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Titel - Berliner Ärzte

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N A C H R I C H T E N<br />

Leserbrief zu: BERLINER ÄRZTE 11/2013. GKR-info, S. 11<br />

Leserbriefe<br />

Epidemiologische<br />

Halbwahrheiten<br />

Es ist erfreulich, wenn die Krebsregister<br />

Daten nicht nur sammeln,<br />

sondern auch regelmäßig<br />

publizieren. Denn die aus der<br />

Versorgung gewonnenen<br />

Erkenntnisse sind wertvoll für<br />

die Behandelnden und die<br />

Betroffenen – vorausgesetzt, sie<br />

werden verständlich aufbereitet.<br />

Das ist eine hohe Kunst, wie<br />

auch diese Veröffentlichung<br />

zeigt: Die GKR-Daten zum<br />

Prostatakrebs suggerieren<br />

großartige Fortschritte in der<br />

Therapie und begründen dies<br />

mit den sprunghaft angestiegenen<br />

Fünf-Jahres-Überlebensraten.<br />

Die lesen sich tatsächlich<br />

beeindruckend. Als Urologe<br />

möchte man sich auf die Schulter<br />

klopfen, ob solch eines grandiosen<br />

Sieges im Kampf gegen den<br />

Krebs.<br />

Faktisch ist diese exzellente<br />

Bilanz nichts weiter als ein statis -<br />

tischer Trugschluss: Es ist ausgesprochen<br />

ärgerlich, dass bei<br />

einem früh zu erkennenden<br />

Tumor immer noch mit fünf Jahres-Überlebensraten<br />

argumentiert<br />

wird.<br />

Die PSA-gestützte Früherkennung<br />

verlegt den Diagnose-Zeitpunkt<br />

um mindestens fünf bis<br />

sieben Jahre vor (Lead Time Bias)<br />

und sorgt allein dadurch für<br />

brillante Fünf-Jahres-Überlebensraten,<br />

ohne dass die Männer<br />

tatsächlich länger leben. Sie<br />

wissen nur früher von ihrer<br />

Krankheit. Es kommt hinzu,<br />

dass wir durch die Früherken-<br />

nung sehr viele Prostatakarzinome<br />

entdecken, die ohne PSA-Test<br />

nicht aufgefallen wären.<br />

Die größte Screening-Studie<br />

beziffert den Anteil dieser sogenannten<br />

Überdiagnosen mit<br />

54% aller durch Screening entdeckten<br />

Prostatakarzinome.<br />

Diese Tumore, die keiner Be -<br />

handlung bedürften, werden<br />

dennoch nahezu sämtlich kurativ<br />

therapiert – und bessern mit<br />

ihrer hervorragenden Prognose<br />

die Statistik auf. Fakt ist, nicht<br />

die Behandlung sorgt für immer<br />

bessere Ergebnisse, sondern die<br />

zunehmende Zahl an völlig<br />

harmlosen Karzinomen, die wir<br />

„dank“ der PSA gestützten<br />

Früherkennung entdecken.<br />

Die radikale Prostatektomie hingegen<br />

beeinflusst die Prognose<br />

der Behandelten kaum: Die amerikanische<br />

PIVOT-Studie hat<br />

2012 gezeigt, dass sie bei lokal<br />

begrenztem Prostatakarzinom<br />

das Überleben im Vergleich zu<br />

Nichtstun nicht signifikant verbessert.<br />

So belegen die Registerdaten<br />

weniger den Nutzen der<br />

Behandlung, als vielmehr den<br />

Schaden der Früherkennung.<br />

Diese auf der Hand liegende<br />

Erklärung der Daten wird nicht<br />

einmal angedeutet. Ärgerlich,<br />

wertvolle Erkenntnisse sehen<br />

anders aus.<br />

Prof. Dr. med. Lothar Weißbach,<br />

Stiftung Männergesundheit

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