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0tcrowd<br />

1<br />

# 17 | Sommersemester 2011<br />

Stadtblatt für Selbstbestimmung in allen Lebensbereichen<br />

facebook.com/ksvgraz


2 KF-UNI<br />

r0tcrowd<br />

„Wer sich nicht wehrt,<br />

lebt verkehrt!“<br />

r0tcrowd sprach mit ROBERT KROTZER und SAHAR MOHSENZADA über Wahlziele<br />

und -inhalte des Kommunistischen <strong>StudentInnenverband</strong>es (KSV) und<br />

darüber, wie die Studierenden etwas an der Bildungsmisere ändern können.<br />

„Die Studierenden sind<br />

mehr denn je bereit für<br />

eine gesellschaftliche<br />

Veränderung“, konstatieren<br />

die KSV-Spitzenkandidat-<br />

Innen Sahar Mohsenzada<br />

und Robert Krotzer<br />

Foto: Anna Han-Do Füreder<br />

www.comunista.at<br />

Der KSV kandidiert bei den ÖH-Wahlen vom<br />

24. bis 26. Mai an der Uni Graz. Welche Probleme<br />

greift ihr im Wahlkampf auf, was läuft falsch<br />

auf der Uni<br />

Robert Krotzer: Kurz gesagt ist die gesamte<br />

Bildungspolitik ein Desaster: Die Unis werden<br />

kaputtgespart und auch die soziale Lage<br />

vieler StudentInnen hat sich massiv verschlechtert.<br />

Zudem drohen weitere Zugangsbeschränkungen<br />

und die flächendeckende<br />

Wiedereinführung von Studiengebühren.<br />

Sahar Mohsenzada: Wir haben auf vieles<br />

davon bereits im Wahlkampf vor zwei Jahren<br />

hingewiesen. Zum Besseren geändert hat sich<br />

seither nur eines: Zehntausende Studierende<br />

haben mittels Demonstrationen und Besetzungen<br />

gezeigt, dass sie nicht länger gewillt<br />

sind, die ungustiöse Suppe auszulöffeln, die<br />

ihnen vorgesetzt wird. Die Studierenden sind<br />

bereiter denn je für eine Veränderung.<br />

Ihr habt die Proteste angesprochen. Wie soll es<br />

da eurer Meinung nach weitergehen<br />

Sahar: Wir haben für unsere Plakate den<br />

Slogan „Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt“<br />

gewählt. Ich denke, das bringt die Erfahrungen<br />

der letzten Monate auf den Punkt, nämlich<br />

dass Regierung und Kapital ohne unsere<br />

Gegenwehr immer noch dreister werden. Deshalb<br />

müssen wir die Proteste effizienter und<br />

konsequenter fortsetzen und anfangen, das<br />

Jetzt und die Zukunft zu verändern!<br />

Robert: Und damit wir erfolgreich sein<br />

können, müssen wir über die Unis hinausblicken.<br />

Wir sind ja nicht die einzigen Opfer dieser<br />

kapitalistischen Politik. Einsparungen im<br />

Bildungsbereich gehen Hand in Hand mit der<br />

Zertrümmerung des Sozial- und Gesundheitswesens.<br />

Um wirksam Widerstand gegen die<br />

Geldsäcke leisten zu können, brauchen wir<br />

die Einheit aller Betroffenen! Erste wichtige<br />

Schritte dabei waren das Bündnis Zukunftsbudget<br />

oder die Plattform 25 gegen die Belastungspakete<br />

auf Bundes- bzw. Landesebene.<br />

Ihr seht also einen Zusammenhang zwischen den<br />

Verschlechterungen im Bildungsbereich und<br />

Sozialabbau<br />

Robert: Definitiv! Auf Kosten der Allgemeinheit<br />

betreiben Banken und Konzerne eine<br />

radikale Umverteilung von unten nach oben.<br />

Während die Reichen dadurch noch reicher<br />

werden, blicken gerade wir jungen Menschen<br />

einer düsteren Zukunft entgegen.<br />

Sahar: Unsere Generation ist die erste, die<br />

hinter den Lebensstandard ihrer Elterngeneration<br />

zurückfallen wird. Auch eine akademische<br />

Ausbildung ist keineswegs mehr eine<br />

Garantie für eine finanziell abgesicherte Lebensperspektive.<br />

Im Gegenteil: Nach dem Studium<br />

müssen sich viele von uns mit schlecht oder gar<br />

nicht bezahlten Praktika durchschlagen.<br />

In diesem Zusammenhang ist ja immer zu hören,<br />

dass nun eben der Gürtel enger zu schnallen<br />

sei. Was meint ihr dazu<br />

Sahar: Interessant ist ja, dass vom Sparen<br />

immer die reden, die bei sich selbst am allerwenigsten<br />

sparen. Dabei sind ja riesige Vermögen<br />

vorhanden, ein Prozent der reichsten<br />

Menschen in diesem Land verfügt über mehr


0tcrowd<br />

KF-UNI<br />

3<br />

als 350 Milliarden Euro, das sind 30 Prozent<br />

des gesamten Vermögens.<br />

Robert: Um das zu ändern, braucht es eine<br />

konsequente Umverteilungspolitik. Erste<br />

Schritte dabei sind etwa die Einführung einer<br />

Vermögenssteuer und die Beseitigung von<br />

Steuerprivilegien.<br />

Was unterscheidet den KSV von den anderen<br />

Fraktionen<br />

Sahar: Klar ist, dass es mit uns keine faulen<br />

Kompromisse auf Kosten der Studierenden<br />

gibt. Der KSV ist definitiv weder Spielwiese<br />

für angehende BerufspolitikerInnen, noch beteiligen<br />

wir uns an ÖH-internem Postenschacher.<br />

Bei uns stehen Wort und Tat im Einklang.<br />

Mit der von uns initiierten Urabstimmung<br />

im Zuge der ÖH-Wahl 2009 gab es z.B.<br />

eine gute Möglichkeit, die Platzproblematik in<br />

Kursen und Labors zu reduzieren. Die Grünschwarz-rote<br />

Grazer ÖH hat diese trotz einer<br />

Zustimmung von über 90 Prozent der Studierenden<br />

komplett ignoriert. In Nicht-Wahlkampfzeiten<br />

scheint manchen Fraktionen der<br />

Willen der Studierenden völlig egal zu sein.<br />

Robert: Ausgehend von unserer marxistischen<br />

Weltanschauung sind wir in allen Auseinandersetzungen<br />

für die sozialen und demokratischen<br />

Rechte der Studierenden in<br />

vorderster Reihe gestanden: In der Bewegung<br />

Uni Graz gehört uns!, in den Studienvertretungen,<br />

beim Protest gegen die Kürzung der<br />

Familienbeihilfe oder gegenwärtig in der Plattform<br />

25 gegen die Kürzung der Wohnbeihilfe.<br />

Der KSV kandidiert mit dem Zusatz „Linke Liste“.<br />

Warum<br />

Sahar: Auf unserer Liste kandidieren traditionell<br />

nicht nur unsere AktivistInnen und Mitglieder,<br />

sondern auch SympathisantInnen und<br />

unabhängige Linke, die mit uns durch unsere<br />

Arbeit in den Studienvertretungen oder in der<br />

Protestbewegung in Kontakt gekommen sind.<br />

Robert: Wir verstehen das auch als Signal<br />

für eine geeinte Linke, für die die gemeinsame<br />

Aktion im Vordergrund steht und die das<br />

Einende vor das Trennende stellt.<br />

Gibt es etwas, was ihr unseren LeserInnen abschließend<br />

noch sagen wollt<br />

Sahar: Allen Unentschlossenen möchte ich<br />

mit auf den Weg geben, dass es auch darum<br />

geht, den Rechten eine deutliche Abfuhr zu<br />

erteilen. Wenn der KSV bei den Wahlen wesentlich<br />

besser abschneidet als der rechtsextreme<br />

„Ring Freiheitlicher Studenten“<br />

(RFS), wäre das ein wichtiges Signal!<br />

Robert: Mir bleibt, die Hoffnung auszudrücken,<br />

dass die Proteste der vergangenen zwei<br />

Jahre lediglich ein Auftakt waren und es uns<br />

gelingt, die Offensive des Kapitals zurückzudrängen.<br />

In diesem Sinne: KSV wählen, gemeinsam<br />

kämpfen!<br />

StEP: „Wer kämpft,<br />

kann verlieren.<br />

Wer nicht kämpft,<br />

hat schon verloren.“<br />

Kommentar<br />

von ANDREAS NITSCHE<br />

Durch die Einführung der Studieneingangsphasen (StEP) versucht die<br />

Regierung, den freien Hochschulzugang gegen ein halbwegs erträgliches<br />

Studium auszuspielen. Mit den neuesten Maßnahmen haben sich<br />

unsere PolitikerInnen nun wieder einmal selbst übertroffen, denn im Vergleich<br />

dazu erscheinen Zugangsbeschränkungen vor Beginn des Studiums<br />

direkt „human“. So muss man innerhalb eines Semesters – bei maximal<br />

zwei Versuchen pro Prüfung! – eine beachtliche Anzahl von Lehrveranstaltungen<br />

schaffen, um weiter studieren zu dürfen. Schafft man nur<br />

eine Prüfung in der vorgegeben Zeit nicht, verliert man ein halbes bis<br />

ganzes Jahr oder muss das Studium wechseln. Vor allem im Anbetracht<br />

der Herabsetzung der Bezugsdauer der Familienbeihilfe sowie der Kürzung<br />

der Wohnbeihilfe, ist dieser Zeitverlust ein harter finanzieller Schlag<br />

ins Gesicht der Studierenden. Dazu kommt, dass so die Probleme nur von<br />

Institut zu Institut hin und her geschoben werden. Denn wer eine StEP<br />

nicht schafft, probiert es eben mit einer anderen Studienrichtung.<br />

Es ist zwar Tatsache, dass viele Institute einfach zuwenig Mittel und<br />

Lehrende haben, als dass sie alle Erstsemestrigen betreuen könnten,<br />

wenn man sich aber internationale Statistiken ansieht, wird einem schnell<br />

klar, dass StEPs bei einem für die EU oder OECD durchschnittlichen<br />

Unibudget, redundant wären. So gibt es seit 2004 zwar 30 Prozent mehr<br />

Studierende, aber nicht einmal 5 Prozent mehr Budget. So fehlen ab<br />

2013 jährlich 300 Millionen Euro um den Unibetrieb überhaupt aufrecht<br />

erhalten zu können. Wird das Budget bis dahin nicht angehoben,<br />

müssen die Unis die ersten Lehrenden und wissenschaftliches Personal<br />

entlassen. Die Situation wird sich daher noch weiter verschlimmern.<br />

Die meisten anderen EU-Länder gehen einen anderen Weg. In Finnland<br />

z.B. beträgt das Unibudget (pro Studierendem) fast das Doppelte<br />

wie in Österreich und in Bayern investiert man beispielsweise in den<br />

nächsten zwei Jahren eine Milliarde Euro in den tertiären Bildungsbereich.<br />

Im OECD-Ländervergleich haben nur Griechenland und die Türkei niedrigere<br />

tertiary education graduation rates als Österreich, obwohl man<br />

allen PädAk-AbsolventInnen nachträglich einen Titel verliehen hat.<br />

Die budgetäre Notlage schlägt sich auch in den internationalen Uni-<br />

Bewertungen nieder. Rankings sind natürlich keine exakte Wissenschaft,<br />

aber einen Trend spiegeln sie schon wieder: Unsere Unis und Institute<br />

liegen im unteren Feld. Und genau hier muss man ansetzen: Anstatt für<br />

noch mehr Zugangsbeschränkungen einzutreten, was sich in der Vergangenheit<br />

als reines Instrument zur weiteren reellen Kürzung des Budgets<br />

entpuppte, sollten wir Studierenden, die Lehrenden und das allgemeine<br />

Personal zusammenhalten und wenigstens für ein im EU-Schnitt<br />

passables Unibudget eintreten und kämpfen. Lassen wir uns nicht<br />

auseinander dividieren! Mit der gemeinsamen Demonstration aller<br />

Universitätsangehörigen (inklusive Rektorat!) im letzten Oktober zeigte<br />

sich, dass wir gemeinsam durchaus Druck ausüben können. Diese Demo<br />

war eine der größten in der Geschichte von Graz, und alle Rektoren<br />

Österreichs drohen dem schwarzen Ministerium mit Streik!<br />

facebook.com/ksvgraz


4 RAT UND HILFE<br />

r0tcrowd<br />

Was von der Familienbeihilfe<br />

übrig blieb<br />

Ab 1. Juli treten die Änderungen bei der Familienbeihilfe in Kraft, die im<br />

letzten Jahr zehntausende Studierende auf die Straße brachten. Einige kleine<br />

