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Umweltbericht 2004 - KAGes

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PVC-Medizinprodukte<br />

Im Gegensatz zu alltäglichen Gebrauchsgegenständen<br />

oder Verpackungen<br />

werden an Kunststoffe für medizinische<br />

Produkte besonders hohe Anforderungen<br />

gestellt. Daher kommen aus der<br />

Vielzahl der Kunststoffe nur einige wenige<br />

zur Anwendung. Einer, der am häufigsten<br />

verwendet wird, ist PVC (Polyvinylchlorid).<br />

Zahlreiche medizinische Einwegprodukte<br />

werden aus PVC hergestellt: Blut-<br />

und Ernährungsbeutel, Beutel für Körperflüssigkeiten,<br />

Schläuche, Katheter, Kanülen,<br />

Beatmungsmasken, Handschuhe,<br />

Leibschüsseln, aufblasbare Schienen. Zu<br />

PVC als Baustoff siehe Kap. Nachhaltiger<br />

Krankenhausbau.<br />

Sowohl die Herstellung und Entsorgung<br />

von PVC als auch die daran enthaltenen<br />

Zusatzstoffe sind aus ökologischer<br />

und gesundheitlicher Sicht aber sehr<br />

problematisch (siehe Infokasten).<br />

Gefährliche Weichmacher<br />

Besonders kritische Zusatzstoffe sind<br />

die Weichmacher, deren Anteil in Medizinprodukten<br />

bei 20 bis 40 % liegt, in<br />

Schläuchen sogar bis zu 80 %. Sie sorgen<br />

dafür, dass Beutel, Katheter und Kanülen<br />

weich und flexibel sind.<br />

Mehr als 90 % dieser Weichmacher<br />

stammen aus der chemischen Gruppe<br />

der Phtalate, am häufigsten wird DEHP<br />

(Di-Ethyl-Hexyl-Phtalat) eingesetzt.<br />

DEHP wird von der EU als „giftig“ eingestuft<br />

und ist mit den Gefahrenhinweisen<br />

„Kann die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen“<br />

und „Kann das Kind im Mutterleib<br />

schädigen“ zu kennzeichnen.<br />

DEHP ist nicht fest im PVC gebunden<br />

und kann sich daher bei der Anwendung<br />

von PVC-Produkten herauslösen. Studien<br />

zeigen, dass auf diese Weise beträchtliche<br />

Konzentrationen in den Patienten<br />

gelangen können. Besonders gesundheitsrelevant<br />

sind daher alle zuleitenden<br />

Systeme bei Infusionen, künstlicher<br />

Ernährung, Beatmung und Dialyse.<br />

PVC Vermeidung ist machbar<br />

Für alle Produkte mit Ausnahme von<br />

Blutbeuteln gibt es Alternativen ohne<br />

PVC, die sich zum Teil geringfügig in den<br />

Gebrauchseigenschaften unterscheiden<br />

und teilweise noch teurer sind.<br />

Trotzdem zeigen erfolgreiche Pilotprojekte,<br />

dass die Vermeidung möglich<br />

ist. Die Kinderklinik Glanzing im Wiener<br />

Wilheminenspital betreibt die erste PVC-<br />

freie Neonatologie, fast alle schwedischen<br />

Frühgeborenenstationen folgen<br />

diesem Beispiel. Im Gottfried von Preyer‘schen<br />

Kinderspital wurden PVC-Medizinprodukte<br />

weitgehend ausgeschieden.<br />

Die Einkaufsrichtlinien im Wiener Krankenanstaltenverbund<br />

verbieten PVC-Verpackungen.<br />

PVC-Produkte sind dort nur<br />

zulässig, wo es keine technisch und wirtschaftlich<br />

vertretbaren Alternativen gibt.<br />

Aktivitäten in der <strong>KAGes</strong><br />

In der <strong>KAGes</strong> ist die Menge von PVChältigen<br />

Einwegartikeln bislang nicht erhoben<br />

worden. Die mengenmäßig relevanten<br />

Produkte werden im konservativen<br />

und operativen Bereich verwendet:<br />

Spritzen und Infusionszubehör, Urinsammelgefäße,<br />

Beatmungsartikel, Anästhesiebedarf,<br />

Redonflaschen, OP-Masken,...<br />

Im Jahr <strong>2004</strong> wurden insgesamt<br />

10.239 unterschiedliche medizinische<br />

