Herunterladen - Kommunistischer StudentInnenverband
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0tcrowd<br />
1<br />
# 17 | Sommersemester 2011<br />
Stadtblatt für Selbstbestimmung in allen Lebensbereichen<br />
facebook.com/ksvgraz
2 KF-UNI<br />
r0tcrowd<br />
„Wer sich nicht wehrt,<br />
lebt verkehrt!“<br />
r0tcrowd sprach mit ROBERT KROTZER und SAHAR MOHSENZADA über Wahlziele<br />
und -inhalte des Kommunistischen <strong>StudentInnenverband</strong>es (KSV) und<br />
darüber, wie die Studierenden etwas an der Bildungsmisere ändern können.<br />
„Die Studierenden sind<br />
mehr denn je bereit für<br />
eine gesellschaftliche<br />
Veränderung“, konstatieren<br />
die KSV-Spitzenkandidat-<br />
Innen Sahar Mohsenzada<br />
und Robert Krotzer<br />
Foto: Anna Han-Do Füreder<br />
www.comunista.at<br />
Der KSV kandidiert bei den ÖH-Wahlen vom<br />
24. bis 26. Mai an der Uni Graz. Welche Probleme<br />
greift ihr im Wahlkampf auf, was läuft falsch<br />
auf der Uni<br />
Robert Krotzer: Kurz gesagt ist die gesamte<br />
Bildungspolitik ein Desaster: Die Unis werden<br />
kaputtgespart und auch die soziale Lage<br />
vieler StudentInnen hat sich massiv verschlechtert.<br />
Zudem drohen weitere Zugangsbeschränkungen<br />
und die flächendeckende<br />
Wiedereinführung von Studiengebühren.<br />
Sahar Mohsenzada: Wir haben auf vieles<br />
davon bereits im Wahlkampf vor zwei Jahren<br />
hingewiesen. Zum Besseren geändert hat sich<br />
seither nur eines: Zehntausende Studierende<br />
haben mittels Demonstrationen und Besetzungen<br />
gezeigt, dass sie nicht länger gewillt<br />
sind, die ungustiöse Suppe auszulöffeln, die<br />
ihnen vorgesetzt wird. Die Studierenden sind<br />
bereiter denn je für eine Veränderung.<br />
Ihr habt die Proteste angesprochen. Wie soll es<br />
da eurer Meinung nach weitergehen<br />
Sahar: Wir haben für unsere Plakate den<br />
Slogan „Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt“<br />
gewählt. Ich denke, das bringt die Erfahrungen<br />
der letzten Monate auf den Punkt, nämlich<br />
dass Regierung und Kapital ohne unsere<br />
Gegenwehr immer noch dreister werden. Deshalb<br />
müssen wir die Proteste effizienter und<br />
konsequenter fortsetzen und anfangen, das<br />
Jetzt und die Zukunft zu verändern!<br />
Robert: Und damit wir erfolgreich sein<br />
können, müssen wir über die Unis hinausblicken.<br />
Wir sind ja nicht die einzigen Opfer dieser<br />
kapitalistischen Politik. Einsparungen im<br />
Bildungsbereich gehen Hand in Hand mit der<br />
Zertrümmerung des Sozial- und Gesundheitswesens.<br />
Um wirksam Widerstand gegen die<br />
Geldsäcke leisten zu können, brauchen wir<br />
die Einheit aller Betroffenen! Erste wichtige<br />
Schritte dabei waren das Bündnis Zukunftsbudget<br />
oder die Plattform 25 gegen die Belastungspakete<br />
auf Bundes- bzw. Landesebene.<br />
Ihr seht also einen Zusammenhang zwischen den<br />
Verschlechterungen im Bildungsbereich und<br />
Sozialabbau<br />
Robert: Definitiv! Auf Kosten der Allgemeinheit<br />
betreiben Banken und Konzerne eine<br />
radikale Umverteilung von unten nach oben.<br />
Während die Reichen dadurch noch reicher<br />
werden, blicken gerade wir jungen Menschen<br />
einer düsteren Zukunft entgegen.<br />
Sahar: Unsere Generation ist die erste, die<br />
hinter den Lebensstandard ihrer Elterngeneration<br />
zurückfallen wird. Auch eine akademische<br />
Ausbildung ist keineswegs mehr eine<br />
Garantie für eine finanziell abgesicherte Lebensperspektive.<br />
Im Gegenteil: Nach dem Studium<br />
müssen sich viele von uns mit schlecht oder gar<br />
nicht bezahlten Praktika durchschlagen.<br />
In diesem Zusammenhang ist ja immer zu hören,<br />
dass nun eben der Gürtel enger zu schnallen<br />
sei. Was meint ihr dazu<br />
Sahar: Interessant ist ja, dass vom Sparen<br />
immer die reden, die bei sich selbst am allerwenigsten<br />
sparen. Dabei sind ja riesige Vermögen<br />
vorhanden, ein Prozent der reichsten<br />
Menschen in diesem Land verfügt über mehr
0tcrowd<br />
KF-UNI<br />
3<br />
als 350 Milliarden Euro, das sind 30 Prozent<br />
des gesamten Vermögens.<br />
Robert: Um das zu ändern, braucht es eine<br />
konsequente Umverteilungspolitik. Erste<br />
Schritte dabei sind etwa die Einführung einer<br />
Vermögenssteuer und die Beseitigung von<br />
Steuerprivilegien.<br />
Was unterscheidet den KSV von den anderen<br />
Fraktionen<br />
Sahar: Klar ist, dass es mit uns keine faulen<br />
Kompromisse auf Kosten der Studierenden<br />
gibt. Der KSV ist definitiv weder Spielwiese<br />
für angehende BerufspolitikerInnen, noch beteiligen<br />
wir uns an ÖH-internem Postenschacher.<br />
Bei uns stehen Wort und Tat im Einklang.<br />
Mit der von uns initiierten Urabstimmung<br />
im Zuge der ÖH-Wahl 2009 gab es z.B.<br />
eine gute Möglichkeit, die Platzproblematik in<br />
Kursen und Labors zu reduzieren. Die Grünschwarz-rote<br />
Grazer ÖH hat diese trotz einer<br />
Zustimmung von über 90 Prozent der Studierenden<br />
komplett ignoriert. In Nicht-Wahlkampfzeiten<br />
scheint manchen Fraktionen der<br />
Willen der Studierenden völlig egal zu sein.<br />
Robert: Ausgehend von unserer marxistischen<br />
Weltanschauung sind wir in allen Auseinandersetzungen<br />
für die sozialen und demokratischen<br />
Rechte der Studierenden in<br />
vorderster Reihe gestanden: In der Bewegung<br />
Uni Graz gehört uns!, in den Studienvertretungen,<br />
beim Protest gegen die Kürzung der<br />
Familienbeihilfe oder gegenwärtig in der Plattform<br />
25 gegen die Kürzung der Wohnbeihilfe.<br />
Der KSV kandidiert mit dem Zusatz „Linke Liste“.<br />
Warum<br />
Sahar: Auf unserer Liste kandidieren traditionell<br />
nicht nur unsere AktivistInnen und Mitglieder,<br />
sondern auch SympathisantInnen und<br />
unabhängige Linke, die mit uns durch unsere<br />
Arbeit in den Studienvertretungen oder in der<br />
Protestbewegung in Kontakt gekommen sind.<br />
Robert: Wir verstehen das auch als Signal<br />
für eine geeinte Linke, für die die gemeinsame<br />
Aktion im Vordergrund steht und die das<br />
Einende vor das Trennende stellt.<br />
Gibt es etwas, was ihr unseren LeserInnen abschließend<br />
noch sagen wollt<br />
Sahar: Allen Unentschlossenen möchte ich<br />
mit auf den Weg geben, dass es auch darum<br />
geht, den Rechten eine deutliche Abfuhr zu<br />
erteilen. Wenn der KSV bei den Wahlen wesentlich<br />
besser abschneidet als der rechtsextreme<br />
„Ring Freiheitlicher Studenten“<br />
(RFS), wäre das ein wichtiges Signal!<br />
Robert: Mir bleibt, die Hoffnung auszudrücken,<br />
dass die Proteste der vergangenen zwei<br />
Jahre lediglich ein Auftakt waren und es uns<br />
gelingt, die Offensive des Kapitals zurückzudrängen.<br />
In diesem Sinne: KSV wählen, gemeinsam<br />
kämpfen!<br />
StEP: „Wer kämpft,<br />
kann verlieren.<br />
Wer nicht kämpft,<br />
hat schon verloren.“<br />
Kommentar<br />
von ANDREAS NITSCHE<br />
Durch die Einführung der Studieneingangsphasen (StEP) versucht die<br />
Regierung, den freien Hochschulzugang gegen ein halbwegs erträgliches<br />
Studium auszuspielen. Mit den neuesten Maßnahmen haben sich<br />
unsere PolitikerInnen nun wieder einmal selbst übertroffen, denn im Vergleich<br />
dazu erscheinen Zugangsbeschränkungen vor Beginn des Studiums<br />
direkt „human“. So muss man innerhalb eines Semesters – bei maximal<br />
zwei Versuchen pro Prüfung! – eine beachtliche Anzahl von Lehrveranstaltungen<br />
schaffen, um weiter studieren zu dürfen. Schafft man nur<br />
eine Prüfung in der vorgegeben Zeit nicht, verliert man ein halbes bis<br />
ganzes Jahr oder muss das Studium wechseln. Vor allem im Anbetracht<br />
der Herabsetzung der Bezugsdauer der Familienbeihilfe sowie der Kürzung<br />
der Wohnbeihilfe, ist dieser Zeitverlust ein harter finanzieller Schlag<br />
ins Gesicht der Studierenden. Dazu kommt, dass so die Probleme nur von<br />
Institut zu Institut hin und her geschoben werden. Denn wer eine StEP<br />
nicht schafft, probiert es eben mit einer anderen Studienrichtung.<br />
Es ist zwar Tatsache, dass viele Institute einfach zuwenig Mittel und<br />
Lehrende haben, als dass sie alle Erstsemestrigen betreuen könnten,<br />
wenn man sich aber internationale Statistiken ansieht, wird einem schnell<br />
klar, dass StEPs bei einem für die EU oder OECD durchschnittlichen<br />
Unibudget, redundant wären. So gibt es seit 2004 zwar 30 Prozent mehr<br />
Studierende, aber nicht einmal 5 Prozent mehr Budget. So fehlen ab<br />
2013 jährlich 300 Millionen Euro um den Unibetrieb überhaupt aufrecht<br />
erhalten zu können. Wird das Budget bis dahin nicht angehoben,<br />
müssen die Unis die ersten Lehrenden und wissenschaftliches Personal<br />
entlassen. Die Situation wird sich daher noch weiter verschlimmern.<br />
Die meisten anderen EU-Länder gehen einen anderen Weg. In Finnland<br />
z.B. beträgt das Unibudget (pro Studierendem) fast das Doppelte<br />
wie in Österreich und in Bayern investiert man beispielsweise in den<br />
nächsten zwei Jahren eine Milliarde Euro in den tertiären Bildungsbereich.<br />
Im OECD-Ländervergleich haben nur Griechenland und die Türkei niedrigere<br />
tertiary education graduation rates als Österreich, obwohl man<br />
allen PädAk-AbsolventInnen nachträglich einen Titel verliehen hat.<br />
Die budgetäre Notlage schlägt sich auch in den internationalen Uni-<br />
Bewertungen nieder. Rankings sind natürlich keine exakte Wissenschaft,<br />
aber einen Trend spiegeln sie schon wieder: Unsere Unis und Institute<br />
liegen im unteren Feld. Und genau hier muss man ansetzen: Anstatt für<br />
noch mehr Zugangsbeschränkungen einzutreten, was sich in der Vergangenheit<br />
als reines Instrument zur weiteren reellen Kürzung des Budgets<br />
entpuppte, sollten wir Studierenden, die Lehrenden und das allgemeine<br />
Personal zusammenhalten und wenigstens für ein im EU-Schnitt<br />
passables Unibudget eintreten und kämpfen. Lassen wir uns nicht<br />
auseinander dividieren! Mit der gemeinsamen Demonstration aller<br />
Universitätsangehörigen (inklusive Rektorat!) im letzten Oktober zeigte<br />
