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Titel - Berliner Ärzte

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BERLINER9/ 2013 50.JahrgangÄRZTEDie offizielle Zeit schrift der <strong>Ärzte</strong>kammer BerlinBeiKreuzbeschwerden:Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie IhrenAbgeordneten oder studieren Sie diese Ausgabe.Bundestagswahl2013


E D I T O R I A LWahl 2013 –Duales Systemversus „Einheitsversicherung“Im Zusammenhang mit der Wahl werdenwieder viele Themen angesprochen.Schaut man genauer hin, werdennicht selten Probleme mit Leidenschaftdiskutiert, die weitgehend in Brüsseloder Straßburg entschieden werden. DieGesundheitspolitik gehört diesmal wenigerdazu, obwohl in unserem Lande bishernoch die alten nationalstaatlichenRechte gelten wie teilweise noch im19. Jahrhundert. Dass unterschiedlicheModelle denkbar sind, zeigt ein Blick aufEuropa: Von der voll steuerfinanziertenStaatsmedizin bis zur privatwirtschaftlichorganisierten Versorgung, prämienoderbeitragsfinanziert, alles ist möglich.In Deutschland wird die Krankenversorgung,wie sie prägend ist für die beruflichenMöglichkeiten und Zwänge der<strong>Ärzte</strong>schaft, durch Gesetze des Bundestagesbestimmt, die zum Teil bis inskleinste Detail alles regeln – siehe SGB V!Deshalb will BERLINER ÄRZTE im vorliegendenHeft die aktuellen Pläne derParteien für unser Gesundheitssystemmal genauer unter die Lupe nehmen, derÜbersicht halber beschränkt auf die fünfderzeit im Bundestag vertretenen Fraktionen.Da hat sich vieles getan, insbesonderebei SPD und Grünen. Wer in der<strong>Ärzte</strong>schaft hat schon wirklich realisiert,Dr. med. Elmar WilleArzt für Augenheilkunde undVizepräsident der <strong>Ärzte</strong>kammerBerlinFoto: Foto: K. privat Friedrichdass diese Parteien das seit BismarcksZeiten bestehende Nebeneinander vonprivater und gesetzlicher Versicherungzu Gunsten einer Einheitsversicherung,genannt Bürgerversicherung, abschaffenwollen? Wollen Sie das auch? Der Deutsche<strong>Ärzte</strong>tag in diesem Jahr in Hannoverwollte das nicht (siehe S. 19)! Verständlich,denn wer wagt schon, sich auf die Zusageder „gleichbleibenden Gesamtvergütung“zu verlassen? Frei nach dem Motto, wersich auf Politikerzusagen verlässt, ist verlassen,haben wir <strong>Ärzte</strong> in den letzten vierJahren mit den Zugeständnissen aus derPolitik – egal von welcher Partei – ja aucheher sehr schlechte Erfahrungen gemacht.Wenn Herr Schäuble und FrauMerkel (und vor ihnen Eichel und Schröder)ihre Versprechungen gehalten hättenund vertragstreu (Maastricht) gewesenwären, ja dann hätte z.B. die <strong>Berliner</strong><strong>Ärzte</strong>versorgung viele Millionen mehr inder Deckungsrückstellung. Vom Trauerspielum die GOÄ ganz zu schweigen.2009 wurde erstmals ein Arzt Gesundheitsminister.Seine Partei gilt gemeinhinals den freien Berufen zugewandt. ImKoalitionsvertrag 2009 wurde sodannversprochen, die GOÄ von 1982 ! endlichzu reformieren – wofür übrigens auchhier allein der Bund zuständig ist. Manglaubt es nicht. Der Arzt und Gesundheitsministergibt sein Ressort nach 1,5Jahren ab, ohne seine Ankündigungenumzusetzen und der neue Minister, eingelernter Bankkaufmann/Volkswirt,schiebt dieses grundlegende Thema aufdie lange Bank. Hingegen erhielten dieZahnärzte eine neue GOZ, die Tierärzteund Rechtsanwälte eine pauschaleAnpassung ihrer Honorare und diePatienten bekommen ein Patientenrechtegesetz.Allein die <strong>Ärzte</strong>schaft bliebaußen vor.A propos Patientenrechte, im Lichte neuerEreignisse, die von außen diese Republikerreichen, sprich der NSA-Skandal, sindwir <strong>Ärzte</strong> doch gut beraten, uns zumThema Datensicherheit und Umgang mitelektronischen Medien gut zu informieren.Unsere Patienten haben ein Rechtdarauf, von uns aufgeklärt zu werden,wie großzügig im Sozialsystem mit intimstenDaten umgegangen wird und wound wie lange diese gespeichert werden.Jeder schaue sich da seine ICD-Codierungenan. Nach diesem Skandal solltendoch alle Netzwerk-Freunde sowieTelematik- und eGK-Befürworter sehrnachdenklich werden. Glauben Sie denZusicherungen des Amtes für Datensicherheit?Ich nicht. Auch meine ich,dass wer einen gläsernen Arzt oderPsychotherapeuten will, der bekommtauch einen gläsernen Patienten! Dasheißt in letzter Konsequenz: Wahrlich,ein Orwell-Szenario. Besonders einfachumzusetzen bei einer Einheitskasse füralle. Prüfen Sie diesbezüglich bitte dieParteiprogramme! Sind diese wirklich(Unwort des Jahres 2010): „alternativlos“?BERLINER ÄRZTE 9/2013 S. 3


B U C H B E S P R E C H U N GB U C H B E S P R E C H U N G„Personale“, nicht„Personalisierte“ MedizinGerhard Danzer: Personale MedizinVerlag Hans Huber, Bern 2012550 S. geb. 39,95 EUHier geht’s nicht um die Sorte„Personalisierung“, die Patientenenttäuscht, weil nicht sie, sondern nurihre genetischen Biomarker ernst genommenwerden. Der Autor diesesSchwergewichts, Schüler und Mit ar beitervon Josef Rattner und Psycho somatik-Chefin Neuruppin, geht vielmehrsogar über das biopsychosoziale Konzeptmoderner Psychosomatiker hinaus:Nach seiner Auffassung ist die gesamtePsychosomatik nur eine Vorform der„Personalen Medizin“. Denn zur Persongehöre neben Materie, Leben und Seelenoch eine vierte Dimension: Geist. Diegeistig-kulturellen Facetten des Menschenaber seien selbst in der psychosomatischenMedizin unterrepräsentiert.Danzer erklärt ausführlich den Begriffder Person. Es folgt ein thematischerRundumschlag, der kaum ein Problemder Anthropologie, Philosophie, Psychologieund Medizin auslässt. Zum Beispielerläutert er beredt den Unterschied zwischenKörper und Leib, die Definitionvon Gesundheit und Krankheit querdurch die Kultur- und Medizingeschichte,das Maschinenmodell des Menschen(das den Arzt zum „Uhrmacher“ degradiert),die Problematik von Befund undBefinden, die entscheidende Bedeutungder Anamnese und des Arzt-Patient-Verhältnisses, die Notwendigkeit derVerknüpfung von evidenzbasierter undnarrativer Medizin, um nur einige wichtigePunkte herauszugreifen…Der Theorie folgt die Praxis der PersonalenMedizin, dargestellt an exemplarischenStörungen. Dabei wird das „Personale“zum Glück nicht überzogen; derAutor distanziert sich beispielsweise vonfragwürdigen Hypothesen zur Geneseder Krebskrankheiten. Nicht nur dasRegister und die jedem Abschnitt folgendenLiteraturverzeichnisse zeugenvon der immensen Belesen- und Gelehrsamkeitdes Verfassers, auch der Textselbst ist beladen, ja überladen mit ständigenHinweisen auf Koryphäen vielerwissenschaftlicher Disziplinen sowie derBelletristik. Die Botschaft des Buches istklar und höchst begrüßenswert: „DieBehandlung sollte von der Biologie… bisin die personale Dimension desPatienten reichen.“ Dem an zeit- undMußemangel leidenden Arzt könntenicht nur dieses Postulat, sondern auchdie verwirrende Überfülle des Bucheszuschaffen machen – embarras de richesse.Einer der wichtigsten von vielen interessantenHinweisen Danzers auf andereAutoren: „Der amerikanische KardiologeBernard Lown (geb. 1921) meint sogar,die Ignoranz in Bezug auf die Individualitätvon Kranken mache das ‚inhumaneKernstück’ der heutigen Medizin aus.“Lesen Sie Danzer – und wenn Ihnen dieLektüre vielleicht zu mühlselig wird undSie die harte Hand eines unerbittlichenLektors vermissen: Lesen Sie Lowns „Dieverlorene Kunst des Heilens“ wiederund wieder.R. St.ANZEIGEBER L INER Ä R Z T E 9/2013 S. 4


BERLINERÄRZTE aktuellGeschichteÜber 180 Charité-<strong>Ärzte</strong> entlassenSie bekamen einDenkmalEndlich hat die Charité einenOrt des Gedenkens an ihredurch die Nazis verfolgten, vertriebenen,zu Tode gekommenenMitglieder. Ihre Medizinhistorikerhatten sich ein Jahrzehntlang vergeblich dafüreingesetzt. Nun brachte derDruck des <strong>Berliner</strong> Gedenkjahrs„Zerstörte Vielfalt“ den Durchbruch:Auf dem Campus Mitte(Virchowweg 6) stehen jetztzwei Säulen. Sie erinnern an diejüdischen Lehrenden – fast dieHälfte der Fakultät – und dieanderen aus politischen Motivenverfolgten Dozenten. DasSchicksal der unliebsamen Assistenten,anderen Mitarbeiternund Studenten ist noch kaumerforscht. Bisher wurden mehrals 180 Namen entlassener Privatdozentenund außerordentlicherProfessoren ermittelt.Sie stehen alle auf der erstenSäule. Außerdem wird man dortmit einem kurzen Text insThema eingeführt. Man erfährtetwas über die Eskalation derVerfolgung, von den Entlassungennach den Rassegesetzen,die Klinikdirektoren und Institutsleiternoch vorm Inkrafttretenwillfährig vollzogen, überden Entzug der Lehrbefugnisund dann auch der Approbation,bis zum Exil, zur Deportationins KZ oder zum Suizid. DieNamen jener Dozenten derMedizinischen Fakultät, dieunmittelbar durch die Verfolgungden Tod fanden, sindnoch einmal extra aufgelistet.Die zweite Säule zeigt exemplarischsechs Kurzbiographienverfolgter Charité-<strong>Ärzte</strong> samtBildern, die nach drei Monatengegen sechs andere ausgewechseltwerden.Die bekanntesten: RudolphNissen, Erster Oberarzt Sauerbruchs,nach der EmigrationChirurgieprofessor in New York,seit 1952 in Basel, wo er 1981starb. Älteren Kollegen ist ervielleicht noch als Kongressreferentbekannt, sicher aber alsChirurgielehrbuchautor. –Arthur Kronfeld, erster deutscherProfessor für Psychotherapieund Mitbegründerdes Instituts für Sexualwissenschaftvon MagnusHirschfeld.Der Pharmakologe OttoKrayer, der sofort entlassenwurde, weil er – als einziger –einen Lehrstuhl mit derBegründung ablehnte, dasser durch die Vertreibungeines jüdischen Kollegen freigeworden war.Alle Texte schrieb Udo Schagenvon der ForschungsstelleZeitgeschichte im medizinhistorischenCharité-Institut.Näheres in dem von ihm undSabine SchleiermacherherausgegebenenBuch„Die Charitéim DrittenReich“,Paderborn2008.R. St.KlinikstandUmfrage unterÄrztinnen und<strong>Ärzte</strong>nKlinikstand, das Meinungsforumfür Klinikpersonal,macht eine unabhängigeund konstruktive Umfrageunter <strong>Ärzte</strong>n und Ärztinnen.Wie ist er wirklich, derStand der Dinge an <strong>Berliner</strong>Kliniken? Sagen Sie IhreMeinung auf www.klinikstand.de/umfrage2013.Die Ergebnisse werden ab01.10.2013 auf www.klinikstand.deveröffentlicht.Auf klinikstand.de können<strong>Ärzte</strong> und Pflegekräfte,ohne ihre Namen preiszugeben,Beiträge zum„Stand der Dinge“ in ihrenKliniken schreiben. Dabeiversteht sich das Portalnicht als „Meckerkasten“,sondern als Plattform fürkonstruktive Kritik. Es fordertdie Nutzer dazu auf,Verbesserungsvorschlägeund Lösungsmodelle einzubringen,Meinungen undWünsche zu äußern.ANZEIGEB EBER R L I NL EINER R ÄR ZÄT RE Z9/2013 T E 9/2013 S. 6 S. 6


N A C H R I C H T E NKongressNaturheiltage BerlinHerbstkongress 2013 – Kurs IIFreitag bis Sonntag, 25.-27.10. und 08.-10.11.2013Weiterbildung zum Erwerbder Zusatzbezeichnung„Naturheilverfahren“ mitZertifizierung (38 Punkte)Veranstalter: <strong>Ärzte</strong>gesellschaftfür Naturheilverfahren (Physiotherapie)Berlin-Brandenburg e.V.Inhalte:Physikalische Therapie25.u. 26.10.2013Vegitative Regulation;Einführung in die Thermotherapie;kompl. physikalischeEntstauungstherapiePhytotherapie 26.10.2013bei Herz-/Kreislauferkrankungen;Erkältungs- und Atemwegserkr.;HNO- und Hauterkr.; Wechseljahrbeschwerdenund Prostataprobl.Ordnungstherapie 08.11.2013Gesundheitsberatung;das ärztliche Gespräch;NLP in der PraxisErnährungstherapie09.11. 2013 vorm.Formen der vegetarischenErnährung; Supplementierungvon Nahrungsergänzungsmitteln/Mikronährstoffen09.11. 2013 nachm.Schwerpunktthema:OnkologieNeuraltherapie 10.11. 2013Einführung; Praxis;FalldarstellungAnmeldung: NaturheiltageBerlin, c/o Dr. med. ReinholdHeinzler, Tel: 01758557262,E-Mail: r.heinzler@web.deVeranstaltungsort:St. Gertrauden Krankenhaus,Paretzer Str. 12,10713 Berlin-WilmersdorfKursgebühren:360,00 € für den gesamtenKurs II. Ermäßigungen unterbestimmten Voraussetzungenund bei entsprechendemNachweis.Ausführliches Programm unter:www.naturheiltage-berlin.deChefarztwechsel undneue StrukturenAus <strong>Berliner</strong> Krankenhäusern wurdenuns folgende Änderungen gemeldet:Fliedner Klinik Berlin PD Dr. Mazda Adli, ehemalsOberarzt der Klinik für Psychiatrieund Psychotherapie der Charite Campus Mitte und Leiterdes Forschungsbereichs Affektive Störungen hat seit Juli dieLeitung der Fliedner Klinik Berlin übernommen. Als internationalbekannter Experte für depressive und Stressfolgeerkrankungenwird er einen Schwerpunkt zur Behandlung undPrävention von psychischen Störungen der urbanen Bevölkerungetablieren. Er trat die Nachfolge von Prof. Dr. MarkusGastpar an, der nach sieben erfolgreichen Jahren die Leitungaltersbedingt abgegeben hat und der Klinik weiterhin inambulanten Sprechstunden verbunden bleibt.ZAR Zentrum für ambulanteRehabilitation Gartenstraße GmbHDr. Thomas Langist seit Mai neuerChefarzt derorthopädischen Abteilung des ZAR Zentrum für ambulanteRehabilitation Gartenstraße GmbH. Dr. Lang war zuvor als LeitenderArzt im Reha Zentrum im Oberlinhaus gGmbH in Potsdamtätig und tritt die Nachfolge von Dr. Sebastian Bader an.Bitte informieren Sie uns über Veränderungen bei Chefarztpositionenund Abteilungsstrukturen in Ihrem Hause.Tel. 40 80 6-4100/-4101, Fax: -4199, E-Mail: e.piotter@aekb.deoder s.rudat@aekb.deANZEIGE


N A C H R I C H T E NKurs„Grundlagen der medizinischenBegutachtung“ Ein Kurs in drei Modulen nachdem 40-stündigem Curriculum der BundesärztekammerBasierend auf dem Curriculumder Bundesärztekammer bietetdie <strong>Ärzte</strong>kammer Berlin ab Mai2014 für alle in Weiterbildungbefindlichen Kolleginnen und Kollegenund für Interessierte ausKlinik und Praxis erneut den Kurs„Grundlagen der medizinischenBegutachtung“ an. AllgemeineGrundlagen zur Begutachtungund Anforderungen an Gutachtensowie spezielle Fragestellungender Versicherungs- und Sozialleistungsträgerbilden Schwerpunktedes Curriculums. Dabei werdennicht nur medizinisch-fachlicheFragen, sondern auch juristische,sozialversicherungsrechtliche undrechtsmedizinische Aspekte derBegutachtung in deren Grundlagenbehandelt. Anhand von Fallvorstellungendiskutieren ausgewieseneExperten fachspezifischeFragen der Begutachtung. In denfreien Intervallen zwischen denPräsenzveranstaltungen erstellendie Teilnehmer zwei Gutachten,deren Ergebnisse im Plenumzusammengefasst werden.Wiss. Leitung: Prof. Dr. P. Marx(ehemals Neurologische Klinik,Charité – Campus BenjaminFranklin, Berlin)Termine: Modul I: 09./10.05.2014Modul II: 23./24.05.2014/Modul III:27./28.06.2014 (freitags jeweils13.00-19.30 Uhr; samstags jeweils08.00-14.00 Uhr)Ort: Konferenzsaal der<strong>Ärzte</strong>kammer Berlin,Friedrichstr. 16, 10969 BerlinBei erfolgreicher Teilnahme anallen drei Modulen wird eine Teilnahmebescheinigungder <strong>Ärzte</strong>kammerBerlin ausgestellt. Insgesamtwerden 45 Fortbildungspunkte(15 pro Modul) vergeben.Die Teilnahmegebühr für dieModule I-III beträgt insgesamt400,00 €Informationen und Anmeldung:E-mail: begutachtung@aekb.deTel: 030/40806-1203SymposiumEU-Finanzkrise und dieAuswirkung auf die psychischeGesundheit in SüdeuropaWährend die wirtschaftlichen Auswirkungen der europäischenFinanzkrise zu viel öffentlicher Aufmerksamkeit führen, haben dieEinschnitte in der Gesundheitsversorgung bisher eher wenig Beachtunggefunden. Insbesondere die psychische Gesundheit reagiertauf ökonomische Krisen sehr empfindlich: Der „Lancet“ veröffentlichteim März Untersuchungen, die einen Anstieg an Depressionen,Angststörungen, Drogenmissbrauch und Suiziden belegen („Financialcrisis, austerity, and health in Europe“ (The Lancet, Vol. 381 No.9874 pp 1323-1331). Deshalb kommt eine der Autorinnen des Lancet-Artikels, Marina Karanikolos, zu dem Schluss: „Die Konsequenzen derrezessionsbedingten Politik werden die Bürger Europas noch langenach Ende der eigentlichen Krise zu spüren bekommen.“Marina Karanikolos wird auf Einladung der Klinik für Psychiatrieund Psychotherapie der Charité, CA Prof. Andreas Heinz,am 10.09.2013 um 18.00 Uhr in der „Berlin School of Mind andBrain“ (Humboldt-Universität, Luisenstraße 56, Haus 1, 10117 Berlin)<strong>Titel</strong>: „The effect of economic crisis and austerity on mental healthand services in Europe“ihre Erkenntnisse vermitteln. Unterstützt wird die Veranstaltungvon der Berlin School of Mind and Brain und der FrAktion Gesundheit.Das Symposium wird auf Englisch abgehalten werden.ANZEIGENB E R L I N E R ÄR Z T E 9/2013 S. 8