Einwegartikel um über 29 Millionen Euro<br />

unternehmensweit verbraucht. 264 Artikel<br />

wurden zentral ausgeschrieben. Etwa 90<br />

Ausschreibungsartikel wurden für die Zuleitung<br />

von Infusionen oder invasiv (in unmittelbarem<br />

Körperkontakt) angewendet<br />

und haben daher auch gesundheitliche<br />

Relevanz (siehe oben).<br />

Vor einem Umstieg müssen gemeinsam<br />

mit den Anwendern PVC-freie Produkte<br />

am Markt gefunden und in der Anwendung<br />

getestet werden. Das erfordert<br />

Sensibilisierung und Information bei Ärzten,<br />

Pflegepersonal und Einkaufsabteilung.<br />

Projekte im Wiener KAV zeigen,<br />

dass viele Hersteller bereits gleichpreisige<br />

PVC-freie Produkte anbieten.<br />

Die Zentrale Umweltkoordination<br />

plant für die nächsten Jahre die sukzessive<br />

Durchforstung der Produktgruppen<br />

nach PVC-Artikeln, beginnend bei den<br />

zentral ausgeschriebenen Produkten.<br />

Im Jahr 2005 wollen das LKH Mürzzuschlag<br />

für den Bereich Intensivmedizin<br />

/ Anästhesie, das LKH Deutschlandsberg<br />

für Gynäkologie / Geburtshilfe und<br />

das LKH-Univ.Klinikum Graz für die Neonatologie<br />

als Vorreiter PVC-Erhebungen<br />

und Anwendungstests mit PVC-freien<br />

Produkten durchführen.<br />

Umweltauswirkungen<br />

Problemfall PVC<br />

Ausgangsstoff für den Massenkunststoff<br />

Polyvinylchlorid (PVC) sind<br />

Chlor und Ethylen. Das hochgiftige<br />

Chlorgas wird aus Steinsalz mit Strom<br />

(Elektrolyse) gewonnen und ist Ausgangsstoff<br />

für vielfältige Produkte der<br />

Chlorchemie, darunter die chlorierten<br />

Kohlenwasserstoffe als Hauptursache<br />

für die Zerstörung der Ozonschicht.<br />

Ethylen wird in der Raffinerie aus<br />

Erdöl gewonnen und mit Chlor zu<br />

Vinylchlorid (VC) zusammengesetzt,<br />

das auch in sehr kleinen Mengen<br />

krebserregend wirkt. Anschließend<br />

wird VC zu Riesenmolekülen, dem<br />

PVC, verknüpft. Obwohl die Herstellung<br />

von PVC in geschlossenen Produktionslinien<br />

erfolgt, gelangen noch<br />

immer beträchtliche Mengen an giftigen<br />

VC in die Umwelt.<br />

Um PVC die für die jeweilige Anwendung<br />

gewünschten Eigenschaften<br />

zu geben, werden noch eine Reihe<br />

von Substanzen zugesetzt: Weichmacher,<br />

Stabilisatoren, Antioxidantien,<br />

Gleitmittel, Flammschutzmittel, Antistatika,<br />

Farb- und Treibmittel, etc.<br />

Sie haben einen Anteil von bis zu 80<br />

Prozent und bestimmen daher die<br />

ökologischen und gesundheitlichen<br />

Risken wesentlich mit.<br />

Für Medizinprodukte besonders<br />

relevant sind die Weichmacher, insbesondere<br />

das gesundheitsgefährdende<br />

DEHP (Di-2-Ethyl-Hexyl-Phtalat).<br />

Bei der Herstellung entweichen vier<br />

bis acht Prozent, ein weit größerer<br />

Teil während der Verwendung der<br />

Produkte.<br />

Bei der PVC-Entsorgung in einer<br />

Müllverbrennungsanlage bilden sich<br />

große Mengen an Salzsäure, die<br />

durch teure Filteranlagen entfernt werden<br />

müssen, ebenso wie die verschiedenartigen<br />

chlorierten Kohlenwasserstoffe<br />

(hochgiftige Dioxine und Furane,<br />

Chlorbenzole und PCB).<br />

Deponierte PVC-Abfälle verrotten<br />

nicht, die Zusatzstoffe können aber<br />

freigesetzt werden und in die Umwelt<br />

gelangen. Recyclingaktivitäten<br />

stecken noch in den Kinderschuhen.<br />

Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft m.b.H. Seite 21

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