Yell 17 - BrettspielWelt
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<strong>Yell</strong> Nr. <strong>17</strong> September 2005<br />
Persönliche Relativzeitzonen statt<br />
unflexibler Starrzeit<br />
Bald ists wieder so weit – die Zeitumstellung<br />
Die alljährliche Zeitumstellung auf Sommerzeit<br />
und zurück zeigt eindrücklich, welch tiefer<br />
mentaler Riß das Land teilt. Hoffnungslose<br />
Frohnaturen reagieren unbeirrt beglückt: "Oh,<br />
jetzt ist es eine Stunde länger hell" und im<br />
Herbst "Schön, jetzt können wir eine Stunde<br />
länger schlafen". Während aufgeklärte<br />
Frustologen natürlich scharfsichtig erkennen:<br />
"Mist, eine Stunde früher aufstehen." Und ein<br />
halbes Jahr später: "Oh nein, schon wieder so<br />
früh dunkel, ätzend!" Das führt doch alles<br />
nicht weiter. Deshalb wollen wir an dieser<br />
Stelle ausnahmsweise einmal<br />
einen konstruktiven<br />
Vorschlag machen: Wir<br />
fordern eine Zeitumstellung,<br />
die diesen Namen auch<br />
verdient. Wir verlangen den<br />
endgültigen Abschied von<br />
der längst überholten<br />
mechanischen Starrzeit<br />
sowie die Einführung<br />
sinnvoller und sozial<br />
verträglicher Zeitzonen.<br />
Die Wissenschaft kennt seit langem die<br />
Bedeutung relativer Zeiträume. Vorlesungen<br />
beginnen in der Regel um 10 Uhr C.T., also<br />
eine Viertelstunde später, damit man einen<br />
Parkplatz suchen, einen Kaffee holen, den<br />
Raum finden oder sein Gespräch auf dem Flur<br />
beenden kann. S.T., also die penible<br />
Starrzeitangabe konnte sich wegen<br />
nachhaltigem Widerstand des<br />
wissenschaftlichen Nachwuchses nicht<br />
durchsetzen.<br />
Die völlig unflexible MEZ (Mitteleuropäische<br />
Zeit) wird ersetzt durch ein Bündel individuell<br />
anpaßbarer Relativzeitzonen.<br />
DZ: die Daumenzeit zählt zu den natürlichen<br />
Meßmethoden (nach Klaus-Ogimo). Sie<br />
orientiert sich an Rhythmen von Tag und<br />
Nacht, Mondphasen sowie Jahreszeiten und<br />
zählt übrigens auch zu den kirchlich erlaubten<br />
Methoden der Verspätungsverhütung. Und die<br />
geht so: Draußen wird es dunkler. Aha,<br />
schließen wir: Es wird Abend, muß also<br />
zwischen 16.30 und 22.30 Uhr sein nach der<br />
Ex-MEZ. Die Sicherheit dieser Methode kann<br />
noch erhöht werden durch den Abgleich mit<br />
Jahreszeittabellen. Diese altbewährte<br />
Naturzeitmethode besticht durch ausgedehnte<br />
Unschärferelationen, die neue Zeitgestaltungsspielräume<br />
eröffnen und<br />
funktioniert obendrein<br />
sozusagen "rund um die<br />
Uhr".<br />
Tip: Vorher checken, ob die<br />
Rollos nicht unten oder in<br />
dem verräuchterten Kellerloch,<br />
in dem Sie sich gerade<br />
rumtreiben, womöglich gar<br />
keine Fenster sind (dann<br />
werden alternative Methoden<br />
zur Zeitmessung empfohlen). Pioniere der<br />
Daumenzeit gehen noch weiter und<br />
orientieren sich ausschließlich an der<br />
Jahreszeit.<br />
MESZ: Meine Eigene Schlafzeit. Diese<br />
Zeitzone orientiert sich an persönlichen<br />
Bedürfnissen der Ruhezeit, Schonzeit und<br />
Siestazeit, dem exakten Zeitpunkt des<br />
Ausgeschlafenseins und gemütlich<br />
Gefrühstückthabens.<br />
GZ: Gefühlte Zeit kontrastiert die überholte<br />
Starrzeit mit der persönlich empfundenen<br />
Stunde. Etwa: Morgens, wenn der Wecker<br />
völlig unflexibel um 8 Uhr Starrzeit klingelt,<br />
ergibt ein kurzer Blick auf die GZ: Viel zu früh.<br />
5.07 Uhr - also noch drei Stunden schlafen.<br />
yell@brettspielwelt.de Seite 15 21.09.2005