben dabei erhalten, die Verwendungsmöglichkeiten<br />
werden aber durch zusätzliche Hardware-Ressourcen <strong>und</strong> Multimedia-Funktionalitäten<br />
sowie darauf abgestimmter Software erweitert.<br />
Durch die Kombination der verbauten Hardware in Form von Touchscreen-Display, GPS-<br />
Empfänger, WLAN-Modul, digitaler Kompass <strong>und</strong> Beschleunigungssensor mit einer auf<br />
das <strong>Smartphone</strong> abgestimmten Kartenanwendung eignen sich diese mobilen Endgeräte<br />
sehr gut zur Standortbestimmung <strong>und</strong> Navigation.<br />
Außerhalb von Gebäuden ist dies bereits durch etablierte Systeme, die auf das Global Positioning<br />
System (GPS) aufsetzen, sehr gut möglich <strong>und</strong> ausreichend optimiert. Neben Navigationsanwendung<br />
<strong>für</strong> Autofahrer, Fahrradfahrer <strong>und</strong> Fußgänger etablieren sich mit der<br />
Zeit auch Angebote, die den Location-based Services (LBS) - den ortsbezogenen Diensten<br />
- zuzuordnen sind. Dabei wird dem <strong>Smartphone</strong>-Besitzer auf Basis seiner aktuellen Position<br />
standortbezogene Werbung oder hilfreiche Informationen präsentiert, die ihn zum Kauf<br />
einer Ware oder in seiner aktuellen Lage weiter helfen sollen. Ein häufiges Werbemittel<br />
sind dabei Coupons, die in der nächstgelegnen Verkaufsstelle des Anbieters eingelöst<br />
werden können. Ebenfalls häufig eingesetzt sind Richtungs- <strong>und</strong> Entfernungsangaben zur<br />
nächsten Verkaufsstelle, sodass der <strong>Smartphone</strong>-Nutzer dort hin navigieren kann.<br />
Für den Außeneinsatz basierend auf GPS ist die Methodik zur Standortbestimmung mit<br />
einer ausreichenden Genauigkeit bei einem Stand angelangt, der keiner weiteren Optimierung<br />
bedarf. Im Gegensatz dazu sind <strong>Positionierung</strong>ssysteme <strong>für</strong> den <strong>Indoor</strong>-Bereich noch<br />
nicht ausreichend erforscht.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der verbauten Hardware <strong>und</strong> als ständiger Begleiter sind <strong>Smartphone</strong>s das ideale<br />
Werkzeug, sie ebenfalls zur Standortbestimmung innerhalb von Gebäuden zu nutzen. Besonderen<br />
Mehrwert würden Lokalisierungs- <strong>und</strong> Navigationsdienste in unregelmäßig besuchten<br />
<strong>und</strong>/oder weitläufigen Gebäuden bieten. Dies wären z.B. Museen, Krankenhäuser,<br />
Einkaufszentren, Messen oder Hochschulgebäude <strong>und</strong> Flughäfen.<br />
In diesen Gebäuden könnte mit Hilfe von <strong>Smartphone</strong>s eine weitaus bessere Navigationsmöglichkeit<br />
geboten werden, als dies mit Standorttafeln oder Info-Points möglich<br />
wäre. <strong>Smartphone</strong>-Besitzer könnten direkt zu ihrem Ziel navigieren, ohne Zeit <strong>und</strong> Aufwand<br />
in die Orientierung oder das Erfragen von Navigationsinformationen zu investieren.<br />
Ein darüber hinaus sehr interessantes Einsatzgebiet <strong>für</strong> Vermarkter wären Location-based<br />
Services zur Vermarktung lokal vorrätiger Produkte in Einkaufshallen oder Flughäfen. Die<br />
Menschen dort warten oftmals oder kaufen ein <strong>und</strong> befinden sich in einer Stimmungslage,<br />
in der sie bereit sind Geld auszugeben. <strong>Smartphone</strong>s mit der Möglichkeit zur Standortbe-
stimmung <strong>und</strong> Navigation stellen somit ein ideales Vermarktungswerkzeug zum Abverkauf<br />
lokaler Waren dar.<br />
2.1 Relevanz<br />
<strong>Smartphone</strong>s sind beliebt bei Verbrauchern <strong>und</strong> die Absatzzahlen steigen rasant. Dies belegen<br />
aktuelle Zahlen des Marktforschungsinstituts Gartner. Nach Angabe der Analysten<br />
machten <strong>Smartphone</strong>s im 1. Quartal 2011 bereits einen Anteil von 23,6% der weltweiten<br />
Absatzzahlen mobiler Endgeräte aus. Dieser Trend soll sich nach Expertenmeinungen in<br />
den kommenden Jahren weiter verstärken. Aktuell beträgt die jährliche Wachstumsrate im<br />
<strong>Smartphone</strong>-Segment 85%. [Gar11]<br />
In Anbetracht der Marktforschungsergebnisse ist davon auszugehen, dass <strong>Smartphone</strong>s als<br />
Kommunikationsmittel <strong>und</strong> persönlicher Assistent weiterhin starke Verbreitung finden <strong>und</strong><br />
sie neben Portemonnaie <strong>und</strong> Schlüsselb<strong>und</strong> zu den Gegenständen des täglichen Lebens<br />
gehören, die wir jederzeit bei uns tragen. Diesbezüglich bin ich davon überzeugt, dass<br />
in ferner Zukunft die beiden letztgenannten durch ein <strong>Smartphone</strong> substituiert werden.<br />
[Loc11] [Goo11b]<br />
Durch die stark zunehmende Verbreitung von <strong>Smartphone</strong>s eröffnen sich neue Möglichkeiten<br />
auf dem Gebiet der <strong>Indoor</strong>-<strong>Positionierung</strong>. Denkbar wäre zum Beispiel der Einsatz<br />
eines <strong>Smartphone</strong>s zum Auffinden von Personen bzw. Gerätschaften in einem Krankenhaus,<br />
zum Auffinden eines Geschäfts im Einkaufszentrum oder eines Meetingraumes in<br />
einem weitläufigen Bürogebäude. Ein <strong>Smartphone</strong> könnte also überall dort genutzt werden,<br />
wo der eigene Standort <strong>und</strong>/oder der Standort des gesuchten Ziels nicht bekannt ist<br />
<strong>und</strong> man dort hingeführt werden muss.<br />
2.2 Technische Ausstattung zur Standortbestimmung<br />
Die zuvor erwähnte Möglichkeit zur Standortbestimmung ist bei <strong>Smartphone</strong>-Besitzern<br />
eine häufig genutzte Funktionalität. Dies ist aufgr<strong>und</strong> der Vielfalt an verbauter Kommunikationshardware<br />
<strong>und</strong> Sensorik möglich. Im Folgenden eine Auflistung der gängigsten<br />
Hardware-Komponenten, die in einem <strong>Smartphone</strong> verbaut sind. Die erste Auflistung<br />
nennt Komponenten, die mit Hilfe von Funkfrequenzen - im Englischen auch als RF-based<br />
(Radio Frequency-based) bezeichnet - eine Standortbestimmung ermöglichen:<br />
• GPS-Empfänger,<br />
• 3G-Empfänger- <strong>und</strong> -Sender,<br />
• Bluetooth,<br />
• WLAN-Empfänger <strong>und</strong> -Sender.
Darüber hinaus ist in <strong>Smartphone</strong>s Sensorik - im Englischen als IMU (Intertial Measurement<br />
Unit) bezeichnet - verbaut <strong>und</strong> kann ebenfalls zur Standortbestimmung eingesetzt<br />
werden. Beispiele da<strong>für</strong> sind:<br />
• Digitaler Kompass,<br />
• 3-Achsen-Gyrosensor,<br />
• Beschleunigungssensor,<br />
• Umgebungslichtsensor,<br />
• Kamera.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der Vielzahl an verbauten Komponenten eignen sich <strong>Smartphone</strong>s <strong>für</strong> viele Einsatzzwecke,<br />
darunter auch die bereits erwähnten Karten- <strong>und</strong> Navigationsanwendungen.<br />
Eine Auswahl existierender Verfahren zur Bestimmung der Position eines Endgerätes sollen<br />
im späteren Verlauf dieser Arbeit näher untersucht werden. Der Fokus wird dabei auf<br />
Ansätze gelegt, die die <strong>Smartphone</strong>-Hardware <strong>und</strong> entsprechende Algorithmen zur <strong>Positionierung</strong><br />
innerhalb eines Gebäudes verwenden.
