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Titel - Berliner Ärzte

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P E R S O N A L I E N / B U C H B E S P R E C H U N G<br />

Wilhelm.) Am 12. Januar 1991, zwei Tage<br />

vor Beginn des drohenden Golfkriegs,<br />

spielten spätabends 23 Solostreicher<br />

der <strong>Berliner</strong> Philharmoniker unter Sir<br />

Simon Rattle (schon!) die „Metamorphosen“,<br />

die der späte Richard Strauß<br />

schrieb, als Deutschland in Schutt und<br />

Asche lag – samt seinen Opernhäusern.<br />

Hauber erinnert sich: „Nach dem letzten<br />

Ton kein Applaus – die Stille ist<br />

kaum auszuhalten. Vor der Kirche bildet<br />

sich eine Lichterkette.“<br />

Kontakt (auch zum Bestellen von CDs):<br />

www.ippnw-concerts.de<br />

B U C H B E S P R E C H U N G<br />

Die <strong>Berliner</strong> <strong>Ärzte</strong>dynastie<br />

Strassmann<br />

Jutta Lange-Quassowski, Volkmar<br />

Schneider: Eine bedeutende<br />

<strong>Ärzte</strong>dynastie – Die Strassmanns,<br />

176 S., 44 Abbn., br. Hentrich &<br />

Hentrich, Berlin 2012, 14.90 EU.<br />

Was für eine weitverzweigte<br />

Arztfamilie! Die Bachsche<br />

Musikersippe ist dagegen übersichtlich.<br />

Hilfreich ist da (auf S. 170-175) der<br />

Stammbaum mit den beiden Hauptästen,<br />

dem rechtsmedizinischen und<br />

dem gynäkologischen. Ein Teil der berühmten<br />

<strong>Ärzte</strong>dynastie ist auf jenem<br />

Drei-Generationen-Bild vereint, das den<br />

Umschlag dieses kleinen (dank der<br />

Sponsoren, auch Ihrer Kammer), aber<br />

außergewöhnlich dicken Bandes der<br />

verdienstvollen Reihe „Jüdische<br />

Miniaturen“ ziert. Hilfreich auch der<br />

wieder abgedruckte Text aus dem Jahr<br />

2000 des unvergessenen <strong>Berliner</strong><br />

Medizinhistorikers Rolf Winau, der sich<br />

hier dankbar auf Forschungen seines<br />

Kollegen Manfred Stürzbecher stützt.<br />

Beschrieben werden vor allem fünf fotografierte<br />

Strassmanns vor den drei<br />

Gemälden bereits Verstorbener. Anlass<br />

der Aufnahme von 1913 war die juristische<br />

Ehrenpromotion in Edinburgh von<br />

Fritz (1858-1940), dem berühmtesten<br />

Spross des Gerichtsmedizinerzweigs<br />

der Familie. Der wurde mit Ämtern und<br />

Ehrungen überhäuft: Gerichts-Physikus<br />

der Stadt Berlin, Geheimer Medizinalrat,<br />

Ordinarius der Charité, Wohnung in<br />

bester Lage am Pariser Platz, international<br />

bekannter Forscher und Lehrbuchautor<br />

– und als halbseitig gelähmter<br />

alter Mann im Rollstuhl knapp der<br />

Depor tation entgangen. Ein Schicksal,<br />

das seinem Sohn Reinhold (einem<br />

Mathematiker), der ihn hingebungsvoll<br />

pflegte, nicht erspart blieb. Er wurde in<br />

Auschwitz ermordet.<br />

Die Strassmanns waren, wie die jüdischen<br />

<strong>Ärzte</strong> überhaupt, in Deutschland<br />

hoch geehrt, voll integriert, mitten im<br />

liberalen oder auch deutschnationalen<br />

Bürgertum zu Hause. Das wird durch<br />

die vielen sehr verschiedenen Texte dieses<br />

Büchleins immer wieder deutlich.<br />

Die Strassmanns haben sich meist politisch<br />

oder sozial engagiert, waren kommunalpolitisch<br />

aktiv wie Virchow;<br />

Ferdinand (1838-1931) fungierte kraft<br />

seiner vielen Ämter faktisch als <strong>Berliner</strong><br />

Sozial- und Gesundheitssenator. Die<br />

Assimilation und Integration nahm<br />

manchmal sogar groteske Züge an. So<br />

erinnert sich Fritz Strassmann gern an<br />

Korps und Kaisermanöver, und im<br />

Ersten Weltkrieg hat er sich „über das<br />

Ausbleiben einer Einberufung getröstet,<br />

indem ich mir sagte, dass ich einer<br />

Feldtätigkeit vielleicht doch nicht mehr<br />

gewachsen gewesen wäre“.<br />

So liest man’s in Fritz Strassmanns<br />

„Lebenserinnerungen“, die eigentlich<br />

nur für seine Kinder bestimmt waren<br />

und in dem vorgestellten Buch nur in<br />

Auszügen zitiert sind. In extenso bilden<br />

sie aber das Kernstück einer ergänzenden<br />

Materialsammlung, die 2012 als<br />

Privatdruck ohne Verlagsangabe von<br />

Volkmar Schneider und Fred Strassmann<br />

herausgegeben wurde.<br />

Hingewiesen wird dort auch auf zwei<br />

ausführliche Publikationen: „Die Strassmanns<br />

– Schicksale einer deutsch-jüdischen<br />

Familie über zwei Jahrhunderte“<br />

von Wolfgang Paul Strassmann (Frankfurt/New<br />

York 2006) sowie auf Cathrin<br />

Menzel: „Leben und Wirken von Fritz<br />

Strassmann (1858-1940)“. Medizinische<br />

Dissertation HU Berlin 1989.<br />

R. Stein<br />

BERLINER ÄRZTE 12/2013 S. 38

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