Kolorektale Karzinome - Klinik für Hämatologie und Onkologie ...
Kolorektale Karzinome - Klinik für Hämatologie und Onkologie ...
Kolorektale Karzinome - Klinik für Hämatologie und Onkologie ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
R-Klassifikation (Residualtumor)<br />
Sicht des Pathologen<br />
Die Anwendung einer Klassifikation von Residualtumor nach einer chirurgischen Therapie primärer<br />
maligner Tumoren ist 1978 vom American Joint Committee on Cancer (AJCC) empfohlen worden. Der<br />
Ansatz dieser extrem prognoserelevanten Bewertung stellte eine notwendige <strong>und</strong> wertvolle Ergänzung der<br />
Konzepte des TNM <strong>und</strong> pTNM dar, bei denen das mögliche Verbleiben von Tumorgewebe in situ nicht<br />
abgebildet wird.<br />
Auf der Gr<strong>und</strong>lage dieser ersten R-Klassifikation erfolgte durch die UICC 1987 eine Weiterentwicklung<br />
dahingehend, dass sowohl der maligne Primärtumor als auch dessen mögliche Metastasen<br />
Berücksichtigung fanden. In diesem Konzept etablierte man die R-Klassifikation als eine<br />
prognoserelevante Größe, die in vier einfachen Kategorien das posttherapeutische Staging umfassend,<br />
bezogen auf den Patienten als Ganzes, abbilden sollte 1) Diesem erweiterten Konzept (R = Residualtumor<br />
im gesamten Körper), dass chirurgische <strong>und</strong> nicht chirurgische Therapiemodalitäten abbildet, stimmte<br />
nachfolgend das AJCC zu.<br />
Das Besondere an der R-Klassifikation ist somit die ganzheitliche Betrachtung des posttherapeutischen<br />
Tumorpatienten mit Berücksichtigung aller „durch die derzeit verfügbaren <strong>und</strong> allgemein akzeptierten<br />
Kategorien des posttherapeutischen R - Status<br />
R0 = kein Residualtumor im Patienten<br />
R1 = mikroskopischer Nachweis von Residualtumor<br />
R2 = makroskopischer Nachweis von Residualtumor<br />
Rx = Vorhandensein von Residualtumor kann nicht beurteilt werden<br />
diagnostischen Methoden“ erkennbaren Tumormanifestationen im gesamten Organismus. Dieses Vorhaben<br />
kann nur interdisziplinär verwirklicht werden <strong>und</strong> ist nicht, wie vereinfachend angenommen wird, die<br />
alleinige Aufgabe der Pathologie. Eine pR-Klassifikation ist nicht etabliert. Um den korrekten R-Status<br />
eines Tumorpatienten zu ermitteln, müssen neben der histologischen Beurteilung der Präparateränder, der<br />
Operationssitus (beurteilt durch den Chirurgen), das Staging in der Bildgebung (beurteilt durch den<br />
Radiologen) <strong>und</strong> ggf. andere klinische Gegebenheiten (z.B. Tumorrezidiv, Modalitäten vorangegangener<br />
Tumor- bzw. Metastasenbehandlung) berücksichtigt werden, d.h. die Pathologie kann nur einen Baustein<br />
zur R-Klassifikation liefern. Dieser Beitrag ist zwar wesentlich, jedoch nicht allein gültig. Insofern ist zu<br />
betonen, dass besonders der den Patienten klinisch behandelnde Arzt den prognoserelevanten R-Status in<br />
der ganzheitlichen Zusammenschau der verschiedenen Einzelbef<strong>und</strong>e von Pathologie, Radiologie <strong>und</strong><br />
<strong>Klinik</strong> bewerten kann. In Fällen, wo die Tumorbehandlung ausschließlich durch Radio- <strong>und</strong>/oder Radio-<br />
/Chemotherapie erfolgt, ergibt sich die R-Klassifikation ohne Mitbeteiligung der Pathologie allein aus den<br />
klinischen Untersuchungsergebnissen.<br />
Streng genommen kann durch die Pathologie am Operationspräparat bei Untersuchung der<br />
Resektionsränder aber ohne Kenntnis der klinischen Situation (z.B. Tumorabsiedlungen, Nachresektionen<br />
etc.) nur ein Rx–Status mit dem Zusatz vergeben werden, dass die Resektionsränder z.B. tumorfrei sind.<br />
Dagegen steht ein in der Praxis etabliertes, aber nicht unproblematisches Verfahren. Es geschieht<br />
vergleichsweise häufig, daß ohne Kenntnis der klinischen Situation eine lokale R-Klassifikation von der<br />
Pathologie angegeben wird, die dann kritiklos vom <strong>Klinik</strong>er übernommen <strong>und</strong> nicht durch die ganzheitliche<br />
Sicht auf den Tumorpatienten modifiziert wird. In dieser eingeschränkten Sichtweise wird der R-Status nur<br />
als ein Kriterium zur Beurteilung der Radikalität bzw. des aktuellen Erfolgs der lokalen chirurgischen<br />
Therapie verwendet. Das „R“ der R-Klassifikation wird in dieser vereinfachenden Sichtweise als „Rand<br />
des Präparates“ <strong>und</strong> nicht als „Residuum des Tumors im Patienten“ verstanden. Die prognostische<br />
Aussagekraft der R-Klassifikation wird durch diese Verfahrensweise in hohem Maße eingeschränkt.<br />
Ein Beispiel mag diesen komplexen Sachverhalt illustrieren. Es wird ein Kolonkarzinom lokal erfolgreich<br />
operiert, die Resektionsränder sind makroskopisch <strong>und</strong> mikroskopisch sämtlich tumorfrei. Entsprechend<br />
dieser Gegebenheiten besteht, bezogen auf das Operationspräparat, lokal eine R0–Situation. Gleichzeitig<br />
hat der Patient aber noch Lebermetastasen, die in der Bildgebung nachweisbar sind <strong>und</strong> im Rahmen der<br />
Operation nicht beseitigt oder anderweitig therapeutisch angegangen werden. In der ganzheitlichen Sicht<br />
des Tumorpatienten besteht somit ein Zustand von makroskopisch nachweisbaren Tumormanifestationen,<br />
also eine R2 – Situation. Insofern ist es durchaus möglich, dass trotz lokal radikalen chirurgischen<br />
Vorgehens ein R2–Status vorliegen kann.<br />
1) Wittekind C, Chirurg, 2007, 78:785-791, Wittekind C, <strong>Onkologie</strong>, 2006, 12:803-814<br />
214