3 Was ist <strong>Indoor</strong>-<strong>Positionierung</strong>?<br />
<strong>Smartphone</strong>s eignen sich aufgr<strong>und</strong> ihrer technischen Ausstattung <strong>und</strong> dem Umstand, dass<br />
wir sie ständig bei uns tragen, sehr gut um sie <strong>für</strong> Lokalisierungszwecke zu nutzen. Im<br />
nächsten Schritt wird daher eine Begriffserklärung vorgestellt. Es soll erläutert werden,<br />
was der Begriff <strong>Indoor</strong>-<strong>Positionierung</strong> bedeutet <strong>und</strong> was dabei zu beachten ist.<br />
Unter dem Begriff Standortbestimmung - auch als Verortung oder Lokalisierung bezeichnet<br />
- versteht man die Ermittlung des Standorts relativ zu einem Bezugspunkt.<br />
(vgl. [wik11b]) Insgesamt bedarf es der folgenden fünf Komponenten zur Standortbestimmung<br />
[LPKW11]:<br />
• eine Infrastruktur,<br />
• ein deskriptives oder räumliches Referenzsystem mit fixen Referenzpunkten,<br />
• ein oder mehrere Parameter, die durch Messung ermittelt werden,<br />
• ein Algorithmus zur Berechnung des Standorts sowie<br />
• Protokolle <strong>und</strong> Nachrichten zur Koordinierung des Standortermittlungsprozesses.<br />
Das Referenzsystem mit Referenzpunkten sowie die zu messenden Parameter leiten sich<br />
dabei aus der Infrastruktur ab. Ein dedizierter Algorithmus berechnet den Standort auf<br />
Gr<strong>und</strong>lage des Referenzsystems <strong>und</strong> der Messwerte, die sich in Abhängigkeit von den<br />
Referenzpunkten ergeben. Befindet sich der Nutzer außerhalb der Reichweite eines fixen<br />
Referenzpunktes bzw. soll eine Navigationsmöglichkeit über mehrere Referenzpunkte<br />
hinweg geboten werden, so muss der Prozess zur Standortbestimmung koordiniert werden,<br />
um den <strong>Smartphone</strong>-Besitzer an unterschiedlichen Standorten bzw. Referenzpunkten<br />
lokalisieren zu können. (vgl. [wik11a], [LPKW11])<br />
Im Folgenden wird Standortbestimmung als Standort eines <strong>Smartphone</strong>s verstanden, der<br />
nur einem Näherungswert <strong>und</strong> nicht dem exakten Standort entspricht. Die Standortbestimmung<br />
wird durch Messung von Parametern in Abhängigkeit von fixen Referenzpunkten,<br />
z.B. in Form von Geräten wie WLAN Access Points, durchgeführt <strong>und</strong> diese Messwerte<br />
mit dem Datenbestand im Referenzsystem abgeglichen. Eine genauere Bestimmung des<br />
Standorts wird unter Zuhilfenahme der in <strong>Smartphone</strong>s verbauten Sensorik, z.B. in Form<br />
eines digitalen Kompass <strong>und</strong> Beschleunigungssensor, erreicht.<br />
Abschließend zur Begriffsbestimmung soll darauf hingewiesen werden, dass bis dato der<br />
Begriff Standortbestimmung als Verortung im Freien - also mit Hilfe von GPS - assoziiert<br />
wird. Das liegt darin begründet, dass die Verfahren zur Echtzeit-Lokalisierung außerhalb<br />
von Gebäuden soweit fortgeschritten sind, dass die eingesetzten Systeme <strong>und</strong> Methoden<br />
bereits seit dem 11.06.2008 nach ISO 19762-5 standardisiert sind. [fS]<br />
Mit der Einführung von GPS-basierten Navigationsgeräten, <strong>für</strong> die <strong>Smartphone</strong>s mit GPS-<br />
Empfänger <strong>und</strong> derselben Funktionalität bereits eine Bedrohung darstellen, ist die Möglichkeit<br />
zur Standortbestimmung im Freien unlängst Normalität geworden. Anders sieht<br />
es im <strong>Indoor</strong>-Bereich aus. Warum es <strong>für</strong> dieses Anwendungsgebiet noch keine standardisierten<br />
Verfahren gibt, wird im nächsten Abschnitt erläutert.
4 Notwendigkeit dedizierter Verfahren zur <strong>Indoor</strong>-<strong>Positionierung</strong><br />
Nach derzeitigem Stand (Juni 2011) gibt es noch keine standardisierten Verfahren zur<br />
Standortbestimmung innerhalb von Gebäuden. Echtzeit-Lokalisierungsverfahren, die außerhalb<br />
eines Gebäudes praktikabel eingesetzt werden können <strong>und</strong> nur das Medium Luft<br />
überwinden müssen, stoßen innerhalb von Gebäuden auf nahezu unüberwindbare Grenzen.<br />
So zum Beispiel wird das im Außenbereich vielgenutzte GPS-Signal innerhalb eines<br />
Gebäudes je nach Beschaffenheit der Wände um den Faktor 100 oder mehr gedämpft<br />
[ETZ05] <strong>und</strong> hat demzufolge eine zu geringe Qualität, um daraus eine annähernd genaue<br />
Position zu berechnen. In Gebäuden mit Kellern oder ohne Fenster ist aufgr<strong>und</strong> der<br />
völligen Abschottung <strong>und</strong> fehlenden Sichtverbindung (englisch: line of sight) gar kein<br />
GPS-Empfang möglich.<br />
Abbildung 1 verdeutlicht die Problematik der Dämpfung des GPS-Signals in Abhängigkeit<br />
vom Material:<br />
Abbildung 1: Dämpfung des GPS-Signals bei verschiedenen Materialien. [Wil11]<br />
Die Abbildung zeigt, dass das GPS-Signal in Bürogebäuden <strong>und</strong> Räumlichkeiten unter der<br />
Erde praktisch nicht nutzbar ist, weil das GPS-Signal in Abhängigkeit vom zu durchdringenden<br />
Material gegebenenfalls so stark gedämpft wird, dass eine Nutzung zur Standortbestimmung<br />
nicht mehr möglich ist.<br />
Daher muss in überdachten oder unter der Erdoberfläche befindlichen Gebäuden wie Krankenhäusern,<br />
Tiefgaragen, Flughäfen oder Einkaufszentren ein Ansatz verwendet werden,<br />
der die lokal zur Verfügung stehende Infrastruktur nutzt oder auf die Hardware-basierenden<br />
Möglichkeiten eines <strong>Smartphone</strong>s zur Standortbestimmung des selbigen zurückgreift.
Es existieren Ansätze, die sich mit dieser Problematik befassen <strong>und</strong> <strong>Smartphone</strong>-Hardware<br />
sowie Algorithmen verwenden, die eine annähernd genaue Standortbestimmung innerhalb<br />
eines Gebäudes ermöglichen. Diese Ansätze lassen sich aufgr<strong>und</strong> ihres Einsatzszenarios<br />
verschiedenen Klassen zuordnen, die im Folgenden vorgestellt werden. Auf Basis der<br />
Klassifizierung wird dann ein exemplarischer Ansatz pro Klasse erläutert.
5 Klassifizierung von <strong>Indoor</strong>-basierten Verfahren<br />
Die folgende Unterteilung bezieht sich auf den Aspekt der vorhandenen bzw. nicht vorhandenen<br />
Infrastruktur, da dieser Umstand eine essenzielle Voraussetzung zur Nutzung<br />
eines bestimmten <strong>Positionierung</strong>sverfahrens ist. Wie in der Definition des Begriffs Standortbestimmung<br />
bereits erwähnt wird, muss zur Verortung eines Objekts oder einer Person<br />
immer ein Bezugspunkt vorhanden sein. Welche Form der Bezugspunkt in der jeweiligen<br />
Infrastruktur-Klasse hat, wird in der Beschreibung der einzelnen Ansätze erläutert.<br />
<strong>Indoor</strong>-basierte Verfahren zur Standortbestimmung lassen sich daher in folgende drei Klassen<br />
gliedern [Wie10]:<br />
Vorhandene Infrastuktur<br />
Die Komponenten einer Infrastruktur sind bereits installiert <strong>und</strong> funktionieren. Ein gängiges<br />
Beispiel sind WLAN-Netze mit vielen Access Points in Bürogebäuden. Die Standortbestimmung<br />
ist verhältnismäßig ungenau <strong>und</strong> es sind nur Näherungswerte, da es kein<br />
dediziertes System zur Standortbestimmung ist. Die Genauigkeit des Systems - die nach<br />
Untersuchungen von Grossmann et al im Bereich von 2 bis 3m liegt [GSH07] - wird von<br />
vielen Faktoren beeinflusst, wie z.B. der Struktur des Gebäudes, der Beschaffenheit der<br />
Wände, durch geschlossene oder geöffnete Türen, der Luftfeuchtigkeit <strong>und</strong>/oder der Anwesenheit<br />
von Menschen [CChC + 05] sowie Reflexionen des Signals. Letztlich also allem,<br />
was bei der Ausbreitung des WLAN-Signals eine Abschwächung der Signalstärke verursacht.<br />
Neue Infrastuktur<br />
Bei dieser Klasse wird eine neue Infrastruktur inklusive dedizierter Hardware <strong>und</strong> Sensorik<br />
aufgebaut <strong>und</strong> konfiguriert. Die Möglichkeit zur Standortbestimmung eines Endgerätes<br />
ist nur in diesem Gebäude möglich. Da<strong>für</strong> ist aufgr<strong>und</strong> der extra <strong>für</strong> diesen Zweck verbauten<br />
Technik <strong>und</strong> speziellen Algorithmen eine sehr genaue Standortbestimmung möglich<br />
- bei bestimmten Verfahren sogar Punktgenau wie beim später vorgestellten Ansatz, bei<br />
dem QR-Codes eingesetzt werden. Da jedoch neue Hardware angeschafft, aufgebaut, eingerichtet<br />
<strong>und</strong> gewartet werden muss, ist diese Variante meist sehr kostspielig, besonders<br />
in großen Gebäuden.<br />
Keine Infrastuktur<br />
Bei dieser Variante kann auf eine Infrastruktur verzichtet werden <strong>und</strong> es wird lediglich<br />
auf die im <strong>Smartphone</strong> verbaute Sensorik zurückgegriffen. Aus diesem Gr<strong>und</strong> können<br />
die Verfahren dieser Klasse auf sämtliche Gebäude angewandt werden. Das System bestimmt<br />
die Position des mobilen Endgerätes ausgehend von einem bekannten Startpunkt<br />
<strong>und</strong> nutzt dabei <strong>Smartphone</strong>-interne Sensorik wie Beschleunigungssensor oder digitaler<br />
Kompass zur Bestimmung der neuen Position. Dieses Verfahren wird auch Koppelnavigation<br />
genannt <strong>und</strong> bezeichnet ein Verfahren zur Standortbestimmung eines Objekts durch<br />
Berücksichtigung der Messgrößen Bewegungsrichtung, Geschwindigkeit <strong>und</strong> Zeit. Die<br />
Bewegungsrichtung sowie die Zeit können durch <strong>Smartphone</strong>-interne Messinstrumente<br />
wie Kompass <strong>und</strong> Stoppuhr einfach gemessen werden. Dieses Verfahren ist die günstigste<br />
Variante, produziert aber über den zeitlichen Verlauf gesehen wachsende Ungenauigkeiten.