N A C H R I C H T E NLeserbrief„Das Ausmaß der Folgen von Medikationsfehlern“BERLINER ÄRZTE 8/2013, S. 23In dem Beitrag zitieren Sie eineUntersuchungen aus Krankenhäusernder USA, nach der „jeder3. Patient während des stationärenAufenthalts behandlungsbedingteunerwünschteEreignisse erlitt“ und „2 % derunerwünschten Ereignisse [d.h.jedes 50ste] zum Tode führten“.Danach stirbt also in den USAjeder 150ste Patient an den unerwünschtenFolgen der Krankenhausbehandlung.Bei etwasmehr als 18,3 Millionen Krankenhauspatienten(Fallzahl lt. DeutscheKrankenhausgesellschaft)in Deutschland im Jahre 2011wären dies mehr als 122.000 Toteim Jahr in Deutschland durch dieunerwünschten Folgen einerKrankenhaushausbehandlung.Selbst wenn man unterschiedlicheStandards im Gesundheitssystemder USA und Deutschlandsannimmt, erscheint mir dieerrechnete Anzahl, und damitauch die von Ihrer Zeitschriftzitierten, zugrunde liegendenProzentzahlen, sehr hoch.Trotzdem halte ich es für sehrwichtig, eine nachvollziehbareRangfolge der Ursachen behandlungsbedingterunerwünschterEreignisse zu erstellen, weildie Behebung des größtenProblems den größten Erfolgverspricht z.B. im Hinblick aufgerettete Leben usw.PD Dr. med. habil. Gregor CaspariBerlinRedaktionelle AnmerkungDie Zahlen aus den USA gebennur einen (wenn auch deutlichen)Hinweis darauf, das Arzneimitteltherapiesicherheit(AMTS) ein hoch relevantes Problemin allen industrialisiertenLändern ist. Grundsätzlich kannman aber in anderen Ländernerhobene Zahlen nicht auf dasdeutsche Gesundheitswesenhochrechnen, hierzu sind dieBegriffsdefinitionen, dieMethodik der Studie, dasGesundheitswesen als solchesund die Bewertungsverfahrenfür Nebenwirkungen zu unterschiedlich.Wünschenswertwäre es, wenn es auch fürDeutschland mehr Versorgungsforschungfür den Bereichder AMTS gäbe. Dies ist abereine Frage der Verteilung vonRessourcen.Dr. med. Amin-Farid AlyReferent ArzneimitteltherapiesicherheitArzneimittelkommission derdeutschen <strong>Ärzte</strong>schaftANZEIGE


S I C H E R E R V E R O R D N E NTetrazepamRuhen der Zulassungab 01.08.2013Das BfArM hat nach einem nicht einstimmigeneuropäischen Verfahren zur Risikobewertungdas Ruhen der Zulassung Tetrazepam-haltiger Arzneimittel (Musaril®,Generika) zum 1. August 2013 angeordnet.Grund für diese Maßnahme waren Berichteüber schwerwiegende und lebensbedrohlicheHautreaktionen (wie z.B.Stevens-Johnson-Syndrom) und Kontaktdermatitiden,auftretend zu jedem Zeitpunktder Therapie und nicht vorhersehbar.Das Nutzen-Risiko-Verhältnis wirdauch aufgrund eines unsicheren therapeutischenNutzens negativ beurteilt.Aufgrund eines strukturellen Unter schiedesvon Tetrazepam im Vergleich zu anderenBenzodiazepinen besteht keine Kreuz-reaktion, so dass andere Benzodiazepineweiter eingenommen werden können.Das Absetzen von Tetrazepam sollte beiPatienten mit bereits länger andauernderTherapie mit Tetrazepam (mehr als eineWoche) schrittweise erfolgen, um Absetzphänomenezu vermeiden.Quellen: Bull. AM-Sicherheit 2013 (2), 03-11;Pharm. Ztg. 2013; 158(26): 105OlmesartanZöliakie-ähnliche DurchfälleDer Angiotensin-II-Rezeptorblocker Olmesartankann schwere, Zöliakie-ähnlicheDurchfälle mit Atrophie und Entzündungder Dünndarmmukosa verursachen. Bei 22Patienten in den USA besserten sichHistologie und Symptome nach Absetzendes Arzneistoffes, bei erneuter Expositionkam es bei 10 Patienten wieder zu ähnlichenSymptomen. Diese als Dechallengebzw. Rechallenge bezeichnete Vorgehensweisegilt allgemein als beweisend für einenKausalzusammenhang zwischen Arzneistoffund aufgetretener unerwünschterWirkung (UAW). Sollte es unter derEinnahme von Olmesartan zu Durchfalloder Gewichtsverlust kommen (auch erstnach längerer Einnahme auftretend), solltean diese seltene UAW gedacht werden.Ein Absetzen und Abwarten scheint gerechtfertigt.Quelle: www.aerzteblatt.de/nachrichten/55047Ihr Ansprechpartner bei Rückfragen: Dr. Günter Hopf, <strong>Ärzte</strong>kammer Nordrhein,Tersteegenstr. 9, 40474 Düsseldorf, Tel. 0211 4302-2272Nachdruck aus dem Rheinischen <strong>Ärzte</strong>blatt 8/2013ANZEIGENBER L INER Ä R Z T E 9/2013 S. 10


B U N D E S I N S T I T U T EGehalte an Pyrrolizidinalkaloiden in Kräutertees undTees sind zu hochPyrrolizidinalkaloide sind sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe,die von einer Vielzahlweltweit vorkommender Pflanzenartenzum Schutz vor Fraß feinden gebildetwerden. Das Vorkommen von Pyrro lizidinalkaloiden in Pflanzen variiert starknach Pflanzenart und Teil der Pflanze undwird auch von weiteren Faktoren (z.B.Klima, Bodenbeschaffenheiten) beeinflusst.Aufgrund ihres gesundheits schädigendenPotenzials sind ins besondere1,2-ungesättigte Pyr rolizidinalkaloide(PA) in Le -bens- und Futtermitteln unerwünscht.In hoher Dosierungkönnen sie akut zu Leberschädigungenführen. Im Tierversuch habensich bestimmte PA als genotoxischeKanzerogene erwiesen.Aktuelles ForschungsprojektDas BfR führt derzeit ein Forschungsprojektzum Thema „Bestimmung vonPyrrolizidinalkaloiden in Lebens- undFutter mitteln“ durch. Dabei wurden zunächstverschiedene handels üblicheKräu tertee- und Teeproben sowie Teedrogenuntersucht. Als erste Ergebnisseder nicht repräsentativen Untersuchungenwurden Summengehalte von0 bis 3,4 Milligramm Pyrrolizidinalkaloidepro Kilogramm Trockenprodukt ermittelt.In einigen Proben sind unerwartet hoheGehalte an Pyrrolizidin alkaloiden in denKräutertee- und Teeproben gemessen. Indie Schätzung der Exposition wurden folgendeKräuterteesorten einbezogen:Babyfencheltee, Fencheltee, Kamillentee,Kräutertee, Pfefferminztee, Brennnesselteeund Melissentee.Da sich einige der nachweisbaren Pyrrolizidinalkaloideim Tierversuch als genotoxischeKanzerogene erwiesen haben,sind diese Gehalte zu hoch und solltenmöglichst gesenkt werden. Dazu gehörenKontrollen der Kräuter tee- undTeechargen vor der Vermarktung und eineErforschung der Ursache seitens derWirt schaftsbeteiligten. Trotz der in Einzelfällen unerwartet hohen Gehalte inden Proben ist eine akute Gesundheitsschädigung bei kurzfristiger Aufnahmefür Erwachsene und Kinder unwahrscheinlich.Keine gesicherten AussagenmöglichBei längerfristigem Verzehr überdurchschnittlichhoher Mengen vonProdukten mit den derzeit gemessenenmittleren und hohenGehalten an Pyrrolizidinalkaloiden könnte aber, wennsich die ersten Daten bestätigen, einRisiko einer gesundheitlichen Gefährdung,insbesondere bei Kindern, Schwangeren und Stillenden, bestehen. Allerdingsschwanken die Gehalte einzelnerProben auch innerhalb der gleichenTeesorte erheblich, sodass sichere Aussagenzum gesundheitlichen Risiko beiregelmäßiger Aufnahme belasteter Teeaufgüssederzeit noch nicht möglich sind.Eltern wird daher vorerst empfohlen, ihrenKindern nicht ausschließlich Kräuterteesund Tee anzubieten. Auch Schwangereund Stillen de sollten Kräu terteesund Tee abwechselnd mit anderen Getränkenkonsumieren. Die ersten erhobenenDaten des Forschungsprojekts müssen,zum Beispiel im Rahmen des Lebensmittel-Monitorings,verifiziert werden.Generell rät das BfR zu Abwechslung undVielfalt bei der Auswahl von Lebensmitteln,um einseitigen Belastungen mitverschiedenen potenziell gesundheitsgefährdendenStoffen, mit deren vereinzeltemVorkommen in Lebensmitteln gerechnetwerden muss, vorzubeugen.BER L INER Ä R Z T E 9/2013 S. 11


ÄRZTEKAMMER aktuellTransplantationenSave the dateÜbergreifende Allianz für mehrTransparenz bei OrganspendenDie Abläufe der Organspendeund -transplantation sollen inBerlin transparenter und vertrauenswürdigerwerden. DiesesZiel hat sich in der Hauptstadtein breites Bündnis vonVertretern aus Medizin, Forschung,Politik und Verbändengesetzt und am 8. August imAbgeordnetenhaus die „<strong>Berliner</strong>Erklärung Organspende“vorgestellt. Das Bündnis will dieBürgerinnen und Bürger mitverständlichen Informationenbesser aufklären und so dazuanregen, sich bewusst für odergegen eine mögliche Organspendezu entscheiden. Damitsoll die Chance auf ein lebensrettendesSpenderorgan fürBetroffene erhöht werden.KursImpfungen in der PraxisUngeachtet notwendiger bundesweiterMaßnahmen sollendazu in Berlin weitergehendeMaßnahmen umgesetzt werden:• Das <strong>Berliner</strong> Transplantationsgeschehensoll transparenterund für die Öffentlichkeitnachvollziehbar gemachtwerden.• Die historisch guten Elementedes <strong>Berliner</strong> Transplantationswesenssollen noch bessergenutzt und gestärkt werden.• Die Transplantationszentrensollen durch die Entwicklungvon Benchmarks und Qualitätskriteriensystematischerbewertet sowie deren Strukturenund Prozesse verbessertwerden.Praxisrelevantes Tagesseminar zu den aktuellenSTIKO-Empfehlungen und den allgemeinenGrundlagen von Aufklärung bis Impfversager,Nutzen-Risikoabwägung in der Schwangerschaft,Reiseimpfungen und praxisrelevante Fragen.Termin: Sonnabend, 30. November 2013,9.00 - 17.30 UhrKursleitung: Dr. med. Christian Schönfeld, ehem.Leiter der Reisemedizinischen Ambulanz, Institut• Die <strong>Berliner</strong> Situation soll zumVorbild werden, indem überbundesweite Vorgaben hinausgegangenwird. Dies beinhaltetetwa die Veröffentlichungvon Ergebnissen undPrüfberichten, die Vermeidungvon Chefarzt-Aufschlägen undDoppelmitgliedschaften inEntscheidungsgremien.• Durch die Gründung einesBeirats soll eine zusätzlicheStruktur geschaffen werden,die sich regelmäßig mit dem<strong>Berliner</strong> Transplantationssystembeschäftigt und Verbesserungsvorschlägeerarbeitet.Der Präsident der <strong>Ärzte</strong>kammerBerlin, Dr. Günther Jonitz, der zuden Erstunterzeichnern gehört,erklärte: „Unter dem Transplantationsskandalleiden vor allemdie, die auf ein Organ warten.Mit der <strong>Berliner</strong> Erklärung wirdeine neue, breitere Basis fürdie Belange dieser Menschengeschaffen und Vertrauenwieder hergestellt.Unser Ziel muss es sein, in Berlineine führende Rolle im Transplantationsweseneinzunehmen.Diese Leuchtturmfunktionerreichen wir, indem wir überdie bundesweiten Vorgabenhinausgehen und mit Hilfeeines Beirats die Situationkontinuierlich analysierenund Verbesserungsvorschlägemachen.“für Tropenmedizin und internationale Gesundheit,Charité – Universitätsmedizin BerlinKursgebühr: 100 Euro (inkl. Verpflegung),10 FortbildungspunkteVeranstaltungsort: Kaiserin-Friedrich-Haus,Robert-Koch-Platz 7, 10115 BerlinAnmeldung: <strong>Ärzte</strong>kammer BerlinTel.: 030.408 06 1215/ Fax: 408 06 55-1399E-Mail: fb-aag@aekb.de2. Fortbildungskongressder <strong>Ärzte</strong>kammerBerlin in Kooperation mitder Arzneimittelkommissionder deutschen <strong>Ärzte</strong>schaftTermin: Samstag, 23. 11. 2013,9.00 – 17.00 UhrOrt: <strong>Ärzte</strong>kammer BerlinDer 2. Fortbildungskongress der<strong>Ärzte</strong>kammer Berlin in Kooperationmit der Arzneimittelkommissionder deutschen <strong>Ärzte</strong>schaft ist dieFortsetzung des erstmals imDezember 2012 mit durchweg positiverResonanz durchgeführten1. Fortbildungskongresses, der sichexplizit mit dem Thema „SauberesWissen in der Medizin“ befassthatte. Ziel des diesjährigen Kongressesist es, den Teilnehmern einUpdate zu ausgewählten Themenzu geben und die Fragen: „Was gibtes Neues? Welche neuen Therapiekonzepteleiten sich daraus ab?“ zubeantworten. Wir möchten Ihnenwieder die Möglichkeit geben, sichfrei von wirtschaftlichen InteressenDritter, auf höchstem Niveau undin ansprechender Weise über Entwicklungenund den aktuellenStand der gesicherten medizinischenund ärztlichen Erkenntnis zuProblemen der Patientenversorgungzu informieren und auszutauschen.Nähere Informationenzum Programm finden Sie auf derHomepage der <strong>Ärzte</strong>kammer Berlinwww.aerztekammer-berlin.deWir freuen uns auf Ihre Voranmeldungunter fortbildungskongress@aekb.deDie Teilnehmerzahl ist begrenzt.KongressleitungDr. med. Günther Jonitz,Prof. Dr. med. Wolf-Dieter Ludwig,Dr. med. Matthias Brockstedt,Stephan BernhardtKongressorganisation<strong>Ärzte</strong>kammer Berlin, AbteilungFortbildung/QualitätssicherungDr. med. Henning Schaefer,Andrea HofmannBERLINER ÄRZTE ÄRZTE 9/2013 9/2013 S. 12S. 12


NACHRICHTENArzneimittelThalidomid und Lenalidomid: BesondereRichtlinien bei der Verschreibung beachten!Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Mediazinprodukte(BfArM) weist darauf hin, dass beider Verschreibung von Arzneimitteln mit denWirkstoffen Thalidomid und Lenalidomid dieAnforderungen von § 3a Arzneimittelverschreibungsverordnung(AMVV) unbedingt eingehaltenwerden müssen. Die zur Verschreibung vonArzneimitteln mit den Wirkstoffen Thalidomidund Lenalidomid erforderlichen Sonderrezepte(„T-Rezepte“) sind vom einzelnen Arzt/Ärztinbeim BfArM persönlich anzufordern und dementsprechendpersonenbezogen zu verwenden.Im Vertretungsfall darf die Vertretung die T-Rezepte der ärztlichen Person, die sie vertritt, nurdann verwenden, wenn beide ihre Sachkundenach § 3a Abs. 5 AMVV nachgewiesen haben,beide also im T-Register des BfArM registriertsind.Die verschreibende ärztliche Person muss beieiner Verschreibung von lenalidomid- und thalidomidhaltigenArzneimitteln auf einem T-Rezeptneben den allgemeinen Regelungen der Arzneimittelverschreibungsverordnung(vgl. § 2 AMVV)insbesondere die Anforderungen des § 3a AMVVerfüllen.Folgende Angaben muss die verschreibendeärztliche Person auf dem T-Rezept machen:1. Name und Geburtsdatum der/desPatientin/Patienten (vgl. § 2 Abs. 1 AMVV)2. Datum der Ausfertigung (Gültigkeit bis zu 6Tage nach dem Verschreibungsdatum!)(vgl. § 2 Abs. 1 und § 3a Abs. 4 AMVV)3. Bestätigung durch Ankreuzen: Alle Sicherheitsbestimmungenwerden eingehalten unddem/der Patient(in) wurde das medizinischeInformationsmaterial ausgehändigt (vgl. § 3aAbs. 2 AMVV)4. Bestätigung durch Ankreuzen: Entweder „In-Label“ oder „Off-Label“ (vgl. § 3a Abs. 2 AMVV)5. Bezeichnung, Darreichungsform und Mengedes Fertigarzneimittels inkl. der Stärke(Höchstmenge ist begrenzt!) (vgl. § 2 Abs. 1und § 3a Abs. 3 AMVV)6. Name, Berufsbezeichnung und Anschrift derverschreibenden ärztlichen Person (vgl. § 2Abs. 1 AMVV)7. Die eigenhändige Unterschrift der verschreibendenärztlichen Person (vgl. § 2 Abs. 1AMVV)Arzneimittel, die Thalidomid oder Lenalidomid enthalten,dürfen insbesondere in den Fällen nichtabgegeben werden, in denen auf dem Rezept dieBestätigungen fehlen, dass die Sicherheitsbestimmungeneingehalten werden und dass dem Patient/derPatientin das entsprechende Informationsmaterialausgehändigt wurde. Dies gilt auchfür Folgeverordnungen; diese Bestätigungen müssenauf jedem T-Rezept erfolgen.Für Auswertungszwecke bittet das BfArM dieApotheken und Krankenhausapotheken um einordnungsgemäßes Ausfüllen der T-Rezepte undderen Durchschriften (Teil II) unter Berücksichtigungder Regelungen des § 17 Abs. 6 ApBetrO, sodass folgende Angaben gemacht werden:8. Abgabedatum in der Apotheke(vgl. § 17 Abs. 6 ApBetrO)Hierbei ist darauf zu achten, dass die Gültigkeitsdauerdes T-Rezeptes von sechs Tagennicht überschritten wurde.9. gültige PZN (Pharmazentralnummer)(vgl. § 17 Abs. 6 ApBetrO)10. Faktor (Anzahl der Packungen)11. Apotheken-Nummer / IK(Institutionskennzeichen)Ferner bittet das BfArM um den Aufdruck des Apothekenstempelsauf der Rückseite der Durchschrift(Teil II).Der vor dem 15.09.2011 durch das BfArM versandteamtliche Vordruck (T-Rezept) kann nach wie vorverwendet werden. Für das Ausfüllen dieser Formdes T-Rezeptes bzw. seiner Durchschrift gilt dasoben Gesagte.Die beiden amtlichen Vordrucke unterscheidensich nur durch die äußere Form und dadurch, dassauf den früher versandten Rezepten bis zu drei Verordnungenmöglich sind.Weiterführende Informationen sind den Bekanntmachungendes BfArM zu lenalidomid- und thalidomidhaltigenArzneimitteln vom 08.12.2008 bzw.17.06.2011 sowie den FAQs zu entnehmen, welcheauf der Homepage des BfArM (www.bfarm.de)unter „Pharmakovigilanz → Risikoinformationen→ AMVV Thalidomid / Lenalidomid“ abrufbar sind.AufstiegsfortbildungFortbildungsprüfung„Fachwirt/in fürambulante medizinischeVersorgung“Schriftliche Prüfungenim Winter 2013Die <strong>Ärzte</strong>kammer Berlin führt dienächsten schriftlichen Fortbildungsprüfungenim Rahmen derAufstiegsfortbildung „Fachwirt/infür ambulante medizinische Versorgung“am 5. Dezember 2013 in der<strong>Ärzte</strong>kammer Berlin, Friedrichstr. 16,10969 Berlin (Kreuzberg), durch.Prüfungsbewerber werden gebeten,sich mit folgenden Unterlagenanzumelden:1. Zeugnis über die erfolgreicheAbschlussprüfung zur/zum MedizinischenFachangestellten/Arzthelferin/Arzthelferoder einenanderen Abschlusses nach § 11der Prüfungsordnung inbeglaubigter Kopie,2. Bescheinigung über die regelmäßigeTeilnahme an der voneiner <strong>Ärzte</strong>kammer anerkanntenFortbildung in dem HandlungsundKompetenzfeld (Modul), indem die Teilprüfung abgelegtwerden soll, in beglaubigterKopie.Anmeldeschluss ist der 11. Oktober2013. Die erforderlichen Anmeldeformularekönnen bei der <strong>Ärzte</strong>kammerBerlin, Abteilung 3 –Berufsbildung angefordert werden.Erleichterungen im Prüfungsverfahrenfür behinderte MenschenBei der Durchführung der Prüfungwerden die besonderen Verhältnissebehinderter Menschen berücksichtigt.Art und Grad der Behinderungsind mit dem Antrag aufZulassung zur Prüfung nachzuweisen.Bitte fügen Sie bei Bedarfeinen Antrag auf Prüfungserleichterungbei.Nähere Informationen:030/40 80 6 - 26 26.BERLINER BERLINER ÄRZTE ÄRZTE9/2013 9/2013S. S.13


