Titel - Berliner Ärzte
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T I T E L T H E M A<br />
Dabei stand am Anfang dieser<br />
Recher che eine denkbar einfache<br />
Frage: „Wie steht es um die notfallmedizinische<br />
Versorgung am geplanten<br />
Flughafen Berlin-Brandenburg“ Die<br />
Frage ist berechtigt, schließlich sollen<br />
den Groß stadtflughafen „BER“ einmal<br />
45 Milli o nen Passagiere im Jahr bereisen.<br />
Zu Beginn sollen es wenigstens 27<br />
Milli o nen sein; das sind fast 74.000<br />
Men schen am Tag – nicht mitgezählt<br />
die 20.000 Angestellten sowie Besucher<br />
und Begleitpersonen. Bei dieser Masse<br />
an Menschen lassen sich Notfälle nicht<br />
vermeiden und bei einigen hundert<br />
Starts und Landungen am Tag muss<br />
auch der Katastrophenfall bedacht sein.<br />
Der Ärztliche Leiter des Rettungsdiens -<br />
tes der <strong>Berliner</strong> Feuerwehr, Dr. Stefan<br />
Poloczek, unterteilt die medizinische<br />
Versorgung an Flughäfen in fünf<br />
Kategorien: Erstens den Alltagsnotfall<br />
(Passagier bricht sich das Bein), zweitens<br />
den Arbeitsunfall (Mitarbeiter<br />
bricht sich das Bein), drittens die ambulante<br />
Akutversorgung (Passagier hat<br />
eine Erkältung), viertens die Katastro -<br />
phe (Flugzeug stürzt ab), fünftens den<br />
Seuchenfall (Passagier hat Ebola). Wer<br />
für welchen Fall zuständig ist, ist klar<br />
geregelt – doch da beginnt das Problem.<br />
Verteilte Zuständigkeiten<br />
Denn obwohl der zukünftige Großflug -<br />
hafen den Namen BER trägt, wird er in<br />
Schönefeld gebaut – und steht damit<br />
auf brandenburgischem Boden. Zustän<br />
dig ist folglich erst einmal das<br />
Land Brandenburg bzw. der Landkreis<br />
Dahme-Spreewald. Während in Berlin<br />
sowohl die Brandbekämpfung als auch<br />
der Rettungsdienst Aufgabe der Feuer -<br />
wehr ist, sind die Zuständigkeiten in<br />
Brandenburg verteilt.<br />
Wenn in Schönefeld ein Feuer wütet,<br />
dann rückt die Feuerwehr zum Löschen<br />
aus; bricht sich am gleichen Ort ein<br />
Mensch den Fuß, dann fährt – im<br />
Auftrag des Rettungsdienstes Dahme-<br />
Spreewald – die Johanniter-Unfall-Hilfe<br />
zum Verletzten. Was auf den ersten<br />
Blick nach einer sinnvollen Aufgaben -<br />
teilung aussieht, führt auf dem zukünftigen<br />
Flughafen zu einer ersten<br />
Schwierigkeit. Denn die Internationale<br />
Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO)<br />
schreibt vor, dass der Großflughafen<br />
eine eigene Werksfeuerwehr beschäftigen<br />
muss. Aufgrund der Größe des<br />
Geländes, der Masse an Menschen und<br />
des erhöhten Gefahrenpotentials durch<br />
den Flugverkehr ist die Betreiberge -<br />
sellschaft Flughafen Berlin Brandenburg<br />
GmbH (FBB) verpflichtet, hauptamtliche<br />
Brandbekämpfer anzustellen. Vor allem,<br />
um die Sicherheit der eigenen Mitar -<br />
bei ter und damit des gesamten Flugver -<br />
kehrs zu gewährleisten.<br />
Ebenfalls vorgeschrieben für die Sicher -<br />