sich, dass wir gemeinsam durchaus Druck ausüben können. Diese Demo<br />
war eine der größten in der Geschichte von Graz, und alle Rektoren<br />
Österreichs drohen dem schwarzen Ministerium mit Streik!<br />
facebook.com/ksvgraz
4 RAT UND HILFE<br />
r0tcrowd<br />
Was von der Familienbeihilfe<br />
übrig blieb<br />
Ab 1. Juli treten die Änderungen bei der Familienbeihilfe in Kraft, die im<br />
letzten Jahr zehntausende Studierende auf die Straße brachten. Einige kleine<br />
Änderungen konnten erkämpft werden, im Wesentlichen blieben die<br />
Verschlechterungen aber aufrecht.<br />
von CHRISTOPHER USCHNIG<br />
D<br />
ie Bezugsdauer wird ab 1.Juli um zwei<br />
Jahre auf das vollendete 24. Lebensjahr<br />
(ab dem 24. Geburtstag) herabgesetzt.<br />
Toleranzsemester und Studienwechsel<br />
Studierende sind für den Zeitraum der gesetzlichen<br />
Mindeststudiendauer eines Studienabschnitts<br />
plus eines Toleranzsemester<br />
bezugsberechtigt bei einem Leistungsnachweis<br />
von 8 Wochenstunden bzw. 16 ECTS pro<br />
Studienjahr. Nicht bezogene Toleranzsemester<br />
können für den folgenden Studienabschnitt<br />
verwendet werden. Für Studien ohne<br />
Abschnittsgliederung gilt die Mindeststudiendauer<br />
plus 2 Toleranzsemester.<br />
Wird das Studium öfter als zweimal gewechselt,<br />
erlischt ebenso der Anspruch auf<br />
die Familienbeihilfe gänzlich.<br />
Nur wenige Ausnahmen...<br />
Wenige Ausnahmen, die eine Bezugsverlängerung<br />
bis zum 25. Lebensjahr gestatten,<br />
gibt es für Studien mit einer Studiendauer<br />
von mindestens 10 Semestern (z.B.: Medizin).<br />
Dort gilt als Altersgrenze das 25. Lebensjahr,<br />
jedoch nur, wenn das Studium in dem Jahr<br />
begonnen wurde, in dem man das 19. Lebensjahr<br />
vollendet hat. Trotz der bereits eng gesetzten<br />
Fristen, schürt man hier auch noch<br />
Ungerechtigkeiten, wie folgendes Beispiel verdeutlichen<br />
soll.<br />
Studentin X hat Anfang Jänner Geburtstag<br />
und ist zu diesem Zeitpunkt 18 Jahre alt (im<br />
19. Lebensjahr) und kommt ins 20. Lebensjahr.<br />
Sie beginnt im darauf folgenden Sommersemester<br />
das Medizinstudium. Student Y hat<br />
Anfang Dezember Geburtstag und ist zu diesem<br />
Zeitpunkt 18 Jahre jung und nur einen<br />
Monat jünger als Studentin X. Er beginnt<br />
ebenso das Medizinstudium im darauf folgen-<br />
den Wintersemester. Studentin X ist bis zum<br />
25. Lebensjahr bezugsberechtigt, hingegen<br />
Student Y nicht, weil er sein 19. Lebensjahr<br />
nicht im gleichen Kalenderjahr beendet hat,<br />
in dem er sein Studium begonnen hat.<br />
... Bezugsverlängerung<br />
Eine Anhebung der Altersgrenze findet<br />
ebenso bei Müttern, Schwangeren oder stark<br />
behinderten Kindern Anwendung. Personen,<br />
die Präsenz- oder Zivildienst abgeleistet haben<br />
oder einer freiwilligen Hilfstätigkeit bei<br />
einem gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrt<br />
im Inland nachgegangen sind, haben<br />
auch Anspruch zum 25. Lebensjahr.<br />
Folgende Änderungen sind<br />
bereits in Kraft getreten.<br />
– Die Streichung der 13. Familienbeihilfe<br />
– Der Mehrkinderzuschlag (ab dem 3.Kind)<br />
wurde von 36,40 Euro auf 20 Euro pro Kind<br />
gesenkt.<br />
– Sofortiger Verlust des Anspruches auf<br />
Familienbeihilfe für Personen zwischen 18<br />
bis 21 Jahren nach Beendigung der Ausbildung,<br />
wenn nicht unmittelbar (zum frühestem<br />
möglichen Zeitpunkt) danach eine Berufsausbildung<br />
begonnen wird. Als Beispiel<br />
hierfür wäre der Beginn eines Studiums<br />
nach der Matura.<br />
– Die Zuverdienstgrenze des Kindes wurde<br />
von 9000 auf 10.000 Euro angehoben ohne<br />
die Familienbeihilfe zu verlieren.<br />
– Studierende, die zu Studienzwecken in Österreich<br />
sind, haben ebenso keinen Anspruch<br />
auf Familienbehilfe.<br />
CHRISTOPHER USCHNIG studiert Medizin in<br />
Graz und ist KSV-Mandatar in der Bundesvertretung<br />
der Studierenden.<br />
www.comunista.at
0tcrowd<br />
RAT UND HILFE<br />
5<br />
Wie MieterInnen<br />
abgezockt werden<br />
ROTCR0WD klärt über die beliebtesten Makler-Schmähs auf.<br />
Gastkommentar<br />
Überteuertes Wohnen<br />
im Altbau – was tun<br />
Foto: kpoe-steiermark.at<br />
1. Provisionen<br />
Mit 1. September 2010 wurde<br />
die Höchstprovision für Wohnungen<br />
endlich auf zwei Bruttomonatsmieten<br />
(BMM) gesenkt.<br />
Dies hielt das Immobilienbüro<br />
Dr. X jedenfalls nicht davon ab,<br />
zumindest in einem Fall weiterhin<br />
drei BMM zu kassieren. Große<br />
Vorsicht ist geboten, wenn<br />
Makler Provisionen „kulanterweise“<br />
reduzieren. Nicht selten<br />
passiert das in Fällen, in denen<br />
nämlich überhaupt keine Provision<br />
verlangt werden darf. Speziell<br />
dann, wenn der Makler auch<br />
Verwalter oder gar Eigentümer<br />
des Hauses/der Wohnung ist,<br />
sollte man sich die Bezahlung der<br />
Provision unbedingt bestätigen<br />
lassen und danach eine Beratungsstelle<br />
aufsuchen. Rückforderungsansprüche<br />
verjähren erst<br />
nach drei Jahren.<br />
2. Gebühren<br />
Was haben „Zinszettelgebühren“,<br />
„Pauschalen“ für das Ausfüllen<br />
von Meldezetteln, Wohnbeihilfenformularen<br />
etc. und<br />
Vertragserrichtungsgebühren<br />
gemeinsam – Sie dürfen von<br />
Mietern grundsätzlich nicht<br />
verlangt werden!<br />
Maklern/Verwaltern werden<br />
diese Leistungen bereits durch das<br />
von den MieterInnen im Rahmen<br />
der Betriebskosten zu entrichtende<br />
Verwaltungsentgelt abgegolten.<br />
Den Vogel schoss eine Grazer<br />
Hausverwaltung ab, die ihren<br />
Mietern eine „Gebühr für Mühewaltung“(!)<br />
in Rechnung stellte.<br />
3. Kaution<br />
Ausmalen, Endreinigungen und<br />
andere Tricks, möglichst viel<br />
von der Kaution einzubehalten.<br />
Wohnungen müssen nach Beendigung<br />
des Mietverhältnisses<br />
im Regelfall nicht mehr ausgemalt<br />
werden, sofern die Wände nicht<br />
stark verschmutzt sind oder die<br />
Wohnung von den Mieter-Innen<br />
in einer unüblichen Farbe wie z.B.<br />
schwarz ausgemalt wurde. Wurde<br />
die Wohnung vom Mieter ordnungsgemäß<br />
und besenrein zurückgegeben,<br />
kann der Vermieter<br />
so viele Endreinigungen durchführen<br />
lassen, wie er will, er muss<br />
sie allerdings auch alle selbst bezahlen<br />
und darf deren Kosten<br />
nicht von der Kaution abziehen.<br />
Tipp: Wenn du aus deiner Wohnung<br />
ausziehst, vereinbare den<br />
Übergabetermin nicht unbedingt<br />
in den allerletzten Tagen der<br />
Kündigungsfrist! Sollten nämlich<br />
dabei Mängel festgestellt werden,<br />
hast du noch Zeit, diese selbst zu<br />
beheben. Andernfalls müsstest<br />
du unter Umständen einen weiteren<br />
Monat Miete bezahlen oder<br />
dir die Kosten der Mängelbehebung<br />
von der Kaution abziehen<br />
lassen. Ein Mitarbeiter eines Grazer<br />
Immobilienbüros, der den<br />
Wohnungsübergabetermin bis<br />
nach Ende der Kündigungsfrist<br />
immer wieder verschob, verzichtete<br />
„kulanterweise“ auf die Bezahlung<br />
einer weiteren Miete,<br />
wollte dafür vom Mieter aber Spesen<br />
für seinen Zeitaufwand für die<br />
Wohnungsübergabe kassieren.<br />
V<br />
iele Studierende wohnen – zumeist in<br />
WGs – in Altbauwohnungen und sind<br />
deshalb vom Richtwertmietsystem für<br />
Altbauten betroffen. Das lädt die Eigentümer<br />
nämlich geradezu ein, auf Kosten der<br />
MieterInnen überhöhte Mietzinse zu verlangen.<br />
Besonders drastisch wird dies bei befristeten<br />
Mietverträgen. Eine Studie der AK bestätigt<br />
diese Kritik der KPÖ am geltenden Mietrecht<br />
voll und ganz. Das Richtwertsystem verhindert<br />
mit einer Unzahl an undurchschaubaren<br />
Zuschlagsmöglichkeiten eine klare Mietenobergrenze<br />
und treibt die Mieten in teilweise absurde<br />
Höhen. Dazu kommt, dass die Richtwerte<br />
in der Steiermark noch dazu weit höher als<br />
in Wien liegen.<br />
Immer mehr Menschen müssen immer mehr<br />
für ihr Dach über dem Kopf zahlen. Mieten<br />
und Betriebskosten steigen weit stärker an als<br />
die offizielle Inflationsrate.<br />
Daher fordert die KPÖ das Ende des teuren<br />
Richtwertsystems und die Wiedereinführung<br />
von klaren, niedrigeren Mietzinsobergrenzen<br />
für alle Wohnungen. Als Sofortmaßnahme schlagen<br />
wir einen Mietzinsstopp bzw. eine Reduzierung<br />
der Richtwerte vor.<br />
Es ist auch möglich, sofort gegen überhöhte<br />
Mieten vorzugehen, die dem geltenden<br />
Recht nicht entsprechen. Die MieterInnen in<br />
Altbauwohnungen haben das Recht, ihre Miethöhe<br />
bei der Schlichtungsstelle am städtischen<br />
Wohnungsamt, Alberstraße 12, (Parteienverkehr:<br />
Di und Fr 8.00–12.00 Uhr – Telefon 872-<br />
5424) auf deren Zulässigkeit überprüfen zu<br />
lassen oder sich an den MieterInnen-Notruf<br />
der KPÖ (71 71 08) zu wenden.<br />
ELKE KAHR ist Wohnungsstadträtin in<br />
Graz und Obfrau der Grazer KPÖ<br />
facebook.com/ksvgraz
6 MEDUNI<br />
r0tcrowd<br />
„Modulübergreifend denken!“<br />
Über konkrete Verbesserungen an der Meduni Graz, Famulaturen und<br />
Praktika, die endlich bezahlt werden müssen, und warum man als<br />
MedizinerIn das Belastungspaket der steiermärkischen Landesregierung<br />
ablehnen muss, sprach die r0tcrowd mit CHRISTOPHER USCHNIG, dem<br />
KSV-Spitzenkandidaten an der Meduni Graz.<br />
Von 24. bis 26. Mai finden die diesjährigen ÖH-<br />
Wahlen statt. Du bist Spitzenkandidat des KSV<br />
an der Meduni Graz. Was sind deine/eure Forderungen<br />
Christopher Uschnig: Zuallererst finden<br />
wir, dass Studieren keine Frage des Einkommens<br />
der Eltern sein darf, schon gar nicht an<br />
der Meduni. Wir wollen uns nicht damit abfinden,<br />
dass sich einige Wenige immer stärker<br />
bereichern, während unser Sozial-, Bildungs-<br />
und Gesundheitssystem kaputt gespart<br />
wird. Aber wir wollen uns nicht nur um<br />
die großen Probleme kümmern, sondern auch<br />
in unserem unmittelbaren Umfeld etwas zum<br />
Besseren bewirken. An der Meduni gibt es<br />
dafür reichlich Gelegenheit. (lacht)<br />
Was kann man an der Grazer Meduni konkret<br />