Änderungen konnten erkämpft werden, im Wesentlichen blieben die<br />

Verschlechterungen aber aufrecht.<br />

von CHRISTOPHER USCHNIG<br />

D<br />

ie Bezugsdauer wird ab 1.Juli um zwei<br />

Jahre auf das vollendete 24. Lebensjahr<br />

(ab dem 24. Geburtstag) herabgesetzt.<br />

Toleranzsemester und Studienwechsel<br />

Studierende sind für den Zeitraum der gesetzlichen<br />

Mindeststudiendauer eines Studienabschnitts<br />

plus eines Toleranzsemester<br />

bezugsberechtigt bei einem Leistungsnachweis<br />

von 8 Wochenstunden bzw. 16 ECTS pro<br />

Studienjahr. Nicht bezogene Toleranzsemester<br />

können für den folgenden Studienabschnitt<br />

verwendet werden. Für Studien ohne<br />

Abschnittsgliederung gilt die Mindeststudiendauer<br />

plus 2 Toleranzsemester.<br />

Wird das Studium öfter als zweimal gewechselt,<br />

erlischt ebenso der Anspruch auf<br />

die Familienbeihilfe gänzlich.<br />

Nur wenige Ausnahmen...<br />

Wenige Ausnahmen, die eine Bezugsverlängerung<br />

bis zum 25. Lebensjahr gestatten,<br />

gibt es für Studien mit einer Studiendauer<br />

von mindestens 10 Semestern (z.B.: Medizin).<br />

Dort gilt als Altersgrenze das 25. Lebensjahr,<br />

jedoch nur, wenn das Studium in dem Jahr<br />

begonnen wurde, in dem man das 19. Lebensjahr<br />

vollendet hat. Trotz der bereits eng gesetzten<br />

Fristen, schürt man hier auch noch<br />

Ungerechtigkeiten, wie folgendes Beispiel verdeutlichen<br />

soll.<br />

Studentin X hat Anfang Jänner Geburtstag<br />

und ist zu diesem Zeitpunkt 18 Jahre alt (im<br />

19. Lebensjahr) und kommt ins 20. Lebensjahr.<br />

Sie beginnt im darauf folgenden Sommersemester<br />

das Medizinstudium. Student Y hat<br />

Anfang Dezember Geburtstag und ist zu diesem<br />

Zeitpunkt 18 Jahre jung und nur einen<br />

Monat jünger als Studentin X. Er beginnt<br />

ebenso das Medizinstudium im darauf folgen-<br />

den Wintersemester. Studentin X ist bis zum<br />

25. Lebensjahr bezugsberechtigt, hingegen<br />

Student Y nicht, weil er sein 19. Lebensjahr<br />

nicht im gleichen Kalenderjahr beendet hat,<br />

in dem er sein Studium begonnen hat.<br />

... Bezugsverlängerung<br />

Eine Anhebung der Altersgrenze findet<br />

ebenso bei Müttern, Schwangeren oder stark<br />

behinderten Kindern Anwendung. Personen,<br />

die Präsenz- oder Zivildienst abgeleistet haben<br />

oder einer freiwilligen Hilfstätigkeit bei<br />

einem gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrt<br />

im Inland nachgegangen sind, haben<br />

auch Anspruch zum 25. Lebensjahr.<br />

Folgende Änderungen sind<br />

bereits in Kraft getreten.<br />

– Die Streichung der 13. Familienbeihilfe<br />

– Der Mehrkinderzuschlag (ab dem 3.Kind)<br />

wurde von 36,40 Euro auf 20 Euro pro Kind<br />

gesenkt.<br />

– Sofortiger Verlust des Anspruches auf<br />

Familienbeihilfe für Personen zwischen 18<br />

bis 21 Jahren nach Beendigung der Ausbildung,<br />

wenn nicht unmittelbar (zum frühestem<br />

möglichen Zeitpunkt) danach eine Berufsausbildung<br />

begonnen wird. Als Beispiel<br />

hierfür wäre der Beginn eines Studiums<br />

nach der Matura.<br />

– Die Zuverdienstgrenze des Kindes wurde<br />

von 9000 auf 10.000 Euro angehoben ohne<br />

die Familienbeihilfe zu verlieren.<br />

– Studierende, die zu Studienzwecken in Österreich<br />

sind, haben ebenso keinen Anspruch<br />

auf Familienbehilfe.<br />

CHRISTOPHER USCHNIG studiert Medizin in<br />

Graz und ist KSV-Mandatar in der Bundesvertretung<br />

der Studierenden.<br />

www.comunista.at


0tcrowd<br />

RAT UND HILFE<br />

5<br />

Wie MieterInnen<br />

abgezockt werden<br />

ROTCR0WD klärt über die beliebtesten Makler-Schmähs auf.<br />

Gastkommentar<br />

Überteuertes Wohnen<br />

im Altbau – was tun<br />

Foto: kpoe-steiermark.at<br />

1. Provisionen<br />

Mit 1. September 2010 wurde<br />

die Höchstprovision für Wohnungen<br />

endlich auf zwei Bruttomonatsmieten<br />

(BMM) gesenkt.<br />

Dies hielt das Immobilienbüro<br />

Dr. X jedenfalls nicht davon ab,<br />

zumindest in einem Fall weiterhin<br />

drei BMM zu kassieren. Große<br />

Vorsicht ist geboten, wenn<br />

Makler Provisionen „kulanterweise“<br />

reduzieren. Nicht selten<br />

passiert das in Fällen, in denen<br />

nämlich überhaupt keine Provision<br />

verlangt werden darf. Speziell<br />

dann, wenn der Makler auch<br />

Verwalter oder gar Eigentümer<br />

des Hauses/der Wohnung ist,<br />

sollte man sich die Bezahlung der<br />

Provision unbedingt bestätigen<br />

lassen und danach eine Beratungsstelle<br />

aufsuchen. Rückforderungsansprüche<br />

verjähren erst<br />

nach drei Jahren.<br />

2. Gebühren<br />

Was haben „Zinszettelgebühren“,<br />

„Pauschalen“ für das Ausfüllen<br />

von Meldezetteln, Wohnbeihilfenformularen<br />

etc. und<br />

Vertragserrichtungsgebühren<br />

gemeinsam – Sie dürfen von<br />

Mietern grundsätzlich nicht<br />

verlangt werden!<br />

Maklern/Verwaltern werden<br />

diese Leistungen bereits durch das<br />

von den MieterInnen im Rahmen<br />

der Betriebskosten zu entrichtende<br />

Verwaltungsentgelt abgegolten.<br />

Den Vogel schoss eine Grazer<br />

Hausverwaltung ab, die ihren<br />

Mietern eine „Gebühr für Mühewaltung“(!)<br />

in Rechnung stellte.<br />

3. Kaution<br />

Ausmalen, Endreinigungen und<br />

andere Tricks, möglichst viel<br />

von der Kaution einzubehalten.<br />

Wohnungen müssen nach Beendigung<br />

des Mietverhältnisses<br />

im Regelfall nicht mehr ausgemalt<br />

werden, sofern die Wände nicht<br />

stark verschmutzt sind oder die<br />

Wohnung von den Mieter-Innen<br />

in einer unüblichen Farbe wie z.B.<br />

schwarz ausgemalt wurde. Wurde<br />

die Wohnung vom Mieter ordnungsgemäß<br />

und besenrein zurückgegeben,<br />

kann der Vermieter<br />

so viele Endreinigungen durchführen<br />

lassen, wie er will, er muss<br />

sie allerdings auch alle selbst bezahlen<br />

und darf deren Kosten<br />

nicht von der Kaution abziehen.<br />

Tipp: Wenn du aus deiner Wohnung<br />

ausziehst, vereinbare den<br />

Übergabetermin nicht unbedingt<br />

in den allerletzten Tagen der<br />

Kündigungsfrist! Sollten nämlich<br />

dabei Mängel festgestellt werden,<br />

hast du noch Zeit, diese selbst zu<br />

beheben. Andernfalls müsstest<br />

du unter Umständen einen weiteren<br />

Monat Miete bezahlen oder<br />

dir die Kosten der Mängelbehebung<br />

von der Kaution abziehen<br />

lassen. Ein Mitarbeiter eines Grazer<br />

Immobilienbüros, der den<br />

Wohnungsübergabetermin bis<br />

nach Ende der Kündigungsfrist<br />

immer wieder verschob, verzichtete<br />

„kulanterweise“ auf die Bezahlung<br />

einer weiteren Miete,<br />

wollte dafür vom Mieter aber Spesen<br />

für seinen Zeitaufwand für die<br />

Wohnungsübergabe kassieren.<br />

V<br />

iele Studierende wohnen – zumeist in<br />

WGs – in Altbauwohnungen und sind<br />

deshalb vom Richtwertmietsystem für<br />

Altbauten betroffen. Das lädt die Eigentümer<br />

nämlich geradezu ein, auf Kosten der<br />

MieterInnen überhöhte Mietzinse zu verlangen.<br />

Besonders drastisch wird dies bei befristeten<br />

Mietverträgen. Eine Studie der AK bestätigt<br />

diese Kritik der KPÖ am geltenden Mietrecht<br />

voll und ganz. Das Richtwertsystem verhindert<br />

mit einer Unzahl an undurchschaubaren<br />

Zuschlagsmöglichkeiten eine klare Mietenobergrenze<br />

und treibt die Mieten in teilweise absurde<br />

Höhen. Dazu kommt, dass die Richtwerte<br />

in der Steiermark noch dazu weit höher als<br />

in Wien liegen.<br />

Immer mehr Menschen müssen immer mehr<br />

für ihr Dach über dem Kopf zahlen. Mieten<br />

und Betriebskosten steigen weit stärker an als<br />

die offizielle Inflationsrate.<br />

Daher fordert die KPÖ das Ende des teuren<br />

Richtwertsystems und die Wiedereinführung<br />

von klaren, niedrigeren Mietzinsobergrenzen<br />

für alle Wohnungen. Als Sofortmaßnahme schlagen<br />

wir einen Mietzinsstopp bzw. eine Reduzierung<br />

der Richtwerte vor.<br />

Es ist auch möglich, sofort gegen überhöhte<br />

Mieten vorzugehen, die dem geltenden<br />

Recht nicht entsprechen. Die MieterInnen in<br />

Altbauwohnungen haben das Recht, ihre Miethöhe<br />

bei der Schlichtungsstelle am städtischen<br />

Wohnungsamt, Alberstraße 12, (Parteienverkehr:<br />

Di und Fr 8.00–12.00 Uhr – Telefon 872-<br />

5424) auf deren Zulässigkeit überprüfen zu<br />

lassen oder sich an den MieterInnen-Notruf<br />

der KPÖ (71 71 08) zu wenden.<br />

ELKE KAHR ist Wohnungsstadträtin in<br />

Graz und Obfrau der Grazer KPÖ<br />

facebook.com/ksvgraz


6 MEDUNI<br />

r0tcrowd<br />

„Modulübergreifend denken!“<br />

Über konkrete Verbesserungen an der Meduni Graz, Famulaturen und<br />

Praktika, die endlich bezahlt werden müssen, und warum man als<br />

MedizinerIn das Belastungspaket der steiermärkischen Landesregierung<br />

ablehnen muss, sprach die r0tcrowd mit CHRISTOPHER USCHNIG, dem<br />

KSV-Spitzenkandidaten an der Meduni Graz.<br />

Von 24. bis 26. Mai finden die diesjährigen ÖH-<br />

Wahlen statt. Du bist Spitzenkandidat des KSV<br />

an der Meduni Graz. Was sind deine/eure Forderungen<br />

Christopher Uschnig: Zuallererst finden<br />

wir, dass Studieren keine Frage des Einkommens<br />

der Eltern sein darf, schon gar nicht an<br />

der Meduni. Wir wollen uns nicht damit abfinden,<br />

dass sich einige Wenige immer stärker<br />

bereichern, während unser Sozial-, Bildungs-<br />

und Gesundheitssystem kaputt gespart<br />

wird. Aber wir wollen uns nicht nur um<br />

die großen Probleme kümmern, sondern auch<br />

in unserem unmittelbaren Umfeld etwas zum<br />

Besseren bewirken. An der Meduni gibt es<br />

dafür reichlich Gelegenheit. (lacht)<br />

Was kann man an der Grazer Meduni konkret<br />

verbessern<br />

Christopher: Das fängt schon dabei an,<br />

dass die Lehrinhalte von Vorlesungen, Seminaren<br />

und Übungen endlich einmal aufeinander<br />

abgestimmt werden müssen. Da muss<br />

man auch modulübergreifend denken. Es wäre<br />

auch schön, wenn wir einmal – wie international<br />