Bundestagswahl 2013Der Lagerwahlkampf um dieZukunft der KrankenversicherungDie Bundestagswahl naht und füretwa 61,8 Millionen Wahlberechtigtestellt sich die Frage nach dem Kreuzan der richtigen Stelle des Wahlzettels.BERLINER ÄRZTE skizziert diePositionen und Pläne der fünf imBundestag vertretenen Parteien zurGesundheitspolitik. Denn bei dieserWahl geht es auch um die Umgestaltungdes Gesundheitssystems: SPD,Bündnis90/Die Grünen und LINKEbefürworten eine Bürgerversicherungund damit die Abschaffung derprivaten Krankenversicherung.Von Eugenie AnkowitschBERLINER ÄRZTE 9/2013 S. 14B E R L I N E R Ä R Z T E 9/2013 S.14


T I T E L T H E M AAm 22. September steht vor allem fürdas Gesundheitswesen viel auf demSpiel. Denn die kommende Bundestagswahlist auch eine Entscheidung darüber,ob das bisherige Gesundheitssystemmit seinem Nebeneinander vongesetzlicher und privater Krankenversicherungbestehen bleibt.Insgesamt ist hinter den Wahlversprechender Parteien deren jeweilige politisch-ökonomischeTradition gut zuerkennen. Die bürgerlich-liberalen Parteienbetonen die Wahlfreiheit der Bürger,die Eigenverantwortung gegenübergesundheitlichen Risiken und die Selbstregulationdes Marktes, wohingegen diederzeitigen Oppositionsparteien Gleichheit,Solidarität und starke Krankenkassenals Vertreter der Patienten in denMittelpunkt rücken. Alle Parteien unterstreichengrundsätzlich Forderungennach einer leicht zugänglichen undwohnortnahen Versorgung aller Menschen,unabhängig von ihrem sozialenund finanziellen Status.Während die RegierungsparteienCDU/CSU und FDP dabei erwartungsgemäßan einer starken Säule der Privatvorsorgefesthalten wollen, stellen dieSozialdemokraten, die Grünen und DieLINKE speziell im Gesundheitssystemden aktuellen Status Quo zur Debatteund wollen eine sogenannte Bürgerversicherungeinführen. Das Konzept derBürgerversicherung sieht letztlich eineAuflösung des bisherigen Systems ausprivater und gesetzlicher Krankenversicherungvor.Die Absicht der Oppositionsparteien istdabei laut eigenen Verkündungen, dieZwei-Klassen-Medizin abzuschaffen,damit künftig alle wieder in gleichemMaße Zugang zum medizinischen Fortschritterhalten. Und so heißt es imRegierungsprogramm 2013 der SPD:„Unser Ziel ist es, mehr und gleicheGesundheitschancen für alle (…) zuschaffen.“ „Die Bürgerversicherung wirdals Krankenvoll- und Pflegeversicherungfür alle Bürgerinnen und Bürger eingeführt“,heißt es dort weiter. Unter denBefürwortern ist offenbar die Überzeugungverbreitet, dass „privat Versichertenur ihr eigenes, meist unterdurchschnittlichesKrankheitsrisiko versichern.Zum Solidarausgleich tragen sie so nichtbei“, so ist im Wahlprogramm der Grünenzu lesen.Unterschiede bei denKonzeptenAber: Bürgerversicherung ist nicht gleichBürgerversicherung. In der genauenAusgestaltung des Reformansatzesgehen die Vorstellungen und Präferenzender Parteien teilweise auseinander.Einig sind sie sich allerdings darin, dieVersicherten von gesetzlichen Kassenund privaten Versicherern über kurzoder lang in einem gemeinsamenSystem zu vereinen. Während die Grünenwie auch die Linkspartei alle Privatversichertein die gesetzliche Krankenversicherung(GKV) einzubeziehen beabsichtigen,will die SPD den privat Versichertendie Möglichkeit geben, innerhalbeines Jahres in die Bürgerversicherungzu wechseln.Damit könnten private Versicherer diebisherigen Mitglieder, die nach Ablaufder Frist in der privaten Krankenversicherungbleiben, weiterhin versorgen.Sie dürften aber keine Kunden im Vollgeschäftnach dem bisherigen Prinzipeiner kapitalgedeckten Risikovorsorgewerben. Alle Neuversicherten würdenautomatisch in die Bürgerversicherungkommen.Zumindest nach den Vorstellungen vonSPD und Grünen dürften die privatenVersicherungen neben den gesetzlichenKrankenkassen die neue Bürgerversicherunganbieten – allerdings zu gleichenRahmenbedingungen des Bürgerversicherungstarifes.Bei der LINKEN sollensich private Versicherungen dagegen aufdas Angebot der Zusatzleistungenbeschränken.Paritätische GKV-FinanzierunggeplantIn die Bürgerversicherung soll jederunabhängig von Alter, Geschlecht,Erwerbsstatus oder Krankheitsrisiko aufgenommenwerden. Der Beitrag richtetsich nach der Höhe des Einkommens.Die Grünen wollen dabei alle Einnahmen,also auch Mieteinnahmen, Aktiengewinne,Zinsen etc. zur Beitragsberechnungheranziehen. Die Beitragsbemessungsgrenzesoll auf das in der Rentenversicherunggeltende Niveau angehobenwerden. „Das schafft mehr Gerechtigkeitim Gesundheitswesen, indem esGutverdienende fairer beteiligt, machtdie Finanzierung zukunftsfest undschafft Raum für Beitragssatzsenkungen“,heißt es im Wahlprogramm derGrünen.Die SPD will dagegen mit einem dynamisiertenSteuerbeitrag weitere Einkommensartenzur Finanzierung derKrankenversicherung heranziehen. Ineinem Interview kündigte Prof. Karl Lauterbach,gesundheitspolitischer Sprecherder SPD-Fraktion im Bundestag, an,die Finanzierung der Bürgerversicherungaus drei Beitragssäulen zusammensetzenzu wollen: Bürgerbeitrag, Arbeitgeberbeitragund Steuerbeitrag. Die Beitragsbemessungsgrenzewill der für dasRessort Gesundheit zuständige Mannim Schattenkabinett von Peer Steinbrückentsprechend dem heutigenNiveau beibehalten. Die Krankenkassensollen den Bürgerbeitragssatz nach Plänender aktuellen Oppositionsparteienwieder individuell festlegen, Zusatz- undSonderbeiträge werden abgeschafft.Sowohl die SPD als auch die Grünenund die LINKE wollen außerdem dieparitätische Finanzierung zwischenArbeitgebern und Arbeitnehmernwieder herstellen. Derzeit zahlen dieVersicherten einen Sonderbeitrag von0,9 Prozentpunkten allein. Kindersowie Ehepartner sollen nach Willender SPD weiterhin beitragsfrei mitversichertwerden.B E R L I N E R Ä R Z T E 9/2013 S. 15


T I T E L T H E M ADie Grünen sehen die Mitversicherungvon Familienmitgliedern nur für Erwachsenevor, die auch Kinder erziehen. Beiallen anderen Paaren sollen Einkünfteaddiert und dann halbiert werden. DerBeitrag wird auf beide Teile bis zurBemessungsgrenze fällig.Die LINKE möchte einen eigenständigenVersicherungsanspruch für alle, auch fürKinder und Ehepartner. Wer kein Einkommenhat, soll beitragsfrei versichertwerden.Der Umfang der Gesamtvergütungbleibt unverändertTrotz aller Änderungen müssten sich diegesetzlich Krankenversicherten nichtauf Mehrbelastungen einstellen. Dasbehauptet zumindest Lauterbach. Nachseinen Berechnungen würden „dieBeiträge selbst sogar sinken, weil mehrjunge Gutverdiener hinzukämen undweil wir den Steueranteil erhöhen wollen“,sagte er in einem Interview vorzwei Monaten. Um die benötigten Steuermittelzu beschaffen, will die SPD dieKapitalertragssteuer anheben.Auch <strong>Ärzte</strong> sollen, so zumindest dieBefürworter von Bürgerversicherung,trotz geplanter einheitlicher Honorarordnungglimpflich davonkommen.Sowohl Sozialdemokraten als auch dieGrünen versichern, dass durch denUmbau der Krankenversicherung hin zurBürgerversicherung dem Gesundheitswesenkein Geld fehlen wird, d.h. dieGesamtvergütung der <strong>Ärzte</strong> soll nichtsinken. „Wir werden sicherstellen, dassBürgerversicherung: Wo sind die Unterschiede?KriteriumSPDGrüneLINKEWer darf versichern?Gesetzliche Krankenkassenund private KrankenversicherungenGesetzliche Krankenkassenund private KrankenversicherungenNur gesetzliche Krankenkassen,Beschränkung der PKVauf ZusatzversicherungenWer ist versichert in derBürgerversicherung?Bisher gesetzlich VersicherteAlle Neu-VersichertePrivatversicherte: Wechselinnerhalb eines JahresmöglichIntegration alle Versicherten(gesetzlich und privat)Integration alle Versicherten(gesetzlich und privat)FinanzierungBürgerbeitrag, Arbeitgeberbeitrag,dynamisierterSteuerbeitragBürgerbeitrag unter Berücksichtigungaller Einkommensarten,ArbeitgeberbeitragBürgerbeitrag unter Berücksichtigungaller Einkommensarten,ArbeitgeberbeitragBeitragsbemessungsgrenzeBei Arbeitnehmern unverändert,bei ArbeitgebernaufgehobenErhöhung auf das Niveau derGRV (2013: 5.800 Euro)Abschaffung der BeitragsbemessungsgrenzeBeiträgeParität der GKV-Finanzierungzwischen Arbeitgeber undArbeitnehmerParität der GKV-Finanzierungzwischen Arbeitgeber undArbeitnehmerParität der GKV-Finanzierungzwischen Arbeitgeber undArbeitnehmerÄrztliche VergütungNeue, einheitliche Honorarordnungbei gleichbleibenderGesamtvergütungErhöhter EBM statt GOÄk.A.SonstigesAnhebung der Abgeltungssteuer,Abschaffung vonZusatz- und SonderbeiträgenAbschaffung aller ZuzahlungsverpflichtungenAbschaffung aller ZuzahlungsverpflichtungenBERLINER ÄRZTE 9/2013 S. 16B E R L I N E R Ä R Z T E 9/2013 S.16


B U N D E S T A G S W A H L 2 0 1 3die höheren Honorare, die heute überdie Privatversicherten an die <strong>Ärzte</strong>schaftund an die anderen Gesundheitsberufefließen, insgesamt erhalten bleiben undgerechter verteilt werden“, so das Wahlprogrammder Grünen. Sie wollen nachder Abschaffung der GOÄ die <strong>Ärzte</strong>honorarenach einem erhöhten EBMberechnen. Gewinner dieser Umverteilungkönnten also diejenigen <strong>Ärzte</strong> sein,die heute viele Kassenpatienten haben.Den <strong>Ärzte</strong>n mit vielen Privatpatientendrohten hingegen spürbare Einbußen.Union und FDP gegenBürgerversicherungCDU/CSU und die FDP lehnen dagegendas Konzept der Bürgerversicherungentschieden ab. Wie die eigenen Vorstellungenvon der Union für die Zukunftdes Gesundheitswesens konkret aussehen,wurde allerdings auch nach derVerabschiedung des WahlprogrammsEnde Juni nicht deutlich.Eindeutig bekennt sich die Union inIhrem Programm zur privaten Krankenversicherung.„Mit ihren individuellenKapitalrücklagen […] leistet sie einenwichtigen Beitrag zur Nachhaltigkeitund Umsetzung von Neuerungen imGesundheitswesen“, heißt es in demfünfseitigen Abschnitt, der sich demGesundheitswesen widmet.Es ist anzunehmen, dass die Union denin der auslaufenden Legislaturperiodeeingeschlagenen Kurs fortsetzen wird.Erst vor zwei Jahren wurde im GKV-Finanzierungsgesetz das Nebeneinandervon gesetzlicher und privater Krankenversicherungbeibehalten und bekräftigt.Außerdem sind sogenannte Zusatzbeiträgeeingeführt worden, die steigendeKosten auffangen sollen. In einemInterview auf krankenkassenratgeber.dekündigte Jens Spahn, gesundheitspolitischerSprecher der Unionsfraktion imBundestag, im Juni an, das bestehendeSystem ausbauen zu wollen.„Wahlfreiheit für den Bürger bleibt dieMaxime liberaler Gesundheitspolitik“,heißt es im Wahlprogramm der FDP, dasdie Partei selbst das „Bürgerprogramm“nennt. Dazu gehöre eine starke privateKrankenversicherung und im Bereich dergesetzlichen Krankenversicherung „dieAbschaffung der Budgetmedizin und dieEinführung des Kostenerstattungsprinzips“.Die FDP kündigt in ihrem Wahlprogrammsogar an, die private Krankenversicherungstärken und „zukunftsfähig“machen zu wollen. Dabei sollen die Tarifeder privaten Krankenversicherungentransparenter gestaltet und neue Konzeptezur Altersrückstellung erarbeitetwerden.In ihrem Wahlprogramm bewertet dieFDP außerdem den „Einstieg in dieAbkopplung der Krankenversicherungsbeiträgevon den Löhnen und Gehältern“als richtig und will an diesem Kursweiter festhalten. Heinz Lanfermann,gesundheitspolitischer Sprecher derLiberalen im Bundestag, bezeichnete ineinem Interview die Abkopplung alsnotwendig. Anderenfalls würde diejunge Generation mit der Finanzierungder Krankheitskosten von immer mehrund immer älter werdenden Menschenfinanziell überfordert. „Am Ende wirddas Problem nur über die schrittweiseEinführung eines Prämienmodells füralle Versicherten mit Solidarausgleich zulösen sein“, sagte er.Knappes „Ja“ zurBürgerversicherungGinge es allein nach Volkes Willen, müsstenach einem Wahlsieg der Oppositionsparteienbei der Bundestagswahl imSeptember die Bürgerversicherung kommen.Das ist zumindest eines der repräsentativenErgebnisse des MLP Gesundheitsreports,den das Institut für Demoskopiein Allensbach im Auftrag derMLP-Finanzberatung unter 2.100 Bürgernund 500 <strong>Ärzte</strong>n durchgeführt hat.Eine Mehrheit von 56 Prozent der Bevölkerungsprach sich darin für eine Bürgerversicherungaus.Der Gesundheitsreport, der im Januar2013 veröffentlicht wurde, ergab aberauch, dass die <strong>Ärzte</strong>schaft bei der Fragenach einer Bürgerversicherung ehergespalten ist. 51 Prozent befürwortenden Reformvorschlag, 41 Prozent sinddagegen. In einer neueren Umfrage vonFocus Money aus Mai 2013 haben sich87 Prozent der niedergelassenen <strong>Ärzte</strong>gegen den Umbau der Krankenversicherungzu einer Bürgerversicherung ausgesprochen.Mehr Geld für Krankenhäuser?Egal wer die Wahl am 22. Septembergewinnt, die nächste Regierung wirdsich wohl eingehend mit dem stationärenSektor, genauer mit dessenFinanzierung und Struktur, beschäftigenmüssen. Ein Indiz dafür, dass die Politikden Handlungsbedarf erkannt hat, istdie kürzlich von der Bundesregierungverabschiedete Soforthilfe von 1,1 MilliardenEuro. Eine grundsätzliche Lösungfür die eher strukturell bedingtenFinanzierungsprobleme im stationärenSektor kann sie aber nicht sein, darübersind sich alle Akteure einig. Dafür seidie Summe zu gering, zu ungenau verteiltund ändere letztlich nichts an denStrukturen, so die Kritik.In ihrem Wahlprogramm richtet dieUnion den Fokus deshalb vor allem aufdie Häuser in ländlichen Regionen, aberauch in strukturschwächeren Stadtteilen:„Mit Blick auf eine gut erreichbaremedizinische und pflegerische Versorgungwerden wir zusammen mit denKrankenhäusern die Leistungsangebotenoch besser aufeinander abstimmen.“Die Union spricht auch von einem„Strukturwandel" in der Kliniklandschaft,die zukünftig stärker auf die Versorgungälterer Menschen angepasstwerden soll.Auch Jens Spahn kündigte in einemInterview mit dem Gesundheitsmagazinkma im Juni dieses Jahres an, dieUnion werde die Klinikfinanzierung inder nächsten Wahlperiode grundsätzlichansehen. Ziel müsse dabei sein,Instrumente zu schaffen, die dafürB E R L I N E R Ä R Z T E 9/2013 S.17