verbessern<br />
Christopher: Das fängt schon dabei an,<br />
dass die Lehrinhalte von Vorlesungen, Seminaren<br />
und Übungen endlich einmal aufeinander<br />
abgestimmt werden müssen. Da muss<br />
man auch modulübergreifend denken. Es wäre<br />
auch schön, wenn wir einmal – wie international<br />
bei Modulsystemen üblich – von der Uni<br />
herausgegebene Lernunterlagen bekämen. Es<br />
herrscht zu viel Verwirrung, was wirklich für<br />
die Prüfungen gekonnt werden muss.<br />
Ein Aufnahmetest wie er nun für das Bachelor-Studium<br />
Pflegewissenschaften eingeführt<br />
wird, muss für das Masterstudium verhindert<br />
werden, damit Studierende mit Bachelorabschluss<br />
nicht schlussendlich beim AMS<br />
landen. Weiters gibt es bei uns zu viel Anwesenheitspflicht<br />
und oft keine Möglichkeit,<br />
Ersatzleistungen zu erbringen. In den ersten<br />
vier Semestern kann das sogar den Verlust<br />
eines ganzen Studienjahres bedeuten.<br />
Andererseits hört man immer wieder, dass die<br />
Anwesenheitspflicht das große Plus am neuen<br />
Studienplan sei, weil man dadurch weg vom<br />
Frontalunterricht kommt...<br />
Christopher: Theoretisch ja, praktisch<br />
nein! Die Seminare sind oft nur eine Vorlesung<br />
in kleinem Rahmen und verlieren dadurch<br />
jegliche Sinnhaftigkeit. Durch die hohe<br />
Anwesenheitspflicht, bei der kaum Zeit zum<br />
Leben bleibt, werden Studierende systematisch<br />
gezwungen, den ganzen Tag auf der Uni<br />
zu verbringen. Im Krankheitsfall bleibt meist<br />
nicht einmal die Zeit, sich auszukurieren,<br />
ohne mit Konsequenzen, etwa Studienverzögerungen,<br />
rechnen zu müssen. Arbeiten neben<br />
dem Studium ist beinahe unmöglich.<br />
Du bist auch KSV-Mandatar in der ÖH-Bundesvertretung,<br />
wo du zuletzt einen Antrag auf Vergütung<br />
von Famulaturen eingebracht hast.Was<br />
stellst du dir darunter vor<br />
Christopher: Der KSV fordert, dass alle Famulaturen<br />
bzw. Praktika, die verpflichtend im<br />
Rahmen des Studiums absolviert werden<br />
müssen, auch bezahlt werden – vor allem das<br />
im sechsten Jahr. Es kann nicht sein, dass man<br />
für eine 40-stündige Arbeitswoche nichts bekommt.<br />
In den Ferien können viele Studierenden<br />
durch Ferialjobs ihr Einkommen aufbessern.<br />
Medizin-StudentInnen schauen da oft<br />
durch die Finger, weil sie außerhalb der regulären<br />
Studienzeit Famulaturen absolvieren<br />
müssen.<br />
www.comunista.at
0tcrowd<br />
MEDUNI<br />
7<br />
Famulatur kommt vom lateinischen „Famulus“,<br />
was soviel bedeutet wie Haussklave. Im<br />
Unterschied zu SklavInnen bekommen wir<br />
aber nicht von unseren „Herren“ Unterkunft<br />
und Essen zur Verfügung gestellt, sondern<br />
müssen es aus der eigenen Tasche bezahlen.<br />
Dazu kommt, dass man oft aufgrund von<br />
Platzmangel gezwungen ist, eine Famulatur<br />
weit abseits des Studienortes zu absolvieren.<br />
Zu den nicht erstatteten Essenskosten kommen<br />
noch immense Kosten für Unterkunft<br />
und Anreise hinzu.<br />
Den Medizin-StudentInnen ergeht es also<br />
schlechter als SklavInnen<br />
Christopher: Nein, so schlimm ist es natürlich<br />
nicht, aber wie anfangs erwähnt, wollen<br />
wir nicht, dass Studieren eine Frage des<br />
Einkommens der Eltern ist. Im Medizinstudium<br />
im Allgemeinen und an der Meduni<br />
Graz im Besonderen gibt es aber viele Hürden,<br />
die man ohne entsprechende Unterstützung<br />
von zu Hause kaum nehmen kann. Mit<br />
der Kürzung der Familienbeihilfe und der<br />
Verringerung der Wohnbeihilfe wird es noch<br />
um ein ordentliches Stück schwerer.<br />
Wie stehst du als Mediziner zu den Kürzungen<br />
im Sozialbereich<br />
Christopher: Es ist nicht einzusehen, dass<br />
das Bildungs- und Sozialsystem kaputt gespart<br />
wird. Daher unterstützt der KSV mit aller<br />
Kraft die Proteste gegen die Kürzungen,<br />
die im konkreten Fall gerade die Schwächsten<br />
trifft. Die Betreuung, gerade für Menschen<br />
mit hohem und höchstem Hilfebedarf, soll um<br />
bis zu 50 Prozent gekürzt werden. Als MedizinerIn<br />
erlernt man einen Sozialberuf. Deshalb<br />
ist es umso wichtiger, dass man sich hier<br />
engagiert. Leider ist der KSV die einzige Fraktion<br />
an der Meduni, die das tut. Dabei spricht<br />
sich auch die Ärztekammer gegen die Kürzungen<br />
aus.<br />
Du hast die anderen Fraktionen zur Sprache<br />
gebracht. Worin unterscheidet sich der KSV von<br />
ihnen<br />
Christopher: Wir sitzen nicht nur in Gremien<br />
fernab von Studierenden, sondern setzen<br />
uns tagtäglich mit den Studierendeninteressen<br />
auseinander. Oft ist die KandidatInnen-Liste<br />
bei den anderen Fraktionen<br />
lang, aber wenn es darum geht wirklich anzupacken,<br />
um die Situation der Studierenden<br />
zu verbessern, bleibt meist nur der KSV<br />
übrig. Als es um die Kürzungen der Familienbeihilfe<br />
ging, glänzten alle anderen Fraktionen<br />
der Meduni durch Desinteresse und Abwesenheit<br />
bei den Vorbereitungstreffen der<br />
Proteste. Das gleiche zeichnet sich nun bei<br />
den aktuellen Kürzungen im Sozialbereich<br />
ab. – Nur ein starker KSV garantiert eine starke<br />
ÖH!<br />
Fotos: privat<br />
Die Kandidaten des KSV<br />
an der Meduni Graz<br />
Christopher Uschnig (24)<br />
studiert Humanmedizin und<br />
ist Spitzenkandidat des KSV<br />
an der Grazer Meduni. Seit<br />
2010 ist er als Mandatar in der<br />
ÖH-Bundesvertretung aktiv.<br />
„Studieren darf keine Frage<br />
des Geldes sein, denn Bildung<br />
muss jeder und jedem zugänglich<br />
sein und bleiben.“ Kürzungen<br />
im Beihilfewessen sind<br />
ihm deshalb ein besonderer<br />
Dorn im Auge.<br />
Denis Kuznetsov (25) wurde<br />
in Moskau geboren und ist in<br />
Bayern aufgewachsen. Weil für<br />
ihn ein solidarisches Gesundheitssystem<br />
das Um und Auf<br />
ist, hat er schon vor zwei Jahren<br />
für den KSV kandidiert.<br />
„Medizin ist ein Mannschaftssport.“<br />
Sebastian Wisiak (26)<br />
studiert Humanmedizin an der<br />
Meduni Graz. Als Studienvertreter<br />
war er aktiv an den<br />
erfolgreichen Protesten gegen<br />
die Warteliste beteiligt. Ihm ist<br />
es ein besonderes Anliegen, die<br />
Studierenden aktiv in die<br />
Entscheidungsprozesse der ÖH<br />
einzubinden, um so faulen<br />
Kompromissen vorzubeugen.<br />
Berhard Lener kommt aus<br />
Innsbruck. Dort hat er schon<br />
die Meduni mit ihrem, seiner<br />
Meinung nach in keinster<br />
Weise für die Berufsausbildung<br />
des Artzes bzw. der<br />
Ärztin geeigneten, SIP-System<br />
kennengelernt. „Für den KSV<br />
kandidiere ich, weil ich der<br />
Meinung bin, dass er unsere<br />
Belange am besten vertreten<br />
und durchsetzen kann.“<br />
facebook.com/ksvmedunigraz<br />
facebook.com/ksvgraz
8 TU<br />
r0tcrowd<br />
Kommentar<br />
Nicht nur Sprüche klopfen!<br />
Sich konsequent für die Interessen der Studierenden<br />
einsetzen, ist das, was Walter Weiss, Spitzenkandidat<br />
des KSV an der TU Graz, machen will.<br />
von CHRISTOPHER USCHNIG<br />
„Atomkraft: Nein Danke!<br />
– Euroatom-Lobbyismus:<br />
Ja bitte!“ !<br />
W<br />
eniger als 1.400 Unterstützungserklärungen<br />
haben gefehlt, damit das „Raus<br />
aus EURATOM!“-Volksbegehren die 100.000er-<br />
Marke überspringt und somit im Parlament<br />
hätte behandelt werden müssen. Dazu haben<br />
alle MandatarInnen der Aktions-Gemeinschaft<br />
(AG), den Grünen und Alternativen Student-<br />
Innen (GRAS), den Fachschaftslisten (FLÖ) und<br />
dem Verband sozialistischer StudentInnen<br />
(VSStÖ) in der ÖH-Bundesvertretung ihren<br />
stolzen Teil beigetragen.<br />
Sie alle haben dafür gesorgt, dass eine Bewerbung<br />
seitens der ÖH ausgeblieben ist, wie es<br />
ein Antrag des KSV in der Sitzung vom 22.<br />
Jänner vorgesehen hätte.<br />
Nur vier(!) Tage nachdem die Eintragungsfrist<br />
für das Volksbegehren – sie war für den Zeitraum<br />
von 28. Februar bis 7. März festgesetzt –<br />
abgelaufen war, begann die Katastrophe von<br />
Fukushima. Durch den schockierenden Vorfall<br />
sah sich die GRAS – angesichts der Umstände<br />
und der bevorstehenden ÖH-Wahlen –<br />
nun doch veranlasst, sich auf Social-Media-<br />
Seiten als Atomkraft-GegnerInnen zu gerieren;<br />
frei nach dem Motto: „Atomkraft: Nein Danke!<br />
– Euroatomlobbyismus: Ja bitte!“<br />
So wie dem Antrag zur Unterstützung des<br />
„Raus aus EURATOM“-Volksbegehren geht es<br />
vielen Anträgen, die KSV in der Bundesvertretung<br />
der Studierenden einbringt. Die<br />
angeblich „linke“ Mehrheit zeigt viel zu oft erst<br />
dann, wenn die Vorfeldorganisationen von SPÖ,<br />
ÖVP und Grünen politisches Kleingeld daraus<br />
schlagen können.<br />
Es wäre wünschenswert, wenn die Fraktionen<br />
endlich über ihren politischen Tellerrand blicken<br />
würden, aufhören, sich wie eine Fahne im<br />
Wind zu drehen, und bei KSV Initiativen vermehrt<br />
Kooperationswillen zeigen. Dies wäre<br />
leicht möglich und notwendig, um die Interessen<br />
der Studierenden konsequent zu vertreten.<br />
O<br />
bwohl die Landesregierung<br />
gerade dabei ist, die<br />
Wohnbeihilfe zu kürzen und<br />
dadurch die Situation von unzähligen<br />
StudentInnen zu verschlechtern,<br />
fand im HTU-Vorsitzteam anscheinend<br />
niemand Zeit, die Plattform<br />
25, die den Großteil der Proteste<br />
anführt, zu unterstützen, beziehungsweise<br />
eine E-Mail zu senden,<br />
um Studierende zum Protest<br />
zu motivieren. „Ich verstehe nicht,<br />
wieso es bei der ÖH Uni Graz kein<br />
Problem ist, den Protest zu unterstützen,<br />
während sich in der HTU<br />
nichts rührt“, meint der Listenerste<br />
enttäuscht. „Anscheinend geht die<br />
Unabhängigkeit der Fachschaftslisten<br />
soweit, dass sie nicht einmal<br />
mehr Aktionen anderer Organisationen<br />
unterstützen können.“<br />
Fukushima mahnt.<br />
Eine weitere wichtige Forderung<br />
des KSV ist es, LVs einzuführen,<br />
die sich mit den Folgen<br />
eines unverantwortlichen Umgangs<br />
mit Technik und Wissenschaft<br />
auseinandersetzen. Hier<br />
sollte das Beispiel Fukushima<br />