Das liegt darin begründet, dass im Vergleich zu einem Verfahren mit gegebener Infrastruktur<br />
keine Fixpunkte vorhanden sind, an denen die Position des Endgerätes neu kalibriert<br />
werden kann.<br />
Im Folgenden wird eine Auswahl an Verfahren vorgestellt, die in <strong>Smartphone</strong> verbaute<br />
Kommunikationshardware <strong>und</strong> Sensorik nutzen, um eine möglichst genaue Standortbestimmung<br />
auf Basis einer vorhandenen, neu zu implementierenden oder nicht vorhandenen<br />
Infrastruktur durchzuführen.
6 Ausgewählte <strong>Indoor</strong>-<strong>Positionierung</strong>sverfahren im Detail<br />
Aufgr<strong>und</strong> der Tatsache, dass bis zum heutigen Zeitpunkt (Stand: Juni 2011) noch kein<br />
standardisiertes Verfahren zur Standortbestimmung innerhalb von Gebäuden definiert ist,<br />
wird im Folgenden <strong>für</strong> jede der drei Klassen (vorhandene Infrastruktur, neue Infrastruktur,<br />
keine Infrastruktur) ein Lösungsansatz vorgestellt.<br />
Dabei werden am Ende eines jeden Ansatzes Ausbaustufen erläutert, die auf dem erläuterten<br />
Ansatz aufsetzen. Dabei ist das Ziel, durch Kombination verschiedener Verfahren die<br />
Stärken der Verfahren noch weiter auszureizen, die Schwächen noch weiter zu minimieren<br />
<strong>und</strong> letztlich den <strong>Positionierung</strong>sfehler so gering wie möglich zu halten.<br />
6.1 Location Fingerprinting<br />
6.1.1 Klasse<br />
Vorhandene Infrastruktur<br />
6.1.2 Technologie / Instrumente<br />
802.11 (WLAN)<br />
6.1.3 Funktionsweise<br />
Beim Location Fingerprinting erfolgt die Standortbestimmung durch den Abgleich der gemessenen<br />
Empfangsfeldstärken - im Englischen Received Signal Strength (RSS) genannt<br />
- mit vorher gemessen <strong>und</strong> in einer sogenannten Radio Map festgehaltenen Empfangsfeldstärken<br />
der umliegenden Access Points. [HPALP09] Die Radio Map ist eine Datenbank,<br />
in der die im Voraus mit einem mobilen Terminal gemessenen RSS-Werte gemessen<br />
<strong>und</strong> verknüpft mit dem zum Messzeitpunkt fixen Standort des <strong>Mobile</strong> Terminal gespeichert<br />
werden.<br />
Beim Location Fingerprinting existieren verschiedene Methoden zur Standortbestimmung<br />
<strong>mittels</strong> WLAN-Signalstärke. Dabei wird zwischen probabilistischen <strong>und</strong> deterministischen<br />
Methoden unterschieden. Das Horus-System von Youssef <strong>und</strong> Agrawala zur WLANge-stützten<br />
Standortbestimmung basiert auf einem probabilistischen Ansatz. [YA05] Im<br />
Folgenden wird ein deterministischer Ansatz - die Nearest Neighbor Signal Strength Method<br />
- in Kombination mit einer Radio Map erläutert.<br />
Bei einer <strong>Positionierung</strong>sanfrage scannt das <strong>Smartphone</strong> die Empfangsfeldstärken zu den<br />
umliegenden Access Points an seiner aktuellen Position <strong>und</strong> im Anschluss werden diese<br />
Werte mit denen aus der Radio Map abgeglichen. Bei diesem Prozess werden die erfassten<br />
Werte an das Lokalisierungssystem gesendet. Diese werden dann mit den in der<br />
Radio Map gespeicherten Werten <strong>und</strong> zugehörigen Positionseinträgen abgeglichen <strong>und</strong>
die gespeicherten Koordinaten des nächstliegenden Datenbankwert als aktuelle Position<br />
zurückgeliefert. [Küp05] Diese Methode wird auch als Nearest Neighbor Signal Strength<br />
Method bezeichnet. [BP00]<br />
Der Lokalisierungsprozess gliedert sich in zwei Phasen:<br />
1. Offline-Phase,<br />
2. Online-Phase.<br />
Während der Offline-Phase wird das zu vermessende Stockwerk mit Hilfe des Gebäudeplans<br />
in Zellen unterteilt.<br />
Abbildung 2: Stockwerksplan eines Gebäudes unterteilt in Zellen. [HPALP09]<br />
Im Anschluss werden die RSS-Werte der Access Points an einer festgelegten Position <strong>für</strong><br />
eine bestimmte Zeitspanne gemessen <strong>und</strong> kombiniert mit den Standortkoordinaten in der<br />
Radio Map als Referenzpunkt gespeichert. Auf diese Weise wird ein sogenannter Fingerprint<br />
erstellt. Dieser enthält folgende Informationen:<br />
• 2D-Standortkoordinaten in der Form x, y <strong>und</strong><br />
• eine Liste an Parametern mit aufgezeichneten bzw. gemessenen Werten, wie z.B.<br />
die BSSID (Basic Service Set Identifier), die empfangene Signalstärke (RSS - Radio<br />
Signal Strength) <strong>und</strong> die Orientierung <strong>mittels</strong> digitalem Kompass.
Eine Möglichkeit zur Beschreibung der i-ten Zelle einer Radio Map geben Honkavirta et<br />
al. [HPALP09] Ihnen zufolge ist das i-te Element der Radio Map definiert durch (vgl. (1)):<br />
Mi =<br />
⎛<br />
⎞<br />
⎜<br />
⎟<br />
⎝Bi, {�aij|j ∈ Ni}, θi⎠<br />
,<br />
� �� �<br />
Ri∈R<br />
i = 1, ..., M, (1)<br />
wobei Bi <strong>für</strong> die i-te Zelle steht, dessen Zentrum pi der i-te Kalibrierungspunkt ist. Vektor<br />
�aij enthält die RSS-Werte, die vom Acces Point APj gemessen wurden <strong>und</strong> sein k-tes<br />
Element wird mit a k ij angegeben. Der Parameter θi enthält zusätzliche Informationen, die<br />
während der Phase der Standortbestimmung nützlich sein können. Dies könnte z.B. die<br />
Orientierung (Nord, Süd, West, Ost) des mobilen Messgerätes, respektive die Orientierung<br />
der Antenne sein. [HPALP09]<br />
Während der Online-Phase misst das mobile Endgerät am zu lokalisierenden Standort verschiedene<br />
Parameter, wie z.B. die empfangene Signalstärke (RSS). Die gemessenen Werte<br />
werden mit denen aus der Datenbank abgeglichen <strong>und</strong> per Nearest Neighbor-Berechnung<br />
wird der Fingerprint bestimmt, der mit seinen gespeicherten RSS-Werten am nähesten<br />
zum gemessenen Datensatz liegt. Die Standortkoordinaten dieses Fingerprints werden<br />
zurückgegeben <strong>und</strong> somit die aktuelle Position näherungsweise bestimmt. [LSDR08]<br />
[KKHE06]<br />
Abbildung 3 veranschaulicht den Ablauf der beiden Phasen, wobei Bereich A die Offlinebzw.<br />
Trainingsphase <strong>und</strong> Bereich B die Online- bzw. Lokalisierungsphase darstellt:<br />
Abbildung 3: Ablauf des Location Fingerprinting in den Phasen A (Offline- bzw. Trainingsphase)<br />
<strong>und</strong> B (Online- bzw. Lokalisiserungsphase). [LSDR08]
6.1.4 Ergebnisse<br />
Honkavirta et al konnten durch Anwenden verschiedener Filter-Algorithmen auf ihre gesammelten<br />
Datensätze herausfinden, dass der Position Kalman-Filter mit einer Genauigkeitsabweichung<br />
von 3,8m die beste Performanz zeigt. [HPALP09] In diesem Zusammenhang<br />
schafften es Martin et al in ihren Untersuchungen mit einer selbst entwickelten<br />
<strong>Smartphone</strong>-Applikation auf Android-Basis eine Genauigkeit von 1,5m zu erreichen.<br />
[MVFB10] Des Weiteren bestätigten die Tests von Honkavirta et al, dass eine Kalibrierungszeit<br />
über 10 Sek<strong>und</strong>en in keiner relevanten Verbesserung der Position resultiert. Dabei<br />
ist jedoch hervorzuheben, dass das Rotieren (der Antenne) der <strong>Mobile</strong> Unit (MU)<br />
während der Messphase die Standortbestimmung positiv beeinflusst. Weiterhin konnten<br />
Honkavirta et al feststellen, dass es ab einer Anzahl von 5 Access Points keine deutliche<br />
Verbesserung in der Genauigkeit der Standortbestimmung des Endgerätes gibt.<br />
[HPALP09]<br />
6.1.5 SWOT-Analyse<br />
Eine Analyse <strong>und</strong> Gegenüberstellung von Stärken <strong>und</strong> Schwächen sowie Chancen <strong>und</strong><br />
Bedrohungen soll helfen, die Vor- bzw. Nachteile eines Systems festzustellen <strong>und</strong> davon<br />
ausgehend das bestmögliche Einsatzgebiet abzuleiten.<br />
Stärken<br />
Der auf dem WLAN-Standard 802.11 aufbauende Ansatz des Location Fingerprinting<br />
setzt auf einer bestehenden Infrastruktur auf <strong>und</strong> nutzt die in <strong>Smartphone</strong>s bereits vorhandene<br />
Hardware zur Standortbestimmung. Kosten entstehen daher nur bei der Anschaffung<br />
<strong>und</strong> Konfiguration des Lokalisierungssystems - also dem Server mit Datenbank - sowie<br />
dessen Wartung.<br />
Die Radio Map ist ausgelagert, daher zentral verfügbar <strong>und</strong> wird nicht lokal auf dem Endgerät<br />
gespeichert. Daher muss sie nur zentral gepflegt werden. Traffic entsteht nur bei<br />
einer Positionsanfrage <strong>und</strong> es werden nur die benötigten Daten der aktuellen Umgebung<br />
heruntergeladen. [Küp05]<br />
Location Fingerprinting ist sehr vielversprechend in Bezug auf Genauigkeit, sofern ausreichend<br />
Access Points zur Verfügung stehen [Küp05]. Die mittlere Fehler-Genauigkeit<br />
des von Microsoft entwickelten RADAR-Systems beträgt 2 bis 3 Meter bei Einhaltung<br />
verschiedener Parameter. Dies wären unter anderem ein ausreichend großer Datensatz mit<br />
