Besuch der alten Dame - Stowarzyszenie De Musica
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M u z y k a l i a IV · <strong>De</strong>utsches Heft 1<br />
ihren direkten Bezug zur Zeit gehabt hätte [...] insofern sind meine Opern Notate <strong>der</strong> Zeit“,<br />
Wi<strong>der</strong>spiegelung <strong>der</strong> Kriegserlebnisse, es ist auch eine Kritik <strong>der</strong> beobachteten Gesellschaft.<br />
4. 4. Die korrespondierenden Szenen<br />
Wenden wir uns den Ähnlichkeiten <strong>der</strong> korrespondierenden Szenen zu. Die 2. und 9. Szene spielt<br />
jeweils im Konradsweilerwald. Beide sind Adagios, beide in Allegro mo<strong>der</strong>ato, beide im 4/4-Metrum,<br />
einmal F-Dur, einmal Es-Dur. <strong>De</strong>m Ort entsprechend erklingt oft in beiden Szenen das Waldmotiv durch<br />
die Waldhörner, wie es schon in <strong>der</strong> romantischen Bedeutung <strong>der</strong> Ton- und Stimmungsmalerei war, und die<br />
Tuba beteiligt sich melodisch. Beide Instrumente klingen gedämpft, lieblich und ruhig. <strong>De</strong>m am Anfang<br />
vorgestellten Waldmotiv schließt sich <strong>der</strong> weibliche Chor mit <strong>der</strong> einfachen, lyrischen, an die Volksweise<br />
erinnernden Melodie. Auch Tenöre unterstützen den leisen, echohaften Gesang des Chores im Summen auf<br />
‚c‘. Die Szenen bekommen durch Anfangs- und Schlußakkorde auf Dominante Subdominante Tonika<br />
einen musikalischen Rahmen. Das Waldmotiv begleiten die Vogelrufe von Kuckuck und Specht. Sie<br />
werden nicht so transparent künstlich von den Schauspielern nachgeahmt wie im Dürrenmattschen Stück,<br />
son<strong>der</strong>n vom Orchester sehr gelungen und natürlich imitiert. In <strong>der</strong> 9. Szene erscheinen im 9/8-Takt a-moll<br />
Gitarrenklänge. Die Allegretto-Ballade wird vom Fagott begleitet, während Claire von Genevieve erzählt.<br />
Bald ertönt ein neues Gitarrenspiel im 3/2-Takt (Es-Dur, Andante), während Ill sagt: „Ich danke Dir für die<br />
Kränze, für die Chrysantheme“. Das lyrische Gitarrenthema wird durch die Trompeten wie<strong>der</strong>holt. Von<br />
Einem arbeitet mit Kontrasten, schon wie<strong>der</strong> än<strong>der</strong>t sich völlig die Stimmung <strong>der</strong> Szene, nachdem Claire in<br />
Zorn ausgebrochen war. „<strong>De</strong>r Nobelpreisträger kommt von seiner Ruine“ 90 . Nun spielen die Trompeten<br />
wie<strong>der</strong> ihr heiteres Allegro, damit Ill und Claire sich wie<strong>der</strong> lyrisch verabschieden können. Ähnliche<br />
Bezüge kann man in <strong>der</strong> 4. Und 8. Szene (Spezereihandlung I und II) erkennen. Beide Allegro, 3/4, einmal<br />
in H-Dur, einmal in A-Dur. In beiden ist das staccato oft präsent. Beide Szenen erfahren eine Steigerung<br />
<strong>der</strong> Spannung vom p bis zum ƒƒƒ, was die Verdichtung <strong>der</strong> Streicher zur Folge hat. In <strong>der</strong> ersten <strong>der</strong> beiden<br />
Szenen wird sie durch die neuen Schuhe Helmesbergers ausgelöst. Ill fühlt sich bedroht und gerät<br />
allmählich in Aufregung: „Womit wollt ihr zahlen“ 91 . Die zweite Szene beginnt heiter, Ill beschäftigt sich<br />
mit <strong>der</strong> neuen Kasse, bevor die Familie sich auf die gemeinsame Autofahrt begibt. Erst im Laufe des<br />
Gespräches mit dem Bürgermeister, <strong>der</strong> Ill den Selbstmord aufzwingen wird, spricht Ill von seinem<br />
Entschluß, sich <strong>der</strong> Gemeinde unterzuordnen. Wie<strong>der</strong> verdeutlicht die Musik die Parodie <strong>der</strong> Szene. Die<br />
lächerlichen Worte des Bürgermeisters „Ein gewisses Ehrgefühl glimmt noch in Ihnen“ 92 werden durch die<br />
spöttisch klingenden Sechzehnteltriolen <strong>der</strong> Blechbläser (Posaunen), das wechselnde Metrum von 4/4- auf<br />
3/4-Takt in L’istesso tempo und wie<strong>der</strong> 4/4-Takt begleitet. Ill wird noch die letzten Stunden seines Lebens<br />
nutzen. <strong>De</strong>r Bürgermeister geht zornig weg: „Schade. Sie verpassen die Chance sich reinzuwaschen, ein<br />
90<br />
Vgl. <strong>Besuch</strong>, S. 89.<br />
91<br />
Ebda, S.45.<br />
92<br />
Vgl. <strong>Besuch</strong>, S.81.<br />
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