ausreichen, um zu begreifen, dass<br />
TechnikerInnen die Verantwortung<br />
für Menschenleben und die<br />
Umwelt tragen. Auch der Chemie-Unfall<br />
in Ungarn 2010 ist<br />
eine Katastrophe, die durch das<br />
Profitstreben im Kapitalismus<br />
hervorgerufen wurde. Dabei sollte<br />
es klar sein, dass WissenschaftlerInnen<br />
und TechnikerInnen im<br />
Interesse der Gesellschaft und<br />
nicht des Kapitals handeln sollten.<br />
Shuttle-Bus zwischen KF und TU!<br />
Weiters möchte Walter Weiss,<br />
der selbst Chemie studiert, sich<br />
stark für das NAWI-Graz-Projekt<br />
einsetzen. „In der KF-UV wurde<br />
ein Antrag des KSV, in dem es um<br />
die Errichtung einer Buslinie<br />
zwischen KFU und Neuer Technik<br />
ging, angenommen, jedoch<br />
von der Stadt Graz nicht umgesetzt.<br />
Hier gilt es auch von TU-<br />
Seite aus Druck zu machen, um<br />
endlich gute Anbindungen für<br />
die, zwischen den Unis pendelnden,<br />
StudentInnen zu erhalten.“<br />
Wirklich etwas tun!<br />
Auf die Frage, warum KSV<br />
wählen, gibt er eine klare Antwort:<br />
„Wir KommunistInnen,<br />
sind die, die am stärksten für bessere<br />
Studienbedingungen und gegen<br />
die Verschlechterungen, der<br />
letzten Monate eintreten. Es hilft<br />
hier nicht einfach nur groß Sprüche<br />
zu klopfen, wie es andere<br />
Fraktionen gern machen. Man<br />
muss auch wirklich etwas tun.“<br />
Sein Wahlziel ist auch klar: „Natürlich<br />
wäre der Einzug in die UV<br />
schön, jedoch ist es natürlich<br />
schon erfreulich, wenn es uns gelänge,<br />
den RFS zu überholen.<br />
Rechtsextremes Gedankengut,<br />
darf in der Gesellschaft keinen<br />
Platz haben.“ Daher braucht es<br />
eine kämpferische, linke HTU.<br />
VOTA COMUNISTA!<br />
Walter Weiss (19) studiert Chemie an der TU<br />
Graz und der KF-Uni. Politisch aktiv wurde er<br />
erstmals mit 14 und begann aus Frust über die<br />
nicht eingelösten Wahlversprechen der SPÖ<br />
2006 und 2008 mit der KJÖ zu sympathisieren,<br />
der er im Dezember 2010 beitrat. Er ist Mitarbeiter<br />
in der StV Chemie und KSV-Spitzenkandidat<br />
an der TU Graz.<br />
www.comunista.at
0tcrowd<br />
CROWD UND RÜBEN EXTRA<br />
9<br />
Das große ÖH-Wahl-Quiz<br />
Alle zwei Jahre werden die Unis mit Flyern und Plakaten überschwemmt.<br />
ÖH-Wahlen stehen an, und in der Flut an Werbematerial verliert man rasch<br />
den Überblick. Dieses Quiz soll euch bei der Wahlentscheidung helfen.<br />
Die Universitäten werden seit Jahren kaputt<br />
gespart, Bildung wird mehr und mehr zum Privileg<br />
der Reichen. Was tun<br />
O Was tun! Gegen die Angriffe auf unsere<br />
Rechte müssen wir effektiven Widerstand<br />
entfalten. Veränderung fällt bekanntlich<br />
nicht vom Himmel! (5 Punkte)<br />
O Na und Ich schau sowieso nur auf mich<br />
und nach dem Studium besorgt mir der<br />
Cartellverband schon einen Job. (1 Punkt)<br />
O Blöde Sache... Aber machen die da Oben<br />
nicht sowieso was sie wollen (3 Punkte)<br />
Die Österreichische HochschülerInnenschaft<br />
(ÖH) hat die Aufgabe, die Interessen der Studierenden<br />
zu vertreten. Wird sie dem deiner<br />
Meinung nach gerecht<br />
O Die ÖH ist heute leider oftmals Spielfeld für<br />
sozialdemokratische, konservative oder<br />
grüne Nachwuchs-PolitikerInnen. Konsequente<br />
Interessensvertretung braucht eine<br />
breite Beteiligung der Studierenden und darf<br />
keine Rücksicht auf Partei-Karrieren nehmen.<br />
(5 Punkte)<br />
O Schlimmer geht‘s immer, aber wenn die ÖH<br />
besser aufgestellt wäre, müssten wir uns<br />
nicht jede Schweinerei von der Regierung<br />
gefallen lassen, oder (3 Punkte)<br />
O Als Porsche-fahrender Student sehe ich<br />
meine Interessen besser durch Papis Anwalt<br />
und die Industriellenvereinigung vertreten.<br />
(1 Punkt)<br />
Miserable Studienbedingungen, soziale Verschlechterungen<br />
oder (Vorstufen zu) Privatisierungen<br />
im Bildungswesen werden immer<br />
damit argumentiert, dass kein Geld da ist.<br />
Stimmt das<br />
O wirhabenüberunsereverhältnissegelebt<br />
allemüssensparenwirmüssendengürtel<br />
engerschnallenwirkönnenunsdasnicht<br />
mehrleisten. (1 Punkt)<br />
O Ich glaub den Geldsäcken kein Wort! Der<br />
gesellschaftliche Reichtum ist heute größer<br />
als je zuvor – nur ist das Geld in den falschen<br />
Händen. Darum brauchen wir konsequente<br />
Umverteilung von oben nach<br />
unten! (5 Punkte)<br />
O Man hört ja überall, dass kein Geld da ist.<br />
Aber wenn ich mir beispielsweise ansehe,<br />
wie viele Milliarden steuerschonend in<br />
Privatstiftungen liegen, krieg ich so meine<br />
Zweifel. (3 Punkte)<br />
Burschenschaften bilden das Rückgrat des<br />
österreichischen Rechtsextremismus und<br />
spielen an den Universitäten nach wie vor eine<br />
Rolle.<br />
O Natürlich ist Rechtsextremismus scheiße,<br />
aber irgendwann werden die Schmissträger<br />
und Ewiggestrigen schon von selber im Museum<br />
landen. (3 Punkte)<br />
O Solang mich keiner zum Säbel-Duell herausfordert,<br />
ist mir das völlig wurscht. (1 Punkt)<br />
O Weil Faschismus keine Meinung, sondern<br />
ein Verbrechen ist, müssen wir uns allen<br />
Tendenzen in diese Richtung entgegenstellen.<br />
(5 Punkte)<br />
Der Kapitalismus steckt in der Krise, was wir<br />
auch an den Unis zu spüren bekommen. Hat<br />
das System ausgedient<br />
O Kapitalismus find ich geil, da liegt das Geld<br />
auf der Straße, und wenn sie in Afrika verhungern,<br />
sind sie selber schuld. (1 Punkt)<br />
O Wenn man mit offenen Augen durch die<br />
Welt geht, kriegt man immer mehr Zweifel.<br />
Aber gibt’s da eigentlich irgendwelche Alternativen<br />
dazu (3 Punkte)<br />
O Der Kapitalismus führt unweigerlich zu<br />
Krisen, Kriegen, Armut und Umweltzerstörung<br />
und gehört auf den Misthaufen<br />
der Geschichte. Wir brauchen eine Gesellschaft,<br />
in der die Menschen und nicht die<br />
Profite im Vordergrund stehen. Sozialismus<br />
nennt man das, oder (5 Punkte)<br />
Auflösung<br />
18—25 Punkte<br />
Einer Stimmabgabe für den KSV steht bei dir wohl nichts mehr im Wege.<br />
Und weil Veränderung nicht vom Himmel fällt, überleg dir doch mal bei<br />
einer unserer Veranstaltungen vorbeizukommen oder dich gleich bei<br />
uns zu engagieren. Ohne dich sind wir eine/r zu wenig!<br />
10—17 Punkte<br />
Dass du AG oder RFS wählst, kann man bei dir wohl ausschließen. Und<br />
wenn du links wählen willst, dann stimm doch gleich für eine Liste, bei<br />
der du faule Kompromisse aufgrund von Karriere-Ambitionen in Parteiapparaten<br />
ausschließen kannst. KSV wählen tut auch gar nicht weh –<br />
außer den Herrschenden!<br />
5—9 Punkte<br />
„Wer im Stich lässt seinesgleichen, lässt ja nur sich selbst im Stich“,<br />
meinte Bert Brecht. Wenn du also nicht zu den oberen 10.000 zählst,<br />
solltest du deine politischen Ansichten vielleicht nochmal überdenken.<br />
Vielleicht klappt’s dann auch mit einer Stimme für den KSV.<br />
facebook.com/ksvgraz
10 KSV-KANDIDATINNEN AN DER KFU<br />
r0tcrowd<br />
Fotos: privat / Anna Füreder / Han-Do<br />
Robert Krotzer (23) studiert<br />
Geschichte und Germanistik<br />
und ist Spitzenkandidat des<br />
KSV. Robert war Aktivist von<br />
„Uni Graz gehört uns!“,<br />
engagiert sich in der Plattform<br />
25 gegen das Landesbudget<br />
und ist Vorsitzender<br />
der Kommunistischen Jugend<br />
Österreichs.<br />
1 2<br />
Sahar Mohsenzada (26)<br />
studiert Kunstgeschichte und<br />
engagiert sich auch als<br />
Studienvertreterin. Sie ist aus<br />
dem Bestreben, etwas an der<br />
misslichen Unipolitik zu<br />
ändern, Mitglied des KSV<br />
geworden. Seit 2010 ist sie<br />
Vorsitzende des KSV Graz.<br />
Andreas Nitsche (25) ist seit<br />
vier Jahren in der Studienvertretung<br />
Pharmazie, seit zwei<br />
Jahren dessen Vorsitzender,<br />
Mitglied der Curricula-Kommission<br />
sowie des Fakultätsgremiums<br />
der Naturwissenschaftlichen<br />
Fakultät. Er war<br />
schon als Jugendlicher in der<br />
KJÖ Oberösterreich und wurde<br />
mit Beginn des Studiums im<br />
KSV aktiv.<br />
3 4<br />
Belinda Zangerl (25) studiert<br />
Soziologie an der Uni Graz.<br />
Nach ersten kommunalpolitischen<br />
Erfahrungen bei<br />
einer linken Bürgerliste in<br />
Kapfenberg fand sie ihren Weg<br />
in die kommunistische Jugendbewegung<br />
und nach Studienbeginn<br />
in den KSV. Neben<br />
ihrem Studium arbeitet sie als<br />
Betreuerin in einem Frauenhaus,<br />
wo sie auch den<br />
Betriebsratsvorsitz stellt.<br />
Alexander Melinz (22)<br />
studiert Germanistik und<br />
Geschichte an der Karl-<br />
Franzens Universität. Er war<br />
Aktivist der Protestbewegung<br />
„Uni Graz gehört uns“ und<br />
ist Vorsitzender der KJÖ Graz.<br />
Alexander kandidiert auch für<br />
die Studienvertretung Germanistik.<br />
5 6<br />
Sarah Kröpfl (27) studiert<br />
Kunstgeschichte. Da sie<br />
mithelfen will, die Unipolitik<br />
zu verbessern, ist sie 2009<br />
dem KSV beigetreten. Seit<br />
den Demonstrationen gegen<br />
die schwarz-blaue Regierung<br />
besucht sie regelmäßig<br />
Veranstaltungen der KPÖ.<br />
www.comunista.at<br />
Jakob Matscheko (24) studiert<br />
Geschichte und ist Mandatar des<br />
KSV. „Aus eigener Erfahrung<br />
weiß ich, wie schwierig es sein<br />
kann, Beruf, Studium und Familie<br />
unter einen Hut zu bringen.<br />
Ich habe keinen Chauffeur, kein<br />
Kindermädchen und keine Putzfrau.<br />
Der Herr Landeshauptmann<br />
verdient in einem Monat<br />
mein Jahresgehalt. Und ich soll<br />
mir sagen lassen, ‘wir’ müssten<br />
den Gürtel enger schnallen“<br />
7 8<br />
Sylvia Lammer (25) studiert<br />
Pädagogik. In ihrer Heimatstadt<br />
Knittelfeld ist sie schon lang mit<br />
der KPÖ verbunden. Der derzeit<br />
geplante Sozialabbau betrifft viele<br />
Pädagogik-StudentInnen, da<br />
diese oft in Sozialberufen arbeiten.<br />
Kürzungen im Sozialbereich<br />
schaden den KlientInnen und<br />
führen zu verstärkter Arbeitslosigkeit.<br />
Sie kandidiert für den<br />
KSV, weil sie sich gegen soziale<br />
Ungerechtigkeiten wehren möchte.