40 oder mehr Einträgen, die Anzahl gleichzeitig sichtbarer Access Points mit einer Mindestanzahl<br />
von 3 oder der Beschaffenheit der Wände. [BP00] [HPALP09].<br />
Schwächen<br />
Das System funktioniert nur bei vorhandener WLAN-Infrastruktur <strong>und</strong> dem Vorhandensein<br />
von mindestens 3 Access Points. Bevor es genutzt werden kann, müssen in einer<br />
Vorbereitungsphase Messungen durchgeführt werden, um die Radio Map zu erstellen. Die<br />
Radio Map ist auf einem zentralen System gespeichert. Das bedeutet, dass immer eine Verbindung<br />
zwischen <strong>Smartphone</strong> <strong>und</strong> System z.B. per WLAN- oder Mobilfunk-Schnittstelle<br />
bestehen muss, um Daten auszutauschen. Dabei ist anzumerken, dass eine Mobilfunkver-
indung in Gebäuden nicht immer vorausgesetzt werden kann.<br />
Bei der ständigen Suche nach Access Points wird viel Energie verbraucht <strong>und</strong> der Batterieladestand<br />
verringert sich in vergleichsweise kurzer Zeit merklich.<br />
Zur Nutzung des Systems muss <strong>für</strong> das jeweilige <strong>Smartphone</strong>-Betriebssystem eine Applikation<br />
entwickelt <strong>und</strong> zur Verfügung gestellt werden.<br />
Das System ist zudem stark abhängig von den inneren Gegebenheiten eines Gebäudes,<br />
wie z.B. der Beschaffenheit der Wände, temporär offenen <strong>und</strong> geschlossenen Türen sowie<br />
dem Personenaufkommen. Die Problematik des Personenaufkommens hat folgenden<br />
Hintergr<strong>und</strong>: 2,4 Ghz - also die Frequenz auf der der WLAN-Standard basiert - ist die<br />
Frequenz, die Wasser-Moleküle zum Schwingen bringt. Der menschliche Körper besteht<br />
zu über 70% aus Wasser, sodass unser Körper die sich ausbreitenden Funkwellen absorbiert<br />
<strong>und</strong> sie nachdem sie unseren Körper durchdrungen haben, ihre Signalstärke durch<br />
Energieabgabe an die Wassermoleküle verringert ist. Durch die gesunkene Signalstärke<br />
vermindert sich folglich die Qualität des Signals zur Standortbestimmung.<br />
Chancen<br />
Der WLAN-Standard erfreut sich wachsender Beliebtheit <strong>und</strong> Durchdringung in unserem<br />
täglichen Leben. Sei es im Beruf, in der Stadt oder zu Hause. WLAN ist an immer mehr<br />
Orten verfügbar. Durch die steigende Anzahl an Access Points <strong>und</strong> der weiteren Optimierung<br />
existierender Algorithmen steigt die Genauigkeit, mit der ein Standort angegeben<br />
werden kann.<br />
Die Problematik der inneren Gegebenheiten eines Gebäudes sowie des Personenaufkommens<br />
kann entgegengewirkt werden, indem bei der Erfassung als auch bei der Bestimmung<br />
der Empfangsfeldstärke zur Standortbestimmung das mobile Endgerät rotiert <strong>und</strong> Messwerte<br />
aus verschiedenen Himmelsrichtung aufgenommen werden. Somit wird vermieden,<br />
dass sich zwischen der Antenne <strong>und</strong> einem Access Point ein Mensch befindet, der die<br />
direkte Sichtlinie verdeckt <strong>und</strong> durch die Energieaufnahme in seinem Körper das ausgetrahlte<br />
Signal abschwächt. [KKHE06]<br />
Das Problem der Erstellung einer Applikation pro <strong>Smartphone</strong>-Betriebssystem kann umgangen<br />
werden, indem ein offener Ansatz gewählt wird. Dies kann durch Programmierung<br />
einer mobilen Website <strong>und</strong> Nutzung freigegebener APIs erreicht werden, um Messdaten<br />
aus dem <strong>Smartphone</strong> auszulesen <strong>und</strong> an das Lokalisierungssystem zu übertragen.<br />
Gefahren<br />
Als Gefahr können Ansätze gesehen werden, die nicht auf einer bestehenden Infrastruktur<br />
aufsetzen <strong>und</strong> bei weiterer Optimierung der Sensorik <strong>und</strong> Algorithmen als unabhängige<br />
Systeme funktionieren.<br />
Eine weitaus größere Gefahr geht allerdings vom Ansatz der Power Level Adaption bei<br />
modernen Access Points aus. Dabei passen die Access Points in Abhängigkeit zu den vorhandenen<br />
Endgeräten ihre Signalstärke an. Somit ändern sich die empfangenen RSS-Werte<br />
auf Seiten der Endgeräte <strong>und</strong> ein Abgleich mit den fixen RSS-Werten aus der Radio Map<br />
würde zur Rückgabe falscher Koordinaten führen <strong>und</strong> demzufolge eine falsche <strong>Positionierung</strong><br />
erfolgen.
6.1.6 Ausbaustufe<br />
Eine Ausbaustufe dieses Verfahrens bieten King et al, die zusätzlich zur empfangenen<br />
Signalstärke die Orientierung des Endgeräts <strong>mittels</strong> digitalem Kompass mit in die Standortbestimmung<br />
einfließen lassen. Dabei erfassen sie während der Offline-Phase pro Kalibrierungspunkt<br />
<strong>für</strong> ausgewählte Orientierungen (Nord, Süd, Ost, West) die empfangenen<br />
Signalstärken der Access Points <strong>und</strong> nutzen diese Datensätze zur Speicherung von<br />
Orientierungs-basierten Signalstärken. Diese Werte werden ebenfalls in der Radio Map gespeichert<br />
<strong>und</strong> erhöhen die Genauigkeit bei der Standortbestimmung während der Online-<br />
Phase. Dabei werden bei Standortbestimmung nur berechnete Werte berücksichtigt, die<br />
mit der Ausrichtung des <strong>Smartphone</strong>s übereinstimmen. [KKHE06] Abbildung 4 visualisiert<br />
den Ansatz.<br />
Abbildung 4: Optimierung des WLAN-basierten Ansatzes durch Berücksichtigung der Ausrichtung<br />
des <strong>Smartphone</strong>s <strong>mittels</strong> digitalem Kompass. [KKHE06]<br />
In der Abbildung werden 8 Messpunkte dargestellt mit jeweils 8 gemessenen Signalstärken.<br />
Der schwarze Punkt symbolisert einen Nutzer mit <strong>Smartphone</strong> <strong>und</strong> dessen Orientierung.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der Orientierung werden bei der Berechnung der Position nur gemessene<br />
Signalstärken berücksichtigt, die eine ähnliche Orientierung aufweisen. Somit kann eine<br />
Standortbestimmung durchgeführt werden, die einen genaueren Näherungswert zurück<br />
liefert. Mit diesem Ansatz wurde ein mittlerer <strong>Positionierung</strong>sfehler von weniger als 1,65m<br />
erreicht. [KKHE06]<br />
Chintalapudi et al gehen dabei noch einen Schritt weiter <strong>und</strong> haben ein System entwickelt,<br />
bei der keine aufwändige Offline-Phase notwendig ist. Ihr EZ-System nutzt ebenfalls die<br />
vorhandene WLAN-Infrastruktur, allerdings entfällt die Trainingsphase. Als Gr<strong>und</strong>lage<br />
<strong>für</strong> ihr System müssen drei Aspekte erfüllt sein: 1) genügend Access Points innerhalb<br />
des Gebäudes 2) Nutzer besitzen ein <strong>Smartphone</strong> mit WLAN-Funktionalität <strong>und</strong> 3) der<br />
Startpunkt muss absolut sein, z.B. durch eine exakte Standortbestimmung via GPS vor<br />
Betreten des Gebäudes oder an Fenstern. [CIP10]<br />
Das EZ-System funktioniert, indem die Nutzer sitzen, stehen oder sich bewegen. Jedes<br />
<strong>Smartphone</strong> nimmt in den unterschiedlichen Situationen die gemessenen Signalstärken<br />
der Access Points der näheren Umgebung auf <strong>und</strong> sendet diese Daten kombiniert mit<br />
dem fixen Lokalisierungspunkt zu einem zentralen Server. Der Server nutzt die eintref-
fenden Daten um zum Einen die gegebene Infrastruktur zu erlernen <strong>und</strong> zum Anderen<br />
eine Standortbestimmung der einzelnen Nutzer durchzuführen. Mit diesem Ansatz erreichten<br />
Chintalapudi et al bei ihren Experimenten einen mittleren <strong>Positionierung</strong>sfehler<br />
von 2m. [CIP10] Ihr System zeichnet sich daher als neues, konfigurationsloses <strong>Indoor</strong>-<br />
<strong>Positionierung</strong>sverfahren aus, das auf eine bestehende Infrastruktur aufsetzt <strong>und</strong> keine aktive<br />
Nutzerbeteiligung sowie keine Offline-Phase zur Erstellung einer Radio Map benötigt.<br />
Das EZ-System lernt ständig durch das Sammeln von Daten der ruhenden oder sich bewegenden<br />
<strong>Smartphone</strong>s.<br />
6.1.7 Einsatzgebiet<br />
Aufgr<strong>und</strong> der analysierten Eigenschaften sowie Vor- <strong>und</strong> Nachteile eignen sich WLANbasierte<br />
Ortungssysteme <strong>für</strong> Gebäude mit gut ausgebauter WLAN-Infrastruktur. Dies wären<br />
zum Beispiel Bürogebäude oder Hochschulen. Ebenfalls gut geeignet wären Messen<br />
oder Kongresse, auf denen heutzutage ebenfalls ein ausgeprägtes WLAN-Netz vorzufinden<br />
ist.<br />
Ein zukünftiges <strong>und</strong> <strong>für</strong> ortsbezogene Werbung sehr attraktives Einsatzgebiet wären Einkaufszentren<br />
oder -passagen, die mit einer gut ausgebauten WLAN-Infrastruktur den Weg<br />
zum gesuchten Geschäft zeigen könnten. Abhängig von der aktuellen Position des <strong>Smartphone</strong>-Besitzers<br />
könnten ihm Angebote der in Laufweite befindlichen Geschäfte präsentiert<br />
werden, die er dann <strong>mittels</strong> <strong>Mobile</strong> Coupon vergünstigt kaufen kann.