bei Modulsystemen üblich – von der Uni<br />

herausgegebene Lernunterlagen bekämen. Es<br />

herrscht zu viel Verwirrung, was wirklich für<br />

die Prüfungen gekonnt werden muss.<br />

Ein Aufnahmetest wie er nun für das Bachelor-Studium<br />

Pflegewissenschaften eingeführt<br />

wird, muss für das Masterstudium verhindert<br />

werden, damit Studierende mit Bachelorabschluss<br />

nicht schlussendlich beim AMS<br />

landen. Weiters gibt es bei uns zu viel Anwesenheitspflicht<br />

und oft keine Möglichkeit,<br />

Ersatzleistungen zu erbringen. In den ersten<br />

vier Semestern kann das sogar den Verlust<br />

eines ganzen Studienjahres bedeuten.<br />

Andererseits hört man immer wieder, dass die<br />

Anwesenheitspflicht das große Plus am neuen<br />

Studienplan sei, weil man dadurch weg vom<br />

Frontalunterricht kommt...<br />

Christopher: Theoretisch ja, praktisch<br />

nein! Die Seminare sind oft nur eine Vorlesung<br />

in kleinem Rahmen und verlieren dadurch<br />

jegliche Sinnhaftigkeit. Durch die hohe<br />

Anwesenheitspflicht, bei der kaum Zeit zum<br />

Leben bleibt, werden Studierende systematisch<br />

gezwungen, den ganzen Tag auf der Uni<br />

zu verbringen. Im Krankheitsfall bleibt meist<br />

nicht einmal die Zeit, sich auszukurieren,<br />

ohne mit Konsequenzen, etwa Studienverzögerungen,<br />

rechnen zu müssen. Arbeiten neben<br />

dem Studium ist beinahe unmöglich.<br />

Du bist auch KSV-Mandatar in der ÖH-Bundesvertretung,<br />

wo du zuletzt einen Antrag auf Vergütung<br />

von Famulaturen eingebracht hast.Was<br />

stellst du dir darunter vor<br />

Christopher: Der KSV fordert, dass alle Famulaturen<br />

bzw. Praktika, die verpflichtend im<br />

Rahmen des Studiums absolviert werden<br />

müssen, auch bezahlt werden – vor allem das<br />

im sechsten Jahr. Es kann nicht sein, dass man<br />

für eine 40-stündige Arbeitswoche nichts bekommt.<br />

In den Ferien können viele Studierenden<br />

durch Ferialjobs ihr Einkommen aufbessern.<br />

Medizin-StudentInnen schauen da oft<br />

durch die Finger, weil sie außerhalb der regulären<br />

Studienzeit Famulaturen absolvieren<br />

müssen.<br />

www.comunista.at


0tcrowd<br />

MEDUNI<br />

7<br />

Famulatur kommt vom lateinischen „Famulus“,<br />

was soviel bedeutet wie Haussklave. Im<br />

Unterschied zu SklavInnen bekommen wir<br />

aber nicht von unseren „Herren“ Unterkunft<br />

und Essen zur Verfügung gestellt, sondern<br />

müssen es aus der eigenen Tasche bezahlen.<br />

Dazu kommt, dass man oft aufgrund von<br />

Platzmangel gezwungen ist, eine Famulatur<br />

weit abseits des Studienortes zu absolvieren.<br />

Zu den nicht erstatteten Essenskosten kommen<br />

noch immense Kosten für Unterkunft<br />

und Anreise hinzu.<br />

Den Medizin-StudentInnen ergeht es also<br />

schlechter als SklavInnen<br />

Christopher: Nein, so schlimm ist es natürlich<br />

nicht, aber wie anfangs erwähnt, wollen<br />

wir nicht, dass Studieren eine Frage des<br />

Einkommens der Eltern ist. Im Medizinstudium<br />

im Allgemeinen und an der Meduni<br />

Graz im Besonderen gibt es aber viele Hürden,<br />

die man ohne entsprechende Unterstützung<br />

von zu Hause kaum nehmen kann. Mit<br />

der Kürzung der Familienbeihilfe und der<br />

Verringerung der Wohnbeihilfe wird es noch<br />

um ein ordentliches Stück schwerer.<br />

Wie stehst du als Mediziner zu den Kürzungen<br />

im Sozialbereich<br />

Christopher: Es ist nicht einzusehen, dass<br />

das Bildungs- und Sozialsystem kaputt gespart<br />

wird. Daher unterstützt der KSV mit aller<br />

Kraft die Proteste gegen die Kürzungen,<br />

die im konkreten Fall gerade die Schwächsten<br />

trifft. Die Betreuung, gerade für Menschen<br />

mit hohem und höchstem Hilfebedarf, soll um<br />

bis zu 50 Prozent gekürzt werden. Als MedizinerIn<br />

erlernt man einen Sozialberuf. Deshalb<br />

ist es umso wichtiger, dass man sich hier<br />

engagiert. Leider ist der KSV die einzige Fraktion<br />

an der Meduni, die das tut. Dabei spricht<br />

sich auch die Ärztekammer gegen die Kürzungen<br />

aus.<br />

Du hast die anderen Fraktionen zur Sprache<br />

gebracht. Worin unterscheidet sich der KSV von<br />

ihnen<br />

Christopher: Wir sitzen nicht nur in Gremien<br />

fernab von Studierenden, sondern setzen<br />

uns tagtäglich mit den Studierendeninteressen<br />

auseinander. Oft ist die KandidatInnen-Liste<br />

bei den anderen Fraktionen<br />

lang, aber wenn es darum geht wirklich anzupacken,<br />

um die Situation der Studierenden<br />

zu verbessern, bleibt meist nur der KSV<br />

übrig. Als es um die Kürzungen der Familienbeihilfe<br />

ging, glänzten alle anderen Fraktionen<br />

der Meduni durch Desinteresse und Abwesenheit<br />

bei den Vorbereitungstreffen der<br />

Proteste. Das gleiche zeichnet sich nun bei<br />

den aktuellen Kürzungen im Sozialbereich<br />

ab. – Nur ein starker KSV garantiert eine starke<br />

ÖH!<br />

Fotos: privat<br />

Die Kandidaten des KSV<br />

an der Meduni Graz<br />

Christopher Uschnig (24)<br />

studiert Humanmedizin und<br />

ist Spitzenkandidat des KSV<br />

an der Grazer Meduni. Seit<br />

2010 ist er als Mandatar in der<br />

ÖH-Bundesvertretung aktiv.<br />

„Studieren darf keine Frage<br />

des Geldes sein, denn Bildung<br />

muss jeder und jedem zugänglich<br />

sein und bleiben.“ Kürzungen<br />

im Beihilfewessen sind<br />

ihm deshalb ein besonderer<br />

Dorn im Auge.<br />

Denis Kuznetsov (25) wurde<br />

in Moskau geboren und ist in<br />

Bayern aufgewachsen. Weil für<br />

ihn ein solidarisches Gesundheitssystem<br />

das Um und Auf<br />

ist, hat er schon vor zwei Jahren<br />

für den KSV kandidiert.<br />

„Medizin ist ein Mannschaftssport.“<br />

Sebastian Wisiak (26)<br />

studiert Humanmedizin an der<br />

Meduni Graz. Als Studienvertreter<br />

war er aktiv an den<br />

erfolgreichen Protesten gegen<br />

die Warteliste beteiligt. Ihm ist<br />

es ein besonderes Anliegen, die<br />

Studierenden aktiv in die<br />

Entscheidungsprozesse der ÖH<br />

einzubinden, um so faulen<br />

Kompromissen vorzubeugen.<br />

Berhard Lener kommt aus<br />

Innsbruck. Dort hat er schon<br />

die Meduni mit ihrem, seiner<br />

Meinung nach in keinster<br />

Weise für die Berufsausbildung<br />

des Artzes bzw. der<br />

Ärztin geeigneten, SIP-System<br />

kennengelernt. „Für den KSV<br />

kandidiere ich, weil ich der<br />

Meinung bin, dass er unsere<br />

Belange am besten vertreten<br />

und durchsetzen kann.“<br />

facebook.com/ksvmedunigraz<br />

facebook.com/ksvgraz


8 TU<br />

r0tcrowd<br />

Kommentar<br />

Nicht nur Sprüche klopfen!<br />

Sich konsequent für die Interessen der Studierenden<br />

einsetzen, ist das, was Walter Weiss, Spitzenkandidat<br />

des KSV an der TU Graz, machen will.<br />

von CHRISTOPHER USCHNIG<br />

„Atomkraft: Nein Danke!<br />

– Euroatom-Lobbyismus:<br />

Ja bitte!“ !<br />

W<br />

eniger als 1.400 Unterstützungserklärungen<br />

haben gefehlt, damit das „Raus<br />

aus EURATOM!“-Volksbegehren die 100.000er-<br />

Marke überspringt und somit im Parlament<br />

hätte behandelt werden müssen. Dazu haben<br />

alle MandatarInnen der Aktions-Gemeinschaft<br />

(AG), den Grünen und Alternativen Student-<br />

Innen (GRAS), den Fachschaftslisten (FLÖ) und<br />

dem Verband sozialistischer StudentInnen<br />

(VSStÖ) in der ÖH-Bundesvertretung ihren<br />

stolzen Teil beigetragen.<br />

Sie alle haben dafür gesorgt, dass eine Bewerbung<br />

seitens der ÖH ausgeblieben ist, wie es<br />

ein Antrag des KSV in der Sitzung vom 22.<br />

Jänner vorgesehen hätte.<br />

Nur vier(!) Tage nachdem die Eintragungsfrist<br />

für das Volksbegehren – sie war für den Zeitraum<br />

von 28. Februar bis 7. März festgesetzt –<br />

abgelaufen war, begann die Katastrophe von<br />

Fukushima. Durch den schockierenden Vorfall<br />

sah sich die GRAS – angesichts der Umstände<br />

und der bevorstehenden ÖH-Wahlen –<br />

nun doch veranlasst, sich auf Social-Media-<br />

Seiten als Atomkraft-GegnerInnen zu gerieren;<br />

frei nach dem Motto: „Atomkraft: Nein Danke!<br />

– Euroatomlobbyismus: Ja bitte!“<br />

So wie dem Antrag zur Unterstützung des<br />

„Raus aus EURATOM“-Volksbegehren geht es<br />

vielen Anträgen, die KSV in der Bundesvertretung<br />

der Studierenden einbringt. Die<br />

angeblich „linke“ Mehrheit zeigt viel zu oft erst<br />

dann, wenn die Vorfeldorganisationen von SPÖ,<br />

ÖVP und Grünen politisches Kleingeld daraus<br />

schlagen können.<br />

Es wäre wünschenswert, wenn die Fraktionen<br />

endlich über ihren politischen Tellerrand blicken<br />

würden, aufhören, sich wie eine Fahne im<br />

Wind zu drehen, und bei KSV Initiativen vermehrt<br />

Kooperationswillen zeigen. Dies wäre<br />

leicht möglich und notwendig, um die Interessen<br />

der Studierenden konsequent zu vertreten.<br />

O<br />

bwohl die Landesregierung<br />

gerade dabei ist, die<br />

Wohnbeihilfe zu kürzen und<br />

dadurch die Situation von unzähligen<br />

StudentInnen zu verschlechtern,<br />

fand im HTU-Vorsitzteam anscheinend<br />

niemand Zeit, die Plattform<br />

25, die den Großteil der Proteste<br />

anführt, zu unterstützen, beziehungsweise<br />

eine E-Mail zu senden,<br />

um Studierende zum Protest<br />

zu motivieren. „Ich verstehe nicht,<br />

wieso es bei der ÖH Uni Graz kein<br />

Problem ist, den Protest zu unterstützen,<br />

während sich in der HTU<br />

nichts rührt“, meint der Listenerste<br />

enttäuscht. „Anscheinend geht die<br />

Unabhängigkeit der Fachschaftslisten<br />

soweit, dass sie nicht einmal<br />

mehr Aktionen anderer Organisationen<br />

unterstützen können.“<br />

Fukushima mahnt.<br />

Eine weitere wichtige Forderung<br />

des KSV ist es, LVs einzuführen,<br />

die sich mit den Folgen<br />

eines unverantwortlichen Umgangs<br />

mit Technik und Wissenschaft<br />

auseinandersetzen. Hier<br />

sollte das Beispiel Fukushima<br />

ausreichen, um zu begreifen, dass<br />

TechnikerInnen die Verantwortung<br />

für Menschenleben und die<br />

Umwelt tragen. Auch der Chemie-Unfall<br />