0tcrowd<br />
KSV-KANDIDATINNEN AN DER KFU<br />
11<br />
9<br />
Robert Frei (26) ist seit zwei<br />
Jahren Studienvertreter und<br />
Mitglied der Curricula-<br />
Kommission Pharmazie an der<br />
Uni Graz. Er kam im Zuge<br />
seiner Arbeit an der ÖH und<br />
wegen den übereinstimmenden<br />
politischen Ansichten zum<br />
KSV. Deshalb kandidiert er –<br />
wie schon vor zwei Jahren –<br />
für den KSV.<br />
10<br />
Mag. a Alice Saiko (26) hat<br />
Volkswirtschaft in Graz und<br />
Wien studiert und ist davon<br />
überzeugt, dass man den Hebel<br />
für gesellschaftliche Veränderung<br />
an der ökonomischen<br />
Basis ansetzen muss. Das führte<br />
sie in die Reihen des KSV.<br />
11<br />
Michael Rothe (26) studiert<br />
Pharmazie. Er kandidiert, da<br />
er mit den Studienbedingungen,<br />
vor allem mit Laborplatzvergaben<br />
unzufrieden ist und<br />
sieht, dass vieles in der Uniund<br />
Bildungspolitik in die<br />
falsche Richtung zielt. „Als<br />
Kärntner weiß ich, dass auch<br />
auf gutem Boden Unkraut<br />
wachsen kann. Ich beziehe dies<br />
auf die Uni Graz, an der ich<br />
wirklich gern studiere, jedoch<br />
Vieles nicht zum Besten steht.“<br />
12<br />
Elisabeth Pendl (25) studiert<br />
Pharmazie an der Uni Graz.<br />
Aufgrund der Vertretungsarbeit<br />
und ihrer politischen<br />
Grundeinstellung kam sie früh<br />
an der Uni in Kontakt mit<br />
KommunistInnen und kandidiert<br />
daher auch heuer wieder<br />
für den KSV.<br />
13<br />
Mathias Grill (21) studiert<br />
Geographie. Aufgrund seiner<br />
politischen Grundeinstellung<br />
und des Unmuts über die<br />
aktuell vorherrschende<br />
Hochschulpolitik kandidiert er<br />
für den KSV.<br />
14<br />
Georg Erkinger (28) studiert<br />
Umweltsystemwissenschaften.<br />
Er meint, dass die Ursachen der<br />
massiven Verschlechterungen<br />
(Studiengebühren, Zugangsbeschränkungen,<br />
Verschulung,<br />
Kürzungen bei Familien- und<br />
Wohnbeihilfe...) der letzten<br />
Jahre und Jahrzehnte im<br />
kapitalistischen System liegen.<br />
Nur der tritt KSV glaubhaft<br />
gegen dieses System auf.<br />
15<br />
Paul Heiss (34) studiert Sozialpädagogik<br />
auf der KF-Uni:<br />
„Ich kandidiere für den KSV,<br />
da ich der Meinung bin, dass<br />
sich die universitäre Bildung<br />
niemals ökonomischen Zwängen<br />
unterwerfen darf. Primäres<br />
Bildungsziel muss die Autonomie<br />
des Menschen sein.“<br />
16<br />
Matthias Obermüller<br />
studiert Biotechnologie und<br />
sieht es als mündiger und<br />
kritischer Bürger nicht ein,<br />
warum für Bildung immer<br />
weniger Geld zur Verfügung<br />
steht und die Gängelei in allen<br />
Lebenslagen mit einer angeblichen<br />
„wirtschaftlichen“ Notwendigkeit<br />
begründet wird.<br />
facebook.com/ksvgraz
12 KF-KANDIDATINNEN CROWD UND RÜBEN r0tcrowd<br />
17<br />
18<br />
19<br />
Patrick Mellacher (21)<br />
studiert VWL, war schon als<br />
Jugendlicher in der KJÖ aktiv<br />
und kandidiert heuer aus<br />
Solidarität für den KSV für die<br />
Universitätsvertretung, um die<br />
marxistische Interessensvertretung<br />
an der KFU zu<br />
unterstützen.<br />
Michaela Simons (26)<br />
studiert Englisch und Spanisch<br />
auf Lehramt. Sie kandidiert<br />
als Fraktionsunabhängige<br />
für den KSV, um sich mit den<br />
Anliegen des KSV solidarisch<br />
zu erklären und um dessen<br />
Mitglieder in ihrer Arbeit für<br />
eine gerechtere Universitätspolitik<br />
und Gesellschaft zu<br />
unterstützen.<br />
Hanno Wisiak (29) studiert<br />
Geschichte an der Uni Graz.<br />
Aus der Jugendzentrumsbewegung<br />
und SchülerInnenvertretung<br />
kommend, hat er<br />
sich in Folge der Bildung der<br />
schwarz-blauen Regierung<br />
2000 der KPÖ angeschlossen.<br />
Seit Beginn seines Studiums ist<br />
er in der Studienvertretung<br />
Geschichte und im KSV sowie<br />
in verschiedenen Protestbewegungen<br />
aktiv.<br />
Bus und Bim:<br />
Schon wieder teurer<br />
Und jährlich grüßt in Graz am 1. Juli das<br />
Murmeltier mit einer Tariferhöhung bei<br />
Bus und Bim. Die Erhöhungen sind eine gewaltige<br />
Ohrfeige für die Studierenden und ein Anschlag<br />
auf die ohnehin schon schlechte finanzielle Situation<br />
für Menschen und Familien mit geringen Einkommen,<br />
die auf die Öffis angewiesen sind.<br />
Die Grazer KPÖ wendet sich gegen die Tariferhöhung<br />
im Verkehrsverbund und kritisiert die<br />
bekannt gewordenen Verteuerungen des Freizeittickets<br />
und der Studienkarte.<br />
„In diesem Zusammenhang kann man nur darauf<br />
hoffen, dass die „Evaluierung“ – sprich Kürzung<br />
– des 50-Euro-Mobilitätsschecks der Stadt<br />
Graz endgültig abgeblasen ist. Auf alle Fälle steigen<br />
die Kosten für Studierende empfindlich“,<br />
kritisiert Stadträtin Elke Kahr.<br />
Die KPÖ tritt bekanntlich für die Wiedereinführung<br />
der Freifahrt für Studierende ein und<br />
unterstützt die Initiative des KPÖ-Landtagsklubs,<br />
der im Jahr 2009 als ersten Schritt dazu eine 50<br />
prozentige Ermäßigung für Studierende bei den<br />
öffentlichen Verkehrsmitteln gefordert hatte. Dieser<br />
Antrag war übrigens vom Landtag seinerzeit<br />
mehrheitlich (gegen die Stimmen der ÖVP) angenommen<br />
worden.<br />
g<br />
g<br />
2008 2011 Preiserhöhung<br />
10 Fahrten-Karte € 15,70 € 17,60 + € 1,90<br />
Monatskarte € 34,— € 38,20 + € 4,20<br />
Halbjahreskarte € 175,— € 195,— + € 20,—<br />
Jahreskarte € 316,— € 352,— + € 36,—<br />
Impressum<br />
r0tcrowd # 17 | Sommersemester 2011<br />
Erratum<br />
In letzten Sondernummer kamen der Redaktion beim Artikel<br />
„Vom Bierdunst ins ‘Zwischennetz’“ die Bildunterschriften ein<br />
wenig durcheinander.<br />
Konkret kam es zu einer kleinen Namensverwechslung: Der<br />
genannte Georg Taschner ist nicht Mitglied des RFJ, wir<br />
verwechselten ihn offenbar mit dem RFJ-Funktionär<br />
Andre Taschner, der jedoch nicht abgebildet war.<br />
Herausgeber und Medieninhaber:<br />
<strong>Kommunistischer</strong> StudentInnenVerband Graz<br />
Lagergasse 98a | 8020 Graz<br />
MitarbeiterInnen dieser Ausgabe: Georg Fuchs, Anna Füreder,<br />
Sarah Kröpfl, Robert Krotzer, Leo Kühberger, Jakob Matscheko, Sahar<br />
Mohsenzada, Andreas Nitsche, Wolfgang Purtscheller, Alice Saiko,<br />
Christopher Uschnig, Walter Weiss, Hanno Wisiak und Sebastian<br />
Wisiak.<br />
Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht der Auffassung<br />
der Redaktion entsprechen.<br />
Herstellerin: Hausdruckerei der KPÖ-Graz<br />
Redaktion: Andreas Nitsche und Hanno Wisiak<br />
Layout und Satz: Han-Do<br />
rotcrowd@hotmail.com<br />
www.comunista.at
0tcrowd<br />
GASTKOMMENTAR<br />
13<br />
It’s the system, stupid!<br />
Über Sinn und Unsinn der Kürzungen<br />
im Bildungs- und Sozialbereich<br />
Gastkommentar von LEO KÜHBERGER<br />
Auf den Universitäten wurde der erste<br />
Schritt getan. Nach Jahren der relativen<br />
Ruhe ist durch die Studierendenbewegung<br />
in diesem Land wieder etwas in Bewegung<br />
geraten. Auch wenn das Feuer auf den<br />
Universitäten im Moment weniger stark lodert,<br />
scheint es sich nun auf andere Bereiche auszubreiten.<br />
In der Steiermark waren in den letzten<br />
Wochen Zehntausende gegen das „Sparbudget“<br />
der hiesigen Landesregierung auf der<br />
Straße. Unter dem Dach der Plattform 25 haben<br />
sich fast 600 Organisationen zusammengefunden,<br />
die ein Gefühl eint: „Es reicht!“ Bei den<br />
Demonstrationen in Graz und den Bezirksstädten<br />
war viel Wut zu spüren und auch viel<br />
Unverständnis und Empörung darüber, dass<br />
gerade in Bereichen, die als gesellschaftlich<br />
notwendig und sinnvoll gesehen werden,<br />
derart rigoros gekürzt werden soll.<br />
Diese Kürzungen machen Sinn!<br />
In vielen Gesprächen, Postings im Netz und<br />
bei Redebeiträgen auf den Demonstrationen<br />
ist es eines der zentralen Themen und Argumente<br />
gegen diese Politik: Diese Kürzungen<br />
machen keinen Sinn! „Die Politik“, in diesem<br />
Falle die steirische Landesregierung, würde<br />
aus Unwissenheit, Ignoranz und Einfallslosigkeit<br />
handeln, ihr Handeln wäre bestimmt<br />
und getrieben durch Macht und Einfluss der<br />
(falschen) Lobbys. In Wirklichkeit, so geht das<br />
Argument weiter, wäre diese Politik kurzsichtig,<br />
nicht nachhaltig, vernichtet Arbeitsplätze,<br />
und über kurz oder lang würde es der Gesellschaft<br />
und damit uns SteuerzahlerInnen<br />
teurer kommen, weil heute im Sozialbereich<br />
zu sparen, morgen noch größere Kosten verursacht.<br />
Der Dachverband der Jugendwohlfahrt 1<br />
spricht ganz offen und unverblümt von den<br />
„Kosten für die Reparatur“, die in der Folge<br />
anfallen werden. Soll heißen: Wenn es uns<br />
heute nicht gelingt, Kinder und Jugendliche<br />
durch den frühen Einsatz verschiedener<br />
Sozialtechnologien zu angepassten und damit<br />
arbeitsfähigen Subjekten zu machen, werden<br />
sie morgen noch weniger angepasste und<br />
noch weniger wertvolle (soll heißen: arbeitsfähige)<br />
Mitglieder dieser Gesellschaft sein.<br />
Um hier nicht falsch verstanden zu werden:<br />
In diesem Bereich arbeiten tausende Menschen,<br />
die mit ungeheurem Engagement und<br />
Einsatz darum bemüht sind, Kinder und Jugendliche<br />
aus benachteiligten Familien in ihrer<br />
Entwicklung zu unterstützen. Aber, ob<br />
dieses redlichen Engagements, dürfen wir<br />
den Widerspruch, in dem sich diese Arbeit<br />
bewegt, nicht übersehen. Die Begrifflichkeit<br />
in der Stellungnahme des Dachverbands mag<br />
schmerzen, aber zugleich ist sie ehrlich. Nicht<br />
die Änderung der Gesellschaft, die uns (fast)<br />
alle krank macht, so oft verzweifeln lässt und<br />
sich einen feuchten Dreck um unsere Bedürfnisse<br />
schert, ist das (subventionierte) Ziel, sondern<br />
es geht um die Reparatur, das Abfangen<br />
der schlimmsten Auswirkungen und Verwüstungen<br />
dieser Gesellschaft im Leben des Einzelnen.<br />
Wer in dieser Gesellschaft nicht mitkann<br />
oder mitwill, der oder die muss eben repariert<br />
werden! Günstiger kommt das eben<br />