6.2 QR-Codes in Kombination mit Dead Reckoning<br />
6.2.1 Klasse<br />
Neue Infrastruktur<br />
6.2.2 Technologie / Insturmente<br />
QR-Code, <strong>Smartphone</strong>-Kamera, Beschleunigungssensor, Dead Reckoning<br />
6.2.3 Funktionsweise<br />
Dieser Ansatz basiert auf der Platzierung von QR-Codes an zentralen Stellen innerhalb<br />
eines Gebäudes. QR-Codes sind eine Entwicklung der japanischen Firma Denso Wave<br />
[Wav11] aus dem Jahre 1994. Ein QR-Code ist ein 2-dimensionaler Strichcode, der kodierte<br />
Informationen enthält. Die Informationen sind als schwarze <strong>und</strong> weiße Punkte abgebildet<br />
<strong>und</strong> repräsentieren die binäre Darstellung der kodierten Informationen. Die Ausrichtung<br />
wird durch eine spezielle Markierung in einer der drei Ecken vorgegeben. Abbildung<br />
5 zeigt solch einen QR-Code <strong>und</strong> die Textinformation, die darin eingebettet ist.<br />
Abbildung 5: Beispielhafte Abbildung eines QR-Code mit Klartext (links) <strong>und</strong> kodiertem Inhalt<br />
(rechts). [wik11c]<br />
In QR-Codes können vielfältige Informationen eingebettet werden, wie z.B. eine Telefonnummer,<br />
eine Web-Adresse oder auch Positionsangaben in Form von X- <strong>und</strong> Y-Koordinaten<br />
in einem 2D-Gitter. Über dieses Gitter kann im nächsten Schritt der Stockwerksplan<br />
eines Gebäudes gelegt werden.<br />
Zur Entschlüsselung eines QR-Codes gibt es im jeweiligen App Store der etablierten<br />
<strong>Smartphone</strong>-Plattformen iOS von Apple <strong>und</strong> Android von Google mehrere kostenlose Applikationen.<br />
<strong>Smartphone</strong>-Besitzer müssten sich eine dieser Applikationen - die gängigerweise<br />
nur wenige MB groß sind - herunterladen <strong>und</strong> installieren. Danach können die so
genannten Reader in Kombination mit den Stockwerksplänen eines Gebäudes dazu genutzt<br />
werden, eine Standortbestimmung durchzuführen <strong>und</strong> die aktuelle Position des Nutzers<br />
auf dem Stockwerksplan anzuzeigen. Die Entwicklung einer eigenen App, die die<br />
Reader-Funktionalität sowie die Stockwerkspläne eines Gebäudes enthält oder dynamisch<br />
von einem Server nachlädt wäre von Vorteil. Bei dieser Kombination wären beide Ressourcen<br />
in einer App gebündelt. Eine existierende Open-Source-Lösung <strong>für</strong> Android-basierte<br />
Geräte ist z.B. ZXing [Goo11a]. [Gub10]<br />
Essentielle Voraussetzung wären dabei [SCM10]:<br />
Hardware<br />
• <strong>Smartphone</strong>,<br />
• Verbaute Kamera,<br />
• Verbauter Beschleunigungssensor,<br />
• Verbauter digitaler Kompass.<br />
Konnektivität<br />
• Internetzugang via Mobilfunk.<br />
Zur Standortbestimmung kodieren Serra2010 et al eine URL kombiniert mit Standortkoordinaten<br />
in einen QR-Code. Eine <strong>Smartphone</strong>-Applikation dekodiert diesen Code <strong>und</strong> lädt<br />
anhand der URL eine Vektor-basierte Stockwerkskarte eines Gebäudes von einem dedizierten<br />
Server herunter. Da die URL auch die Standortkoordinaten enthält, kann die aktuelle<br />
Position - die mit der Position des platzierten QR-Codes auf der Karte übereinstimmt<br />
- punktgenau angezeigt werden. [SCM10] Abbildung 6 zeigt den Vorgang des Scannens.<br />
Abbildung 6: Beispielhaftes Scannen eines QR-Codes zum Download des Stockwerks- bzw.<br />
Gebäudeplans <strong>und</strong> zur Bestimmung der aktuellen Position. [SCM10]
Hat der Nutzer mit Hilfe seines Smarthpones <strong>und</strong> einem gescannten QR-Code seine aktuelle<br />
Position ermittelt, kann im nächsten Schritt ein als Dead Reckoning bezeichnetes<br />
Verfahren dazu genutzt werden, den weiteren Weg <strong>und</strong> damit den nächsten Standort eines<br />
Nutzers zu berechnen. [Gub10] Beim Dead Reckoning - das auch als Koppelnavigation<br />
bezeichnet wird (siehe Abschnitt Klassifizierung von <strong>Indoor</strong>-basierten Verfahren: keine<br />
Infrastruktur) - erfolgt die Berechnung einer Position mit Hilfe der gemessenen Werte<br />
verschiedener <strong>Smartphone</strong>-Sensoren, wie z.B. dem Beschleunigungssensor <strong>und</strong> dem digitalen<br />
Kompass.<br />
Serra et al definieren Dead Reckoning als Prozess zur annähernden Bestimmung der aktuellen<br />
Position eines Nutzers basierend auf einer zuvor bekannten fixen Position <strong>und</strong> die<br />
Berechnung der nächsten Positionspunkte durch gemessene Werte kombiniert mit einer<br />
Orientierungsrichtung <strong>und</strong> einer angenommenen Geschwindigkeit über einen gewissen<br />
Zeitraum hinweg.<br />
Der Beschleunigungssensor liefert dabei bei Überschreitung eines bestimmten Schwellwertes<br />
die Daten, ob ein Schritt gemacht wurde. Ein Schritt wird dabei als Paar bestehend<br />
aus aufeinanderfolgenden negativen <strong>und</strong> positiven Spitzen in den Beschleunigungswerten<br />
interpretiert. Der digitale Kompass wird dazu genutzt, die Orientierungsrichtung zu<br />
bestimmen. [SCM10]<br />
Aus der Kombination der drei Messwerte 1) aktuelle Position per QR-Code 2) zurückgelegte<br />
Strecke (gemessene Schritte) definiert per Beschleunigungssensor <strong>und</strong> 3) Richtungsbestimmung<br />
per digitalem Kompass kann die zurückgelegte Strecke sowie der neue<br />
Standort des Nutzers bestimmt werden. [Gub10] Ein großes Problem ist dabei die Kalibrierung<br />
des Beschleunigungssensors <strong>und</strong> damit einhergehend die Festlegung des Schwellwertes,<br />
ab wann entschieden wird, dass der Nutzer einen Schritt gemacht hat. Hierin liegt<br />
eine große Fehlerquelle des Algorithmus, wobei sich der verschleppte Fehler im Laufe der<br />
Zeit verstärkt <strong>und</strong> einen immer größeren <strong>Positionierung</strong>sfehler zur Folge hat.<br />
Eine Maßnahme, um diesem Fehler entgegenzuwirken ist Map Matching. [Gub10] Bei<br />
diesem Verfahren - bekannt von GPS-basierten Navigationssystemen in PKWs - nutzt der<br />
<strong>Positionierung</strong>salgorithmus die gegebenen Karteninformationen <strong>und</strong> korrigiert die berechnete<br />
Strecke bzw. Position. Würde sich das bewegende Objekt aufgr<strong>und</strong> der berechneten<br />
Werte neben der eigentlichen Straße befinden, korrigiert der Algorithmus diese Position.<br />
Ein Beispiel da<strong>für</strong> ist die Standortbestimmung eines fahrenden Autos im Tunnel, wobei<br />
eine errechnete Position neben der Straße keinen Sinn machen würde. Selbiges Prinzip<br />
könnte auch in Gebäuden angewandt werden, wobei Wände die Begrenzungen des Weges<br />
bzw. eines Raumes vorgeben <strong>und</strong> eine errechnete Position hinter einer Wand durch den<br />
Algorithmus korrigiert werden kann. Des Weiteren könnten gerade Strecken entlang eines<br />
Ganges als Metadaten zur Unterstützung des <strong>Positionierung</strong>salgorithmus implementiert<br />
werden.<br />
6.2.4 Ergebnisse<br />