T I T E L T H E M Asorgen, dass die Länder ihren Investitionsverpflichtungenausreichend nachkommen,es nicht zu ungerechtfertigtenMengensteigerungen kommt undimmer nur zusätzliche Finanzmittelzugeführt werden, sondern gleichzeitigauch Strukturveränderungen erfolgen.Denn, so zeigte sich der CDU-Gesundheitsexperteüberzeugt, es sei genugGeld im System vorhanden, es müssenur besser verteilt werden. An demGrundgedanken des DRG-Systems willSpahn aber nicht rütteln. Zu überlegensei allerdings, ob das System inbestimmten Bereichen wie z.B. Palliativmedizinoder auch Organspende Ausnahmenbraucht.Im Gegensatz zu der CDU hält die SPDden Krankenhaussektor für unterfinanziert,zumindest was Grundversorgungskrankenhäuserund Universitätsklinkenangeht. Das sagte ihr gesundheitspolitischerSprecher Lauterbach in einemInterview. „In einem gerechten Finanzierungssystemmüssen die Personalkostenausreichend berücksichtigt werden,damit die Krankenhäuser nicht aufungerechtfertigte Mengenausweitungenausweichen“, heißt es im Wahlprogrammder Sozialdemokraten. Die SPDverspricht, sich deshalb für Personalmindeststandardsin Krankenhäusern einzusetzen.Im DRG-System will die SPD Unter- undÜberdeckung beseitigen, „damit Krankenhäusersich nicht auf finanziellattraktive Leistungen beschränken“. Wiedie Partei das erreichen will, bleibt allerdingsunerwähnt.Die Grünen streben eine Kurskorrekturin der Krankenhauspolitik an. In ihremWahlprogramm lehnen sie „fehlerhafteökonomische Anreize im derzeitigenFinanzierungssystem“ ab und fordern,die steigenden Personal- und Sachkosten,aber auch solche Aspekte wie Patientennutzen,Vorhalten von Notfallambulanzenund Krankenhausgröße bei derVergütung der Krankenhäuser angemessenzu berücksichtigen. Um die Versorgungauch in strukturschwachen Regionenzu gewährleisten, soll es ein einheitlichesVergütungssystem für allefachärztlichen Leistungen geben, undzwar unabhängig davon, ob sie ambulantoder stationär erbracht werden.Auch nach Ansicht der FDP bleibt dieKrankenhausfinanzierung nach derWahl als Thema erhalten. Wenngleichsich das DRG-System laut dem gesundheitspolitischenSprecher der FDP-Bundestagsfraktion,Heinz Lanfermann, imGroßen und Ganzen allerdings bewährt.Aus Sicht vom Präsidenten der <strong>Ärzte</strong>kammerBerlin, Dr. Günther Jonitz, einehöchst zweifelhafte Auffassung, die erin der Vergangenheit wiederholt scharfkritisiert hat. Nachholbedarf sieht Lanfermannbei der Investitionsfinanzierungseitens der Länder. In einem aktuellenInterview warnte er sogar: „Wenndie (die Länder) aber ihre Mitbestimmungs-und Planungsrechte ausübenwollen, müssen sie auch ihren finanziellenInvestitionsverpflichtungen nachkommen.“Die LINKE lehnt dagegen die diagnoseorientiertenFallpauschalen als „unvereinbarmit Sinn und Zweck von Einrichtungender Daseinsvorsorge“ ab. Ob nachAuffassung der LINKEN die DRG damitabgeschafft werden sollten, geht ausdem Wahlprogramm nicht hervor. Ziemlichvage spricht die Linksparte davon,dass Krankenhäuser „bedarfsgerechtund solide finanziert“ werden sollen.Außerdem soll die Privatisierung vonKrankenhäusern gestoppt und bereitsprivatisierte Kliniken in „nicht-marktförmigeTrägerschaften überführt werden“.Darüber hinaus will die Linkspartei dieTrennung von ambulanter und stationärerVersorgung gänzlich aufheben undverstärkt auf Ambulanzen und Poliklinikensetzen.Qualität im FokusAlle Parteien sprechen sich in ihrenWahlprogrammen mehr oder wenigerdeutlich dafür aus, die Qualität der Versorgungfördern zu wollen. Abseits vonallgemeinen Bekenntnissen zu mehrQualität, gehen SPD und Grüne am weitestenund wollen Qualitätskriterien inder Vergütung stärker berücksichtigen.„Qualität und Patientensicherheit sollenbei der Krankenhausplanung und-finanzierung eine stärkere Rolle spielen“,kündigen die Sozialdemokraten inihrem Wahlprogramm an. Die SPD willaußerdem die Qualitätsberichte derKrankenhäuser weiterentwickeln undzur Verbesserung der Versorgungsqualitätden Krankenkassen erlauben, Selektivverträgemit Krankenhäusern zuschließen.„Die mangelhafte Qualitätstransparenz“halten die Grünen für eine „der großenSchwachstellen im deutschen Gesundheitswesen“.Die Partei kündigt in ihremWahlprogramm daher an, „stärker dieBehandlungsergebnisse“ zu vergütenund nicht ausschließlich „den Umfangan Behandlungen“. Dazu brauche esallerdings zuverlässige Informationenüber die Qualität von Therapien undVersorgungsangeboten.CDU plant Gesetz zurTarifeinheitEin kurzer Passus in einem ganz anderenKapitel des Union-Wahlprogrammskönnte für Krankenhausärzte allerdingsvon höchster Bedeutung sein. Unter derÜberschrift „Tarifeinheit“ heißt es aufSeite 23: „Der Grundsatz der Tarifeinheit,das heißt, dass in einem Betrieb nureine einheitliche Tarifregelung angewendetwerden darf, hat sich über Jahrzehntebewährt. Die durch ein Gerichtsurteilnotwendig gewordene Anpassungwollen wir mit einem Gesetz über dieTarifeinheit umsetzen und damit dieTarifpartnerschaft stärken.“ Im Kernbedeutet das, dass der alte Grundsatz„ein Betrieb, ein Tarifvertrag“ wiederbelebtund gesetzlich verankert wird. FürBerufsgewerkschaften wie den MarburgerBund (MB) hätte es weitreichendeKonsequenzen, denn regelmäßig dürftees wohl der Tarifvertrag der mitgliederstärkstenGewerkschaft sein, der zurAnwendung käme: In den Krankenhäusernalso der Verdi-Tarifvertrag.BERLINER ÄRZTE 9/2013 S. 18B E R L I N E R Ä R Z T E 9/2013 S.18


B U N D E S T A G S W A H L 2 0 1 3Ambulante VersorgungEin weiteres drängendes Problem ist dersich abzeichnende Mangel von <strong>Ärzte</strong>nbesonders in strukturschwachen Regionen.Bisher haben zumeist die neuenBundesländer Schwierigkeiten, alle Landarztstellenzu besetzen. Das Problemkommt langsam aber auch in vielenRegionen in den alten Bundesländernan. Jede Partei kündigt deshalb an, dendrohenden <strong>Ärzte</strong>mangel bekämpfen zuwollen.Dabei setzen vor allem die SPD,CDU/CSU und die Grünen auf Hausärzte.Die Primärversorgung sei „das Rückgrateiner starken, wohnortnahen Versorgung“,heißt es beispielsweise imWahlprogramm der Sozialdemokraten,die „die flächendeckende hausarztzentrierteVersorgung sowie die Vernetzungzwischen Leistungserbringern der verschiedenenGesundheitsberufe stärken“.Auch Grüne wollen eine Primärversorgungfördern, in deren RahmenHausärzte und andere Gesundheitsberufeauf Augenhöhe arbeiten, u.a. durchAnpassung des Vergütungssystems fürdie Primärversorgung und Stärkung desHausarztmodells.Die Christdemokraten kündigen inihrem Programm ebenfalls an, angesichtsder wachsenden Zahl älterer Menschenund der Probleme der ärztlichenVersorgung in ländlichen Gebieten dieAttraktivität des Hausarztberufs steigernzu wollen.Neben der Stärkung des Hausarztes willdie SPD die integrierte Versorgung fürmultimorbide und chronisch krankeMenschen zur Regel machen sowie denambulanten und stationären Sektorenger miteinander verzahnen: „Wir werdendie integrierte Versorgung mit innovativenMobilitäts- und Telemedizinkonzeptenverknüpfen.“ Auch andere Parteienkündigen in ihren Wahlprogrammenan, bei der Verzahnung der medizinischenVersorgung verstärkt auf Telemedizinzu setzen.Prävention stärkenÜber alle Wahlprogramme hinwegbekennen sich die Parteien dazu, Präventionund Rehabilitation fördern zu wollen.Die meisten sehen Prävention alsgesamtgesellschaftliche Aufgabe an,nehmen aber auch den Einzelnen in dieVerantwortung für die eigene Gesundheit.Den größten Erfolg in der Präventionversprechen sich die Parteien von derStärkung der Gesundheitskompetenzenund gezielten Maßnahmen innerhalbBundesärztekammerzur Finanzierung derKrankenversicherung<strong>Ärzte</strong>tag plädiert für festen„Gesundheitsbeitrag“Die künftige Finanzierung des Gesundheitssystemswar eines der Top-Themenauf dem 116. Deutschen <strong>Ärzte</strong>tagin Hannover. Die Bundesärztekammerhat dazu ein Reformkonzept erarbeitet,das feste, einkommensunabhängigeBeiträge statt des bisherigen prozentualenKassenbeitrags für die Versichertenvorsieht. Die vorgelegteReformskizze haben die Delegiertenmit großer Mehrheit beschlossen.Darin plädiert die <strong>Ärzte</strong>schaft dafür,die Finanzautonomie der gesetzlichenKrankenkassen wiederherzustellen.Hierfür soll der derzeitige Versichertenanteilzu einem festen, einkommensunabhängigenund von den Kassenautonom festzulegenden „Gesundheitsbeitrag“weiterentwickelt werden.Der Beitrag wird zudem unabhängigvon Alter, Geschlecht und Vorerkrankungenerhoben. Nach den Berechnungendes gesundheitsökonomischenBeirats der BÄK würde er zwischen 135und 170 Euro monatlich betragen.des Wohnumfelds, der Arbeitswelt undin der Bildung und Ausbildung.Mit einem „umfassenden PräventionsundGesundheitsförderungsgesetz“ wollendie Sozialdemokraten in der nächstenLegislaturperiode eine wirksamePräventionsstrategie umsetzen. „Dazugehört eine Erhöhung der Ausgaben fürPrävention und eine Steuerung gemeinsamerMaßnahmen von Ländern, Kommunenund allen Sozialversicherungsträgernauf der Ebene der Länder“, heißtes im Wahlprogramm.Um eine zu hohe Belastung von beitragspflichtigenVersicherten mit niedrigenEinkommen zu verhindern, sollder Gesundheitsbeitrag, den der einzelneVersicherte zahlen muss,auf eine Belastungsgrenze von einemmaximalen beitragspflichtigen Anteilvon neun Prozent des gesamten Haushaltseinkommensbeschränkt werden.Um Sicherheit bei der Kalkulation derLohnnebenkosten zu gewährleisten,wird an dem bereits jetzt auf 7,3 Prozentfestgeschriebenen Arbeitgeberanteilfestgehalten. Aus dem aus Arbeitgeberbeiträgen,Zuweisungen dergesetzlichen Rentenversicherung andie Krankenkassen sowie aus Steuermittelngespeisten Gesundheitsfondssollen künftig der Sozialausgleichsowie Aufwendungen für die ebenfallsneu zu konzipierende Familienmitversicherungfinanziert werden. Zudemschlägt die BÄK vor, für jedes inDeutschland geborene Kind einGesundheitssparkonto einzurichten,das als kapitalgedecktes Ansparprogrammdie finanziellen Folgen derzukünftigen demografischen Entwicklungabfedern soll.Der <strong>Ärzte</strong>tag sprach sich darüber hinausnachdrücklich für den Erhalt desNebeneinanders von gesetzlicher Krankenversicherung(GKV) und privaterKrankenversicherung (PKV) aus. Diefederführend von der SPD und Bündnis90/Die Grünen geplante Einführungeiner Bürgerversicherung lehnten dieDelegierten ab.BERLINER ÄRZTE 9/2013 S. 19B E R L I N E R Ä R Z T E 9/2013 S. 19


T I T E L T H E M ADie SPD fordert außerdem, der Präventionin der Aus- und Fortbildung medizinischerund Gesundheitsberufe einenhöheren Stellenwert beizumessen.Auch Grüne wollen ein Präventionsgesetzdurchsetzen, das auf wohnortnaheAngebote setzt. Eingebettet im “MasterplanUmwelt und Gesundheit” sollenaußerdem gesundheitsschädlicheUmweltfaktoren bekämpft werden.Nach Plänen der LINKEN sollen Präventionund Gesundheitsförderung zu einervorrangigen Aufgabe gemacht werden.Entsprechend sollen Projekte, die Therapie,Selbsthilfe, Sozialberatung, Rehabilitationund Reintegration im Fokushaben, verstärkt gefördert werden.Die FDP konzentriert sich beim ThemaPrävention vor allem auf die Bereicheder Infektionskrankheiten (wie zumBeispiel HIV), psychische Erkrankungensowie Fehl- und Mangelernährung. Beidieser Aufgabe sieht die Partei Kommunen,Krankenkassen, Gesundheitsberufe,Arbeitgeber im Rahmen der betrieblichenGesundheitsvorsorge und dieBundeszentrale für gesundheitlicheAufklärung gefordert.Was bringen die Pläne?Welche ökonomischen Auswirkungendie Wahlversprechen von Union, SPD &Co. zur Folge haben, hat das arbeitgebernaheInstitut der Deutschen Wirtschaft(IW) analysiert. In der Anfang Julivorgelegten Analyse geht es im Kern umdie Frage: „Was bringen und was kostendie Pläne der Parteien?“Dabei fällt das Urteil des Instituts insgesamtalles andere als positiv aus: „Ausökonomischer Perspektive sind dieWahlprogramme mal ein mehr, mal einweniger großes Desaster“, resümiert derIW-Direktor Michael Hüther.Kritisch bewertete das Institut, dass dieRegierungsparteien eher vage bleiben,„die Wähler [könnten sich] kaum einrichtiges Bild davon machen, welchefinanziellen Belastungen tatsächlich aufsie zukommen“.GKV-Spitzenverbandzur Finanzierungder gesetzlichenKrankenversicherungKassen fordern neue Honorarreform für <strong>Ärzte</strong>Bei der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung sieht der GKV-Spitzenverband eine strukturelle Einnahmelücke, die nur durch eine nachhaltigeFinanzierungsreform geschlossen werden kann. Notwendig seiendafür „Strukturreformen auf der Ausgabenseite“: Jährliche Ausgaben derKrankenkassen müssten „mit der Einnahmeentwicklung in Einklang“gebracht werden.In seinem Positionspapier „Zukunftsmodell gesetzliche Krankenversicherung“fordert der GKV-Spitzenverband deshalb eine erneute Honorarreformder <strong>Ärzte</strong>. Darin sollen mehr Anreize für einen effektiven und effizientenRessourceneinsatz verankert werden. „Dazu muss die dem Vergütungssystemzugrunde liegende Gebührenordnung grundsätzlich patientenorientiertgestaltet werden“, d.h. beispielsweise auch, die sprechendeMedizin besser zu honorieren, heißt es in dem Positionspapier.Dies solle allerdings ohne zusätzliche finanzielle Belastung der Beitragszahlergeschehen, indem ein „Missverhältnis in der Honorierung zwischensprechender Medizin und apparativer Diagnostik“ abgebaut werde. Wichtigsei außerdem, mit dem neuen Honorarsystem die hausärztliche Versorgungzu stärken.Darüber hinaus soll es nach dem Willen des GKV-Spitzenverbandes in dernächsten Legislaturperiode eine Reform der derzeitigen Versorgungsstrukturbei Kliniken geben. Es werde eine Krankenhausstruktur benötigt, dieeine flächendeckende Akutversorgung sicherstellt. Gleichzeitig müssten inspezialisierten Kliniken weitergehende und planbare Behandlungenermöglicht werden.Der Spitzenverband fordert außerdem, dass Krankenkassen für ein definiertesSpektrum von planbaren Krankenhausleistungen Direktverträgemit solchen Krankenhäusern abschließen können, die hohe Qualitätsstandardszu angemessenen Preisen bieten.Das gilt auch für die Abschnitte derWahlprogramme, in denen es um dasGesundheitssystem geht. Auch wenndas Institut die Pläne der Oppositionsparteienaus ökonomischer und sozialpolitischerSicht weitgehend für ungeeignethält, „dem Grundproblem entgegenzu steuern“, zeige vor allem dieSPD „wenigstens klare Kante“, so dieBewertung des IW. Ganz gleich, werdie Bundestagswahl gewinnt, die Aufgabe,ein gerechtes und solide finanziertesGesundheitswesen zu schaffen,wird mit Sicherheit weiterhin eine dergrößten Herausforderungen der kommendenJahre bleiben.Verfasserin:Eugenie AnkowitschMedizinjournalistinBERLINER ÄRZTE 9/2013 S. 20B E R L I N E R Ä R Z T E 9/2013 S.20