in Ungarn 2010 ist<br />

eine Katastrophe, die durch das<br />

Profitstreben im Kapitalismus<br />

hervorgerufen wurde. Dabei sollte<br />

es klar sein, dass WissenschaftlerInnen<br />

und TechnikerInnen im<br />

Interesse der Gesellschaft und<br />

nicht des Kapitals handeln sollten.<br />

Shuttle-Bus zwischen KF und TU!<br />

Weiters möchte Walter Weiss,<br />

der selbst Chemie studiert, sich<br />

stark für das NAWI-Graz-Projekt<br />

einsetzen. „In der KF-UV wurde<br />

ein Antrag des KSV, in dem es um<br />

die Errichtung einer Buslinie<br />

zwischen KFU und Neuer Technik<br />

ging, angenommen, jedoch<br />

von der Stadt Graz nicht umgesetzt.<br />

Hier gilt es auch von TU-<br />

Seite aus Druck zu machen, um<br />

endlich gute Anbindungen für<br />

die, zwischen den Unis pendelnden,<br />

StudentInnen zu erhalten.“<br />

Wirklich etwas tun!<br />

Auf die Frage, warum KSV<br />

wählen, gibt er eine klare Antwort:<br />

„Wir KommunistInnen,<br />

sind die, die am stärksten für bessere<br />

Studienbedingungen und gegen<br />

die Verschlechterungen, der<br />

letzten Monate eintreten. Es hilft<br />

hier nicht einfach nur groß Sprüche<br />

zu klopfen, wie es andere<br />

Fraktionen gern machen. Man<br />

muss auch wirklich etwas tun.“<br />

Sein Wahlziel ist auch klar: „Natürlich<br />

wäre der Einzug in die UV<br />

schön, jedoch ist es natürlich<br />

schon erfreulich, wenn es uns gelänge,<br />

den RFS zu überholen.<br />

Rechtsextremes Gedankengut,<br />

darf in der Gesellschaft keinen<br />

Platz haben.“ Daher braucht es<br />

eine kämpferische, linke HTU.<br />

VOTA COMUNISTA!<br />

Walter Weiss (19) studiert Chemie an der TU<br />

Graz und der KF-Uni. Politisch aktiv wurde er<br />

erstmals mit 14 und begann aus Frust über die<br />

nicht eingelösten Wahlversprechen der SPÖ<br />

2006 und 2008 mit der KJÖ zu sympathisieren,<br />

der er im Dezember 2010 beitrat. Er ist Mitarbeiter<br />

in der StV Chemie und KSV-Spitzenkandidat<br />

an der TU Graz.<br />

www.comunista.at


0tcrowd<br />

CROWD UND RÜBEN EXTRA<br />

9<br />

Das große ÖH-Wahl-Quiz<br />

Alle zwei Jahre werden die Unis mit Flyern und Plakaten überschwemmt.<br />

ÖH-Wahlen stehen an, und in der Flut an Werbematerial verliert man rasch<br />

den Überblick. Dieses Quiz soll euch bei der Wahlentscheidung helfen.<br />

Die Universitäten werden seit Jahren kaputt<br />

gespart, Bildung wird mehr und mehr zum Privileg<br />

der Reichen. Was tun<br />

O Was tun! Gegen die Angriffe auf unsere<br />

Rechte müssen wir effektiven Widerstand<br />

entfalten. Veränderung fällt bekanntlich<br />

nicht vom Himmel! (5 Punkte)<br />

O Na und Ich schau sowieso nur auf mich<br />

und nach dem Studium besorgt mir der<br />

Cartellverband schon einen Job. (1 Punkt)<br />

O Blöde Sache... Aber machen die da Oben<br />

nicht sowieso was sie wollen (3 Punkte)<br />

Die Österreichische HochschülerInnenschaft<br />

(ÖH) hat die Aufgabe, die Interessen der Studierenden<br />

zu vertreten. Wird sie dem deiner<br />

Meinung nach gerecht<br />

O Die ÖH ist heute leider oftmals Spielfeld für<br />

sozialdemokratische, konservative oder<br />

grüne Nachwuchs-PolitikerInnen. Konsequente<br />

Interessensvertretung braucht eine<br />

breite Beteiligung der Studierenden und darf<br />

keine Rücksicht auf Partei-Karrieren nehmen.<br />

(5 Punkte)<br />

O Schlimmer geht‘s immer, aber wenn die ÖH<br />

besser aufgestellt wäre, müssten wir uns<br />

nicht jede Schweinerei von der Regierung<br />

gefallen lassen, oder (3 Punkte)<br />

O Als Porsche-fahrender Student sehe ich<br />

meine Interessen besser durch Papis Anwalt<br />

und die Industriellenvereinigung vertreten.<br />

(1 Punkt)<br />

Miserable Studienbedingungen, soziale Verschlechterungen<br />

oder (Vorstufen zu) Privatisierungen<br />

im Bildungswesen werden immer<br />

damit argumentiert, dass kein Geld da ist.<br />

Stimmt das<br />

O wirhabenüberunsereverhältnissegelebt<br />

allemüssensparenwirmüssendengürtel<br />

engerschnallenwirkönnenunsdasnicht<br />

mehrleisten. (1 Punkt)<br />

O Ich glaub den Geldsäcken kein Wort! Der<br />

gesellschaftliche Reichtum ist heute größer<br />

als je zuvor – nur ist das Geld in den falschen<br />

Händen. Darum brauchen wir konsequente<br />

Umverteilung von oben nach<br />

unten! (5 Punkte)<br />

O Man hört ja überall, dass kein Geld da ist.<br />

Aber wenn ich mir beispielsweise ansehe,<br />

wie viele Milliarden steuerschonend in<br />

Privatstiftungen liegen, krieg ich so meine<br />

Zweifel. (3 Punkte)<br />

Burschenschaften bilden das Rückgrat des<br />

österreichischen Rechtsextremismus und<br />

spielen an den Universitäten nach wie vor eine<br />

Rolle.<br />

O Natürlich ist Rechtsextremismus scheiße,<br />

aber irgendwann werden die Schmissträger<br />

und Ewiggestrigen schon von selber im Museum<br />

landen. (3 Punkte)<br />

O Solang mich keiner zum Säbel-Duell herausfordert,<br />

ist mir das völlig wurscht. (1 Punkt)<br />

O Weil Faschismus keine Meinung, sondern<br />

ein Verbrechen ist, müssen wir uns allen<br />

Tendenzen in diese Richtung entgegenstellen.<br />

(5 Punkte)<br />

Der Kapitalismus steckt in der Krise, was wir<br />

auch an den Unis zu spüren bekommen. Hat<br />

das System ausgedient<br />

O Kapitalismus find ich geil, da liegt das Geld<br />

auf der Straße, und wenn sie in Afrika verhungern,<br />

sind sie selber schuld. (1 Punkt)<br />

O Wenn man mit offenen Augen durch die<br />

Welt geht, kriegt man immer mehr Zweifel.<br />

Aber gibt’s da eigentlich irgendwelche Alternativen<br />

dazu (3 Punkte)<br />

O Der Kapitalismus führt unweigerlich zu<br />

Krisen, Kriegen, Armut und Umweltzerstörung<br />

und gehört auf den Misthaufen<br />

der Geschichte. Wir brauchen eine Gesellschaft,<br />

in der die Menschen und nicht die<br />

Profite im Vordergrund stehen. Sozialismus<br />

nennt man das, oder (5 Punkte)<br />

Auflösung<br />

18—25 Punkte<br />

Einer Stimmabgabe für den KSV steht bei dir wohl nichts mehr im Wege.<br />

Und weil Veränderung nicht vom Himmel fällt, überleg dir doch mal bei<br />

einer unserer Veranstaltungen vorbeizukommen oder dich gleich bei<br />

uns zu engagieren. Ohne dich sind wir eine/r zu wenig!<br />

10—17 Punkte<br />

Dass du AG oder RFS wählst, kann man bei dir wohl ausschließen. Und<br />

wenn du links wählen willst, dann stimm doch gleich für eine Liste, bei<br />

der du faule Kompromisse aufgrund von Karriere-Ambitionen in Parteiapparaten<br />

ausschließen kannst. KSV wählen tut auch gar nicht weh –<br />

außer den Herrschenden!<br />

5—9 Punkte<br />

„Wer im Stich lässt seinesgleichen, lässt ja nur sich selbst im Stich“,<br />

meinte Bert Brecht. Wenn du also nicht zu den oberen 10.000 zählst,<br />

solltest du deine politischen Ansichten vielleicht nochmal überdenken.<br />

Vielleicht klappt’s dann auch mit einer Stimme für den KSV.<br />

facebook.com/ksvgraz


10 KSV-KANDIDATINNEN AN DER KFU<br />

r0tcrowd<br />

Fotos: privat / Anna Füreder / Han-Do<br />

Robert Krotzer (23) studiert<br />

Geschichte und Germanistik<br />

und ist Spitzenkandidat des<br />

KSV. Robert war Aktivist von<br />

„Uni Graz gehört uns!“,<br />

engagiert sich in der Plattform<br />

25 gegen das Landesbudget<br />

und ist Vorsitzender<br />

der Kommunistischen Jugend<br />

Österreichs.<br />

1 2<br />

Sahar Mohsenzada (26)<br />

studiert Kunstgeschichte und<br />

engagiert sich auch als<br />

Studienvertreterin. Sie ist aus<br />

dem Bestreben, etwas an der<br />

misslichen Unipolitik zu<br />

ändern, Mitglied des KSV<br />

geworden. Seit 2010 ist sie<br />

Vorsitzende des KSV Graz.<br />

Andreas Nitsche (25) ist seit<br />

vier Jahren in der Studienvertretung<br />

Pharmazie, seit zwei<br />

Jahren dessen Vorsitzender,<br />

Mitglied der Curricula-Kommission<br />

sowie des Fakultätsgremiums<br />

der Naturwissenschaftlichen<br />

Fakultät. Er war<br />

schon als Jugendlicher in der<br />

KJÖ Oberösterreich und wurde<br />

mit Beginn des Studiums im<br />

KSV aktiv.<br />

3 4<br />

Belinda Zangerl (25) studiert<br />

Soziologie an der Uni Graz.<br />

Nach ersten kommunalpolitischen<br />

Erfahrungen bei<br />

einer linken Bürgerliste in<br />

Kapfenberg fand sie ihren Weg<br />

in die kommunistische Jugendbewegung<br />

und nach Studienbeginn<br />

in den KSV. Neben<br />

ihrem Studium arbeitet sie als<br />

Betreuerin in einem Frauenhaus,<br />

wo sie auch den<br />

Betriebsratsvorsitz stellt.<br />

Alexander Melinz (22)<br />

studiert Germanistik und<br />

Geschichte an der Karl-<br />

Franzens Universität. Er war<br />

Aktivist der Protestbewegung<br />

„Uni Graz gehört uns“ und<br />

ist Vorsitzender der KJÖ Graz.<br />

Alexander kandidiert auch für<br />

die Studienvertretung Germanistik.<br />

5 6<br />

Sarah Kröpfl (27) studiert<br />

Kunstgeschichte. Da sie<br />

mithelfen will, die Unipolitik<br />

zu verbessern, ist sie 2009<br />

dem KSV beigetreten. Seit<br />

den Demonstrationen gegen<br />

die schwarz-blaue Regierung<br />

besucht sie regelmäßig<br />

Veranstaltungen der KPÖ.<br />

www.comunista.at<br />

Jakob Matscheko (24) studiert<br />

Geschichte und ist Mandatar des<br />

KSV. „Aus eigener Erfahrung<br />

weiß ich, wie schwierig es sein<br />

kann, Beruf, Studium und Familie<br />

unter einen Hut zu bringen.<br />

Ich habe keinen Chauffeur, kein<br />

Kindermädchen und keine Putzfrau.<br />

Der Herr Landeshauptmann<br />

verdient in einem Monat<br />

mein Jahresgehalt. Und ich soll<br />

mir sagen lassen, ‘wir’ müssten<br />

den Gürtel enger schnallen“<br />

7 8<br />

Sylvia Lammer (25) studiert<br />

Pädagogik. In ihrer Heimatstadt<br />

Knittelfeld ist sie schon lang mit<br />

der KPÖ verbunden. Der derzeit<br />

geplante Sozialabbau betrifft viele<br />

Pädagogik-StudentInnen, da<br />

diese oft in Sozialberufen arbeiten.<br />

Kürzungen im Sozialbereich<br />

schaden den KlientInnen und<br />

führen zu verstärkter Arbeitslosigkeit.<br />

Sie kandidiert für den<br />

KSV, weil sie sich gegen soziale<br />

Ungerechtigkeiten wehren möchte.