Serra et al halten fest, dass zu aller erst eine Kalibrierung des Kompass notwendig ist. Das<br />
liegt daran, dass der digitale Kompass in Abhängigkeit von seiner Qualität <strong>und</strong> Position
im Endgerät sowie von lokalen elektromagnetischen Interferenzen eine Ungenauigkeit von<br />
maximal 5 Grad aufweisen kann. Der Schrittzähler basierend auf dem Beschleunigungssensor<br />
wurde mit unterschiedlichen Personen (Geschlecht <strong>und</strong> physische Unterschiede)<br />
getestet. Es wurden 20 Testläufe durchgeführt <strong>und</strong> jeder hatte einen Umfang von 40 Schritten.<br />
Der ermittelte <strong>Positionierung</strong>sfehler lag bei 3,8%, also 1,52 Schritten. Dieses Verfahren<br />
zur Standortbestimmung eignet sich nach Aussage der Autoren nur <strong>für</strong> kurze Strecken<br />
mit einer Distanz von weniger als 100m. Nach dieser Distanz müsste erneut ein QR-Code<br />
gescannt werden, um eine Re-Kalibrierung der aktuellen Position durchzuführen.<br />
6.2.5 SWOT-Analyse<br />
Stärken<br />
Dieses System hat vergleichsweise geringe Kosten, da nur Aufwände bei der Beschaffung<br />
<strong>und</strong> Konfiguration des Systems entstehen. Die Kosten zur Erstellung <strong>und</strong> Verteilung der<br />
QR-Codes sind ebenfalls als sehr gering anzusehen. Die dazu passenden Endgeräte haben<br />
die Nutzer selbst <strong>und</strong> müssten sich lediglich eine Applikation installieren.<br />
Die Standortbestimmung ist zum Zeitpunkt des Scannens des QR-Codes sehr genau <strong>und</strong><br />
kann beim nächsten QR-Code neu kalibriert werden. Bei vorausgesetztem Wissen zur Bedeutung<br />
eines QR-Codes, kann das System schnell erfasst <strong>und</strong> sofort genutzt werden -<br />
vergleichbar mit der Aufnahme eines Fotos via <strong>Smartphone</strong>.<br />
Die Vorteile aufgr<strong>und</strong> der zentralen Datenhaltung sind ähnlich denen des WLAN-basierten<br />
Ansatz, da das System zentral gepflegt wird.<br />
Schwächen<br />
Wie beim Location Fingerprinting-Ansatz muss vor Bereitstellung des Systems eine Vorbereitungsphase<br />
durchgeführt werden, bei der die QR-Codes erstellt <strong>und</strong> verteilt werden<br />
<strong>und</strong> das System installiert sowie mit Daten bzw. dem Kartenmaterial befüllt wird.<br />
Als große Schwachstelle ist bei diesem Ansatz der Beschleunigungssensor zu sehen.<br />
Hauptproblem ist die Kalibrierung des Sensors zur Unterscheidung, ab welchen Messwerten<br />
zwischen einem Schritt oder keinem Schritt unterschieden wird. Die Dynamik der<br />
menschlichen Fortbewegung ist aktuell noch nicht vollständig erfassbar. Die Schritterkennung<br />
ist daher noch nicht ausgereift genug <strong>und</strong> über die Zeit hinweg vergrößert sich der<br />
Fehler <strong>und</strong> die Standortbestimmung wird immer ungenauer. Daher eignet sich dieser Ansatz<br />
nach Serra et al nur <strong>für</strong> kurze Strecken mit einer Distanz von unter 100m bis zum<br />
nächsten Kalibrierungspunkt.<br />
Eine weitere Schwäche des Systems ist die (Un-)Bekanntheit des QR-Codes. Jüngere<br />
Zielgruppen mit <strong>Smartphone</strong>-Erfahrung können vermutlich eher damit etwas anfangen,<br />
bei älteren Anwendern wird vermutlich der Bekanntheitsgrad der QR-Code-Technologie<br />
weitaus geringer ausfallen.<br />
Eine weitere Schwachstelle sind die Lichtverhältnisse am Ort des QR-Codes. Besitzt das<br />
<strong>Smartphone</strong> keinen lichtstarken Blitz oder ist der Fotosensor in seiner Auflösung zu ungenau,<br />
kann der QR-Code nicht erfasst werden.
Chancen<br />
Die Chancen dieses Ansatzes hängen stark von der Weiterentwicklung der Algorithmen<br />
zur Schritterkennung ab, da diese Komponente bisher den größten Fehler bei der Berechnung<br />
der Position verursacht. Zur Unterstützung des Systems müssen weitere Messwerte<br />
bzw. Korrekturverfahren genutzt werden, um den entstehenden Fehler zu korrigieren - so<br />
zum Beispiel der Map Matching-Ansatz.<br />
Gefahren<br />
Eine große Gefahr ist die Akzeptanz der Nutzer. Zum Einen aufgr<strong>und</strong> der Unbekanntheit<br />
der QR-Code-Technologie, zum Anderen aufgr<strong>und</strong> des Aufwands, der zur Nutzung des<br />
Systems betrieben werden muss. Die Nutzer müssen sich eine Applikation installieren, an<br />
den Kalibrierungspunkten eine Verbindung zum Datenbankserver aufbauen <strong>und</strong> ggf. die<br />
Schwellwerte zur Schritterkennung in der Applikation definieren.<br />
6.2.6 Ausbaustufe<br />
Eine Optimierung des Algorithmus sowie damit einhergehende Verringerung des verschleppten<br />
<strong>Positionierung</strong>sfehlers schlagen Abdulrahim et al vor. Sie nutzen die Ausrichtung<br />
eines Gebäudes - analysierbar anhand von Luftbildern bzw. Satellitenkarten, die auch<br />
beim Google Maps-Dienst genutzt werden - zur Korrektur bzw. Vorgabe der Orientierungsrichtung.<br />
Die Ausrichtung des Gebäudes wird dabei unter Berücksichtigung der 4<br />
Haupthimmelsrichtungen der Karte in Kombination mit Algorithmen zur Kanten- bzw.<br />
Außenfassadenerkennung des Gebäudes bestimmt (Abbildung 7). Die Ausrichtung des<br />
Gebäudes muss nur einmal bestimmt werden <strong>und</strong> kann als fixer Datensatz in einer Datenbank<br />
hinterlegt werden, der nur einmal auf das <strong>Smartphone</strong> heruntergeladen werden muss.<br />
[AHMH11]<br />
Abbildung 7: Draufsicht des Queens Medical Centre der Nottingham University mit errechneter<br />
Ausrichtung. [AHMH11]
Bei einem Test in einem Krankenhaus konnten Abdulrahim et al nachweisen, dass dieser<br />
Ansatz bei einer zurückgelegten Strecke von 2700m innerhalb von 40 Minuten einen<br />
<strong>Positionierung</strong>sfehler von 0,1% - im Test ca. 2,3m - aufweist. Start- <strong>und</strong> Zielpunkt waren<br />
gleich, um den <strong>Positionierung</strong>sfehler möglichst genau bestimmen zu können. [AHMH11]<br />
Dieses Verfahren kann ähnlich dem Map Matching-Ansatz zur Korrektur des zurückgelegten<br />
Weges bzw. Bestimmung der neuen Position genutzt werden <strong>und</strong> eine noch genauere<br />
Lokalisierung ermöglichen.<br />
6.2.7 Einsatzgebiet<br />
Aufgr<strong>und</strong> der Beschaffenheit des Systems bieten sich Gebäude ohne WLAN-Infrastruktur<br />
an. Dies sind z.B. Einkaufszentren- oder Passagen, in denen die QR-Codes an zentralen<br />
Punkten zur Orientierung <strong>und</strong> späteren Navigation angebracht werden können. Analog<br />
dem Ansatz von Abdulrahim et al bietet sich ein Einsatz in Krankenhäusern an bzw. in<br />
solchen Gebäuden, in denen aufgr<strong>und</strong> der dortigen sensiblen Technik, der Einsatz von<br />
WLAN-basierten Ansätzen nicht möglich ist. Ebenso denkbar ist ein Einsatz in Gebäuden,<br />
die aufgr<strong>und</strong> der dortigen Sicherheitsstufe keine WLAN-Infrastruktur zulassen. Denkbar<br />
wäre ebenfalls der Einsatz in Museen oder Ausstellungen.