Allgemeiner HinweisVERANSTALTUNGENDie Ankündigungen auf diesen beiden Seiten geben einenÜberblick über die ärztlichen Fortbildungsveranstaltungen, diein der nächsten Zeit von der <strong>Ärzte</strong>kammer Berlin veranstaltet werdenoder in Kooperation mit ihr stattfinden. Einen vollständigen Überblicküber unsere Veranstaltungen erhalten Sie auf unserer Homepagewww.aerztekammer-berlin.de <strong>Ärzte</strong> Fortbildung Fort bildungender ÄKB. Alle weiteren Fortbildungsveranstaltungen, die vonder ÄKB zertifiziert wurden und Fortbildungspunkte erhalten haben,können im Online-Fortbildungskalender unter www.aerztekammerberlin.de <strong>Ärzte</strong> Fortbildung Fortbildungskalender recherchiertwerden. Der Fortbildungskalender ermöglicht eine Recherche nachTerminen, Fach gebieten oder auch nach freien Suchbegriffen. Damitbietet der Kalen der in Abhängigkeit von der gewählten Suchstrategiesowohl einen umfassenden Überblick über sämtliche Fortbildungs veranstaltungenin Berlin als auch eine an den individuellen Inte ressenschwerpunktenorientierte Veranstaltungsauswahl weit im Voraus.Termine Thema / Referenten Veranstaltungsort Information / Gebühr Fortbildungspunkte15.08.-19.09.2013 (Online-Modul)20.09.-21.09. / 25.10.-26.10.2013 (Präsenzseminare)Patientensicherheit lernen -Intensivseminar Fallanalyse<strong>Ärzte</strong>kammer Berlin, FortundWeiterbildungszentrumFriedrichstr. 1610969 BerlinInformation und Anmeldung:Tel.: 40806-1206E.Mail: d.buenning@aekb.deTeilnehmergebühr: 550 €37 P 26.10.2013 Aktualisierungskurs zum Erhalt derFachkunde im Strahlenschutz nachRöntgenverordnung<strong>Ärzte</strong>kammer Berlin, FortundWeiterbildungszentrumFriedrichstr. 1610969 BerlinInformation und Anmeldung:Tel.: 40806-1215E-Mail: fb-aag@aekb.deTeilnehmergebühr: 155 €9 P 04.11.-13.11.2013 (Kursteil B1)13.11.-22.11.2013 (Kursteil B2)Weiterbildungskurs Arbeitsmedizin /Betriebsmedizin<strong>Ärzte</strong>kammer Berlin, FortundWeiterbildungszentrumFriedrichstr. 1610969 BerlinInformation und Anmeldung:Tel.: 40806-1215E-Mail: fb-aag@aekb.deTeilnehmergebühr: Kurs B: 990 €Kursteile B1, B2: 495 €60 P pro Kursteil 25.11.2013 Wissenskontrolle zum Erwerb derQualifikation zur fachgebundenengenetischen Beratung nach demGendiagnostikgesetz<strong>Ärzte</strong>kammer Berlin, FortundWeiterbildungszentrumFriedrichstr. 1610969 BerlinInformation: Tel.: 40806-1209E-Mail: s.zippel@aekb.deAnmeldung erforderlichTeilnehmergebühr: kostenloskeine 28.11.201329.11.2013Spezialkurs im Strahlenschutz- bei interventioneller Radiologie- bei CT<strong>Ärzte</strong>kammer Berlin, FortundWeiterbildungszentrumFriedrichstr. 1610969 BerlinInformation und Anmeldung:Tel.: 40806-1215E-Mail: fb-aag@aekb.deTeilnehmergebühr: jeweils 155 €jeweils 9 P 09.12.-11.12.2013 Grundkurs im Strahlenschutz <strong>Ärzte</strong>kammer Berlin, FortundWeiterbildungszentrumFriedrichstr. 1610969 BerlinInformation und Anmeldung:Tel.: 40806-1215E-Mail: fb-aag@aekb.deTeilnehmergebühr: 270 €21 P 11.12.-13.12.2013 Spezialkurs im Strahlenschutz bei derRöntgendiagnostik<strong>Ärzte</strong>kammer Berlin, FortundWeiterbildungszentrumFriedrichstr. 1610969 BerlinInformation und Anmeldung:Tel.: 40806-1215E-Mail: fb-aag@aekb.deTeilnehmergebühr: 240 €20 P 06.01.–15.01.2014 (Kursteil C1)15.01.–24.01.2014 (Kursteil C2)Weiterbildungskurs Arbeitsmedizin /Betriebsmedizin<strong>Ärzte</strong>kammer Berlin, FortundWeiterbildungszentrumFriedrichstr. 1610969 BerlinInformation und Anmeldung:Tel.: 40806-1215E-Mail: fb-aag@aekb.deTeilnehmergebühr: Kurs C: 990 €Kursteile C1, C2: 495 €60 P pro Kursteil 08.05.-10.05.2014 (Modul 1)26.06.-28.06.2014 (Modul 2)11.09.-13.09.2014 (Modul 3)12.12.2014 (Modul 4)Ärztliche Führung -ein praxisorientiertesIntensivprogrammEvangelische Bildungsstätteauf SchwanenwerderInformation und Anmeldung:40806 -1405 / -1301E-Mail: aerztliche-fuehrung@aekb.de80 P 09.05.-10.05.201423.05.-24.05.201427.06.-28.06.2014Grundlagen der medizinischenBegutachtungnach dem Curriculum derBundesärztekammer(weitere Informationen s. S. 8)<strong>Ärzte</strong>kammer Berlin, FortundWeiterbildungszentrumFriedrichstr. 1610969 BerlinInformation und Anmeldung:Tel.: 40806-1203E-Mail: begutachtung@aekb.deTeilnehmergebühr: 400 €45 P(15 P pro Modul)BERLINER ÄRZTE 9/2013 S. 21


DER ÄRZTEKAMMER BERLIN September 13Zusatztermin: Die ärztliche Kunst, schlechte Nachrichten in derMedizin zu überbringenBreaking Bad News – BasiskursJeder Arzt, jede Ärztin kennt das mulmige Gefühl, Patienten oder Angehörigeneine schlechte Botschaft überbringen zu müssen: Die widerstreitenden Gefühlezwischen „schnell hinter sich bringen wollen“ und „noch ein bisschen aufschieben“sind stärker, je schlechter die Nachricht ist und je jünger die Patientin / der Patient.Dabei gehören solche Gespräche zu den häufigsten ärztlichen Tätigkeiten undsummieren sich im Laufe eines Arztlebens auf viele Tausende.Die gute Kommunikation zwischen Arzt und Patient / Patientin hat eine immenseBedeutung für Lebensqualität, Gesundheit und psychische Adaptationsfähigkeitvon Patienten und deren Angehörigen. Die Investition in eine verbesserte Arzt-Patienten-Kommunikation ist aber nicht nur ein Gewinn für die Patienten, sondernauch für uns <strong>Ärzte</strong> und das Team.Wir bieten Ärztinnen und <strong>Ärzte</strong>n die aktive Erarbeitung von Gesprächs- undAufklärungskonzepten an für (Erst-)Diagnose, Rezidiv bzw. Progress unterTherapie sowie für die präfinale Phase. Anhand von Fallbeispielen werden die theoretischenGrundlagen und praktischen Fähigkeiten im Rollenspiel mit trainiertenSimulationspatientInnen geübt und bearbeitet.Wissenschaftliche Leitung: Frau Dr. med. KlappTermin: Freitag 06.09.2013 – Samstag 07.09.2013Ort: <strong>Ärzte</strong>kammer BerlinAnmeldung: Tel.: 030 / 40806-1209, E-Mail: s.zippel@aekb.deMax. 15 Personen, 290 Euro, 17 Fortbildungspunkte.Gewalt gegen Patienten mit tödlichem Ausgang –das Risiko bedenken und wirksam vorsorgenFortbildungsveranstaltung der <strong>Ärzte</strong>kammer BerlinTötungen in Krankenhäusern und Heimen sind ein Tabuthema, leider jedoch keineEinzelfälle; vielmehr ist eine hohe Dunkelziffer zu bedenken. In seinem Buch„Krankentötungen in Kliniken und Heimen – Aufdecken und Verhindern“ (Lambertus-Verlag,2011) widmet sich Prof. Dr. med. Karl H. Beine über 35 Tötungsserienmit mehr als 300 gerichtlich nachgewiesenen Tötungen durch <strong>Ärzte</strong> undPflegende; dabei zeigt er auf, dass es im Vorfeld aller referierten Fälle Warnhinweisegegeben hat: Dazu zählen beispielsweise bestimmte Persönlichkeitsstrukturender Täter, eine Häufung unerwarteter Todesfälle, unklareMedikamentendefizite oder Verdachtsmomente im Team. In einigen Fällen hättenTodesfälle durch ein schnelleres Eingreifen vermieden werden können.Das Fortbildungsangebot möchte dafür sensibilisieren, dass Gewalttaten gegenüberPatientinnen und Patienten in jeder Einrichtung vorkommen können. ImWeiteren soll die Veranstaltung dazu dienen, dass <strong>Ärzte</strong> und alle an der PflegeBeteiligten sich über dieses Thema informieren und untereinander austauschenkönnen sowie wirksame Präventionsmaßnahmen und Strategien zur Vermeidungkennenlernen.Referent: Prof. Dr. med. Karl H. Beine, Facharzt für Nervenheilkunde undPsychotherapeutische Medizin; Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapieund Psychosomatik / St. Marien-Hospital Hamm; Fakultät für Gesundheit –Department für Humanmedizin / Lehrstuhlinhaber, Lehrstuhl für Psychiatrie undPsychotherapie<strong>Ärzte</strong>kammer Berlin in Kooperation mit derCharité – Universitätsmedizin BerlinKurs Qualitätsmanagement (200 Std.)Der 200 Stunden- Kurs Qualitätsmanagement nach dem Curriculum „ÄrztlichesQualitätsmanagement“ der Bundesärztekammer wird von der <strong>Ärzte</strong>kammerBerlin in Kooperation mit der Charité im Herbst 2013 als Kompaktkurs innerhalbvon knapp vier Monaten veranstaltet. Die drei Wochen der Präsenzphase werdendurch eine 50-stündige Phase des Selbststudiums ergänzt. <strong>Ärzte</strong> haben dieMöglichkeit, durch die Teilnahme an diesem Weiterbildungskurs und an eineranschließend erfolgreich abgelegten Prüfung vor der <strong>Ärzte</strong>kammer Berlin dieZusatzbezeichnung „Ärztliches Qualitätsmanagement“ zu erwerben.Termine: Präsenzwoche 1: 10.03. – 15.03.2014 / Woche 2: 05.05. – 10.05.2014 /Woche 3: 16.06. – 21.06.2014 (jeweils montags bis freitags von 9 bis 18 Uhr undsamstags von 9 bis 16 Uhr))Veranstaltungsort: <strong>Ärzte</strong>kammer Berlin, Friedrichstr. 16, 10969 BerlinWeitere Informationen: Tel.: 030 / 40806-1402 (Organisation),Tel.: 030 / 40806-1207 (Inhalte) oder per E-Mail: QM-Kurs2013@aekb.deWeiterbildungskurs Pädiatrie der <strong>Ärzte</strong>kammerBerlin zum Facharzt für AllgemeinmedizinDer Kurs Pädiatrie kann in Verbindung mit einem 6-monatigen Weiterbildungsabschnittin Gebieten der unmittelbaren Patientenversorgung den lt. Weiterbildungsordnung zu erbringenden Abschnitt in der Kinder- und Jugendmedizinersetzen und besteht aus folgenden drei Teilen:1. 9 Stunden Theoriekurs2. 40 Stunden Hospitation in einer Kinderarztpraxis3. 60 Stunden Teilnahme am kinderärztlichen Notfall- und Bereitschaftsdienstder KVTermine 9 Stunden Theoriekurs: jeweils Donnerstag 19.00 – 21.15 Uhr19.09.2013, 31.10.2013 und 07.11.2013Ort: <strong>Ärzte</strong>kammer Berlin, Seminarraum, Friedrichstr. 16, 10969 BerlinGesamtgebühr: 550 Euro, 9 FortbildungspunkteInformation und Anmeldung: Tel.: 030 / 40806-1203, E-Mail: a.hellert@aekb.deTransfusionsmedizinisches Peer ReviewFür die Durchführung des Peer-Review-Verfahrens in der Transfusionsmedizinin den transfundierenden <strong>Berliner</strong> Kliniken und Praxen sucht die <strong>Ärzte</strong>kammerBerlin dringend neue Peer Reviewer. Qualitätsbeauftragte,Transfusionsverantwortliche und Transfusionsbeauftragte, die Interesse an einerAusbildung zum Peer Reviewer haben, bitten wir um kurze Rückmeldung.Die Fortbildung nach dem Curriculum „Ärztliches Peer Review“ derBundesärztekammer findet am 7. /8. November 2013 statt. Die Kosten trägtdie <strong>Ärzte</strong>kammer Berlin.Anmeldung richten Sie bitte an Frau Regina Drendel, Email: r.drendel@aekb.de,Tel. 030 / 40806-1401Datum und Uhrzeit: Mittwoch, 27. November 2013, 18:30 – 20:00 UhrOrt: <strong>Ärzte</strong>kammer Berlin, Friedrichstraße 16, 10969 BerlinAnmeldung / Kontakt: Die Teilnahme ist kostenlos. Eine persönliche Anmeldungist unbedingt erforderlich. Anmeldung per Telefon: 030 / 40806-14 02 oder perE-Mail: fb-veranstaltungen@aekb.deDie Veranstaltung ist mit 2 Fortbildungspunkten anerkannt.www.berliner-aerzte.net!BERLINER ÄRZTE 9/2013 S. 22


B E R U F S - U N D G E S U N D H E I T S P O L I T I KDie Wendung desbiographischen Verlaufs nachschwerer Erkrankung *Mit jeder schweren Erkrankung tritt uns die grundsätzliche „Unvollendbarkeit undGebrochenheit“ menschlicher Existenz entgegen (Karl Jaspers 1965). Krankheit kanneinen bis dahin gültigen Lebensentwurf in Frage stellen oder sogar zerstören.Krankheit kann aber auch nach Viktor v. Weizsäcker (1955) dem bisherigen biographischenVerlauf eine Wendung geben und eine neue Entwicklung eröffnen. Lassen Siemich dies an einer kurzen Fallgeschichte verdeutlichen, bevor ich dann zu meinemThema komme.Von Ulrich RügerDie Krankengeschichte desjungen G.Ein junger Mann verlässt seine VaterstadtFrankfurt, um in Leipzig Rechtswissenschaftenzu studieren. Hätte er seinenNeigungen folgen dürfen, so wäre er nachGöttingen gegangen, um sich dort demStudium der Altertumswissenschaften zuwidmen. Nach den Wünschen des Vatersjedoch sollte er wie dieser an dessen alterUniversität Jura studieren, um später dieLaufbahn eines höheren Verwaltungsjuristeneinzuschlagen – das ursprünglicheZiel des Vaters, das dieser seinerzeit verfehlthatte.In seiner neuen Leipziger Umgebung fühltesich der junge Mann einsam und vonHeim weh geplagt. Erste Liebessehnsüchtezu der jungen Tochter seiner Wirtsleuteblieben unerfüllt. Zum Studieren kam erkaum. Er zog sich zunehmend zurück undentwickelte eine Vielzahl von Krankheitssymptomen:Verstopfungen, häufigeInfekte, eine Ge schwulst am Halse machteihm zu schaffen, und er litt unter häufigenZahn schmer zen, beständigem Husten,Arbeitsstörungen und hypochondrischenBefürchtungen. Verschiedene medizinischeBehandlungs maßnahmen wurden unternommenund unterschiedliche Expertisenüber seinen Krankheitszustand abgegeben.Sie reichten von einer vermutetensyphilitischen Infektion, dem Verdacht einerTuberkulose bis hin zu einer psychischenErkrankung. Der Patient selbst hattedas Gefühl, dass ihm „das Gehirn verdüstertund die Einge weide paralysiert“ seien.Während dieser Zeit schwankte er zwischenAusgelassen heit und tiefer Verstimmung,die in Selbst mordphantasienmündeten.Am Ende seiner dreijährigen Leipziger Zeitgeriet er wiederum in eine schwere Krise,die schließlich einen physischen Zu sammenbruchauslöste. Er erlitt einen Blutsturz,schwankte mehrere Tage zwischenLeben und Tod und kehrte – wie er vieleJahr zehnte später in seinen Lebenserinnerungenfeststellte – gleichsam als„Schiffbrüchiger“ in seine Vaterstadt zurück.Fast eineinhalb Jahre dauerte esnoch, bis er sich wieder erholt hatte undsich seine Befürchtungen verloren, dieSchwindsucht zu haben.Schließlich konnte er Ostern 1770 zumzweiten Mal sein Vaterhaus verlassen, umdas unterbrochene Studium in Straßburgzu beenden. Die dortigen eineinhalb Jahreerlebte er, wie keine andere Periode seinesLebens, als Neubeginn und widmete sichneben der zwangsläufigen Beschäftigungmit der Juristerei auch der Philosophie, derTheologie, den Naturwissenschaften undder Medizin.* Gekürzte und überarbeitete Fassung eines Vor trags auf der Jahrestagung des Berufsverbandes derFachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie (BPM) am 16.11.2012 in BerlinSie werden inzwischen bemerkt haben,um wen es sich handelt: Es ist die Geschichtedes jungen Studenten JohannWolfgang Goethe (vgl. z. B. Boerner, 1964)und bei aller Vorsicht dürfen wir Folgendessicherlich feststellen: Die sehr zwiespältigeAkzeptanz des väterlichenLebens entwurfes – der Sohn sollte für denVater nicht Vollendetes in dessen Entwurferreichen! – ging der Erkrankung voraus.Die Krise nach dem dreijährigen Jurastudium– „zu der ihn keine innereRichtung drängte“ – war zugleich eineChance für die Auseinandersetzung mitseinem bisherigen, vom Vater bestimmtenLebensentwurf. Bei dieser Auseinandersetzungwar ihm sein behandelnder ArztJohann Friedrich Metz Freund und väterlichesVorbild zugleich. Er eröffnete ihm dasInteresse für neue Perspektiven: Für diehistorische Gestalt des Paracelsus sowiefür Medizin und Naturphilosophie.Mit der Aufnahme des Studiums in Straßburgsprengte der junge Goethe den väterlichenHorizont und Entwurf – auchwenn er dann bereits sechs Jahre späterbis zu seinem Lebensende als Verwaltungsjurist in Weimar sein Brot verdienteund damit, so könnten wir es sehen, dieväterliche Linie wieder aufgenommen hat.Er tat dies aber in einer völlig anderenForm! Er hatte seinen eigenen Lebensentwurfgefunden – auch wenn sein späteresLeben nicht frei von Krisen blieb.Diese Krankengeschichte zeigt uns aberauch: Es ist müßig zu erörtern, ob das ungeliebteStudium Goethe krank gemachthat oder seine körperliche ErkrankungKrise und Chance zu einer Neuorientierungwurden – bei der ihm dann sein Arzt behilflichwar. Vielmehr dürfte es sich hierum einen interdependenten Prozess handeln,bei dem weniger ein kausales Erklären,sondern eher ein biographischesVerstehen angezeigt ist.Viktor von Weizsäcker war es, der die biographischeMethode als Zugang zur subjektivenSeite des Patienten in die Medizinin den 20er Jahren des letzten Jahrhundertseingeführt hat und so zum Begründerder anthropologischen Medizin wurde.Vor dem Hintergrund seiner langjährigenklinischen Erfahrung stellte er damals fest:BERLINER ÄRZTE 9/2013 S. 23