0tcrowd<br />

KSV-KANDIDATINNEN AN DER KFU<br />

11<br />

9<br />

Robert Frei (26) ist seit zwei<br />

Jahren Studienvertreter und<br />

Mitglied der Curricula-<br />

Kommission Pharmazie an der<br />

Uni Graz. Er kam im Zuge<br />

seiner Arbeit an der ÖH und<br />

wegen den übereinstimmenden<br />

politischen Ansichten zum<br />

KSV. Deshalb kandidiert er –<br />

wie schon vor zwei Jahren –<br />

für den KSV.<br />

10<br />

Mag. a Alice Saiko (26) hat<br />

Volkswirtschaft in Graz und<br />

Wien studiert und ist davon<br />

überzeugt, dass man den Hebel<br />

für gesellschaftliche Veränderung<br />

an der ökonomischen<br />

Basis ansetzen muss. Das führte<br />

sie in die Reihen des KSV.<br />

11<br />

Michael Rothe (26) studiert<br />

Pharmazie. Er kandidiert, da<br />

er mit den Studienbedingungen,<br />

vor allem mit Laborplatzvergaben<br />

unzufrieden ist und<br />

sieht, dass vieles in der Uniund<br />

Bildungspolitik in die<br />

falsche Richtung zielt. „Als<br />

Kärntner weiß ich, dass auch<br />

auf gutem Boden Unkraut<br />

wachsen kann. Ich beziehe dies<br />

auf die Uni Graz, an der ich<br />

wirklich gern studiere, jedoch<br />

Vieles nicht zum Besten steht.“<br />

12<br />

Elisabeth Pendl (25) studiert<br />

Pharmazie an der Uni Graz.<br />

Aufgrund der Vertretungsarbeit<br />

und ihrer politischen<br />

Grundeinstellung kam sie früh<br />

an der Uni in Kontakt mit<br />

KommunistInnen und kandidiert<br />

daher auch heuer wieder<br />

für den KSV.<br />

13<br />

Mathias Grill (21) studiert<br />

Geographie. Aufgrund seiner<br />

politischen Grundeinstellung<br />

und des Unmuts über die<br />

aktuell vorherrschende<br />

Hochschulpolitik kandidiert er<br />

für den KSV.<br />

14<br />

Georg Erkinger (28) studiert<br />

Umweltsystemwissenschaften.<br />

Er meint, dass die Ursachen der<br />

massiven Verschlechterungen<br />

(Studiengebühren, Zugangsbeschränkungen,<br />

Verschulung,<br />

Kürzungen bei Familien- und<br />

Wohnbeihilfe...) der letzten<br />

Jahre und Jahrzehnte im<br />

kapitalistischen System liegen.<br />

Nur der tritt KSV glaubhaft<br />

gegen dieses System auf.<br />

15<br />

Paul Heiss (34) studiert Sozialpädagogik<br />

auf der KF-Uni:<br />

„Ich kandidiere für den KSV,<br />

da ich der Meinung bin, dass<br />

sich die universitäre Bildung<br />

niemals ökonomischen Zwängen<br />

unterwerfen darf. Primäres<br />

Bildungsziel muss die Autonomie<br />

des Menschen sein.“<br />

16<br />

Matthias Obermüller<br />

studiert Biotechnologie und<br />

sieht es als mündiger und<br />

kritischer Bürger nicht ein,<br />

warum für Bildung immer<br />

weniger Geld zur Verfügung<br />

steht und die Gängelei in allen<br />

Lebenslagen mit einer angeblichen<br />

„wirtschaftlichen“ Notwendigkeit<br />

begründet wird.<br />

facebook.com/ksvgraz


12 KF-KANDIDATINNEN CROWD UND RÜBEN r0tcrowd<br />

17<br />

18<br />

19<br />

Patrick Mellacher (21)<br />

studiert VWL, war schon als<br />

Jugendlicher in der KJÖ aktiv<br />

und kandidiert heuer aus<br />

Solidarität für den KSV für die<br />

Universitätsvertretung, um die<br />

marxistische Interessensvertretung<br />

an der KFU zu<br />

unterstützen.<br />

Michaela Simons (26)<br />

studiert Englisch und Spanisch<br />

auf Lehramt. Sie kandidiert<br />

als Fraktionsunabhängige<br />

für den KSV, um sich mit den<br />

Anliegen des KSV solidarisch<br />

zu erklären und um dessen<br />

Mitglieder in ihrer Arbeit für<br />

eine gerechtere Universitätspolitik<br />

und Gesellschaft zu<br />

unterstützen.<br />

Hanno Wisiak (29) studiert<br />

Geschichte an der Uni Graz.<br />

Aus der Jugendzentrumsbewegung<br />

und SchülerInnenvertretung<br />

kommend, hat er<br />

sich in Folge der Bildung der<br />

schwarz-blauen Regierung<br />

2000 der KPÖ angeschlossen.<br />

Seit Beginn seines Studiums ist<br />

er in der Studienvertretung<br />

Geschichte und im KSV sowie<br />

in verschiedenen Protestbewegungen<br />

aktiv.<br />

Bus und Bim:<br />

Schon wieder teurer<br />

Und jährlich grüßt in Graz am 1. Juli das<br />

Murmeltier mit einer Tariferhöhung bei<br />

Bus und Bim. Die Erhöhungen sind eine gewaltige<br />

Ohrfeige für die Studierenden und ein Anschlag<br />

auf die ohnehin schon schlechte finanzielle Situation<br />

für Menschen und Familien mit geringen Einkommen,<br />

die auf die Öffis angewiesen sind.<br />

Die Grazer KPÖ wendet sich gegen die Tariferhöhung<br />

im Verkehrsverbund und kritisiert die<br />

bekannt gewordenen Verteuerungen des Freizeittickets<br />

und der Studienkarte.<br />

„In diesem Zusammenhang kann man nur darauf<br />

hoffen, dass die „Evaluierung“ – sprich Kürzung<br />

– des 50-Euro-Mobilitätsschecks der Stadt<br />

Graz endgültig abgeblasen ist. Auf alle Fälle steigen<br />

die Kosten für Studierende empfindlich“,<br />

kritisiert Stadträtin Elke Kahr.<br />

Die KPÖ tritt bekanntlich für die Wiedereinführung<br />

der Freifahrt für Studierende ein und<br />

unterstützt die Initiative des KPÖ-Landtagsklubs,<br />

der im Jahr 2009 als ersten Schritt dazu eine 50<br />

prozentige Ermäßigung für Studierende bei den<br />

öffentlichen Verkehrsmitteln gefordert hatte. Dieser<br />

Antrag war übrigens vom Landtag seinerzeit<br />

mehrheitlich (gegen die Stimmen der ÖVP) angenommen<br />

worden.<br />

g<br />

g<br />

2008 2011 Preiserhöhung<br />

10 Fahrten-Karte € 15,70 € 17,60 + € 1,90<br />

Monatskarte € 34,— € 38,20 + € 4,20<br />

Halbjahreskarte € 175,— € 195,— + € 20,—<br />

Jahreskarte € 316,— € 352,— + € 36,—<br />

Impressum<br />

r0tcrowd # 17 | Sommersemester 2011<br />

Erratum<br />

In letzten Sondernummer kamen der Redaktion beim Artikel<br />

„Vom Bierdunst ins ‘Zwischennetz’“ die Bildunterschriften ein<br />

wenig durcheinander.<br />

Konkret kam es zu einer kleinen Namensverwechslung: Der<br />

genannte Georg Taschner ist nicht Mitglied des RFJ, wir<br />

verwechselten ihn offenbar mit dem RFJ-Funktionär<br />

Andre Taschner, der jedoch nicht abgebildet war.<br />

Herausgeber und Medieninhaber:<br />

<strong>Kommunistischer</strong> StudentInnenVerband Graz<br />

Lagergasse 98a | 8020 Graz<br />

MitarbeiterInnen dieser Ausgabe: Georg Fuchs, Anna Füreder,<br />

Sarah Kröpfl, Robert Krotzer, Leo Kühberger, Jakob Matscheko, Sahar<br />

Mohsenzada, Andreas Nitsche, Wolfgang Purtscheller, Alice Saiko,<br />

Christopher Uschnig, Walter Weiss, Hanno Wisiak und Sebastian<br />

Wisiak.<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht der Auffassung<br />