heit der eigenen Angestellten ist ein<br />
Rettungswagen (RTW) auf dem Gelän de.<br />
Dieser ist besetzt mit einem Rettungs -<br />
sanitäter und einem Rettungsassisten -<br />
ten und untersteht der Leitung der<br />
Werksfeuerwehr.<br />
Da der Flughafen Berlin-Tegel (TXL) bei<br />
Eröffnung des Großflughafen BER aufgelöst<br />
werden soll, wird die Tegeler<br />
Berufsfeuerwehr zum neuen Flughafen<br />
nach Brandenburg umziehen und damit<br />
am neuen Ort den gesetzlichen Vorga -<br />
ben zum Werksschutz nachkommen.<br />
Der RTW wird mit umgesiedelt und<br />
auch weiterhin von der Werksfeuerwehr<br />
betrieben.<br />
Obwohl der BER fast das doppelte<br />
Passagieraufkommen von Tegel haben<br />
wird, steht dem zukünftigen Großflug -<br />
hafen lediglich der eine Rettungswagen<br />
des TXL zur Verfügung, der eigentlich<br />
nur für die Versorgung des Bodenper -<br />
sonals zuständig ist. Im Vergleich dazu<br />
hat der Flughafen Frankfurt am Main<br />
mit jährlich 57 Millionen Passagieren<br />
ständig drei bis vier RTW auf dem<br />
Gelände.<br />
1. Alltagsnotfall<br />
Welche zusätzliche Hürde die bereits<br />
erwähnte Arbeitsteilung zwischen<br />
Feuerwehr und Rettungsdienst für<br />
den BER bereitet, zeigt sich an einem<br />
einfachen Vergleich zwischen Berlin<br />
und Brandenburg. Wenn sich heute in<br />
Tegel ein Geschäftsreisender aus<br />
Zürich auf der Fluggastbrücke den<br />
Fuß verstaucht, dann holt ihn der<br />
Rettungswagen der Werksfeuerwehr<br />
ab und fährt ihn zum nächstgelegenen<br />
Krankenhaus zum Röntgen.<br />
Wenn sich derselbe Reisende jedoch<br />
am zukünftigen Hauptstadtflughafen<br />
den Fuß vertritt, dann fährt ihn derselbe<br />
RTW nur noch bis zum Flug -<br />
hafentor. Denn im Gegensatz zu Tegel<br />
darf der von der Werksfeuerwehr<br />
betriebene Rettungswagen des BER<br />
den Flughafen nicht mehr verlassen,<br />
weil das Brandenburger Feuerwehr -<br />
gesetz die Tätigkeit der Betriebs -<br />
feuerwehr im Rettungsdienst ausschließt.<br />
Die Krankenfahrt endet<br />
also erst einmal am Flughafentor<br />
Schönefeld. Dort muss der Züricher<br />
Geschäftsreisende aussteigen und in<br />
ein Fahrzeug der Johanniter-Unfall-<br />
Hilfe hüpfen, um darin weiter zum<br />
Röntgen gefahren zu werden.<br />
Beim verstauchten Knöchel mag<br />
das zwar lästig sein, im Falle eines<br />
Herzinfarktes aber könnte das<br />
Verladen lebenswichtige Minuten<br />
kosten. Warum also bekommt die<br />
Flughafenfeuerwehr keine Sonder -<br />
genehmigung, um ihre Verletzten<br />
direkt ins Krankenhaus fahren zu<br />
dürfen Eine mögliche Antwort<br />
liegt bei den Kosten: Für jede Fahrt<br />
des Rettungsdienstes Dahme-<br />
Spree wald bekommt der Kreis<br />
530 Euro von den Krankenkassen.<br />
Übernähme die Werksfeuerwehr<br />
die Fahrt, stünde ihr die Summe zu.<br />
Doch das allein genügt nicht als<br />
Begründung.<br />
BERLINER ÄRZTE 12/2013 S. 15<br />
B E R L I N E R Ä R Z T E 12/2013 S. 15