B E R U F S - U N D G E S U N D H E I T S P O L I T I KFoto: S. Rudat„Wenn man aber die Einbettung organischerErkrankungen in die äußere und innereLebensgeschichte erkundet, so istman erstaunt, wie oft Krankheit auf demGipfel einer dramatischen Zuspitzung auftritt,wie oft sie eine Katastrophe aufhältoder besiegelt, wie regelmäßig sie dembiographischen Verlauf eine neue Wendunggibt.“ (Gesammelte Schriften, BandVII, S. 380).Unter diesen drei Feststellungen wird inder Psychosomatischen Medizin die drittehäufig vernachlässigt und in der Organmedizinscheint sie eher ein Nebenaspektgeworden zu sein – allenfalls noch berücksichtigtunter der ICD-Diagnose An passungsstörung(F 43.2). Immerhin werdendamit Schwierigkeiten bei der Bewältigungschwerer und chronischer Erkrankungenerfasst und zunehmend auch alsbehandlungsrelevant berücksichtigt.Dagegen bleiben die unmittelbaren psychischenAuswirkungen eines akutenKrankheitsgeschehens oft unerkannt.Für die Organmedizin stehen zu demZeitpunkt oft eher handlungsorientierteAkutmaßnahmen im Vordergrund. Durchdie körperliche Erkrankung ausgelöste psychischeProzesse stoßen allenfalls dannauf Interesse, wenn sie notwendige medizinischeMaßnahmen erschweren.Umgekehrt sind Patienten vielfach nichtin der Lage, sich in einer Akutsituation zuWort zu melden, insbesondere wenn dieVigilanz eingeschränkt ist oder im Verlaufder Erkrankung sehr wechselt. Die im Patientenablaufenden psychischen Prozessewerden dann häufig im Nachhinein vomPatienten selbst als „Durcheinander“ verstandenund von den Behandelnden als„Durchgangssyndrom“ eingeordnet. Die indiesem Stadium stattfindenden innerenProzesse bleiben dabei vielfach unerkannt.Hier können uns wortmächtige Schriftstellerhelfen, für die ihre eigene ErkrankungAnlass zum Schreiben geworden ist.Die Erzählung „Leibhaftig“ von ChristaWolf (2002) und der autobiographischeBericht „Weiter leben“ von Ruth Klüger(1992) ermöglichen uns einen Zugang zuder inneren Welt einer Schwerkrankenbzw. eines Unfallopfers auf dem Weg zurGenesung.Septischer Krankheitsprozessals Ausgangspunkt einesbiographischen NeubeginnsIn der Erzählung „Leibhaftig“ von ChristaWolf (2002) erfahren wir – plastischer alses manche Patienten vermitteln können,in denen aber dieselben Prozesse stattfinden(!)– viel über den kontextuellen Umbaueiner Biographie – ausgelöst durch eineschwere lebensbedrohliche Erkrankung,die die Heldin der Erzählung einer existentiellenKrise aussetzt, die sie in der Endzeitder DDR in einem Zwischenreich vonLeben und Tod erleidet.Rezidivierende septische Fieberzuständemit zwischenzeitlicher normaler Vigilanzstoßen eine Auseinandersetzung mit dereigenen Lebensgeschichte an.In ihrem Bericht wechselt die Autorin zwischender Ich-Form und dem beschreibenden„Sie“, wodurch wir mit in ihre Derealisations- und Depersonalisationszuständehineingezogen werden.In diesem schwierigen Prozess standenihr <strong>Ärzte</strong> und Krankenschwestern – dasSchwesterliche spielte hier eine besondereRolle – zur Seite. Diese erhalten in demregressiven, leicht paranoid getöntenZustand der Patientin deutlich überakzentuierteZuschreibungen, die nicht immerunbedingt objektiv gerecht gewesen seindürften. Bei dieser Entwicklung werdenÄrztinnen/<strong>Ärzte</strong> und Krankenschwesternzu Begleitern, sie werden aber auch zuProjektionsfiguren innerer Repräsentanzenmit rasch wechselnder Bedeutung.Auf dem Weg der Genesung erfährt diePatientin vom Suizid einer ihr lange Zeitnahestehenden Person – man könnte sagenvom Tod ihres Alter Ego – einemRepräsentanten ihres früheren Lebenskontextes.Am Ende verlässt sie die Weltder Klinik als eine andere.Schädel-Hirn-Trauma alsAusgangspunkt einesbiographischen NeubeginnsAuch akute Unfallereignisse geben oftdem biographischen Verlauf eine neueWendung. Oft wird dies auf bleibendeUnfallschäden und damit verbundeneAnpassungsprobleme zurückgeführt.Weniger beachtet werden die innerenProzesse, die sich nach einem solchenEreignis und während der Genesung einesPatienten abspielen. Die amerikanischeGermanistikprofessorin Ruth Klüger schildertdies sehr plastisch in ihrem autobiographischenBericht „Weiter leben – eineJugend“ (1992). Als Gastprofessorin inGöttingen erlitt sie dort 1988 einen schwerenVerkehrsunfall mit Schädelhirntrauma.Nach der Schilderung der Autorin dürftees sich bei zunächst erhaltenem Bewusstseinund dann allmählicher Eintrübung umein subdurales Hämatom gehandelt haben.Ruth Klüger beschreibt den Zustand desspäteren Auftauchens aus der Bewusstlosigkeitbei noch partieller Eintrübungmit noch deutlicher Sprachstörung, insbesondereeiner Wortfindungsstörung sowieeiner Sprach-Interaktionsstörung.Während der längeren Genesungszeitschreibt sie dann ihr Erinnerungsbuch,das vier Jahre nach dem Unfallereignis erscheintund ein Welterfolg geworden ist.Das Buch hat Klüger den „GöttingerFreunden“ gewidmet, die sie bei ihremGenesungsprozess begleitet haben.Die 1931 in Wien geborene Autorin schildertin ihrem Erinnerungsbuch die bis zudem Unfallereignis eingemauerte Erinnerungan ihr Schicksal als heranwachsendesjüdisches Kind in den KonzentrationslagernTheresienstadt, Auschwitz-Birkenau und Groß-Rosen. Ein Jahr nachdem Unfall tauchen Erinnerungsbilder anden Unfall auf, der sich ausgerechnet aufder Göttinger Jüdenstraße ereignet hatte.Der junge Fahrradfahrer „kommt geradeauf mich zu, schwenkt nicht, macht keinenBogen, im letzten Bruchteil einer Sekundespringe ich automatisch nach links, erauch nach links, in dieselbe Richtung, ichmeine, er verfolgt mich, will mich niederfahren,helle Verzweiflung, Licht imDunkel, seine Lampe, Metall wie Scheinwerferüber Stacheldraht …“. Sie wehrtsich in Panik gegen den „Angreifer“, stütztsich deshalb beim Sturz nicht ab und fälltauf den Kopf. Mit dem Bild „Scheinwerferüber Stacheldraht“ aktualisieren sich dieBERLINER ÄRZTE 9/2013 S. 24


B E R U F S - U N D G E S U N D H E I T S P O L I T I KErinnerungen an eine über vier Jahrzehntezurückliegende Zeit als Verfolgte desNaziregimes. Mit der Rück-Eroberung ihrernarrativen Kohärenz wurde dann, wieRuth Klüger schreibt, die verschütteteEuropäerin in ihr wieder lebendig, die sichhinter der Amerikanerin, die sie gewordenwar, versteckt hatte.Dieser Prozess scheint bereits währendder stationären Akutbehandlung begonnenzu haben, in einem Zustand nochhirnorganisch bedingter Eintrübung, aberschon beginnender, noch inkohärenterbiographischer Erinnerung. „Es war, alshätten Einbrecher alles durcheinandergeworfen,die sorgfältig verpackten altenPapiere aus hinterster Ecke hervorgeholt,sie dann aus Wut, weil sie unbrauchbarund wertlos waren, im Haus verstreut, alleSchubladen aufgerissen, Kleider zerschnitten… und die Schränke sperrangelweitoffen; und uralte Gegenstände, vondenen man glaubt, man hätte sie längstin den Müll geworfen, wieder ans Tageslichtgezerrt. … Nach und nach merktman, dass in dem anscheinend heillosenChaos mehr vom eigenen Ich steckt als inden früheren, scheinbar geordnetenVerhältnissen.“ (S 276) – eine sehr anschaulicheBeschreibung des rückläufigen„Durchgangssyndroms“, aber auch einsehr plastisches Bild für den Verlust desbisherigen Lebenskontextes!Psychische Prozesse in einemexistentiellen GrenzzustandAusgangspunkt und Verlauf der zwei autobiographischen„Krankengeschichten“sind sehr unterschiedlich. Das Gemeinsameist der existentielle Grenzzustand.Dabei geht es nicht um eine äußereBedrohung, sondern um den drohendenVerlust vital notwendiger Körperfunktionen.Dies scheint auf der psychischenEbene zu einer starken Regression von Ich-Funktionen zu führen. Unreife Abwehrmechanismenwerden wirksam undschützen so vor dem kompletten Ich-Verlust. Eine mehr oder weniger starkeparanoische Reaktion scheint in beidenFällen zeitweilig vorgelegen zu habenund erhält – wenn auch auf „primitivem“Niveau – eine basale Beziehung zur Umwelt.Angedeutete Spaltungsvorgängeund Projektionen dürften darüber hinausüber die damit verbundenen aggressivenAffekte vor Selbstaufgabe schützen.Man könnte von einer „Regression imSinne des Überlebens“ sprechen. DieserZustand scheint auch zu einer assoziativenLockerung von Erinnerung zu führen, möglicherweiseauch mit einer Neuvernetzungder entsprechenden Bruchstücke in andererGestalt. Eigentlich längst Gelöschteskommt auf der Festplatte wieder zumVorschein, wie Ruth Klüger es sehr plastischbeschreibt (S. 271). Das Wiederauftauchenaus diesem Zustand erlaubt danneinen Neubeginn.Der heute häufig als obsolet betrachteteBegriff „Durchgangssyndrom“, unter demin diesem Krankheitsstadium beobachtbarenkörperlichen und psychischen Phänomenefrüher zusammengefasst wordensind, hat damit auch eine gewisse metaphorischeBedeutung. Falls die körperlicheErkrankung nicht zum Tode führt, wird ein„Durchgang“ ermöglicht zu einer Wendungdes biographischen Verlaufs imSinne von Viktor v. Weizsäcker.„Regression im Sinne des Überlebens“wird zu „Regression im Sinne des Ichs“ inder Sprache von Michael Balint (1968).Folgerungen für die akuteBehandlungssituation* Auf den sehr lesenswerten Erfahrungsbericht„Herzwechsel“ des Autors kann hier ausPlatzgründen nicht weiter eingegangen werden.Die beiden Fallbeispiele sollten nicht zueiner Idealisierung entsprechenderKrankheitsverläufe verführen. Zu Rechtkennzeichnet der Kunsthistoriker PeterCornelius Claussen das von ihm selbstnach einer Herztransplantation erlebte deliranteZustandsbild als „die Hölle“*. Undnicht selten gehen ungünstige Verläufe ineine (allerdings meist reversible) posttraumatischeBelastungsstörung über.Günstige Präventionsmaßnahmen scheinenhier neben einer gegebenenfalls neuroleptischenMedikation insbesondere folgendezu sein: Die Beziehung zum Patientennicht abreißen lassen, den Patientenimmer wieder über seine Situation informieren,ihn halten und beruhigen sowieeigene Hektik vermeiden. Dazu gehörtauch zu akzeptieren, dass der Patient temporärin zwei Welten lebt und dass diesauch zunächst nicht korrigierbar ist. Einesolche Haltung dürfte am ehesten dazubeitragen, das Risiko eines ungünstigenVerlaufs zu verringern und eine restituioad integrum zu fördern – den Menschennicht nur am Leben, sondern auch imLeben zu halten. Im günstigen Fall kann esdann auch zu einer glücklichen Wendungdes biographischen Verlaufs mit einemNeubeginn kommen.Literaturhinweis:Ulrich Rüger (2009) Krankengeschichteund Lebensgeschichte – die biographischeDimension im Menschenbild der Medizin.Universitätsverlag Göttingen.Zitierte und weiterführende Literatur istdort aufgeführt.Verfasser:Prof. Dr. med. Ulrich RügerMittelbergring 5937085 Göttingen(1986-2007 Direktor der Abteilung Psychosomatikund Psychotherapie an der Medizinischen Fakultätder Georg-August-Universität Göttingen)Zusammenfassung:Schwere körperliche Erkrankungenführen häufig zu einer Wendung imbiographischen Verlauf. Die durcheine akute lebensbedrohlicheErkrankung ausgelösten psychischenProzesse werden allerdings meist nursoweit beachtet, wie sie notwendigemedizinische Maßnahmen erschweren.Ihre Eigen dynamik und derenBedeutung für die spätere Entwicklungbleiben oft unberücksichtigt.Anhand zweier autobiographischerErfahrungsberichte (Sep tischerKrankheitsprozess und Schädel-Hirn-Trauma) werden innerpsychischeProzesse dargestellt, die sich im Verlaufvon Krankheit und Heilungsprozessabspielen. Deren unterschätzteBedeu tung für eine Wendung imbiographischen Verlauf wird hervorgehoben.BERLINER ÄRZTE 9/2013 S. 25


B E R U F S - U N D G E S U N D H E I T S P O L I T I KMorbiditätsorientierte <strong>Ärzte</strong> -ver gütung und Morbi-RSA derKrankenkassen – passt daszusammen?Eine der größten Herausforderungen für Krankenkassen und <strong>Ärzte</strong> angesichts desdemografischen Wandels ist die Versorgung älterer und chronisch kranker Patienten.Eine ausreichende Finanzierung der Krankenkassen über den Gesundheitsfonds hinsichtlichälterer und kranker Versicherter ist die Grundbedingung für einen Ausbauspezieller Versorgungsangebote für diese Personen. Die aktuelle Verteilung derFondsmittel durch einen fehlerbehafteten Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) begünstigteinen unfairen Wettbewerb zwischen den Kassen.Von Achim KolanoskiZielgenauigkeit des Morbi-RSAEs ist dringend notwendig, die Zielgenauigkeitdes Fonds und insbesonderedes Morbi-RSA zu erhöhen. Dass dieVersorgerkassen zu niedrige Finanzmittelfür ältere und kranke Versicherteerhalten, ist den Auswertungen desBundesversicherungsamts für die Jahre2009 und 2010 zu entnehmen. 1, 2Das Landessozialgericht NRW hat am4. Juli 2013 geurteilt, dass der Metho denfehlerbei den Leistungsausgaben fürVerstorbene korrigiert werden muss.Noch ist das Urteil jedoch nicht rechtskräftig.Und der Fehler löst weiterKetten reaktionen im Gesundheitssystemaus.Verschärft wird das Problem der Finanzierungfür Ältere und Kranke durch dieÄnderung bei der Ermittlung der morbiditätsorientiertenärztlichen Gesamtvergütung.Es ist aus Sicht der DeutschenBKK angemessen und nachvollziehbar,das Versicherungsrisiko und damit dieSteigerung der morbiditätsabhängigenAufwendungen bei den Krankenkassenanzusiedeln.Neu ist ab 2013 die Definition der Ausgangsbasis für die einzelne Krankenkasse:Es wird nicht der vereinbarteBehandl ungs bedarf einer Krankenkasseaus dem Vorjahr herangezogen, sondernder vereinbarte Behandlungsbedarf allerKassen in einer KV-Region wird neu unterden Krankenkassen aufgeteilt. DieVerteilung wird nach den Anteilen dereinzelnen Krankenkassen auf der Basisder tatsächlich erbrachten Leistungenneu verteilt. Grundsätzlich ist dieSystematik der Er mittlung sachgerecht.Die Deutsche BKK sieht es auch als eineihrer Aufgaben an, für die Leistungsbedarfeihrer Versicher ten einzustehenund möchte auch vernünftige ärztlicheLeistungen angemessen vergüten. Aberdie fehlenden Finanz mittel für ältereund kranke Versicherten könnten sichin regionalen Verhandlun gen zu Lastender <strong>Ärzte</strong> auswirken. Denk bar sind Einsparungenbei den Verträgen, die dieKasse eigenständig mit den <strong>Ärzte</strong>n abschließenkann (z.B. Intgrierte Versorgung),die außerhalb der Gesamtvergütungfinanziert werden. Die Gründe liegenin den Auswirkungen der morbiditätsorientiertenGesamtver gütung.Grundsystematik dermorbi ditäts orientiertenGesamtvergütungMit dem Versorgungsstrukturgesetz habensich die Spielregeln zur Ermittlungder Gesamtvergütung ab 2013 verändert.Geblieben sind natürlich die allgemeinenGrundsätze der kollektivvertraglichenVereinbarung der Gesamtvergütung.Ebenso bleibt die Gesamtvergütungim Wesentlichen in zwei großeBlöcke unterteilt. Den ersten Block bildetdie morbiditätsbedingte Gesamtvergütung(MGV), deren Behandlungsbedarfals notwendige medizinischeVersorgung definiert ist und damit eineObergrenze darstellt. Im zweiten Blocksind die besonders förderungswürdigenLeistungen, die außerhalb dieser MGVmit festen Preisen und ohne Men genbegrenzungvon den Kranken kassenvergütet werden. Darunter fallen zumeinen die gesetzlich vorgegebeneSubstitu tion und zum anderen die derzeitvertraglich vereinbarten Leistungenwie z.B. ambulantes Operieren, Gesundheitsunter su chung, Krebsfrüherkennung,Schutzimp fung, Dialyse-Sachkosten sowie die neu hinzugekommenpsychotherapeutischen Leistungen.Die MGV stellt mit ca. 70 den größtenAnteil dar. Der Rest entfällt auf die extrabudgetäreGesamtvergütung. Seitdiesem Jahr werden die Veränderun genin der Gesamt vergütung jährlich nachKriterien wie Morbiditätsstruktur, Artund Umfang der ärztlichen Leistungen,Wirt schaftlich keits reserven und Verlagerungen von Leistungen zwischenstationärem und ambulantem Sektorbestimmt.Die Anpassung desvereinbarten und bereinigtenBehandlungsbedarfsDie eigentliche Anpassung des vereinbartenund bereinigten Behandlungs-1Drösler, S.; Hasford, J.; Kurth, B.; Schaefer, M.; Wasem, J; Wille, E: Evaluationsbericht zum Jahresausgleich 2009 im Risikostrukturausgleich. Gutachten deswissenschaftlichen Beirats des Bundesversicherungs amts. Juni 2011.2Göpffarth, Dirk: Zweites Jahr Morbi-RSA – Stabilität und Bestätigung. In: Zeitschrift G+S; 1/2012. S. 8-15.BERLINER ÄRZTE 9/2013 S. 26


B E R U F S - U N D G E S U N D H E I T S P O L I T I Kbedarfs für die Kassenärztliche Vereinigungpassiert im zweiten Schritt.Deren Grundlagen sind:a. Veränderungen insbesondere bei derZahl der Versichertenb. eine Veränderung des Leistungsumfangsc. Verlagerungen zwischen stationäremund ambulanten Sektord. Veränderungen bei der Ausschöpfungder Wirtschaftlichkeitsreservene. Veränderungen der Morbiditätsstrukturder VersichertenDabei nimmt die Beurteilung zur Veränderung der Morbiditätsstruktur der Ver -si cher ten einen besonderen Stellenwertein. Das Institut des Bewertungsausschussesverwendet hier ein auf diedeutschen Verhältnisse angepasstesModell eines Klassifikationsverfahrens.Für jede der 17 Kassen ärztlichen Vereinigungenerrechnet das Institut desBewertungsaus schusses zwei Veränderungsraten.Eine Rate basiert imWesentlichen auf Behandlungs diagnosenund die zweite Rate auf demografischenKriterien wie Alter undGeschlecht. In den jeweiligen KV-Regionen haben dann die Vertragspartnerdie beiden Raten zu gewichtenund eine Veränderungsrate zu vereinbaren.Auch für die Verteilung der Gelderaus dem Gesundheitsfonds wird dasKlassifikationsmodell der Firma DxCGeingesetzt. Die Anpassungen undWeiter entwicklungen in den beidenBereichen <strong>Ärzte</strong>vergütung und Morbi-RSA erfolgen aber unabhängig voneinander.Die Vertei-lungssystematik desFonds als einzige Finanzierungsquelleder Kassen und die Vergütungs systematikfür die <strong>Ärzte</strong> folgen noch nichtden gleichen Rahmenbe din gun gen.Die Messung der Morbidität erfolgtnach unterschiedlichen Messkriterienund führt somit zu Verzerrungen imWett bewerb zu Lasten von kranken undalten Menschen.Fazit: Nein, eine morbiditätsorientierteGesamtvergütung und der Morbi-RSApassen noch nicht zusammen. EineWeiterentwicklung des Morbi-RSA zuGunsten der höheren Berücksichtigungvon Morbidität wäre die adäquateLösung. Dann erhalten die Krankenkassenmit hohen Behandlungsbedarfenauch die notwendigen Finanzmittel ausdem Gesund heitsfonds. Und könnten inder Folge in ein umfassendes Versorgungsmanage ment investieren.Verfasser:Achim KolanoskVorstands vorsitzender Deutsche BKK,WolfsburgANZEIGEBER L INER Ä R Z T E 9/2013 S. 27