dann, wenn es schon im Kindesalter passiert.<br />
In eine ähnliche Kerbe, wie der zitierte Dachverband,<br />
schlagen auch andere Organisationen.<br />
Der Grazer Frauenrat 2 argumentiert<br />
ebenfalls mit dem „Social Return on Investment“<br />
gegen das Budget. Frau geht aber noch<br />
Foto: Georg Fuchs<br />
Schon bei der Auftaktkundgebung<br />
am 25. März platze<br />
der Grazer Südtirolerplatz<br />
aus allen Nähten.<br />
1 Die Stellungnahme<br />
des „Dachverbands<br />
der Jugendwohlfahrt“<br />
ist online nachzulesen:<br />
http://www.plattform<br />
25.at/2011/03/diestellungnahme-desdachverbands-derjugendwohlfahrt,<br />
30.3.2011.<br />
2 http://www.plattform<br />
25.at/2011/03/stellung<br />
nahme-des-grazer-frau<br />
enrates, 30.3.2011<br />
facebook.com/ksvgraz
14 SCHWERPUNKT<br />
r0tcrowd<br />
Riesentransparent von KJÖ<br />
und KSV am 25. März bei<br />
der Schlusskundgebung am<br />
Grazer Hauptplatz...<br />
www.comunista.at<br />
weiter und sorgt sich gleich um den<br />
Wirtschaftsstandort Steiermark. Damit kommen<br />
wir zu dem Punkt, der dieser Argumentationslinie<br />
die Krone aufsetzt: Nicht mal ökonomisch<br />
macht das Sinn! Gerade in Zeiten<br />
der Krise wäre es kontraproduktiv hier zu<br />
kürzen, weil damit Arbeitsplätze vernichtet<br />
werden! Also ist die Landesregierung sogar<br />
in ihrer eigenen (vermeintlichen) Kompetenz,<br />
den Wirtschaftsstandort Steiermark wettbewerbsfähiger<br />
zu machen und einen Weg aus<br />
der Krise zu finden, auf einem Holzweg. Ganz<br />
ähnlich wurde auch von vielen in der<br />
Studierendenbewegung argumentiert. Im<br />
Bildungsbereich zu kürzen mache keinen<br />
Sinn, weil wir dadurch in einer sich rasch verändernden<br />
Welt ins Hintertreffen geraten<br />
würden, und es am Ende dem Wirtschaftsstandort<br />
Österreich und damit uns allen schaden<br />
würde. Also wozu das Ganze<br />
Es soll nun Landeshauptmann Voves und<br />
seinem Vize Schützenhöfer keineswegs unterstellt<br />
werden, dass sie wissen würden, was<br />
sie tun. Auch wenn es manchmal verlockend<br />
ist, mit personalisierten Zuschreibungen Politik<br />
zu machen, soll den handelnden Personen<br />
mitnichten politisches Knowhow und<br />
ökonomische Einsicht unterstellt werden.<br />
Aber eines muss festgehalten werden: Diese<br />
Kürzungen machen Sinn, sie bewegen sich in<br />
einer klaren und nachvollziehbaren Logik,<br />
und sie stärken den Wirtschaftsstandort. Dieses<br />
Budget ist ein nachvollziehbarer und<br />
stringenter, wenn auch schwachbrüstiger<br />
Versuch, eine Antwort auf die aktuelle Krise<br />
zu finden und durchzusetzen.<br />
Pflege und Betreuung im Kapitalismus<br />
Dafür ist es wohl notwendig, sich ein wenig<br />
Klarheit über den größeren Kontext zu<br />
verschaffen. Zu allererst sollte mal daran erinnert<br />
werden, dass sich auch in der kleinen<br />
Foto: Georg Fuchs<br />
steirischen Welt seit Jahrhunderten ein System<br />
breitgemacht hat, das wir landläufig als<br />
„kapitalistische Produktionsweise“ bezeichnen.<br />
Diese befindet sich seit einiger Zeit in<br />
der Krise, wie wir wissen, oder korrekter müsste<br />
es heißen: in der Krise der Krise, aber dazu<br />
kommen wir noch. Welchen Sinn macht es<br />
also, in diesen Bereichen zu sparen Zum einen<br />
ist es mal ganz banal: Die Staatsverschuldung<br />
steigt auf allen Ebenen. Seit<br />
Jahrzehnten erleben wir eine Politik, die die<br />
Unternehmen und Vermögenden in diesem<br />
Land entlastet und tagtäglich reicher macht.<br />
Wenn es weniger Einnahmen gibt, ist auch<br />
weniger Geld da, das ausgegeben werden<br />
kann. Nachdem Politik, vor allem auch auf<br />
staatlicher Ebene, immer eine Frage von<br />
Kräfteverhältnissen ist, wird eben bei der Sozialhilfe/Mindestsicherung<br />
und bei der<br />
Wohnbeihilfe gespart. Wenn es keine Sozialen<br />
Bewegungen und Kämpfe gibt, die für ein<br />
anderes Kräfteverhältnis sorgen könnten,<br />
dann setzen sich notgedrungen die „Anderen“<br />
durch.<br />
Das erklärt aber nur zum Teil, warum<br />
besonders dort gekürzt werden soll, wo andere<br />
Menschen betreut und gepflegt werden.<br />
Dieser Bereich ist in den letzten Jahrzehnten<br />
stetig gewachsen, und in der Sozialwirtschaft<br />
wurden tausende Arbeitsplätze geschaffen.<br />
Manches davon wird als humanistischer Fortschritt<br />
(Betreuung von Menschen mit Behinderungen)<br />
erklärt, anderes mit der demographischen<br />
Entwicklung (Pflege von alten Menschen)<br />
begründet. Also hat all das doch nichts<br />
mit dem Kapitalismus und seinen krisenhaften<br />
Dynamiken zu tun Die Frage ist, welche<br />
Rolle und Bedeutung die Arbeit im Bereich<br />
der Pflege und Betreuung im Kapitalismus<br />
hat. Zusammengefasst können wir diese<br />
Tätigkeiten als „Care-Economy“ bezeichnen,<br />
die all jene Tätigkeiten umfasst, bei denen<br />
Menschen für andere sorgen oder für die alltägliche<br />
Versorgung anderer Menschen zuständig<br />
sind.<br />
Mit diesen Tätigkeiten wird nichts produziert,<br />
sie schaffen keinen Wert im engeren Sinne.<br />
Also könnte argumentiert werden, dass es<br />
im Kapitalismus eigentlich egal ist, ob diese<br />
Arbeit überhaupt geleistet wird, denn sie ist<br />
so gesehen „unproduktiv“. Aber zugleich ist<br />
uns allen klar, dass der Kapitalismus morgen<br />
zusammenbrechen würde, wenn diese Arbeit<br />
nicht mehr getan würde. Es stimmt schon,<br />
dass hier eigentlich nichts produziert wird,<br />
aber zugleich wird hier etwas Entscheidendes<br />
produziert, nämlich die Ware Arbeitskraft.<br />
Diese ist in der kapitalistischen Produktionsweise<br />
jedoch keine x-beliebige Ware, wie<br />
ein Paar Schuhe, sondern die Ware ohne die<br />
gar nichts geht! Diese reproduktive Arbeit ist<br />
sozusagen auf der einen Seite wirklich unproduktiv,<br />
auf der anderen Seite produziert
0tcrowd<br />
STEIRISCHES BELASTUNGSPAKET<br />
15<br />
sie aber alles. Ohne sie geht gar nichts!<br />
Wie und zu welchen Bedingungen die Ware<br />
Arbeitskraft produziert wird, war in der Geschichte<br />
des Kapitalismus immer ein Feld der<br />
Auseinandersetzungen und Kämpfe. Es hat<br />
Jahrzehnte gedauert bis durchgesetzt werden<br />
konnte, dass nicht nur unmittelbar „produktive“<br />
Menschen versorgt werden, sondern<br />
beispielsweise auch alte Menschen (Pensionsversicherung)<br />
und Menschen, die nicht arbeiten<br />
können, weil sie krank sind (Krankenversicherung),<br />
ein Recht auf Existenz haben. All<br />
das musste in langen, zähen Kämpfen durchgesetzt<br />
werden! Es geht aber auch immer um<br />
das Wie! Wie und zu welchen Bedingungen<br />
wird die Ware Arbeitskraft produziert So<br />
steht außer Streit, dass das Kapital gut ausgebildete<br />
und belastbare Arbeitskräfte braucht.<br />
Es muss also Schulen und Universitäten geben,<br />
auch wenn diese nur Geld kosten und<br />
die Profite mindern. Dem Kapital wäre es<br />
klarerweise am liebsten, diese Ausbildung<br />
würde unbezahlt geleistet werden, und wenn<br />
schon bezahlt, dann nicht über öffentliche<br />
Einrichtungen, sondern über private Schulen<br />
und Universitäten, um damit gleich noch ein<br />
weiteres lukratives Geschäftsfeld zu schaffen.<br />
Es ist somit kein Zufall, dass wir seit einigen<br />
Jahren einen massiven Angriff auf die öffentlichen<br />
Universitäten erleben. Glücklicherweise<br />
setzen sich weltweit Millionen Studierende<br />
gegen diese Maßnahmen zur Wehr.<br />
Deren Kämpfe haben mit den aktuellen Protesten<br />
im Sozialbereich also nicht nur die unmittelbaren<br />
GegnerInnen gemeinsam. Die<br />
Proteste zu vertiefen und zu erweitern, ist ein<br />
Gebot der Stunde, und dies in Richtung der<br />
neuen Studierendenbewegung zu tun, liegt<br />
auf der Hand.<br />
Aber kommen wir nochmal zur „Care-<br />
Economy“ zurück. Trotz wichtiger Errungenschaften<br />
wird der größte Teil dieser Arbeit<br />
weiterhin unbezahlt geleistet, und es sind vor<br />
allem Frauen, die diese Arbeit verrichten. In<br />
den letzten Jahrzehnten hat sich jedoch ein<br />
sehr großer Sektor der Pflege und Betreuung<br />
entwickelt. Allein in der Behindertenhilfe arbeiten<br />
in der Steiermark 5.600 Menschen, von<br />
denen rund 1.000 von Kündigung bedroht<br />
sind. Man könnte nun eine einfache Milchjungenrechnung<br />
anstellen. Diese Tausend<br />
Menschen erbringen im Laufe eines Jahres<br />
eine Arbeitszeit von circa eineinhalb Millionen<br />
Stunden. Ein beträchtlicher Teil dieser<br />
Arbeitszeit würde einfach gestrichen werden.<br />
Also Menschen mit Behinderungen können<br />
vieles, das ihnen bisher möglich war, einfach<br />
nicht mehr tun, weil die entsprechenden<br />
Dienstleistungen nicht mehr vorhanden sind.<br />
Der größere Rest wird wieder unbezahlt geleistet<br />
werden, und da in erster Linie von Frauen.<br />
Darauf hat auch Yvonne Seidler, Sprecherin<br />
der Plattform 25, in ihrem Statement am<br />
Beginn der Demo hingewiesen, als sie kritisierte,<br />
dass mit diesem Budget Frauen in Zukunft<br />
wieder gezwungen sein werden, Pflege-<br />
und Betreuungsarbeit unentgeltlich zu<br />
leisten. Ein Teil der Arbeit wird auch an Frauen<br />
abgeschoben werden, die keine Angehörigen<br />
sind. Wenn das Land die notwendige Betreuung<br />
nicht mehr zahlt bzw. subventioniert,<br />
dann werden verstärkt migrantische Frauen<br />
in unterbezahlte, prekäre und noch schlechtere<br />
Arbeitsbedingungen gezwungen werden.<br />
Im Bereich der Altenpflege sehen wir das<br />
schon heute. Diese Kürzungsmaßnahmen<br />
haben also sehr viel mit der patriarchalen und<br />
rassistischen Verfasstheit unserer Gesellschaft<br />
zu tun.<br />
Dieser ganze ökonomische Sektor von Pflege<br />
und Betreuung ist den Bewegungen und<br />
Kämpfen der sechziger und siebziger Jahre<br />
des letzten Jahrhunderts geschuldet. Vor allem<br />
natürlich der Frauenbewegung, aber auch<br />
der Anti-Heim-Bewegung, der Anti-Psychiatrie-Bewegung,<br />
usw. Überall haben sich Frauen<br />
geweigert, diese Arbeit weiterhin unbezahlt<br />
zu leisten. Die kapitalistische Antwort<br />