der Redaktion entsprechen.<br />

Herstellerin: Hausdruckerei der KPÖ-Graz<br />

Redaktion: Andreas Nitsche und Hanno Wisiak<br />

Layout und Satz: Han-Do<br />

rotcrowd@hotmail.com<br />

www.comunista.at


0tcrowd<br />

GASTKOMMENTAR<br />

13<br />

It’s the system, stupid!<br />

Über Sinn und Unsinn der Kürzungen<br />

im Bildungs- und Sozialbereich<br />

Gastkommentar von LEO KÜHBERGER<br />

Auf den Universitäten wurde der erste<br />

Schritt getan. Nach Jahren der relativen<br />

Ruhe ist durch die Studierendenbewegung<br />

in diesem Land wieder etwas in Bewegung<br />

geraten. Auch wenn das Feuer auf den<br />

Universitäten im Moment weniger stark lodert,<br />

scheint es sich nun auf andere Bereiche auszubreiten.<br />

In der Steiermark waren in den letzten<br />

Wochen Zehntausende gegen das „Sparbudget“<br />

der hiesigen Landesregierung auf der<br />

Straße. Unter dem Dach der Plattform 25 haben<br />

sich fast 600 Organisationen zusammengefunden,<br />

die ein Gefühl eint: „Es reicht!“ Bei den<br />

Demonstrationen in Graz und den Bezirksstädten<br />

war viel Wut zu spüren und auch viel<br />

Unverständnis und Empörung darüber, dass<br />

gerade in Bereichen, die als gesellschaftlich<br />

notwendig und sinnvoll gesehen werden,<br />

derart rigoros gekürzt werden soll.<br />

Diese Kürzungen machen Sinn!<br />

In vielen Gesprächen, Postings im Netz und<br />

bei Redebeiträgen auf den Demonstrationen<br />

ist es eines der zentralen Themen und Argumente<br />

gegen diese Politik: Diese Kürzungen<br />

machen keinen Sinn! „Die Politik“, in diesem<br />

Falle die steirische Landesregierung, würde<br />

aus Unwissenheit, Ignoranz und Einfallslosigkeit<br />

handeln, ihr Handeln wäre bestimmt<br />

und getrieben durch Macht und Einfluss der<br />

(falschen) Lobbys. In Wirklichkeit, so geht das<br />

Argument weiter, wäre diese Politik kurzsichtig,<br />

nicht nachhaltig, vernichtet Arbeitsplätze,<br />

und über kurz oder lang würde es der Gesellschaft<br />

und damit uns SteuerzahlerInnen<br />

teurer kommen, weil heute im Sozialbereich<br />

zu sparen, morgen noch größere Kosten verursacht.<br />

Der Dachverband der Jugendwohlfahrt 1<br />

spricht ganz offen und unverblümt von den<br />

„Kosten für die Reparatur“, die in der Folge<br />

anfallen werden. Soll heißen: Wenn es uns<br />

heute nicht gelingt, Kinder und Jugendliche<br />

durch den frühen Einsatz verschiedener<br />

Sozialtechnologien zu angepassten und damit<br />

arbeitsfähigen Subjekten zu machen, werden<br />

sie morgen noch weniger angepasste und<br />

noch weniger wertvolle (soll heißen: arbeitsfähige)<br />

Mitglieder dieser Gesellschaft sein.<br />

Um hier nicht falsch verstanden zu werden:<br />

In diesem Bereich arbeiten tausende Menschen,<br />

die mit ungeheurem Engagement und<br />

Einsatz darum bemüht sind, Kinder und Jugendliche<br />

aus benachteiligten Familien in ihrer<br />

Entwicklung zu unterstützen. Aber, ob<br />

dieses redlichen Engagements, dürfen wir<br />

den Widerspruch, in dem sich diese Arbeit<br />

bewegt, nicht übersehen. Die Begrifflichkeit<br />

in der Stellungnahme des Dachverbands mag<br />

schmerzen, aber zugleich ist sie ehrlich. Nicht<br />

die Änderung der Gesellschaft, die uns (fast)<br />

alle krank macht, so oft verzweifeln lässt und<br />

sich einen feuchten Dreck um unsere Bedürfnisse<br />

schert, ist das (subventionierte) Ziel, sondern<br />

es geht um die Reparatur, das Abfangen<br />

der schlimmsten Auswirkungen und Verwüstungen<br />

dieser Gesellschaft im Leben des Einzelnen.<br />

Wer in dieser Gesellschaft nicht mitkann<br />

oder mitwill, der oder die muss eben repariert<br />

werden! Günstiger kommt das eben<br />

dann, wenn es schon im Kindesalter passiert.<br />

In eine ähnliche Kerbe, wie der zitierte Dachverband,<br />

schlagen auch andere Organisationen.<br />

Der Grazer Frauenrat 2 argumentiert<br />

ebenfalls mit dem „Social Return on Investment“<br />

gegen das Budget. Frau geht aber noch<br />

Foto: Georg Fuchs<br />

Schon bei der Auftaktkundgebung<br />

am 25. März platze<br />

der Grazer Südtirolerplatz<br />

aus allen Nähten.<br />

1 Die Stellungnahme<br />

des „Dachverbands<br />

der Jugendwohlfahrt“<br />

ist online nachzulesen:<br />

http://www.plattform<br />

25.at/2011/03/diestellungnahme-desdachverbands-derjugendwohlfahrt,<br />

30.3.2011.<br />

2 http://www.plattform<br />

25.at/2011/03/stellung<br />

nahme-des-grazer-frau<br />

enrates, 30.3.2011<br />

facebook.com/ksvgraz


14 SCHWERPUNKT<br />

r0tcrowd<br />

Riesentransparent von KJÖ<br />

und KSV am 25. März bei<br />

der Schlusskundgebung am<br />

Grazer Hauptplatz...<br />

www.comunista.at<br />

weiter und sorgt sich gleich um den<br />

Wirtschaftsstandort Steiermark. Damit kommen<br />

wir zu dem Punkt, der dieser Argumentationslinie<br />

die Krone aufsetzt: Nicht mal ökonomisch<br />

macht das Sinn! Gerade in Zeiten<br />

der Krise wäre es kontraproduktiv hier zu<br />

kürzen, weil damit Arbeitsplätze vernichtet<br />

werden! Also ist die Landesregierung sogar<br />

in ihrer eigenen (vermeintlichen) Kompetenz,<br />

den Wirtschaftsstandort Steiermark wettbewerbsfähiger<br />

zu machen und einen Weg aus<br />

der Krise zu finden, auf einem Holzweg. Ganz<br />

ähnlich wurde auch von vielen in der<br />

Studierendenbewegung argumentiert. Im<br />

Bildungsbereich zu kürzen mache keinen<br />

Sinn, weil wir dadurch in einer sich rasch verändernden<br />

Welt ins Hintertreffen geraten<br />

würden, und es am Ende dem Wirtschaftsstandort<br />

Österreich und damit uns allen schaden<br />

würde. Also wozu das Ganze<br />

Es soll nun Landeshauptmann Voves und<br />

seinem Vize Schützenhöfer keineswegs unterstellt<br />

werden, dass sie wissen würden, was<br />

sie tun. Auch wenn es manchmal verlockend<br />

ist, mit personalisierten Zuschreibungen Politik<br />

zu machen, soll den handelnden Personen<br />

mitnichten politisches Knowhow und<br />

ökonomische Einsicht unterstellt werden.<br />

Aber eines muss festgehalten werden: Diese<br />

Kürzungen machen Sinn, sie bewegen sich in<br />

einer klaren und nachvollziehbaren Logik,<br />

und sie stärken den Wirtschaftsstandort. Dieses<br />

Budget ist ein nachvollziehbarer und<br />

stringenter, wenn auch schwachbrüstiger<br />

Versuch, eine Antwort auf die aktuelle Krise<br />

zu finden und durchzusetzen.<br />

Pflege und Betreuung im Kapitalismus<br />

Dafür ist es wohl notwendig, sich ein wenig<br />

Klarheit über den größeren Kontext zu<br />

verschaffen. Zu allererst sollte mal daran erinnert<br />

werden, dass sich auch in der kleinen<br />

Foto: Georg Fuchs<br />

steirischen Welt seit Jahrhunderten ein System<br />

breitgemacht hat, das wir landläufig als<br />

„kapitalistische Produktionsweise“ bezeichnen.<br />

Diese befindet sich seit einiger Zeit in<br />

der Krise, wie wir wissen, oder korrekter müsste<br />

es heißen: in der Krise der Krise, aber dazu<br />

kommen wir noch. Welchen Sinn macht es<br />

also, in diesen Bereichen zu sparen Zum einen<br />

ist es mal ganz banal: Die Staatsverschuldung<br />

steigt auf allen Ebenen. Seit<br />

Jahrzehnten erleben wir eine Politik, die die<br />

Unternehmen und Vermögenden in diesem<br />

Land entlastet und tagtäglich reicher macht.<br />

Wenn es weniger Einnahmen gibt, ist auch<br />

weniger Geld da, das ausgegeben werden<br />

kann. Nachdem Politik, vor allem auch auf<br />

staatlicher Ebene, immer eine Frage von<br />

Kräfteverhältnissen ist, wird eben bei der Sozialhilfe/Mindestsicherung<br />

und bei der<br />

Wohnbeihilfe gespart. Wenn es keine Sozialen<br />

Bewegungen und Kämpfe gibt, die für ein<br />

anderes Kräfteverhältnis sorgen könnten,<br />

dann setzen sich notgedrungen die „Anderen“<br />

durch.<br />

Das erklärt aber nur zum Teil, warum<br />

besonders dort gekürzt werden soll, wo andere<br />

Menschen betreut und gepflegt werden.<br />

Dieser Bereich ist in den letzten Jahrzehnten<br />

stetig gewachsen, und in der Sozialwirtschaft<br />

wurden tausende Arbeitsplätze geschaffen.<br />

Manches davon wird als humanistischer Fortschritt<br />

(Betreuung von Menschen mit Behinderungen)<br />

erklärt, anderes mit der demographischen<br />

Entwicklung (Pflege von alten Menschen)<br />

begründet. Also hat all das doch nichts<br />

mit dem Kapitalismus und seinen krisenhaften<br />

Dynamiken zu tun Die Frage ist, welche<br />

Rolle und Bedeutung die Arbeit im Bereich<br />

der Pflege und Betreuung im Kapitalismus<br />

hat. Zusammengefasst können wir diese<br />

Tätigkeiten als „Care-Economy“ bezeichnen,<br />

die all jene Tätigkeiten umfasst, bei denen<br />

Menschen für andere sorgen oder für die alltägliche<br />

Versorgung anderer Menschen zuständig<br />

sind.<br />

Mit diesen Tätigkeiten wird nichts produziert,<br />

sie schaffen keinen Wert im engeren Sinne.<br />

Also könnte argumentiert werden, dass es<br />

im Kapitalismus eigentlich egal ist, ob diese<br />

Arbeit überhaupt geleistet wird, denn sie ist<br />

so gesehen „unproduktiv“. Aber zugleich ist<br />

uns allen klar, dass der Kapitalismus morgen<br />

zusammenbrechen würde, wenn diese Arbeit<br />

nicht mehr getan würde. Es stimmt schon,<br />

dass hier eigentlich nichts produziert wird,<br />

aber zugleich wird hier etwas Entscheidendes<br />

produziert, nämlich die Ware Arbeitskraft.<br />

Diese ist in der kapitalistischen Produktionsweise<br />

jedoch keine x-beliebige Ware, wie<br />

ein Paar Schuhe, sondern die Ware ohne die<br />

gar nichts geht! Diese reproduktive Arbeit ist<br />

sozusagen auf der einen Seite wirklich unproduktiv,<br />

auf der anderen Seite produziert


0tcrowd<br />

STEIRISCHES BELASTUNGSPAKET<br />

15<br />

sie aber alles. Ohne sie geht gar nichts!<br />

Wie und zu welchen Bedingungen die Ware<br />

Arbeitskraft produziert wird, war in der Geschichte<br />

des Kapitalismus immer ein Feld der<br />

Auseinandersetzungen und Kämpfe. Es hat<br />

Jahrzehnte gedauert bis durchgesetzt werden<br />

konnte, dass nicht nur unmittelbar „produktive“<br />

Menschen versorgt werden, sondern<br />

beispielsweise auch alte Menschen (Pensionsversicherung)<br />

und Menschen, die nicht arbeiten<br />

können, weil sie krank sind (Krankenversicherung),<br />

ein Recht auf Existenz haben. All<br />

das musste in langen, zähen Kämpfen durchgesetzt<br />

werden! Es geht aber auch immer um<br />

das Wie! Wie und zu welchen Bedingungen<br />

wird die Ware Arbeitskraft produziert So<br />

steht außer Streit, dass das Kapital gut ausgebildete<br />

und belastbare Arbeitskräfte braucht.<br />

Es muss also Schulen und Universitäten geben,<br />

auch wenn diese nur Geld kosten und<br />

die Profite mindern. Dem Kapital wäre es<br />

klarerweise am liebsten, diese Ausbildung<br />

würde unbezahlt geleistet werden, und wenn<br />

schon bezahlt, dann nicht über öffentliche<br />

Einrichtungen, sondern über private Schulen<br />

und Universitäten, um damit gleich noch ein<br />

weiteres lukratives Geschäftsfeld zu schaffen.<br />

Es ist somit kein Zufall, dass wir seit einigen<br />

Jahren einen massiven Angriff auf die öffentlichen<br />

Universitäten erleben. Glücklicherweise<br />

setzen sich weltweit Millionen Studierende<br />

gegen diese Maßnahmen zur Wehr.<br />

Deren Kämpfe haben mit den aktuellen Protesten<br />

im Sozialbereich also nicht nur die unmittelbaren<br />

GegnerInnen gemeinsam. Die<br />

Proteste zu vertiefen und zu erweitern, ist ein<br />

Gebot der Stunde, und dies in Richtung der<br />