6.3 Bild-basierte <strong>Indoor</strong>-<strong>Positionierung</strong><br />
6.3.1 Klasse<br />
Keine Infrastruktur<br />
6.3.2 Technologie / Instrumente<br />
Bilderkennungsalgorithmus, Kamera<br />
6.3.3 Funktionsweise<br />
Der folgende Ansatz basiert auf zwei Phasen: zum Einen der Erstellung einer Bilddatenbank<br />
mit gespeicherten Bildinformationen <strong>und</strong> zugeordneter Positionsangabe, zum Anderen<br />
aus einer Anfrage <strong>und</strong> dem Abgleich eines aufgenommenen Fotos mit den Daten aus<br />
der Datenbank. Den Aufbau des Systems mit einer Anfrage per mobilem Endgerät <strong>und</strong><br />
dem ablaufenden Prozess zum Bildvergleich sowie der Standortbestimmung zeigt Abbildung<br />
8.<br />
Abbildung 8: Schematischer Ablauf der Bildverarbeitung während der Vorbereitungsphase (1. Phase,<br />
linker Bildbereich) <strong>und</strong> während einer <strong>Positionierung</strong>sanfrage (2. Phase, rechter Bildbereich).<br />
[KHYA10]<br />
Bei der ersten Phase haben Kawaji et al <strong>mittels</strong> einer omnidirektionalen Kamera Bilder der<br />
Räumlichkeiten innerhalb eines Gebäudes aufgenommen <strong>und</strong> einem Algorithmus unterzogen,<br />
der markante Merkmale des Bildes extrahiert, filtert <strong>und</strong> eine <strong>für</strong> das Bild eindeutige
Prüfsumme generiert. Dieser Wert wurde dann kombiniert mit der genauen Positionsangabe<br />
sowie der Orientierung bei der Aufnahme in einer Datenbank gespeichert. [KHYA10]<br />
Die zweite Phase läuft wie folgt ab: ein <strong>Smartphone</strong>-Nutzer fotografiert die Szene, vor<br />
der er sich befindet. Das Foto wird in das von Kawaji et al entwickelte System eingespeist<br />
<strong>und</strong> im nächsten Schritt ebenfalls eine Merkmalsextraktion durchgeführt. Der dabei<br />
entstandene Hashwert wird mit dem in der Datenbank gespeicherten Hashwert unter<br />
Berücksichtigung einer Fehlertoleranz abgeglichen <strong>und</strong> ein Wahrscheinlichkeitswert errechnet,<br />
ob die beiden Bilder übereinstimmen <strong>und</strong> dieselbe Szene zeigen. Stimmen die<br />
beiden Bilder zu einem bestimmten Grad überein, wird die in der Datenbank gespeicherte<br />
Positionsangabe an den <strong>Smartphone</strong>-Nutzer zurückgegeben <strong>und</strong> dieser sieht daraufhin die<br />
aktuelle Position, an der er sich befindet. [KHYA10]<br />
Abbildung 9 zeigt den Versuchsaufbau, mit dem die Bilder aufgenommen wurden.<br />
Abbildung 9: Hardware-Aufbau der omnidirektionalen Kamera auf einem Dreibein mit Laptop <strong>und</strong><br />
fahrbarem Untersatz. [KHYA10]<br />
Abbildung 10 ist eine Nahaufnahme der omnidirektionalen Kamera, die mit einem Dreibein<br />
auf einem fahrbaren Untersatz montiert war.<br />
6.3.4 Ergebnisse<br />
Kawaji et al haben ihre Untersuchungen im Railway Museum in Japan durchgeführt. Die<br />
Ausstellungsfläche beträgt 155,2m x 47,6m. Die Fotos mit einer Auflösung von 3500<br />
x 950px wurden mit einem Abstand von jeweils 2m aufgenommen. Bei ihren Untersuchungen<br />
anhand von 126 Testbildern konnten sie nachweisen, dass ihr System eine Erkennungsrate<br />
von 90% aufweist <strong>und</strong> die durchschnittliche Verarbeitungszeit 2,2s beträgt.<br />
[KHYA10]
Abbildung 10: Nahaufnahme der omnidirektionalen Kamera. [KHYA10]<br />
6.3.5 SWOT-Analyse<br />
Stärken<br />
Abgesehen vom zentralen Server zur Datenhaltung ist keine Infrastruktur notwendig. Der<br />
Bildupload kann bei nicht vorhandener WLAN-Infrastruktur auch über Mobilfunk durchgeführt<br />
werden.<br />
Für diesen Ansatz spricht der performante Algorithmus <strong>und</strong> die schnelle Verarbeitungszeit<br />
bis das Lokalisierungsergebnis zur Verfügung steht. Darüber hinaus ist es ein lernendes<br />
System, das umso besser wird, je mehr Bilder hochgeladen werden <strong>und</strong> zum Abgleich mit<br />
dem bestehenden Datensatz zur Verfügung stehen.<br />
Die Kosten <strong>für</strong> das System beschränken sich auf die Vorbereitungsphase - also die Erstellung<br />
der Fotos <strong>und</strong> Befüllung der Datenbank - sowie auf die Wartungskosten.<br />
Die Nutzerakzeptanz ist sehr hoch <strong>und</strong> die Bedienbarkeit des Systems ist sehr positiv, da<br />
der Vorgang vergleichbar mit dem Aufnehmen eines Fotos ist.<br />
Schwächen<br />
Zur Nutzung des Systems muss den Anwendern eine dedizierte Applikation zur Verfügung<br />
gestellt werden.<br />
Die <strong>Positionierung</strong> ist abhängig von der Bildqualität der Bilder aus Vorbereitungs- <strong>und</strong><br />
Live-Betriebs-Phase sowie dem Algorithmus zum Abgleich der Bilder.<br />
Zur Bestimmung der Position muss eine Verbindung zwischen <strong>Smartphone</strong> <strong>und</strong> Datenbank<br />
hergestellt werden. Dies setzt eine WLAN-, Mobilfunk- oder anderweitig drahtlose<br />
Verbindung voraus, wie z.B. Bluetooth.<br />
Aus dem untersuchten Paper geht nicht hervor, wie genau die Standortbestimmung ist.<br />
Daher bleibt die Frage offen, wie nahe oder entfernt vom fotografierten Objekt ein <strong>Smartphone</strong>-Nutzer<br />
positioniert wird. Offen ist auch, ob das System <strong>für</strong> einfach gehaltene bzw.<br />
uniform gestaltete Gebäude genutzt werden kann. Der Vorteil im Museum sind die stark
unterschiedlichen Objekte <strong>und</strong> deren optische Charakteristika. In Bürogebäuden mit vielen<br />
einheitlichen Einrichtungsgegenständen würde die Unterscheidung, welches Objekt es<br />
genau ist, wohl nicht mehr so deutlich ausfallen.<br />
Chancen<br />
Der Ansatz ist prinzipiell sehr interessant, da er unabhängig von anderen System funktioniert<br />
<strong>und</strong> im Wesentlichen keine Infrastruktur benötigt. Da<strong>für</strong> spricht ebenfalls, dass die<br />
Bilder, die z.B. in Museen aufgenommen wurden, zur weiteren Optimierung des Algorithmus<br />
<strong>und</strong> des Datenbestands genutzt werden können - Stichwort User-generated-Content.<br />
Eine große Chance liegt in der Kombination mit Ansätzen, die den Beschleunigungssensor<br />
oder digitalen Kompass nutzen, um somit nicht nur den aktuellen Aufenthaltsort sondern<br />
auch einen Wegeverlauf zu erstellen.<br />
Im Zuge der immer besser werdenden <strong>Smartphone</strong>-Hardware, insbesondere der Kamera,<br />
wird dieses System auch von Seiten der <strong>Smartphone</strong>-Hersteller optimiert.<br />
Gefahren<br />
Die Hauptkomponente des Systems ist die <strong>Smartphone</strong>-Kamera. Daher ist die größte Gefahr<br />
<strong>für</strong> diesen Ansatz ein Verbot der Nutzung der <strong>Smartphone</strong>-Kamera in bestimmten<br />
Gebäuden. Des Weiteren ist eine Verbindung zum Datenbank-Server notwendig <strong>und</strong> wenn<br />
diese Schnittstelle per WLAN angeboten wird, könnte ein WLAN-basierter <strong>Positionierung</strong>sansatz<br />
die vorgestellte Lösung substituieren. Ebenfalls nicht nutzbar ist dieser Ansatz<br />
in dunklen Räumen oder Fluren, da genügend Licht <strong>für</strong> ein verwertbares Foto vorhanden<br />
sein muss. Zudem ist die Akzeptanz der Nutzer wahrscheinlich eine Gefahr. Jedes mal,<br />
wenn sie sich verorten lassen wollen, müssen sie ein Foto machen. Daraus resultieren<br />
längere Wartezeiten <strong>und</strong> diese werden bei mobilen Nutzern nicht akzeptiert.<br />
Ebenfalls nicht zu vernachlässigen ist das Thema Privacy. Der vorgestellte Ansatz erfordert,<br />
dass <strong>Smartphone</strong>-Besitzer ein Foto ihrer Umgebung aufnehmen, auf dem mit hoher<br />
Wahrscheinlichkeit andere Personen abgebildet sind. Im Anschluss wird dieses Foto<br />
an den Verortungsdienst geschickt <strong>und</strong> die zuvor selbstbestimmte Verfügungsmöglichkeit<br />
über das Foto ist ab diesem Zeitpunkt aufgehoben.<br />
Bei diesem Ansatz sollte hervorgehoben werden, dass es ein lernendes System ist. Umso<br />
mehr Bilder in das System hochgeladen <strong>und</strong> ggf. manuell mit den im System gespeicherten<br />
Bildern abgeglichen werden, umso besser wird der Algorithmus <strong>und</strong> umso höher die<br />
Treffergenauigkeit beim Abgleich. Somit könnten zukünftig auch Bilder verarbeitet werden,<br />
die im frühen Stadium des Systems eine nicht verwertbare Bildqualität hatten, weil<br />
z.B. die mit günstiger Kamera-Hardware aufgenommenen Bilder nicht hochwertig genug<br />
oder die Lichtverhältnisse zu schlecht waren.<br />
6.3.6 Einsatzgebiete <strong>und</strong> Ausbaustufe<br />
Genutzt werden kann dieser Ansatz in Gebäuden, in denen das Fotografien erlaubt ist, also<br />
z.B. bestimmte Museen oder Ausstellungen. Zudem sollten es Räume sein, in denen sich<br />
Objekte befinden, die sehr markante Merkmale aufweisen, sodass die aufgenommenen Fotos<br />
vom Algorithmus unterschieden werden können. Denkbar wäre auch eine Umsetzung<br />
ähnlich Google Streetview - nur <strong>für</strong> den Innenbereich. Ein Nutzer würde ein Foto auf-
nehmen, der Algorithmus einen Abgleich durchführen <strong>und</strong> das <strong>Smartphone</strong>-Display den<br />
aktuellen Ort mit Panoramasicht auf die Umgebung darstellen. Daraufhin könnte der Nutzer<br />
vergleichbar mit Google Streetview auf dem <strong>Smartphone</strong> navigieren <strong>und</strong> in der realen<br />
Welt folgen. Einen vergleichbaren Ansatz haben Hile <strong>und</strong> Borriello entwickelt. [HB10]