auf diese Weigerung war es, diese Bereiche<br />
der Arbeit zu kapitalisieren, also daraus<br />
Lohnarbeitsverhältnisse zu machen. Hier<br />
kommen wir auch wieder auf die Argumentation<br />
zurück, dass die Streichung von Jobs<br />
in diesem Bereich ja nachteilig für den Beschäftigungs-<br />
und auch den Wirtschaftsstandort<br />
wäre. Dem ist aber nicht so. Nachdem<br />
diese Bereiche quasi über den Mehrwert,<br />
der anderswo geschaffen wird, „mitgetragen“<br />
werden müssen, tut es dem Wirtschaftsstandort<br />
tatsächlich gut, wenn dieser Sektor<br />
zurückgefahren wird. Für den Wirtschaftsstandort<br />
ist ja nicht entscheidend, wie viele<br />
Menschen in diesem Raum arbeiten, sondern<br />
ob die entsprechenden Profite gemacht werden.<br />
Dabei ist gar nicht so wichtig, ob diese<br />
Foto: Georg Fuchs<br />
...auf dem gar nicht alle<br />
DemonstrantInnen Platz<br />
fanden.<br />
facebook.com/ksvgraz
16 SCHWERPUNKT<br />
r0tcrowd<br />
Auch der schlafende Riese<br />
ÖGB wurde durch den<br />
Druck der Basis geweckt<br />
und rief schließlich<br />
gemeinsam mit der<br />
Plattform 25 am 26. April<br />
zu einer Demo auf...<br />
www.comunista.at<br />
Foto: Georg Fuchs<br />
Profite in einer absoluten Größe ein gewisses<br />
Niveau erreichen, sondern, ob die Profitrate<br />
stimmt, also wie viel Mehrwert (und in der<br />
Folge Gewinn) kann geschaffen werden im<br />
Verhältnis zum eingesetzten Kapital. Genau<br />
das stimmt eben seit Anfang der siebziger Jahre<br />
nicht mehr, und seit damals erleben wir<br />
vielschichtige Versuche, die Profitrate wieder<br />
„in Ordnung“ zu bringen. Daher macht es<br />
total Sinn, in diesen Bereich zu kürzen, Arbeitsplätze<br />
abzubauen und aus bezahlter<br />
Lohnarbeit wieder unbezahlte Arbeit zu machen.<br />
Diese Versuche hat es in allen Krisen<br />
der letzten Jahrhunderte gegeben. Für die Entwicklung<br />
der Profite und der Profitrate ist es<br />
ein ungeheurer Vorteil, wenn wieder ein größerer<br />
Teil des globalen Mehrwerts unbezahlt<br />
geschaffen wird. Viel brutaler und radikaler<br />
als hierzulande erleben wir diese Politik aktuell<br />
im globalen Süden.<br />
Wir haben die Krise!<br />
Mein Appell besteht darin, diese Zusammenhänge<br />
zu sehen. Die Krise ist längst nicht<br />
überwunden. Im Gegenteil. Die Politik der<br />
Landesregierung bewegt sich genau in diesem<br />
Feld. Es geht darum, die Verwertungsbedingungen<br />
des Kapitals wieder zu verbessern.<br />
Da dieses Budget als Teil dieser Krisenantwort<br />
von oben gesehen werden muss, öffnet<br />
sich von unten aber zugleich eine andere<br />
Perspektive. Es geht nicht nur um Einsparungen<br />
im Sozialbereich. Die Verschlechterungen<br />
in anderen gesellschaftlichen Bereichen stehen<br />
damit in direktem Zusammenhang.<br />
Wenn Menschen in Kurzarbeit geschickt wurden<br />
oder entlassen werden, Lohneinbußen<br />
hinnehmen mussten und der Arbeitsdruck<br />
erhöht wird, ist das nicht mal die andere Seite<br />
der Krisen-Medaille, sondern dieselbe!<br />
Aber nicht nur in den Betrieben spüren wir<br />
die Krise tagtäglich. Offiziell ist von einer Inflation<br />
von zwei, drei Prozent die Rede. In<br />
manchen Artikeln wird zwar die „gefühlte<br />
Inflation“ von sechs Prozent erwähnt, und das<br />
klingt ein wenig danach, als ob sich die Leute<br />
das einbilden würden, dass es so viel wäre.<br />
Aber diese „gefühlte“ Inflationsrate bezieht<br />
sich auf die Güter des täglichen Lebens. Die<br />
offizielle Inflationsrate wird ja dadurch gedrückt,<br />
dass beispielsweise Computer billiger<br />
werden, aber wie oft kaufe ich einen Computer<br />
und wie oft kaufe ich Brot Nicht auf die<br />
Gefahr hin, dass ich mich wiederhole, sondern<br />
weil es zentral ist, es immer wieder zu<br />
sagen, sei an dieser Stelle nochmal darauf hingewiesen,<br />
dass der Erfolg der aktuellen Proteste<br />
schlussendlich davon abhängen wird,<br />
ob es gelingt, dieser Krisenpolitik von oben,<br />
die so viele zu spüren bekommen, von unten<br />
etwas entgegenzusetzen, weil es eben nicht<br />
nur den Sozialbereich betrifft.<br />
Das Besondere an der aktuellen Krise ist,<br />
dass sie beileibe nicht bloß eine Finanzkrise<br />
wäre. Sie hat das gesamte gesellschaftliche<br />
System erfasst! Klimakrise, Hungerkrise, Energiekrise<br />
(„Peak Oil“, Atomindustrie) und so<br />
weiter und so fort... An allen Ecken und Enden<br />
wird deutlich, dass diese Gesellschaftsform,<br />
der Kapitalismus, nicht in der Lage ist,<br />
diese Probleme auch nur ansatzweise zu lösen.<br />
Wir befinden uns in einer welthistorischen<br />
Situation. Von der „Politik“ können wir in diesem<br />
Moment nichts erwarten. Das war auch<br />
bei der Demo am 25. März in vielen Redebeiträgen<br />
spürbar und zu hören. Was soll man<br />
sich von denen noch erwarten Dieses politische<br />
System befindet sich ebenfalls massiv in<br />
der Krise. Beinahe im Minutentakt erreichen<br />
uns Nachrichten von neuen Korruptionsfällen<br />
und Vetternwirtschaft. Bei jeder Wahl<br />
wird zur Kenntnis genommen, dass wieder<br />
mehr WählerInnen zuhause geblieben sind.<br />
Den Großparteien, also den Stützen der repräsentativen<br />
Demokratie, sind seit den achtziger<br />
Jahren die Hälfte der Mitglieder davon<br />
gelaufen, und von den Verbliebenen hat<br />
wiederum die Hälfte den 60. Geburtstag hinter<br />
sich. Auf europäischer Ebene, wohin ein<br />
Gutteil der nationalen Kompetenzen verlagert<br />
wurden, werkt ein Parlament, dem die fundamentalen<br />
parlamentarischen Rechte und Befugnisse<br />
fehlen. Die Institutionen auf globaler<br />
Ebene lassen demokratische Mitsprache<br />
überhaupt missen. Kann ernsthaft erwartet<br />
werden, dass von hier noch eine Änderung<br />
kommen könnte Nein, kann es nicht. Sie beweisen<br />
uns im Gegenteil, dass es um ganz<br />
anderes geht. Während der Sozial- und<br />
Bildungsbereich ruiniert wird, werden Milliarden<br />
verschleudert, um die Banken zu retten,<br />
die schon wieder fette Gewinne schreiben.<br />
Wenn die Industrie vermeintlich billige
0tcrowd<br />
STEIRISCHES BELASTUNGSPAKET<br />
17<br />
Atomenergie braucht und die Konzerne auf<br />
ihre Cashcows nicht verzichten wollen, nimmt<br />
man billigend in Kauf, dass ganze Landstriche<br />
unbewohnbar werden. Geht’s der Wirtschaft<br />
gut, geht’s uns allen gut!<br />
Empört euch nicht!<br />
Aber was tun Wie sieht eine tragfähige<br />
Alternative aus Bei der Demo wurden so einige<br />
Forderungen gestellt: Diese sinnlosen<br />
Prestigeprojekte sollten gestoppt werden, und<br />
in den Regierungsbüros sollte endlich der<br />
Sparstift angesetzt werden. Das ist alles richtig<br />
und sollte besser heute als morgen getan<br />
werden. Aber wir wissen selbst, dass das<br />
nicht reichen wird. Wir wissen auch, dass es<br />
nicht reichen wird, dieses Landesbudget zu<br />
verhindern. Damit ist wenig geholfen, wenn<br />
die Preise von Lebensmitteln, Wohnen, Energie,<br />
und allem anderen Lebensnotwendigen,<br />
weiter in die Höhe schießen, während die<br />
Löhne stagnieren. Damit ist den tausenden<br />
Erwerbslosen in diesem Land nicht geholfen,<br />
und den Tausenden, die unter der Armutsgrenze<br />
leben müssen ebensowenig. Die Zeit,<br />
in der wir leben, ist wirklich empörend, oder<br />
Aber es geht nicht darum sich zu empören.<br />
Die Empörung ist langweilig. Die, die sich<br />
empören, wirken wie die letzten Wächter und<br />
Verteidiger des untergehenden Systems. Empörend<br />
wäre es, wenn wir enttäuscht, oder<br />
hintergangen worden wären. Doch das würde<br />
voraussetzen, dass wir bisher ein gutes<br />
Leben gehabt hätten, dass wir bisher keine<br />
Sorgen gehabt hätten, wie wir die nächste<br />
Miete bezahlen, es uns nicht Angst machen<br />
würde, was sein wird, wenn wir krank oder<br />
alt sind, und wir nicht schon jetzt darum<br />
kämpfen müssen, wie wir unseren Kindern<br />
ein gutes Leben ermöglichen. Empörend wäre<br />
es, wenn wir nicht schon bisher in Angst um<br />
den Arbeitsplatz gelebt hätten, und so viele<br />
von uns nicht schon bisher so oft am Rande<br />
des Zusammenbruchs gewesen wären, weil<br />
wir mit diesem Druck einfach nicht mehr klarkommen.<br />
Dem war nicht so! Schon bisher war<br />
es ein tagtäglicher und oft entwürdigender<br />
Kampf. Wir haben also keinen Grund zur<br />
Empörung, aber viele Gründe, es endlich ganz<br />
anders zu machen.<br />
Von Seiten der IG Kultur, dem Dachverband<br />
unabhängiger Kulturinitiativen, wurde die<br />
Richtung angedeutet, die wir gehen sollten.<br />
Sie haben nicht die Forderung nach dem Verhindern<br />
der Minus 25 Prozent aufgestellt, sondern<br />
nach einem Plus von 25 Prozent verlangt.<br />
Ein erster Schritt, denn damit wäre zumindest<br />
mal das kompensiert, was uns in den letzten<br />
Jahren genommen wurde. Es ist Zeit, dass wir<br />
uns alles holen. Wenn der Druck von allen Seiten<br />
steigt, dann ist es Zeit, dass wir alle gemeinsam<br />
auf allen Ebenen handeln. Aber geht<br />
denn das Ist das nicht Utopie Sollten wir<br />
uns nicht darauf konzentrieren, das<br />
Schlimmste zu verhindern Doch erleben wir<br />
nicht gerade in diesen Tagen, dass alles möglich<br />
ist Vor einigen Monaten war es für die<br />
Menschen in Kairo eine Utopie, einfach unvorstellbar,<br />
dass es ein Leben ohne Mubarak<br />
und seinen Clan geben könnte. Und jetzt<br />
Zur Stärkung daher ein kleines Bonmot: Das<br />
Wirtschaftsmagazin The Economist hat vor einem<br />
Jahr, als die Krise voll im Gange war,<br />
eine recht interessante Weltkarte veröffentlicht.<br />
In den Regierungsbüros und den Konzernetagen<br />
war man sich einig, dass diese Krise<br />
zu noch mehr Armut, Erwerbslosigkeit und<br />
Verelendung bringen wird und damit das Risiko<br />
von sozialen Unruhen steigt. The Economist<br />
hat nun versucht dieses Risiko für soziale<br />
Unruhen darzustellen, damit die Konzernchefs<br />
wissen, wo sie vielleicht besser nicht investieren<br />
sollten, und die Regierungschefs<br />
gleich mal wissen, in welchem Land im Falle<br />