B E R U F S - U N D G E S U N D H E I T S P O L I T I KTeam-Fortbildung in der Praxis –ein BeispielEinst hieß sie „Sprechstundenhilfe“, dann „Arzthelferin“, 2006 wurde sie zur „Medizinischen Fachangestellten (MFA)“. Diesen Namen verdienten wegen ihrer anspruchvollenTätigkeit viele schon vorher. „Die MFA ist nicht mehr Helferin, sie ist die qualifizierteund selbstständige Mitarbeiterin in einer Arztpraxis“, las man im Deutschen<strong>Ärzte</strong>blatt (43/2008, S. A 2263). Haben Sie Ihre Angestellten zu Ihrer wirksamenEntlastung systematisch zu Mitgliedern eines gut eingespielten Teams entwickelt?Wie bilden Sie dieses Team eigentlich fort? Gibt’s da einen Erfahrungsausch unterPraxisärzten? Wir stellen hier eine praxisinterne Fortbildung exemplarisch vor.Mittagspause in der Hausarztpraxis.Das Wartezimmer ist trotzdemnicht leer. Erstens sitzt da immer einMuttchen mit der Handtasche auf demSchoß, auf das jeder Neuling erstmal hereinfällt,ehe er merkt, dass es die veristischePlastik einer Patientin ist. Undzweitens sitzt da heute eine kleineKaffeerunde des Praxisteams, wie regelmäßigalle vier Wochen. Aber es gibt nichtbloß Kaffee und Gebäck, es gibt vor allemFortbildung.Bevor Dr. Jürgen Skörde, Internist mitHausarztfunktion, oder eine seiner vierDr. Skörde und sein gut fortgebildetes Team.Bevor Dr. Jürgen Skörde, Internist mitHausarztfunktion, oder eine seiner vierFachangestellten (darunter seine Frau)zum Thema des Tages spricht, informiertder Chef erst einmal über besonderePatienten. Denn, so Skörde, „jeder in derPraxis soll über jeden Patienten Bescheidwissen“. Und jeder Patient muss ernst ge-nommen werden, auch wenn er – odereher sie – seit zwanzig Jahren vom Sterbenspricht und munter weiterlebt. Aber kürzlichwurde so jemand, nämlich Frau B.,mehrmals ohnmächtig.Bei Herrn A. wurde ein Pankreaskopf-Karzinom festgestellt, berichtet der Arztweiter. „Man muss ihn im Auge behalten.Zwar schien er die Diagnose ungerührt zurKenntnis zu nehmen, aber vielleicht ist erdann zu Hause zusammengebrochen.“Besonders berührt waren alle von derKrankengeschichte der jungen Frau, diewegen eines kleinen Infekts und mitKopfschmerzen in die Praxis gekommenwar und vorher drei, vier Tabletten ASS proTag genommen hatte. „Tabletten versaueneinem die Anamnese“, sagt der Doktor,und die „Blutverdünnung durch ASS hältzehn Tage an“. Sie setzte es auf seine ärztlicheAnweisung ab. Am nächsten Tag warder Kopfschmerz trotzdem etwas besser,aber beim Gehen fiel eine kleine Abweichungnach rechts auf. Das CT ergab eineHirnblutung, die Radiologin schickte diePatientin aber weg und rief nur in derHausarztpraxis an. Dort legte man derjungen Frau dringend nahe, sich sofort ineine bestimmte Klinik mit Stroke Unit zubegeben.„In solchen Fällen muss man sich kümmernund unbedingt nachhaken“, sagt derPraxischef. Das war auch hier nötig: EinAnruf im Krankenhaus zeigte, dass diePatientin dort nie angekommen war. EinAnruf bei ihr zu Hause: Es war Freitag, undsie hatte lieber bis Montag warten wollen– mit einer Hirnblutung!Fachangestellte bildetKolleginnen fortNach den Patientenbesprechungen leitetder Chef zum Fortbildungsthema„Wunden“ über. Im Ernstfall Sache derChirurgen, der Hausarzt muss da, wie immer,seine Grenzen kennen. Eine derFachangestellten – sie sind hier wirklichmehr als nur „Helferinnen“ – demonstriertspezielle Pflaster und Kompressen fürchronische Wunden und ihre verschiedenenWirkungsweisen, je nach Zustand derWunde und der Phase ihrer Heilung. Fürinfizierte Wunden zum Beispiel gibt esAuflagen aus Polyurethanschaum, der antimikrobiellwirkendes Polyhexamid enthält.Manche Pflaster saugen das Sekretauf, hydrokolloide Auflagen wiederum befeuchtentrockene Wunden. „Nicht zu oftden Verband wechseln“, warnt Skörde,„aber man muss die Wunde kontrollieren“.Dafür gibt es transparente Auflagen.Andere Schwerpunktthemen dieser praxisinternen,stets protokolliertenFortbildung waren zum Beispiel:„Reisethrombose“ („die Leute wollen immerHeparin“, sagt Skörde, „das ist abernur für Hochrisikopatienten indiziert undkann schwere Nebenwirkungen haben“).Oder COPD, Darmkeime, Impfungen, bestimmteArzneimittel wie etwa ACE-Hemmer als Mittel der Wahl („AT1-Blockerbekommen wegen des hohen Preises nurdie ACE-Huster“, erklärt der Doktor).Besonders wichtig: Notfälle in der Praxis,d.h. Organisatorisches und Erste-Hilfe-Maßnahmen. Und wann 112 wählen? Beihypertensiven Krisen, plötzlichem Herzschmerz(Infarkt?), akuter Luftnot (Statusasthmaticus?), plötzlicher Bewusstlosigkeit,Zeichen eines anaphylaktischenSchocks oder eines Schlagsanfalls – dasweiß jetzt das ganze Praxisteam.Alle sollen alles könnenund ihre Grenzen kennenWas in dieser Praxis auffällt, ist die „flacheHierarchie“. Spürbar herrscht hier einKlima, in dem niemand Angst hat, Fragenzu stellen oder auch Fehler einzugestehen.Und alle sollen alles können, damit Sicherheitauch in der Urlaubszeit herrscht.BERLINER ÄRZTE 9/2013 S. 28


B E R U F S - U N D G E S U N D H E I T S P O L I T I KFortbildung für Hausärztinnen und Hausärzte und ihrePraxisteams ist frei von Herstellerinteressen, evidenz- undfallbasiert, interaktiv und interkollegialDa die Allgemein- und Familienmedizin sehr spezifische Merkmale aufweist, wiezum Beispiel Multimorbidität der Patienten, Arbeit im Niedrig-Prävalenzbereichund biopsychosoziales Krankheitsmodell, sind traditionelle Fortbildungsformatemit Vorträgen fachfremder ‚Spezialisten’ nur bedingt geeignet, die hausärztlichenKompetenzen zu erhalten und zu verbessern. Aus diesem Grund sollte das bereitsin ärztlichen Qualitätszirkeln erfolgreich etablierte evidenzbasierte Lernen untereinanderund voneinander („Peer Learning“, Hospitationen) auch in der Fortbildungvermehrt genutzt werden. Zusätzlich müssten mit einer wachsenden Verantwortungder nichtärztlichen Professionen diese stärker in die Fortbildungsstrukturen intergriertwerden.“ (Aus den Positionen der DEGAM zur Zukunft der Allgemeinmedizinund der hausärztlichen Praxis, verabschiedet 2012.), www.degam.deSpezialaufgaben wie Blutentnahme,Impfen, EKG, Lungenfunktionsprüfung,auch Empfang oder Abrechnung werdenturnusmäßig übernommen. „Sie wissen,was sie zu tun haben und wann sie michfragen müssen“, sagte Skörde zu BERLINERÄRZTE.Alle sind hier per Du, doch das tut der ärztlichenAutorität offensichtlich keinenAbbruch. Die Fachangestellten haben sich– auch durch die systematische Fortbildung– viel Kompetenz angeeignet, abersie kennen ihre Grenzen. Die liegen dort,wo die Patientensicherheit gefährdet ist.Ein Beispiel: Ergometrie. „Niemals weil derPatient das will, nur, wenn ich das will“,sagte der Praxischef. „Und nur, wenn derArzt daneben steht. Man kann einenPatienten sonst in den Infarkt treiben!“Diese regelmäßige praxisinterne Fortbildunglässt sich zugleich als Qualitätssicherungsehen – und nicht zuletzt alsPersonalentwicklung. Qualifizierte Fachkräftekönnten künftig knapp werden. Indieser Praxis gibt es keine Fluktuation. Bisauf eine Ruheständlerin sind noch alle seitder Praxisgründung vor fünfzehn Jahrendabei.ein Drittel komme regelmäßig, heißt es.Aber systematische Teamfortbildung inden Praxen, an der die Fachangestelltenmit kleinen Referaten oder Demonstrationenaktiv beteiligt sind, scheint nochdie Ausnahme zu sein, wie eine kleinenicht repräsentative Umfrage bei involviertenInstitutionen und praktizierenden<strong>Ärzte</strong>n ergibt.Der interprofessionellenKooperation gehört die ZukunftDie Zukunftsideen und -pläne für Praxisund Klinik aber zielen in Richtung einerbesseren interprofessionellen Kooperationvon <strong>Ärzte</strong>n, Pflegenden, Therapeuten jederCouleur und eben auch der medizinischenFachangestellten. Ansätze gibt es,und da ist akademische Arroganz von<strong>Ärzte</strong>n obsolet und kontraproduktiv. Nachdem Vorbild amerikanischer Reformfa -k ultäten werden zum Beispiel in DresdenMedizinstudierende und Pflegeschülerbeim Kurs „Skills im Team“ gemeinsam inpraktischer Zusammenarbeit amSchauspieler-Patienten geschult, wie dasDeutsche <strong>Ärzte</strong>blatt (46/2012 S. A 2294)berichtete.Besonders aufgeschlossen für interprofessionelleAktivitäten ist die DeutscheGesellschaft für Allgemeinmedizin undFamilienmedizin, die DEGAM (sieheKastentext). Der Sprecher ihrer SektionFortbildung, Günther Egidi (Bremen), teilteBERLINER ÄRZTE mit, dass er in seinerPraxis schon lange die Fachangestelltenam Qualitätsmanagement beteiligt, „dasin Fortbildung übergeht“. Und in derBremer hausärztlichen Fortbildungs akademiesetzt man sich neuerdings nicht nurmit <strong>Ärzte</strong>n, sondern mit ganzen Praxisteamszusammen, um einzelne Themenzu bearbeiten.Last but not least hob die <strong>Ärzte</strong>kammerBerlin bereits vor mehr als zwei Jahren denbesonderen Stellenwert des Berufs standesder Medizinischen Fachangestelltenhervor, indem ihre Delegierten „die Weichenfür ‚Fachwirt/in für ambulante medizinischeVersorgung’“ stellten. Und inBERLINER ÄRZTE 4/2011 war zu lesen:„Regine Held, im Vorstand der <strong>Ärzte</strong>kammerBerlin zuständig für den Bereichmedizinische Fachberufe, stellte die Qualifikationvor: ‚Mit der neuen Auf stiegsfortbildungwird das Berufsfeld der MedizinischenFachangestellten zukunftsfestgemacht’.“Ihr Editorial im selben Heft trägt einen<strong>Titel</strong>, der zum Motto auch für diesenBeitrag taugt:„Qualifiziertes Assistenzpersonal – gut für(niedergelassene) Ärztinnen und <strong>Ärzte</strong>.“Rosemarie SteinANZEIGETurnusmäßige Teambesprechungen seienimmerhin in drei Viertel der Praxen üblich,erfährt man bei der Bezirksstelle Berlin des„Berufsverbandes der Medizinischen Fachangestellten“.Er bietet ihnen auch Fortbildungenan; die sind für sie freiwillig. GutBER L INER Ä R Z T E 9/2013 S. 29


B E R U F S - U N D G E S U N D H E I T S P O L I T I KAktiv gegen Alkoholprobleme3. AktivA-Symposium zum Thema„Alkoholabhängigkeit bei Erwachsenen“Als „eines der vordringlichen Ziele“ihrer Gesundheitspolitik bezeichnetdie Bundesregierung die Reduzierungdes missbräuchlichen Konsums vonAlkohol, heißt es in der Antwort „Politikder Bundesregierung im Bereich derAlkoholsucht und des Komatrinkens“auf die Kleine Anfrage der SPD-Fraktionim März dieses Jahres.Laut des Drogen- und Suchtberichtesder Bundesregierung von 2012 trank derDeutsche 2010 durchschnittliche etwa9,6 Liter reinen Alkohol. Im Hinblick aufden Konsum der letzten 20 Jahre kannman da sogar von einem positivenTrend sprechen, denn seit 1991 sank derAlkoholkonsum um circa 3 Liter proPerson.Dennoch: 1,3 Millionen Menschen geltengemäß des Drogen- und Suchtberichtsals alkoholabhängig. Durch die demografischeEntwicklung gewinnt dasThema Alkoholabhängigkeit bei denüber 60-Jährigen zunehmend an Bedeutung:Etwa 400.000 Menschen über65 Jahre – 28 Prozent der Männer und 17Prozent der Frauen – trinken Alkohol ingesundheitsgefährdenden Mengen.Über 73.000 Menschen sterben jedesJahr an den Folgen von Alkoholmissbrauch.Das 3. AktivA-Symposium für eine aktiveAlkoholtherapie fand anlässlich desWeltdrogentages am 26. Juni in Berlinstatt und bot die Möglichkeit, sich überdie Relevanz der Alkoholerkrankungenbei Erwachsenen sowie die Herausforderungenin der derzeitigen Alkoholtherapiezu informieren. Sechs Vorträgeu.a. zu Themen wie Frühintervention inder Arztpraxis, Reduktion des Alkoholkonsumsund Größe der Versorgungslückezeigten auf, dass die Alkoholab-hängigkeit ein gesamtgesellschaftlichesProblem ist und inzwischen als Volkskrankheitgilt.Die Verbreitung und die wirtschaftlichenAuswirkungen haben weitreichendeFolgen: Sowohl für die einzelnen Betroffenenund deren Angehörige alsauch volkswirtschaftlich. Prof. Dr. FalkKiefer, stellvertretender ÄrztlicherDirektor der Klinik für Abhängiges Verhaltenund Suchtmedizin am Zentralinstitutfür Seelische GesundheitMannheim und Professor für Suchtforschungan der Ruprecht-Karls-UniversitätHeidelberg, mahnte dringendeine Reduktion des Alkohol konsums an:Die konsumierte Menge stehe imZusammenhang mit den alkoholbedingtenKrankheiten wie zum Beispiel Leberzirrhose,Diabetes mellitus, Schlaganfallund erhöhtes Krebsrisiko. 2004 starbenvon 100.000 in Deutschland lebenden15- bis 64-jährigen Frauen rund 13,7 und46,2 Männer vorzeitig an den Folgen ihresAlkoholkonsums. Das heißt: Jederachte Todesfall bei Männern und mehrals jeder 14. Todesfall bei Frauen unter65 Jahren ist Folge von Alkoholkonsum.Die mit der Alkoholabhängigkeit verbundenenvolkswirtschaftlichen Kostenbelaufen sich nach einer gesundheitsökonomischenSchätzung der DeutschenHauptstelle für Suchtfragen fürdas Jahr 2007 auf 26,7 Milliarden Euro,die die unmittelbaren Behandlungskosten,Ver luste durch Fehlzeiten amArbeitsplatz sowie Frühberentung undArbeits- oder Erwerbsunfähigkeit umfassen.Die Bundesregierung bleibt nichtsdestotrotzgelassen: Eine Anhebung derAlkoholsteuern ist momentan ebensowenig geplant wie eine Senkung derObergrenze der Blutalkoholkonzentrationim Straßenverkehr. Auch ein vollständigesVerbot von Alkoholwerbunghält die Regierung nicht für nötig:Werbung für alkoholhaltige Getränkemüsse bestimmte Standards erfüllen,sei aber „nicht der einzige Einflussfaktorauf das Trinkverhalten von Erwachsenenund Jugendlichen“. Den hauptsächlichenHandlungsbedarf sieht dieRegierung bei der Überwachung derbestehenden gesetzlichen Regelungenund bei einer Präventionsstrategie, „dieauf das Bewusstsein der Gefährlichkeitund des Suchtpotentials sowie beiErwachsenen auf einen verantwortungsvollenUm gang mit Alkohol“ zielt,heißt es in der Antwort der Bundesregierungauf die SPD-Anfrage.Der Medizinstudent Jonathan Schützesprach sich in seinem Vortrag„Alkoholabhängigkeit – Umgang inLehre und Therapie“ ebenfalls für präventiveMaßnahmen aus, forderte jedochvon der Politik konkrete Schrittedurch eine Verminderung des Alkoholangebots,eine Erhöhung der Alkoholsteuer,die Verbilligung alkoholfreierGetränke und weniger Werbung für alkoholischeGetränke ein. Als angehendemArzt war es Schütze besonderswichtig, dass künftig in der medizinischenAusbildung das Thema Alkoholabhängigkeiteinen angemessenenStellenwert bekommt, um dieDiagnose- und Behandlungsqualität zuverbessern. Aktuell fühlen sich vieleMedizinstu denten nicht ausreichendüber Sucht erkrankungen informiert.Zu dem Ergebnis kam 2012 auch eineinternationale Studie, an der u.a.Wissenschaftler der Charité Berlin,der Uniklinik Göttingen sowie desUniversity College London beteiligtwaren. Demnach werden im gesamtenMedizin studium aktuell nur etwa dreiUnterrichts stunden dem Alkoholismusgewidmet. In der Studie wurden knapp20.000 deutsche Medizinstudierendezu ihrer Vorbereitung auf die praktischeTätigkeit befragt.Aber nicht nur die Verbesserung derMedizinerausbildung bezüglich derBERLINER ÄRZTE 9/2013 S. 30


B E R U F S - U N D G E S U N D H E I T S P O L I T I KThematik Alkoholabhängigkeit warGegenstand der Veranstaltung. Ein weitererPunkt war auch die Frage nach derFrüherkennung von Alkoholmissbrauchin der Hausarztpraxis. Eine möglicheStrategie ist die Integration vonScreening-Verfahren in die hausärztlichenFrüherkennungsuntersuchungenzum Beispiel beim Gesundheits-Checkup35+. Das Problem: Von allen Alkoholabhängigenwerden nur wenige professionellbehandelt. Bei nur 9 Prozentliegt die Behandlungsquote in Deutschland.Obwohl gute Behandlungs me thodenvorhanden sind, gelingt es bishernicht ausreichend, Betroffene wirkungsvollzur frühzeitigen Inanspruchnahmevon Beratungs- und Behandlungsangeboten zu bewegen. Deshalb wareine der Kernfragen der Diskussion,wodurch Frühintervention möglichwerden könnte.Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzenderdes Deutschen Hausärzteverbandese. V. bestätigte, dass das Arzt-Patientengespräch eine wesentliche Rolle bei derfrühzeitigen Erkennung von Alkoholproblemenspielt. Die gezielte Nachfragezum Alkoholkonsum des Patientenfindet jedoch im Praxisalltag noch vielzu selten statt und gestaltet sich ohneerlernte kommunikative Fertigkeitenauf Seiten des Arztes schwierig. DerVor standsvorsitzende der KKH Kaufmännische Krankenkasse, IngoKailuweit, führte in diesem Kontext an,dass 80 Prozent aller Menschen mitAlkoholproblemen wegen einer Gesundheitsstörungmindestens einmal im Jahrin einer Arzt praxis sind. Ein Umstand,der künftig bei der systematischenEinbindung einer alkoholbezogenenFrühintervention mehr Gewicht habensollte.Für die Teilnehmer des 3. Aktiva-Symposiumswar somit klar, der nächste notwendigeSchritt müsse die Fest schreibungder Reduktion des Alkohol konsumsals nationales Gesundheitszielsein. Vertreter der Politik, Kostenträger,Leistungserbringer, Selbsthilfe- undPatientenorganisationen sowie Wissenschaftund Forschung würden damit einenKonsens anstreben, um dem gesamtgesellschaftlichenProblemAlkohol abhängigkeit entgegenzuwirken.Der Kooperationsverbund „gesundheitsziele.de“,in dem sich mehr als 120Organisa tionen des deutschen Ge sundheitswesens engagieren, hat seit demJahr 2000 unter Beteiligung von Bund,Ländern und Akteuren der Selbstverwaltungsieben nationale Gesundheitszieleund konkrete Maßnahmen zurZielerreichung entwickelt.Ulrike HempelMedizinjournalistinANZEIGENBER L INER Ä R Z T E 9/2013 S. 31