7 Zusammenfassung<br />
<strong>Smartphone</strong>s nehmen durch die wachsende Verbreitung <strong>und</strong> Funktionalitäten einen immer<br />
bedeutenderen Teil in unserem Leben ein. Durch die Vielfalt an verbauter Hardware zur<br />
drahtlosen Kommunikation <strong>und</strong> Sensorik eröffnen sich neue Möglichkeiten diese Komponenten<br />
zur Standortbestimmung innerhalb von Gebäuden zu verwenden.<br />
Diese Arbeit zeigt, dass es dabei ausgehend von der vorhandenen Infrastruktur unterschiedliche<br />
Ansätze gibt. Jeder Ansatz hat seine Stärken, aber auch Schwächen <strong>und</strong> der<br />
Einsatz eines Verfahrens ist abhängig von den Anforderungskriterien, die an das <strong>Indoor</strong>-<br />
<strong>Positionierung</strong>sverfahren gestellt werden.<br />
So zum Beispiel ist der Implementierungsaufwand bezogen auf die Vorbereitung <strong>und</strong> entstehenden<br />
Kosten beim QR-Code-basierten-Ansatz vergleichsweise am geringsten. Dem<br />
gegenüber steht jedoch im Vergleich zu den beiden anderen Ansätzen eine schlechtere<br />
Usability bei der Nutzung, da ein <strong>Smartphone</strong>-Besitzer jedesmal einen QR-Code scannen<br />
müsste <strong>und</strong> die <strong>Positionierung</strong> nur am Ort des platzierten QR-Codes am genauesten ist.<br />
Der sich daran anschließende Wegeverlauf kann vergleichsweise nur ungenau dargestellt<br />
werden.<br />
Die Ergebnisse der drei verschiedenen Ansätze lassen sich in ihrem <strong>Positionierung</strong>sfehler<br />
miteinander vergleichen, unterscheiden sich jedoch in ihrer Skalierbarkeit <strong>und</strong> Ansatzabhängigen<br />
Einflussgrößen.<br />
Die Genauigkeitsabweichung beim WLAN-basierten Ansatz betrug 3,8m [HPALP09],<br />
wobei Martin et al diesen Wert auf 1,5m optimieren konnten. [MVFB10] Dabei ist anzumerken,<br />
dass die Kalibrierungszeit nach Honkavirta et al mindestens 10 Sek<strong>und</strong>en betragen<br />
sollte <strong>und</strong> zur besseren Standortbestimmung das <strong>Smartphone</strong> in verschiedene Himmelsrichtunge<br />
gedreht wird. Zudem bedarf es fünf Access Points <strong>für</strong> eine möglichst genaue<br />
Standortbestimmung. [HPALP09] Zur Optimierung des zu berechnenden Näherungswertes<br />
empfehlen King et al die Berücksichtigung der Orientierung des <strong>Smartphone</strong>s <strong>mittels</strong><br />
digitalem Kompass.<br />
Der QR-Code-basierte Ansatz von Serra et al liefert bei 20 Testläufen mit einem Umfang<br />
von je 40 Schritten einen <strong>Positionierung</strong>sfehler von 1,52 Schritten. Neben dem Fakt, dass<br />
der zur Standortbestimmung genutzte digitale Kompass eine Ungenauigkeit von maximal<br />
5 Grad betragen kann, weisen sie darauf hin, dass ihr System eher <strong>für</strong> kurze Strecken<br />
von weniger als 100m geeignet ist. Bei längeren Strecken wird der verschleppte <strong>Positionierung</strong>sfehler<br />
zu groß <strong>und</strong> dementsprechend die Standortbestimmung schrittweise ungenauer<br />
<strong>und</strong> ab einem bestimmten Zeitpunkt unbrauchbar. Daher sollte nach einer Distanz<br />
von 100m immer ein QR-Code platziert werden, um eine Re-Kalibrierung des Standorts<br />
durchzuführen. [SCM10]<br />
Die Ergebnisse des bild-basierten Ansatzes von Kawaji et al sind ebenfalls vielversprechend.<br />
Ihre Untersuchungen haben sie im Railway Museum in Japan durchgeführt, das<br />
eine Fläche von 155,2m x 47,6m beträgt. Ihre verwendeten Fotos hatten eine Auflösung<br />
von 3500 x 950 Pixel <strong>und</strong> wurden mit einem Abstand von 2m aufgenommen. Bei ihren<br />
Untersuchungen mit 126 Testbildern konnten sie nachweisen, dass ihr verwendetes System<br />
<strong>und</strong> Algorithmus eine Erkennungsrate von 90% aufweist <strong>und</strong> die durchschnittliche
Verarbeitungszeit 2,2 Sek<strong>und</strong>en beträgt. [KHYA10]<br />
Die bisher ausgereifteste Lösung ist meiner Meinung nach der auf WLAN-basierende Location<br />
Fingerprinting-Ansatz. Dieser ist mit Verfahren wie Microsoft RADAR <strong>und</strong> Horus<br />
seit langem erforscht <strong>und</strong> die Algorithmen optimiert. Zudem setzt er auf eine bestehende<br />
Infrastruktur auf, welche sich im Laufe der Zeit weiter ausbreiten <strong>und</strong> <strong>Indoor</strong>-<br />
<strong>Positionierung</strong>sverfahren aufgr<strong>und</strong> von mehr Referenzpunkten verbessern wird. Dieser<br />
Ansatz hat jedoch wiederum hohe Implementierungskosten aufgr<strong>und</strong> der ausführlichen<br />
Vorbereitungsphase.<br />
Die Analyse der unterschiedlichen Ansätze hat ergeben, dass eine Vielzahl von Anforderungkriterien,<br />
Vergleichsmöglichkeiten <strong>und</strong> Einflussfaktoren existieren. Demzufolge kann<br />
eine Aussage, welcher der vorgestellten Ansätzen der bessere ist, ohne vorgegebenes Einsatzszenario<br />
nicht getroffen werden.<br />
Was jedoch festgehalten werden kann, ist, dass es zukünftig kein alleinstehender Ansatz<br />
sein wird, der eine akzeptable <strong>Indoor</strong>-<strong>Positionierung</strong> ermöglicht. Die Stärke eines<br />
<strong>Indoor</strong>-<strong>Positionierung</strong>sverfahrens wird es sein, abhängig von den am aktuellen Standort<br />
zur Verfügung stehenden Möglichkeiten das optimalste <strong>Positionierung</strong>sverfahren zu<br />
verwenden. Das <strong>Indoor</strong>-<strong>Positionierung</strong>sverfahren der Zukunft ist demnach eine hybride<br />
Lösung, die abhängig von der vorhandenen Infrastruktur - <strong>und</strong> somit nutzbaren Messwerten<br />
oder Kalibrierungsmöglichkeiten - auf das am besten passende <strong>Positionierung</strong>sverfahren<br />
zurückgreift.<br />
Dieses System kann dann in Gebäuden genutzt werden, die sehr weitläufig sind <strong>und</strong>/oder<br />
nur unregelmäßig oder zum ersten Mal aufgesucht werden. Dies wären z.B. Krankenhäuser,<br />
Museen, Hochschulen bei Studienbeginn, Firmengebäude bei Arbeitsantritt, Messen,<br />
Hotels, Einkaufszentren oder Flughäfen. Da die Infrastruktur bei jedem Gebäude eine andere<br />
ist, nutzt ein hybrides System die vorhandenen Messwerte zur optimalen <strong>und</strong> der<br />
Umgebung angepassten Standortbestimmung.
8 Ausblick<br />
Die bisher vorgestellten Ansätze geben einen Geschmack von dem, was uns auf dem Gebiet<br />
der <strong>Indoor</strong>-<strong>Positionierung</strong> an Lösungen bevorsteht. Zentraler Bestandteil sind dabei<br />
<strong>Smartphone</strong>s, die wir neben Schlüssel <strong>und</strong> Portemonnaie stets bei uns tragen sowie die<br />
(ggf. nicht) vorhandene Infrastruktur, auf der der gewählte Lösungsansatz beruht.<br />
Dabei sehe ich mindestens noch zwei große Baustellen: zum Einen bedarf es der weiteren<br />
Optimierung der bestehenden Algorithmen zur effizienteren <strong>und</strong> genaueren Berechnung<br />
des Näherungswertes einer Position. Dies geht einher mit der Optimierung der in <strong>Smartphone</strong>s<br />
verbauten Sensorik, wie z.B. dem Beschleunigungssensor, um bessere Verfahren<br />
zur Schrittbestimmung festlegen zu können <strong>und</strong> Ungenauigkeitsfehler zu verringern.<br />
Zum Anderen ist der Energieverbrauch der bestehenden Lösungen ein wichtiges Thema.<br />
So zum Beispiel ist der Energieverbrauch beim Location Fingerprinting vergleichsweise<br />
hoch, da ständig Strom auf die Antenne geleitet werden muss, um fortlaufend nach aktuell<br />
zur Verfügung stehenden Access Points zu scannen. Somit verringert sich der Batterieladestand<br />
in kurzer Zeit merklich.<br />
Eine neue Möglichkeit der <strong>Indoor</strong>-<strong>Positionierung</strong> bzw. Navigation wird sich meiner Ansicht<br />
nach im Bereich Augmented Reality ergeben. Die Nutzung der qualitativ hochwertigen<br />
<strong>Smartphone</strong>-Kamera zur Kombination realer <strong>und</strong> virtueller Welt wird navigieren<br />
in Gebäuden durch kontextbezogene Informationen wie Richtungspfeile, Raumnummern<br />
oder Entfernungsangaben auf eine neue Ebene heben. Das stets via WLAN oder Mobilfunk<br />
zur Verfügung stehende mobile Internet wird dabei als Datenlieferant fungieren <strong>und</strong><br />
uns ortsbezogen mit relevanten Informationen versorgen - egal ob im Bürogebäude oder<br />
im Einkaufszentrum. Einen Ausblick darauf bietet die <strong>Smartphone</strong>-Applikation der First<br />
Media GmbH, die zur <strong>Positionierung</strong> <strong>und</strong> Orientierung auf Messen genutzt werden kann<br />
<strong>und</strong> die bestehende WLAN-Infrastruktur nutzt. [Gmb11]<br />
Abbildung 11 zeigt die praktische Anwendung dieser Applikation.<br />
Abbildung 11: <strong>Smartphone</strong>-Applikation der FirstMedia GmbH zur Orientierung auf Messegeländen<br />
mit Augmented Reality-Funktionen. [Gmb11]
Ebenfalls denkbar ist die Nutzung aufstrebender Technologien wie NFC (Near Field Communication),<br />
die neben dem mobilen Bezahlen auch zur Standortbestimmung genutzt werden<br />
können. Das Bezahlterminal kann dabei ähnlich dem QR-Code-basierten Ansatz als<br />
Kalibrierungspunkt sowie der Bestimmung des folgenden Wegeverlaufs genutzt werden.<br />
Dieser Ansatz basiert dann ähnlich dem Location Fingerprinting auf einer bestehenden<br />
Infrastruktur.
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