neuen Studierendenbewegung zu tun, liegt<br />

auf der Hand.<br />

Aber kommen wir nochmal zur „Care-<br />

Economy“ zurück. Trotz wichtiger Errungenschaften<br />

wird der größte Teil dieser Arbeit<br />

weiterhin unbezahlt geleistet, und es sind vor<br />

allem Frauen, die diese Arbeit verrichten. In<br />

den letzten Jahrzehnten hat sich jedoch ein<br />

sehr großer Sektor der Pflege und Betreuung<br />

entwickelt. Allein in der Behindertenhilfe arbeiten<br />

in der Steiermark 5.600 Menschen, von<br />

denen rund 1.000 von Kündigung bedroht<br />

sind. Man könnte nun eine einfache Milchjungenrechnung<br />

anstellen. Diese Tausend<br />

Menschen erbringen im Laufe eines Jahres<br />

eine Arbeitszeit von circa eineinhalb Millionen<br />

Stunden. Ein beträchtlicher Teil dieser<br />

Arbeitszeit würde einfach gestrichen werden.<br />

Also Menschen mit Behinderungen können<br />

vieles, das ihnen bisher möglich war, einfach<br />

nicht mehr tun, weil die entsprechenden<br />

Dienstleistungen nicht mehr vorhanden sind.<br />

Der größere Rest wird wieder unbezahlt geleistet<br />

werden, und da in erster Linie von Frauen.<br />

Darauf hat auch Yvonne Seidler, Sprecherin<br />

der Plattform 25, in ihrem Statement am<br />

Beginn der Demo hingewiesen, als sie kritisierte,<br />

dass mit diesem Budget Frauen in Zukunft<br />

wieder gezwungen sein werden, Pflege-<br />

und Betreuungsarbeit unentgeltlich zu<br />

leisten. Ein Teil der Arbeit wird auch an Frauen<br />

abgeschoben werden, die keine Angehörigen<br />

sind. Wenn das Land die notwendige Betreuung<br />

nicht mehr zahlt bzw. subventioniert,<br />

dann werden verstärkt migrantische Frauen<br />

in unterbezahlte, prekäre und noch schlechtere<br />

Arbeitsbedingungen gezwungen werden.<br />

Im Bereich der Altenpflege sehen wir das<br />

schon heute. Diese Kürzungsmaßnahmen<br />

haben also sehr viel mit der patriarchalen und<br />

rassistischen Verfasstheit unserer Gesellschaft<br />

zu tun.<br />

Dieser ganze ökonomische Sektor von Pflege<br />

und Betreuung ist den Bewegungen und<br />

Kämpfen der sechziger und siebziger Jahre<br />

des letzten Jahrhunderts geschuldet. Vor allem<br />

natürlich der Frauenbewegung, aber auch<br />

der Anti-Heim-Bewegung, der Anti-Psychiatrie-Bewegung,<br />

usw. Überall haben sich Frauen<br />

geweigert, diese Arbeit weiterhin unbezahlt<br />

zu leisten. Die kapitalistische Antwort<br />

auf diese Weigerung war es, diese Bereiche<br />

der Arbeit zu kapitalisieren, also daraus<br />

Lohnarbeitsverhältnisse zu machen. Hier<br />

kommen wir auch wieder auf die Argumentation<br />

zurück, dass die Streichung von Jobs<br />

in diesem Bereich ja nachteilig für den Beschäftigungs-<br />

und auch den Wirtschaftsstandort<br />

wäre. Dem ist aber nicht so. Nachdem<br />

diese Bereiche quasi über den Mehrwert,<br />

der anderswo geschaffen wird, „mitgetragen“<br />

werden müssen, tut es dem Wirtschaftsstandort<br />

tatsächlich gut, wenn dieser Sektor<br />

zurückgefahren wird. Für den Wirtschaftsstandort<br />

ist ja nicht entscheidend, wie viele<br />

Menschen in diesem Raum arbeiten, sondern<br />

ob die entsprechenden Profite gemacht werden.<br />

Dabei ist gar nicht so wichtig, ob diese<br />

Foto: Georg Fuchs<br />

...auf dem gar nicht alle<br />

DemonstrantInnen Platz<br />

fanden.<br />

facebook.com/ksvgraz


16 SCHWERPUNKT<br />

r0tcrowd<br />

Auch der schlafende Riese<br />

ÖGB wurde durch den<br />

Druck der Basis geweckt<br />

und rief schließlich<br />

gemeinsam mit der<br />

Plattform 25 am 26. April<br />

zu einer Demo auf...<br />

www.comunista.at<br />

Foto: Georg Fuchs<br />

Profite in einer absoluten Größe ein gewisses<br />

Niveau erreichen, sondern, ob die Profitrate<br />

stimmt, also wie viel Mehrwert (und in der<br />

Folge Gewinn) kann geschaffen werden im<br />

Verhältnis zum eingesetzten Kapital. Genau<br />

das stimmt eben seit Anfang der siebziger Jahre<br />

nicht mehr, und seit damals erleben wir<br />

vielschichtige Versuche, die Profitrate wieder<br />

„in Ordnung“ zu bringen. Daher macht es<br />

total Sinn, in diesen Bereich zu kürzen, Arbeitsplätze<br />

abzubauen und aus bezahlter<br />

Lohnarbeit wieder unbezahlte Arbeit zu machen.<br />

Diese Versuche hat es in allen Krisen<br />

der letzten Jahrhunderte gegeben. Für die Entwicklung<br />

der Profite und der Profitrate ist es<br />

ein ungeheurer Vorteil, wenn wieder ein größerer<br />

Teil des globalen Mehrwerts unbezahlt<br />

geschaffen wird. Viel brutaler und radikaler<br />

als hierzulande erleben wir diese Politik aktuell<br />

im globalen Süden.<br />

Wir haben die Krise!<br />

Mein Appell besteht darin, diese Zusammenhänge<br />

zu sehen. Die Krise ist längst nicht<br />

überwunden. Im Gegenteil. Die Politik der<br />

Landesregierung bewegt sich genau in diesem<br />

Feld. Es geht darum, die Verwertungsbedingungen<br />

des Kapitals wieder zu verbessern.<br />

Da dieses Budget als Teil dieser Krisenantwort<br />

von oben gesehen werden muss, öffnet<br />

sich von unten aber zugleich eine andere<br />

Perspektive. Es geht nicht nur um Einsparungen<br />

im Sozialbereich. Die Verschlechterungen<br />

in anderen gesellschaftlichen Bereichen stehen<br />

damit in direktem Zusammenhang.<br />

Wenn Menschen in Kurzarbeit geschickt wurden<br />

oder entlassen werden, Lohneinbußen<br />

hinnehmen mussten und der Arbeitsdruck<br />

erhöht wird, ist das nicht mal die andere Seite<br />

der Krisen-Medaille, sondern dieselbe!<br />

Aber nicht nur in den Betrieben spüren wir<br />

die Krise tagtäglich. Offiziell ist von einer Inflation<br />

von zwei, drei Prozent die Rede. In<br />

manchen Artikeln wird zwar die „gefühlte<br />

Inflation“ von sechs Prozent erwähnt, und das<br />

klingt ein wenig danach, als ob sich die Leute<br />

das einbilden würden, dass es so viel wäre.<br />

Aber diese „gefühlte“ Inflationsrate bezieht<br />

sich auf die Güter des täglichen Lebens. Die<br />

offizielle Inflationsrate wird ja dadurch gedrückt,<br />

dass beispielsweise Computer billiger<br />

werden, aber wie oft kaufe ich einen Computer<br />

und wie oft kaufe ich Brot Nicht auf die<br />

Gefahr hin, dass ich mich wiederhole, sondern<br />

weil es zentral ist, es immer wieder zu<br />

sagen, sei an dieser Stelle nochmal darauf hingewiesen,<br />

dass der Erfolg der aktuellen Proteste<br />

schlussendlich davon abhängen wird,<br />

ob es gelingt, dieser Krisenpolitik von oben,<br />

die so viele zu spüren bekommen, von unten<br />

etwas entgegenzusetzen, weil es eben nicht<br />

nur den Sozialbereich betrifft.<br />

Das Besondere an der aktuellen Krise ist,<br />

dass sie beileibe nicht bloß eine Finanzkrise<br />

wäre. Sie hat das gesamte gesellschaftliche<br />

System erfasst! Klimakrise, Hungerkrise, Energiekrise<br />

(„Peak Oil“, Atomindustrie) und so<br />

weiter und so fort... An allen Ecken und Enden<br />

wird deutlich, dass diese Gesellschaftsform,<br />

der Kapitalismus, nicht in der Lage ist,<br />

diese Probleme auch nur ansatzweise zu lösen.<br />

Wir befinden uns in einer welthistorischen<br />

Situation. Von der „Politik“ können wir in diesem<br />

Moment nichts erwarten. Das war auch<br />

bei der Demo am 25. März in vielen Redebeiträgen<br />

spürbar und zu hören. Was soll man<br />

sich von denen noch erwarten Dieses politische<br />

System befindet sich ebenfalls massiv in<br />

der Krise. Beinahe im Minutentakt erreichen<br />

uns Nachrichten von neuen Korruptionsfällen<br />

und Vetternwirtschaft. Bei jeder Wahl<br />

wird zur Kenntnis genommen, dass wieder<br />

mehr WählerInnen zuhause geblieben sind.<br />

Den Großparteien, also den Stützen der repräsentativen<br />

Demokratie, sind seit den achtziger<br />

Jahren die Hälfte der Mitglieder davon<br />

gelaufen, und von den Verbliebenen hat<br />

wiederum die Hälfte den 60. Geburtstag hinter<br />

sich. Auf europäischer Ebene, wohin ein<br />

Gutteil der nationalen Kompetenzen verlagert<br />

wurden, werkt ein Parlament, dem die fundamentalen<br />

parlamentarischen Rechte und Befugnisse<br />

fehlen. Die Institutionen auf globaler<br />

Ebene lassen demokratische Mitsprache<br />

überhaupt missen. Kann ernsthaft erwartet<br />

werden, dass von hier noch eine Änderung<br />

kommen könnte Nein, kann es nicht. Sie beweisen<br />

uns im Gegenteil, dass es um ganz<br />

anderes geht. Während der Sozial- und<br />

Bildungsbereich ruiniert wird, werden Milliarden<br />

verschleudert, um die Banken zu retten,<br />

die schon wieder fette Gewinne schreiben.<br />

Wenn die Industrie vermeintlich billige


0tcrowd<br />

STEIRISCHES BELASTUNGSPAKET<br />

17<br />

Atomenergie braucht und die Konzerne auf<br />

ihre Cashcows nicht verzichten wollen, nimmt<br />

man billigend in Kauf, dass ganze Landstriche<br />

unbewohnbar werden. Geht’s der Wirtschaft<br />

gut, geht’s uns allen gut!<br />

Empört euch nicht!<br />

Aber was tun Wie sieht eine tragfähige<br />

Alternative aus Bei der Demo wurden so einige<br />

Forderungen gestellt: Diese sinnlosen<br />

Prestigeprojekte sollten gestoppt werden, und<br />

in den Regierungsbüros sollte endlich der<br />

Sparstift angesetzt werden. Das ist alles richtig<br />

und sollte besser heute als morgen getan<br />

werden. Aber wir wissen selbst, dass das<br />

nicht reichen wird. Wir wissen auch, dass es<br />

nicht reichen wird, dieses Landesbudget zu<br />

verhindern. Damit ist wenig geholfen, wenn<br />

die Preise von Lebensmitteln, Wohnen, Energie,<br />

und allem anderen Lebensnotwendigen,<br />

weiter in die Höhe schießen, während die<br />

Löhne stagnieren. Damit ist den tausenden<br />

Erwerbslosen in diesem Land nicht geholfen,<br />

und den Tausenden, die unter der Armutsgrenze<br />

leben müssen ebensowenig. Die Zeit,<br />

in der wir leben, ist wirklich empörend, oder<br />

Aber es geht nicht darum sich zu empören.<br />

Die Empörung ist langweilig. Die, die sich<br />

empören, wirken wie die letzten Wächter und<br />

Verteidiger des untergehenden Systems. Empörend<br />

wäre es, wenn wir enttäuscht, oder<br />

hintergangen worden wären. Doch das würde<br />

voraussetzen, dass wir bisher ein gutes<br />

Leben gehabt hätten, dass wir bisher keine<br />

Sorgen gehabt hätten, wie wir die nächste<br />

Miete bezahlen, es uns nicht Angst machen<br />

würde, was sein wird, wenn wir krank oder<br />

alt sind, und wir nicht schon jetzt darum<br />

kämpfen müssen, wie wir unseren Kindern<br />

ein gutes Leben ermöglichen. Empörend wäre<br />

es, wenn wir nicht schon bisher in Angst um<br />

den Arbeitsplatz gelebt hätten, und so viele<br />

von uns nicht schon bisher so oft am Rande<br />

des Zusammenbruchs gewesen wären, weil<br />

wir mit diesem Druck einfach nicht mehr klarkommen.<br />

Dem war nicht so! Schon bisher war<br />

es ein tagtäglicher und oft entwürdigender<br />

Kampf. Wir haben also keinen Grund zur<br />

Empörung, aber viele Gründe, es endlich ganz<br />

anders zu machen.<br />

Von Seiten der IG Kultur, dem Dachverband<br />

unabhängiger Kulturinitiativen, wurde die<br />

Richtung angedeutet, die wir gehen sollten.<br />

Sie haben nicht die Forderung nach dem Verhindern<br />

der Minus 25 Prozent aufgestellt, sondern<br />

nach einem Plus von 25 Prozent verlangt.<br />

Ein erster Schritt, denn damit wäre zumindest<br />

mal das kompensiert, was uns in den letzten<br />

Jahren genommen wurde. Es ist Zeit, dass wir<br />

uns alles holen. Wenn der Druck von allen Seiten<br />

steigt, dann ist es Zeit, dass wir alle gemeinsam<br />