des Falles eingegriffen werden muss. Die Skala<br />
umfasst vier Risikostufen: „Niedrig“, „mittel“,<br />
„hoch“, und „sehr hoch“. Die meisten<br />
europäischen Länder – und auch Österreich<br />
– sind auf der Karte gelb („niedrig“) und beige<br />
(„mittel“) eingefärbt, also: „Keine Panik!<br />
Niedriges bis mittleres Risiko!“ Doch damit<br />
befinden wir uns in guter Gesellschaft. Tunesien,<br />
Ägypten, Libyen und Syrien erscheinen<br />
in denselben Farben. Dort wurde in den letzten<br />
Wochen und Monaten bewiesen, dass man<br />
jede Regierung verjagen, und den Versuch unternehmen<br />
kann, es ganz anders zu machen.<br />
Dr. LEO KÜHBERGER ist Historiker und arbeitet<br />
aktuell an einem Buch zu sozialen<br />
Kämpfen in der Krise.<br />
Foto: Georg Fuchs<br />
... und 15.000 Menschen<br />
demonstrierten gegen das<br />
unsoziale Belastungspaket.<br />
facebook.com/ksvgraz
18 ANTIFA<br />
r0tcrowd<br />
Innovative Neonazis,<br />
inaktive Behörden<br />
Österreichs Neonaziszene erfährt momentan nicht nur unerfreulich starken<br />
quantitativen Zuwachs, sie verändert auch hurtig ihre Strukturen. Die<br />
Kameraden haben dazu gelernt. Über die vom Gesetz her mit der Verfolgung<br />
neonazistischer Umtriebe betrauten Behörden lässt sich Gleiches allerdings<br />
nicht behaupten: Die schauen so wie eh und je weitgehend tatenlos zu – oder<br />
gleich weg. Die jüngst erfolgte Verhaftung der selbsternannten Neonazi-<br />
Größe Gottfried Küssel sollte daher keinesfalls überbewertet werden.<br />
Hat die Märtyrer-Nummer<br />
vergleichsweise gut drauf:<br />
Gottfried Küssel<br />
www.comunista.at<br />
von WOLFGANG PURTSCHELLER<br />
D<br />
ie Kronen-Zeitung war – Zufälle gibt’s<br />
– vorab informiert und postierte einen<br />
Redakteur vor dem Haus in Wien-Leopoldstadt.<br />
Als der Verfassungsschutz und die<br />
Sondereinheit Cobra dann am 11. April – offenbar<br />
unter Rücksichtsnahme auf die bekannt<br />
unorthodoxen Schlafgewohnheiten der<br />
hauptberuflichen Neonazis – am späten<br />
Nachmittag in das „Braune Haus“ eindrangen,<br />
durchsuchten sie neben dem Domizil des<br />
notorischen Nazi-Großmauls Gottfried<br />
Küssel auch die nebenan gelegene Behausung<br />
von Felix B., seines Zeichens rechte<br />
Hand Küssels. Dem B. wiederum werden<br />
Foto: http://insight.noblogs.org<br />
recht enge verwandtschaftliche Beziehungen<br />
zu einem Redakteur des einzigen vor Ort anwesenden<br />
Massenmediums nachgesagt. So<br />
viel zum Thema Überraschungseffekt.<br />
Anlass für die medial breit ausgewalzte<br />
polizeiliche Aktion war die Suche nach den<br />
Hintermännern der mittlerweile offline gegangenen<br />
neo-nationalsozialistischen Website<br />
alpen-donau.info. Die hatte seit März 2009 nationalsozialistisches<br />
Gedankengut verbreitet,<br />
politische GegnerInnen bedroht und geoutet<br />
und quasi als Grundtendenz ein Maß an rassistischen,<br />
vor allem aber pathologisch antisemitischen<br />
Tiraden geäußer(l)t, das selbst<br />
manchen der nicht eben zimperlichen Kameraden<br />
aus dem „Altreich“ die Nase rümpfen<br />
ließ. Vom allzu „forschen“, „rauhen“, „schrillen“<br />
Ton der ostmärkischen Kameraden war<br />
da in so manchem Neonazi-Forum die Rede.<br />
Dass die Kameraden ihre – folgt man dem<br />
österreichischen Strafgesetzbuch: schwerkriminelle<br />
– „Heimseite“ zwei Jahre lang unbehelligt<br />
durchziehen konnten, wurde von<br />
Staatsanwaltschaft und -schutz stets damit<br />
„erklärt“, dass selbige auf einem Gringo-Server<br />
liege. Weswegen sie dem Zugriff „unserer“<br />
ach so antifaschistischen Behörden entzogen<br />
sei. Weil ja NS-Wiederbetätigung<br />
leiderleiderleider in den USA kein strafbares<br />
Delikt darstelle. Das ist allein schon deswegen<br />
nicht wahr, da die Computer, von denen<br />
aus alpen-donau gefüttert wurde, eindeutig in<br />
Österreich standen – und immer noch stehen.<br />
Küssel, der „Märtyrer“<br />
Wer also jetzt hinter der Festnahme Küssels<br />
eine geniale Strategie der StrafverfolgerInnen<br />
vermutet, hält vermutlich Ex-Polizeiministerin<br />
Fekter für eine Menschenrechtsaktivistin. Den
0tcrowd<br />
ANTIFA<br />
19<br />
Küssel nämlich hätten sie wegen alpen-donau<br />
schon locker vor zwei Jahren abholen können.<br />
Sein Stallgeruch war in jedem Beitrag nachlesbar.<br />
So gesehen ist seine Verhaftung vorläufig<br />
kaum mehr als ein billiges und öffentlichkeitswirksames<br />
Alibi für auf dem rechten<br />
Auge notorisch blinde Strafverfolger.<br />
Und Küssel, der in der „großdeutschen“ Naziszene<br />
(hauptsächlich wegen seiner Knast-Erfahrung)<br />
zwar respektiert, aber alles andere als<br />
geliebt wird, darf sich mal wieder in seiner altbewährten<br />
Rolle als „Dissident“ und „Märtyrer“<br />
produzieren. Er kann nicht viel – aber diese<br />
Nummer hat er vergleichsweise gut drauf.<br />
Im Milieu wird Küssels Ansehen wieder steigen.<br />
Diese Aufwertung hatte er eh dringend<br />
nötig. In einem einschlägigen Forum formulierte<br />
ein Küsselianer: „Davon abgesehen ist<br />
eine Verurteilung und Gefängnisstrafe für<br />
Wiederbetätigung und ähnliche Delikte<br />
geradezu eine Auszeichnung und ein Adelsschlag<br />
für jeden aufrechten nationalen Widerstandskämpfer,<br />
etwas das man mit stolz(sic!)<br />
trägt.“<br />
Generationswechsel<br />
Um all diese Vorgänge richtig einordnen zu<br />
können, sollte ein Blick auf das Milieu geworfen<br />
werden, in dem einer wie Gottfried Küssel<br />
reüssieren kann. Tatsache ist, dass sich die<br />
österreichische NS-Szene in den letzten Jahren<br />
stark vergrößert, radikalisiert, vor allem<br />
aber verjüngt und qualifiziert hat.<br />
Gleichzeitig lässt sich ein rapider Niedergang<br />
der Traditionsvereine beobachten, die<br />
noch im vorigen Jahrhundert die Massenbasis<br />
der Neonazis stellten. Mit dem weitgehenden<br />
Aussterben der „Erlebnisgeneration“ (Szenewort<br />
für die unverbesserlichen Altnazis) fehlt<br />
diesen Militaristen-, Revanchisten- und „Kultur“-Verbänden<br />
das Bodenpersonal. Einzige<br />
Ausnahme: die deutschnationalen Burschenschaften,<br />
die nach wie vor das Kaderreservoir<br />
des legalen wie auch des illegalen, nationalsozialisten<br />
Rechtsextremismus bilden.<br />
Zwangsläufig musste in den letzten Jahren<br />
eine Riege jüngerer, aber dennoch erfahrener,<br />
oft burschenschaftlich sozialisierter<br />
und nicht selten knasterprobter Neonazis<br />
das Ruder übernehmen. Oberphrasendrescher<br />
in dieser Liga: Gottfried Küssel. Diese<br />
meist konspirativ agierenden Anführer bewegen<br />
sich in einem breiten Milieu rechtsextremer<br />
Hooligans, Kampfsportler, Skinheads,<br />
Burschenschafter und sonstiger<br />
Stammtischnazis. Ausgehend von diesen<br />
Milieus werden auch zunehmend Jugendliche<br />
in die Hardcore-Szene eingebunden.<br />
„Subkultur“<br />
Es gibt heute im Wesentlichen drei zentrale<br />
Schienen, über die die Integration Jugendlicher<br />
in die Szene abläuft: Musik, Internet,<br />
Fußball. Aber es sollte, gerade angesichts des<br />
drohenden Berufsheeres, auch die vierte, traditionelle<br />
Konstante nicht verschwiegen werden,<br />
nämlich das Bundesheer. Nicht wenige<br />
Neonazis geben an, über diese Schiene in die<br />
Szene geraten zu sein.<br />
Interessant ist, dass die rechtsextreme jugendliche<br />
Subkultur insbesondere in ländlichen<br />
Regionen blüht. Eher proletarisches Publikum<br />
in Kleinstädten wird zur Zeit am ehesten<br />
angesprochen. Dabei wurden die Lektionen<br />
aus der Repressionswelle in den 90er Jahren<br />
durchaus verinnerlicht. Die lokalen<br />
neonazistischen Strukturen treten nach außen<br />
hin als lose Cliquen und Freundeskreise auf,<br />
hierarchische Strukturen werden – zumindest<br />
nach außen hin – tunlichst vermieden. Die<br />
Vernetzung mit anderen, gleichgesinnten<br />
Gruppen besorgt(e) dann alpen-donau.info.<br />
Dabei hält auch in Österreich der Trend hin<br />
zu den „Autonomen Nationalisten“ an. Diese<br />
wollen nicht nur Aktions- und Organisationsformen<br />
der linken Autonomen kopieren,<br />
auch im Styling imitiert man „die Kameraden<br />
von der anderen Feldpostnummer“:<br />
Stiefelnazis und Glatzen sind ziemlich out,<br />
der Nazi von heute trägt gern auch mal<br />
Palästinensertuch, Baseballcap, schwarzen<br />
Kapuzenpulli und Jeans.<br />
WOLFGANG PURTSCHELLER ist Journalist und<br />
Autor zahlreicher Publikationen zum Thema<br />
Rechtsextremismus und Neonazismus.<br />
Foto: rfjwatch.wordpress.com<br />
Oben: Mittlerweile offline:<br />
diese „Heimseite“ venetzt<br />
die Nazis nicht mehr.<br />
Unten: Küssel (Bildmitte)<br />
mit Richard Pfingstl bei<br />
einem Neonazi-Sommerfest<br />
2007. Der damalige Funktionär<br />
des Rings Freiheitlicher<br />
Jugend (RFJ) steht<br />
nach einer Prügelorgie in<br />
der Grazer Pizzeria<br />
Zeppelin vor dem Richter.<br />
facebook.com/ksvgraz
20 DIE LETZTE SEITE<br />
r0tcrowd<br />
Denken ist modern #12<br />
Fesselung<br />
Entscheidung<br />
Zwei Möglichkeiten<br />
Nach welchem weißen Zug gab<br />
Schwarz auf, weil ein Matt unausweichlich<br />
war<br />
Wie kann Weiß hier ohne Risiko einen<br />
entscheidenden Vorteil herausholen<br />
Wie kann Weiß hier auf sicherem<br />
Wege Material erbeuten<br />
Auflösungen auf Anfrage an rotcrowd@hotmail.com<br />
Für die Auflösung des zweiten Rätsels werden zwei schöne Preise vergeben.<br />
Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />
Einsendungen an rotcrowd@hotmail.com<br />
<br />
ICH MÖCHTE<br />
O die r0tcrowd immer gratis zugeschickt bekommen<br />
O die nVs – neue Volksstimme. Texte, Argumente, Berichte<br />
(4 Ausgaben/Jahr) um 15,-- Euro<br />
O Informationen über den KSV<br />
O von Euch per E-Mail / Telefon kontaktiert werden<br />
O in den r0tcrowd-Newsletter-Verteiler (linke News,<br />
Veranstaltungstipps etc.) aufgenommen werden.<br />
O Pickerl in Hülle und Fülle<br />
BITTE FRANKIEREN,<br />
FALLS MARKE<br />
ZUR HAND !<br />
Graz<br />
Graz<br />
<strong>Kommunistischer</strong><br />
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