P E R S O N A L I E NIn memoriam Thea SchiropAm 30.06.2013 ist Frau Dr. TheaSchirop im Alter von 81 Jahrenverstorben.Mit ihrem Tod verliert die <strong>Berliner</strong>Diabetes Gesellschaft ihre Mitgründerin,langjährige Vorsitzende und die Diabetologieeine – weit über Berlin hinaus –bekannte, hoch engagierte und profiliertePersönlichkeit.Nach einer kaufmännischen Lehre undder Tätigkeit im Betrieb ihres Vatersholte die gebürtige <strong>Berliner</strong>in auf demAbendgymnasium ihre Reifeprüfungnach. Nach Abschluss ihres Medizinstudiumsan der Freien Universität Berlinund Promotion begann Thea Schiropihre Facharztausbildung an derMedizinischen Klinik des KlinikumsWestend der Freien Universität.Schon während ihrer internistischenFacharztausbildung mit besonderemFokus im Bereich der Intensivmedizinentdeckte sie ihre eigentliche Leidenschaft,die Diabetologie. Nach Ablegender Facharztprüfung in der InnerenMedizin baute sie zusammen mitihrem Kollegen Dr. von Wissmann amKlinikum Westend eine Diabetes ambulanzauf und in den Folgejahrenzusätzlich noch eine Insulinpumpenambulanz.Neben ihrer klinischenTätig keit unterrichtete sie mit BegeisterungStudenten, betreute verschiedenemedizinische Promo tionenund gab ihr Wissen und ihre Erfahrungenan junge <strong>Ärzte</strong> weiter.Nach Umzug der Klinik ins VirchowKlinikum arbeitete sie noch viele Jahre –auch über ihre Pensionie rung hinaus –im Bereich der Diabetesversorgung.Zusätzlich übernahm sie 2005 auch denVorsitz der Norddeutschen DiabetesGesellschaft.Neben der Organisation der Jahrestagungenund der tatkräftigen Unterstützungaller Belange der Diabetologenin Klinik und Praxis organisierte und leitetesie ab 1997 insgesamt sieben Kursezur Qualifikation zum Diabetologe DDGnach dem Curriculum der DeutschenDiabetes Gesellschaft. Zeitgleich zeichnetesie verantwortlich für die Organisationund Leitung von 14 Fortbildungskursenzur Qualifikation zur DiabetesassistentinDDG.Ihre zweite Leidenschaft galt der für dieDiabetologie so wichtigen Disziplin derErnährungsmedizin. Seit 1998 war TheaSchirop Mitglied des wissenschaftlichenBeirates „Ernährungsmedizin“ der<strong>Ärzte</strong>kammer Berlin, der <strong>Ärzte</strong>kammerBrandenburg und des DeutschenInstituts für Ernährungsforschung inPotsdam/Rehbrücke. Ihrem unermüdlichenEinsatz ist es zu verdanken, dassBerlin als eines von zwei Bundesländernschon früh eine führungsfähige Zusatzweiterbildung„Ernährungsmedizin“etabliert hat.Nicht unerwähnt bleiben soll auch ihrunermüdlicher Einsatz für die Belangeder <strong>Berliner</strong> <strong>Ärzte</strong>kammer. Sie engagiertesich als Angehörige und später alsstellvertretende Vorsitzende des WeiterbildungsausschussesInnere Medizinund durch ihre Tätigkeit in der Ernstvon-Bergmann-Fortbildungsakademieund schließlich als Mitglied und dannals Vorsitzende des Schlichtungsausschussesder <strong>Berliner</strong> <strong>Ärzte</strong>kammer.Durch Verleihung der Georg-Klemperer-Ehrennadel und Medaille der <strong>Berliner</strong><strong>Ärzte</strong>kammer ehrte die Kam mer 2007mit Thea Schirop eine Ärztin, die „sichgroße Verdienste um die Patientenversorgungerworben und sich um dasAnsehen der <strong>Ärzte</strong>schaft verdient gemachthat“,wie es seiner -zeit in derLaudatio hieß.Mit Dankbar -keit blicken derVorstand unddie Mitgliederder <strong>Berliner</strong>Diabetes Gesellschaftundalle in derDiabetologie engagierten Ärztinnenund <strong>Ärzte</strong> in Berlin auf das Lebenswerkvon Thea Schirop.Sie hat in der Betreuung von Dia betespatienten,in der Aus- undWeiterbildung von Studenten, jungen<strong>Ärzte</strong>n, Diabetologen, Diabetesassistentenund Diabetesberaterinnen unschätzbareVerdienste erworben und dieEntwicklung der Diabetologie und derErnährungsmedizin in unserer Stadtwesentlich mitgeprägt.Die <strong>Berliner</strong> Diabetes Gesellschaft wirdihrer langjährigen Vorsitzenden einwürdiges Andenken bewahren.Prof. Dr. med. Michael DerwahlVorsitzender der <strong>Berliner</strong> DiabetesGesellschaftFoto: privatAls eine der Gründungsmitglieder der<strong>Berliner</strong> Diabetes Gesellschaft übernahmsie 2001 den Vorsitz der <strong>Berliner</strong>Diabetes Gesellschaft (Regionalge sellschaftder Deutschen Diabetes Gesellschaft),den sie 2012 krankheitsbedingtabgeben musste.BERLINER ÄRZTE 9/2013 S. 32


P E R S O N A L I E NIn Gedenken an Klaus EyrichAm 16.07.2013 verstarb Prof. Dr. med.Klaus Eyrich, emeritierter Ordinariusder Klinik für Anästhesiologie und operativeIntensivmedizin des KlinikumsBenjamin Franklin (ehemals KlinikumSteglitz) der Freien Universität Berlin.Geboren am 10.01.1927 in Tübingen studierteEyrich von 1948-54 in FreiburgMedizin, wo er 1954 auch promovierte.Von 1956-60 war er als Assistenzarzt inder Chirurgie, der Pathologie und InnerenMedizin tätig; 1959 auch als Schiffsarzt,Route Hamburg-Südamerika. 1961 wurdeEyrich Assistenzarzt an der Anästhesieabteilungder Chirurgischen UniversitätsklinikFreiburg unter Prof. Kurt Wiemers.Dort erhielt er 1964 die Anerkennung alsFacharzt für Anästhesiologie und wurde1969 mit einer Arbeit über „Die Klinik desWundstarrkrampfes im Lichte neuzeitlicherBehandlungsmethoden“ habilitiert.1969 wechselte er als Oberarzt ans Institutfür Anästhesiologie der UniversitätWürzburg zu Prof. Dr. med. Karl-HeinzWeis. Seit 1971 war er dort LeitenderOberarzt und wurde 1974 zum Extraordinarius ernannt. 1978 erhielt Eyrich denRuf auf den Lehrstuhl für Anästhesiologieam Klinikum Steglitz (später KlinikumBenjamin Franklin) der Freien UniversitätBerlin. 1994 wurde er emeritiert, gingaber erst im Jahr 1997 endgültig in denRuhestand.Für Klaus Eyrich bildeten Anästhesiologie,Intensivmedizin, Notfallmedizin undSchmerzmedizin eine wissenschaftlicheund fachliche Einheit. Stets hat er sich dafüreingesetzt, insbesondere die Intensivmedizinstärker in die Anästhesiologie zuintegrieren. Die Notfallmedizin hat Eyrichmaßgeblich die Stationierung des ersten<strong>Berliner</strong> Rettungshubschraubers Christopher31 im Jahr 1987 am UniversitätsklinikumSteglitz zu verdanken. Gleichesgilt für die Etablierung eines Intensivtransporthubschraubers im Jahr 1993.Zahlreiche Habilitationen entstandenwährend seines Ordinariats und viele seinerMitarbeiter wurden Chefärzte. Diewissenschaftlichen Schwerpunkte derKlinik lagen u.a. in Fragen zur Hämodynamik,zum Sauerstofftransport, zumHirntod, zur Analgo-Sedierung vonIntensivpatienten und insbesondere zurSepsis.In den Jahren 1991 und 1992 war KlausEyrich Präsident der Deutschen Gesellschaftfür Anästhesiologie und Intensivmedizin,dessen Präsidium er bereits seit1977 als Schriftführer angehörte. In derZeit der Wende wirkte er intensiv an derZusammenführung und vertrauensvollenZusammenarbeit im Bereich der Anästhesiologie mit. Darüber hinaus etablierte erals Landesvorsitzender der DGAI u.a. eineregelmäßige anästhesiologischeFort bildungsveranstaltung,die zunächst amUniversitäts klinikumBenjaminFranklin undheute immernoch, aller dingsam CampusVirchow Klinikum, durchgeführt wird.Neben Klinik und Forschung engagiertesich Klaus Eyrich – seinem ausgeprägtenmediko-legalen Interesse folgend – überviele Jahre auch in der Schlichtungsstelleder norddeutschen <strong>Ärzte</strong>kammern inHannover.Der Ruhestand erlaubte Klaus Eyrichsich intensiver seiner Familie zu widmenund sein Interesse an Literatur und Kunstzu pflegen. Er blieb ein anregenderGe sprächs partner, nicht zuletzt weil erden Dialog und den kritischen Diskursschätzte.Mit Klaus Eyrich verlieren wir einen hervorragendenVertreter der deutschenAnästhesiologie, einen äußerst geschätztenKollegen und einen liebenswertenMenschen.Prof. Dr. med. Claudia SpiesProf. Dr. med. Walter SchaffartzikFoto: privatANZEIGEBER L INER Ä R Z T E 9/2013 S. 33


Christoph GosepathArzt und RegisseurEinladung ins Theater, an einen ungewöhnlichenOrt. Türkische Läden,Obst und Gemüse dekorativ ausgestellt.Alle Tische und Stühle vor den Restaurantsan diesem lauen Sommerabendbesetzt. Friedliches Miteinander vonKreuzbergern aus der Türkei, aus Schwabenund anderen deutschen Landen. Vieljunges Volk, sehr leicht bekleidet, dazwischenKopftuchverhüllte. Hier einTheater? Die Wegbeschreibung nachlesen:„Kottbusser Tor, Neues ZentrumKreuzberg, Galerie 1. OG, Zugang überAußentreppe Adalbertstraße 96.“Endlich angelangt. Ein nüchternerWerkstattraum mit Betonpfeilern und„technischer“ Decke, sonst meist bespieltvon der „Vierten Welt“. AmEingang werden die Besucher vom Chefpersönlich begrüßt: vom Regisseur undHaupt-Autor der „multimedialenPerformance“ mit dem <strong>Titel</strong> „ParadiesKaribik“. Viele kennt er. Es sindMitglieder des „Clubs Tipping Point“ fürKünstler aller Sparten, den er 2007 mitgegründethat und dessen künstlerischerLeiter er ist. Wer ist „ER“? Und wasmacht eine Mitarbeiterin von BERLINERÄRZTE hier?Der Regisseur Christoph Gosepath istauch Arzt, mal beides zugleich, mal abwechselnd.Studiert hat der 1961 Ge boreneerst Philosophie und Literaturwissenschaft(bis zum Master), dannauch noch Medizin. Der frischgebackeneDr. med. war in den Neunzigern aberweder in Klinik noch Praxis tätig, sondernsieben Jahre lang nur im Theater:als Regieassistent von Robert Wilson ander <strong>Berliner</strong> Schaubühne, von Peter Steinbei den Salzburger Festspielen, vonLeander Haussmann am SchauspielhausBochum.Unter den vielen eigenen Inszenierungen(Lessing, Sartre, Kroetz und Projek teim In- und Ausland) fallen einige thematischauf: „Sexuelle Neurosen unsererEltern“ von Lukas Barfuss und „Der FallSchreber“, nach den„Denkwürdig keiteneines Nerven kranken“dieses Arztes undErfinders derSchrebergärten. Dennsie fanden nicht zufälligin der (seiner)Theaterarbeit zuliebelanggestreckten Zeitvon Gosepaths Weiterbildung zum Facharztfür Psychiatrieund Psycho therapiestatt. Die absolvierteer hauptsächlich(2003-9) im Ev. Kran kenhaus KöniginElisabeth Herz berge, wo er danach diePsychotherapiestation der Abteilung fürPsychiatrie und Psycho therapie leitete –nur kurz, denn er braucht Spielraum –Spielzeit – fürs Theater, seineLeidenschaft. So machte er sich selbstständig:als verhaltenstherapeutischausgebildeter Psycho thera peut, alsHonorararzt, der bei Engpässen nachtsund am Wochenende einspringt, alsDozent an der <strong>Berliner</strong> Akademie fürGesundheit und der Wannsee-Akademie.Gosepath findet viel Gemeinsames imUmgang mit Patienten und mit Schauspielern:Man muss sich auf jeden ganzindividuell einstellen, um ihn erfolgreichführen zu können. Jetzt in Kreuzberg gelangdies sichtlich. „Paradies Karibik“?Das Urlaubskartenklischee kam demGroßstadtpaar auf Kreuzfahrt schnellabhanden. Der <strong>Berliner</strong> Workaholic undseine Freundin mit dem Schuhtick fangenschon auf dem Schiff an, ihreIllusionen zu verlieren: Sturm, Seekrankheit.Und gleich nach der LandungKoffer geklaut. Das Ferienhaus nicht amweißen Sandstrand unter Palmen, sonderndicht am bedrohlichen Dschungel.Ungeziefer, Reisediarrhoe, Langeweileund viel Rum. Da kreuzt „Der Schwarze“auf, singt, tanzt, erzählt vom Leben derGosepath richtet die „Bühnenbilder“ her.Einheimischen, will auch von seinemVoodoo-Vater berichten… So endet die„Multimediale Performance“.Das Wort klingt großkotzig, aber hierwird mit einfachen und phantasievollenMitteln viel Wirkung erzielt: in der Mittedes Raums ein paar Tische mit Modellendes winterlichen <strong>Berliner</strong> Bungalows,des Kreuzfahrtschiffes, des Urwalds,und auf einer Drehscheibe tanzen diePuppen: Die Protagonisten als winzigeFigürchen, von den beiden lebendenSchauspielern an Metallstäben geführt.Samt Ambiente werden sie agierend aufzwei Leinwände projiziert, und manchmalerscheinen dazwischen die Köpfeder Schauspieler im Großformat. MitWorten wird gespart(die Reisediarrhoez. B. ist nur durch wiederholte Spülgeräuscheangedeutet), die Tonspur mitKlassik, Jingle Bells, Karibischer Musikund Urwaldlauten ist dem Geschehengut angepasst. – Ein phantastischerGesamteindruck. Die angestrebte „Annäherungan den Kulturraum Karibik“ist gelungen. Aber warum geradeKaribik? Weil ein Mitglied des Klubs„Tipping Point“ ein Haus auf einer karibischenInsel erbte. Und da würden siegern Theater machen. Eine Utopie?Rosemarie SteinFoto: Stefan AbtmeyerBERLINER ÄRZTE 9/2013 S. 34


I M P R E S S U MBERLINERÄRZTE9/2013 50. JAHRGANGDie offizielle Zeitschrift der <strong>Ärzte</strong>kammer Berlin,Körperschaft des öffentlichen Rechts.Herausgeber:<strong>Ärzte</strong>kammer BerlinFriedrichstraße 16, 10969 BerlinTelefon 030 40806-0E-Mail: presse@aekb.deRedaktion:Dipl.-Jour. Sascha Rudat (v.i.S.d.P.)Michaela Peeters, M. A.Eveline Piotter (Redaktionsassistentin)Redaktionsbeirat:Dr. med. Svea KellerUniv. Prof. Dr. Harald MauDr. med. Bernd MüllerDr. med. Gabriela StemporJulian VeelkenDr. med. Thomas WernerDr. med. Elmar WilleAnschrift der Redaktion:Friedrichstraße 16, 10969 BerlinTelefon 030 40806-4100/-4101, FAX -4199<strong>Titel</strong>gestaltung Sehstern unter Verwendungvon WoGi und roadrunner, Fotolia.com)Für die Richtigkeit der Darstellung der auf den vorstehenden Seiten veröffentlichenZuschriften wissenschaftlicher und standespolitischer Artkann die Redaktion keine Verantwortung übernehmen. Die darin ge äußerten Ansichten decken sich nicht immer mit denen der Herausge ber derZeit schrift. Sie dienen dem freien Meinungsaustausch unter der <strong>Ärzte</strong>schaftund ihr nahestehender Kreise. Nachdruck nur mit Genehmi gung.Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungensind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zuläs sigenFälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlages strafbar.Verlag, Anzeigenverwaltung und Vertrieb:Leipziger Verlagsanstalt GmbHPaul-Gruner-Straße 62, 04107 LeipzigTelefon 0341 710039-90, FAX -99Internet: www.l-va.de, E-Mail: mb@l-va.deVerlagsleitung: Dr. Rainer StumpeAnzeigendisposition: Melanie BölsdorffAnzeigenverwaltung Berlin/Brandenburg:Götz & Klaus Kneiseler, Uhlandstraße 161, 10719 BerlinTelefon 030 88682873, Telefax o30 88682874Druck und Weiterverarbeitung: Brühlsche UniversitätsdruckereiGmbH & Co. KG, Am Urnenfeld 12, 35396 GießenDie Zeitschrift erscheint 12mal im Jahr jeweils am 1. des Monats. Sie wirdvon allen <strong>Berliner</strong> <strong>Ärzte</strong>n im Rahmen ihrer Mitglied schaft zur Ärz te kammerbezogen. Der Bezugspreis ist mit dem Mit gliedspreis ab ge gol ten.Nichtmitglieder können die Zeitschrift beim Verlag abonnieren. Der Jahresbezugspreis(12 Ausgaben) beträgt im Inland 81,00 inkl. Versandkosten,Patenschaftsabo Berlin-Branden burg 54,50 inkl. Versandkosten,im Ausland 81,00 (zzgl. Porto) . Die Kündigung des Abonnements istnur schrift lich an den Verlag mit einer Frist von 2 Monaten zum Ablaufmöglich. Einzelheftpreis 5,55 zzgl. 2,50 Versandkosten.Z. Z. gilt die Anzeigenpreisliste 2013 vom 01.01.2013.ISSN: 0939-5784BER L INER Ä R Z T E 9/2013 S. 42

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