auf allen Ebenen handeln. Aber geht<br />

denn das Ist das nicht Utopie Sollten wir<br />

uns nicht darauf konzentrieren, das<br />

Schlimmste zu verhindern Doch erleben wir<br />

nicht gerade in diesen Tagen, dass alles möglich<br />

ist Vor einigen Monaten war es für die<br />

Menschen in Kairo eine Utopie, einfach unvorstellbar,<br />

dass es ein Leben ohne Mubarak<br />

und seinen Clan geben könnte. Und jetzt<br />

Zur Stärkung daher ein kleines Bonmot: Das<br />

Wirtschaftsmagazin The Economist hat vor einem<br />

Jahr, als die Krise voll im Gange war,<br />

eine recht interessante Weltkarte veröffentlicht.<br />

In den Regierungsbüros und den Konzernetagen<br />

war man sich einig, dass diese Krise<br />

zu noch mehr Armut, Erwerbslosigkeit und<br />

Verelendung bringen wird und damit das Risiko<br />

von sozialen Unruhen steigt. The Economist<br />

hat nun versucht dieses Risiko für soziale<br />

Unruhen darzustellen, damit die Konzernchefs<br />

wissen, wo sie vielleicht besser nicht investieren<br />

sollten, und die Regierungschefs<br />

gleich mal wissen, in welchem Land im Falle<br />

des Falles eingegriffen werden muss. Die Skala<br />

umfasst vier Risikostufen: „Niedrig“, „mittel“,<br />

„hoch“, und „sehr hoch“. Die meisten<br />

europäischen Länder – und auch Österreich<br />

– sind auf der Karte gelb („niedrig“) und beige<br />

(„mittel“) eingefärbt, also: „Keine Panik!<br />

Niedriges bis mittleres Risiko!“ Doch damit<br />

befinden wir uns in guter Gesellschaft. Tunesien,<br />

Ägypten, Libyen und Syrien erscheinen<br />

in denselben Farben. Dort wurde in den letzten<br />

Wochen und Monaten bewiesen, dass man<br />

jede Regierung verjagen, und den Versuch unternehmen<br />

kann, es ganz anders zu machen.<br />

Dr. LEO KÜHBERGER ist Historiker und arbeitet<br />

aktuell an einem Buch zu sozialen<br />

Kämpfen in der Krise.<br />

Foto: Georg Fuchs<br />

... und 15.000 Menschen<br />

demonstrierten gegen das<br />

unsoziale Belastungspaket.<br />

facebook.com/ksvgraz


18 ANTIFA<br />

r0tcrowd<br />

Innovative Neonazis,<br />

inaktive Behörden<br />

Österreichs Neonaziszene erfährt momentan nicht nur unerfreulich starken<br />

quantitativen Zuwachs, sie verändert auch hurtig ihre Strukturen. Die<br />

Kameraden haben dazu gelernt. Über die vom Gesetz her mit der Verfolgung<br />

neonazistischer Umtriebe betrauten Behörden lässt sich Gleiches allerdings<br />

nicht behaupten: Die schauen so wie eh und je weitgehend tatenlos zu – oder<br />

gleich weg. Die jüngst erfolgte Verhaftung der selbsternannten Neonazi-<br />

Größe Gottfried Küssel sollte daher keinesfalls überbewertet werden.<br />

Hat die Märtyrer-Nummer<br />

vergleichsweise gut drauf:<br />

Gottfried Küssel<br />

www.comunista.at<br />

von WOLFGANG PURTSCHELLER<br />

D<br />

ie Kronen-Zeitung war – Zufälle gibt’s<br />

– vorab informiert und postierte einen<br />

Redakteur vor dem Haus in Wien-Leopoldstadt.<br />

Als der Verfassungsschutz und die<br />

Sondereinheit Cobra dann am 11. April – offenbar<br />

unter Rücksichtsnahme auf die bekannt<br />

unorthodoxen Schlafgewohnheiten der<br />

hauptberuflichen Neonazis – am späten<br />

Nachmittag in das „Braune Haus“ eindrangen,<br />

durchsuchten sie neben dem Domizil des<br />

notorischen Nazi-Großmauls Gottfried<br />

Küssel auch die nebenan gelegene Behausung<br />

von Felix B., seines Zeichens rechte<br />

Hand Küssels. Dem B. wiederum werden<br />

Foto: http://insight.noblogs.org<br />

recht enge verwandtschaftliche Beziehungen<br />

zu einem Redakteur des einzigen vor Ort anwesenden<br />

Massenmediums nachgesagt. So<br />

viel zum Thema Überraschungseffekt.<br />

Anlass für die medial breit ausgewalzte<br />

polizeiliche Aktion war die Suche nach den<br />

Hintermännern der mittlerweile offline gegangenen<br />

neo-nationalsozialistischen Website<br />

alpen-donau.info. Die hatte seit März 2009 nationalsozialistisches<br />

Gedankengut verbreitet,<br />

politische GegnerInnen bedroht und geoutet<br />

und quasi als Grundtendenz ein Maß an rassistischen,<br />

vor allem aber pathologisch antisemitischen<br />

Tiraden geäußer(l)t, das selbst<br />

manchen der nicht eben zimperlichen Kameraden<br />

aus dem „Altreich“ die Nase rümpfen<br />

ließ. Vom allzu „forschen“, „rauhen“, „schrillen“<br />

Ton der ostmärkischen Kameraden war<br />

da in so manchem Neonazi-Forum die Rede.<br />

Dass die Kameraden ihre – folgt man dem<br />

österreichischen Strafgesetzbuch: schwerkriminelle<br />

– „Heimseite“ zwei Jahre lang unbehelligt<br />

durchziehen konnten, wurde von<br />

Staatsanwaltschaft und -schutz stets damit<br />

„erklärt“, dass selbige auf einem Gringo-Server<br />

liege. Weswegen sie dem Zugriff „unserer“<br />

ach so antifaschistischen Behörden entzogen<br />

sei. Weil ja NS-Wiederbetätigung<br />

leiderleiderleider in den USA kein strafbares<br />

Delikt darstelle. Das ist allein schon deswegen<br />

nicht wahr, da die Computer, von denen<br />

aus alpen-donau gefüttert wurde, eindeutig in<br />

Österreich standen – und immer noch stehen.<br />

Küssel, der „Märtyrer“<br />

Wer also jetzt hinter der Festnahme Küssels<br />

eine geniale Strategie der StrafverfolgerInnen<br />

vermutet, hält vermutlich Ex-Polizeiministerin<br />

Fekter für eine Menschenrechtsaktivistin. Den


0tcrowd<br />

ANTIFA<br />

19<br />

Küssel nämlich hätten sie wegen alpen-donau<br />

schon locker vor zwei Jahren abholen können.<br />

Sein Stallgeruch war in jedem Beitrag nachlesbar.<br />

So gesehen ist seine Verhaftung vorläufig<br />

kaum mehr als ein billiges und öffentlichkeitswirksames<br />

Alibi für auf dem rechten<br />

Auge notorisch blinde Strafverfolger.<br />

Und Küssel, der in der „großdeutschen“ Naziszene<br />

(hauptsächlich wegen seiner Knast-Erfahrung)<br />

zwar respektiert, aber alles andere als<br />

geliebt wird, darf sich mal wieder in seiner altbewährten<br />

Rolle als „Dissident“ und „Märtyrer“<br />

produzieren. Er kann nicht viel – aber diese<br />

Nummer hat er vergleichsweise gut drauf.<br />

Im Milieu wird Küssels Ansehen wieder steigen.<br />

Diese Aufwertung hatte er eh dringend<br />

nötig. In einem einschlägigen Forum formulierte<br />

ein Küsselianer: „Davon abgesehen ist<br />

eine Verurteilung und Gefängnisstrafe für<br />

Wiederbetätigung und ähnliche Delikte<br />

geradezu eine Auszeichnung und ein Adelsschlag<br />

für jeden aufrechten nationalen Widerstandskämpfer,<br />

etwas das man mit stolz(sic!)<br />

trägt.“<br />

Generationswechsel<br />

Um all diese Vorgänge richtig einordnen zu<br />

können, sollte ein Blick auf das Milieu geworfen<br />

werden, in dem einer wie Gottfried Küssel<br />

reüssieren kann. Tatsache ist, dass sich die<br />

österreichische NS-Szene in den letzten Jahren<br />

stark vergrößert, radikalisiert, vor allem<br />

aber verjüngt und qualifiziert hat.<br />

Gleichzeitig lässt sich ein rapider Niedergang<br />

der Traditionsvereine beobachten, die<br />

noch im vorigen Jahrhundert die Massenbasis<br />

der Neonazis stellten. Mit dem weitgehenden<br />

Aussterben der „Erlebnisgeneration“ (Szenewort<br />

für die unverbesserlichen Altnazis) fehlt<br />

diesen Militaristen-, Revanchisten- und „Kultur“-Verbänden<br />

das Bodenpersonal. Einzige<br />

Ausnahme: die deutschnationalen Burschenschaften,<br />

die nach wie vor das Kaderreservoir<br />

des legalen wie auch des illegalen, nationalsozialisten<br />

Rechtsextremismus bilden.<br />

Zwangsläufig musste in den letzten Jahren<br />

eine Riege jüngerer, aber dennoch erfahrener,<br />

oft burschenschaftlich sozialisierter<br />

und nicht selten knasterprobter Neonazis<br />

das Ruder übernehmen. Oberphrasendrescher<br />

in dieser Liga: Gottfried Küssel. Diese<br />

meist konspirativ agierenden Anführer bewegen<br />

sich in einem breiten Milieu rechtsextremer<br />

Hooligans, Kampfsportler, Skinheads,<br />

Burschenschafter und sonstiger<br />

Stammtischnazis. Ausgehend von diesen<br />

Milieus werden auch zunehmend Jugendliche<br />

in die Hardcore-Szene eingebunden.<br />

„Subkultur“<br />

Es gibt heute im Wesentlichen drei zentrale<br />

Schienen, über die die Integration Jugendlicher<br />

in die Szene abläuft: Musik, Internet,<br />

Fußball. Aber es sollte, gerade angesichts des<br />

drohenden Berufsheeres, auch die vierte, traditionelle<br />

Konstante nicht verschwiegen werden,<br />

nämlich das Bundesheer. Nicht wenige<br />

Neonazis geben an, über diese Schiene in die<br />

Szene geraten zu sein.<br />

Interessant ist, dass die rechtsextreme jugendliche<br />

Subkultur insbesondere in ländlichen<br />

Regionen blüht. Eher proletarisches Publikum<br />

in Kleinstädten wird zur Zeit am ehesten<br />

angesprochen. Dabei wurden die Lektionen<br />

aus der Repressionswelle in den 90er Jahren<br />

durchaus verinnerlicht. Die lokalen<br />

neonazistischen Strukturen treten nach außen<br />

hin als lose Cliquen und Freundeskreise auf,<br />

hierarchische Strukturen werden – zumindest<br />

nach außen hin – tunlichst vermieden. Die<br />

Vernetzung mit anderen, gleichgesinnten<br />

Gruppen besorgt(e) dann alpen-donau.info.<br />

Dabei hält auch in Österreich der Trend hin<br />

zu den „Autonomen Nationalisten“ an. Diese<br />

wollen nicht nur Aktions- und Organisationsformen<br />

der linken Autonomen kopieren,<br />

auch im Styling imitiert man „die Kameraden<br />

von der anderen Feldpostnummer“:<br />

Stiefelnazis und Glatzen sind ziemlich out,<br />

der Nazi von heute trägt gern auch mal<br />

Palästinensertuch, Baseballcap, schwarzen<br />

Kapuzenpulli und Jeans.<br />

WOLFGANG PURTSCHELLER ist Journalist und<br />

Autor zahlreicher Publikationen zum Thema<br />

Rechtsextremismus und Neonazismus.<br />

Foto: rfjwatch.wordpress.com<br />

Oben: Mittlerweile offline:<br />

diese „Heimseite“ venetzt<br />

die Nazis nicht mehr.<br />

Unten: Küssel (Bildmitte)<br />

mit Richard Pfingstl bei<br />

einem Neonazi-Sommerfest<br />

2007. Der damalige Funktionär<br />

des Rings Freiheitlicher<br />

Jugend (RFJ) steht<br />

nach einer Prügelorgie in<br />

der Grazer Pizzeria<br />

Zeppelin vor dem Richter.<br />

facebook.com/ksvgraz


20 DIE LETZTE SEITE<br />

r0tcrowd<br />

Denken ist modern #12<br />

Fesselung<br />

Entscheidung<br />

Zwei Möglichkeiten<br />

Nach welchem weißen Zug gab<br />

Schwarz auf, weil ein Matt unausweichlich<br />

war<br />

Wie kann Weiß hier ohne Risiko einen<br />

entscheidenden Vorteil herausholen<br />

Wie kann Weiß hier auf sicherem<br />

Wege Material erbeuten<br />

Auflösungen auf Anfrage an rotcrowd@hotmail.com<br />

Für die Auflösung des zweiten Rätsels werden zwei schöne Preise vergeben.<br />

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />

Einsendungen an rotcrowd@hotmail.com<br />

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O von Euch per E-Mail / Telefon kontaktiert werden<br />

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ZUR HAND !<br />

Graz<br />

Graz<br />

<strong>Kommunistischer</strong><br />

StudentInnenVerband<br />

Name: _________________________________________________________<br />

Anschrift: ______________________________________________________<br />

______________________________________________________________________________________<br />

Tel., E-Mail: ____________________________________________________<br />

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Lagergasse 98a,<br />

8020 Graz<br />

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