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Worin unterscheiden sich rauchende Schülerinnen und Schüler von ...

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Abteilung 43/5 Fachbereich Ges<strong>und</strong>heit<br />

Klinik <strong>und</strong> Poliklinik für Psychiatrie <strong>und</strong> Psychotherapie<br />

des Kindes- <strong>und</strong> Jugendalters<br />

<strong>Worin</strong> <strong>unterscheiden</strong> <strong>sich</strong> <strong>rauchende</strong> <strong><strong>Schüler</strong>innen</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Schüler</strong> <strong>von</strong> ihren Mitschülern<br />

Ergebnisse aus Befragungen<br />

an zwei Hauptschulen <strong>und</strong> einem Gymnasium<br />

Projektleitung<br />

PD Dr. L. <strong>von</strong> Ferber<br />

Oktober 2002<br />

Forschungsgruppe Primärmedizinische Versorgung<br />

In Zusammenarbeit mit der Abteilung<br />

Ges<strong>und</strong>heitsförderung <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsplanung<br />

Fachbereich Ges<strong>und</strong>heit der Stadt Herne<br />

Forschungsgruppe Primärmedizinische Versorgung, Universität zu Köln<br />

Autor: Direktor: UnivProf. Dr. G. Lehmkuhl<br />

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Abteilung 43/5 Fachbereich Ges<strong>und</strong>heit<br />

Eine vergleichende Untersuchung zu Alter, Geschlecht,<br />

Schulform <strong>und</strong> Auffälligkeiten im Befinden <strong>und</strong> Verhalten<br />

<strong>von</strong> jugendlichen Rauchern <strong>und</strong> Nichtrauchern.<br />

Korrespondenzadressen:<br />

Klaus Winkler, Dr. phil. Alexander Brandenburg<br />

Ges<strong>und</strong>e Städte-Büro Herne<br />

Abteilung Ges<strong>und</strong>heitsförderung <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsplanung<br />

Fachbereich Ges<strong>und</strong>heit Stadt Herne<br />

Postfach 10 18 20<br />

44621 Herne<br />

Tel.: 02323/16 45 74<br />

Fax.: 02323/16 45 72<br />

Email: Klaus_Winkler2000@yahoo.de<br />

Ulrike Prüß, M.A.<br />

Forschungsgruppe Primärmedizinische Versorgung<br />

(Leitung PD Dr. med. Liselotte <strong>von</strong> Ferber)<br />

Klinikum der Universität zu Köln<br />

Herderstrasse 52-54<br />

50931 Köln<br />

Tel: 0221/478 4045<br />

Fax: 0221/478 67 66<br />

Email: Ulrike.Pruess@medizin.uni.koeln.de<br />

Prof. Dr. phil. Christian <strong>von</strong> Ferber<br />

Forschungsgruppe Primärmedizinische Versorgung<br />

(Leitung PD Dr. med. Liselotte <strong>von</strong> Ferber)<br />

Klinikum der Universität zu Köln<br />

Herderstrasse 52-54<br />

50931 Köln<br />

Tel: 0221/478 65 48<br />

Fax: 0221/478 67 66<br />

Email: Cristian.<strong>von</strong>Ferber@medizin.uni-koeln.de<br />

Forschungsgruppe Primärmedizinische Versorgung, Universität zu Köln<br />

Autor: Direktor: UnivProf. Dr. G. Lehmkuhl<br />

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Abteilung 43/5 Fachbereich Ges<strong>und</strong>heit<br />

0. Vorwort 5<br />

1. Einführung 7<br />

2. Untersuchungsansatz 8<br />

3. <strong>Schüler</strong>populationen 13<br />

4. Ergebnisse: Welche Merkmale sind mit dem Rauchen assoziiert 15<br />

4.1. Einfluss durch Geschlecht 16<br />

4.2. Das Sozialisationsmilieu 17<br />

4.2.1 Indikator Schulform 17<br />

4.2.2 Indikator Muttersprache 22<br />

4.3 Signifikanzprüfung unabhängig vom Lebensalter 22<br />

5. Zusammenfassung 23<br />

6. Diskussion 25<br />

7. Empfehlungen zur Prävention des Tabakkonsums 26<br />

8. Literatur 29<br />

Anhang<br />

Verteilung der Befindensstörungen <strong>und</strong> Verhaltensauffälligkeiten 30<br />

Daten zu den Abbildungen 35<br />

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Autor: Direktor: UnivProf. Dr. G. Lehmkuhl<br />

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Abteilung 43/5 Fachbereich Ges<strong>und</strong>heit<br />

Tabellen- <strong>und</strong> Abbildungsverzeichnis<br />

Tabellen<br />

Tabelle 1: Stichprobenmerkmale Hauptschule 13<br />

Tabelle 2: Hauptschulen: Verteilung nach Alter, Geschlecht, Muttersprache <strong>und</strong><br />

Raucherstatus 14<br />

Tabelle 3: Stichprobenmerkmale Gymnasium 15<br />

Tabelle 4: Gymnasium: Verteilung nach Alter, Geschlecht <strong>und</strong> Raucherstatus 15<br />

Tabelle 5: Logistische Regression zur Vorhersage des Rauchens<br />

(alle befragten <strong>Schüler</strong>) 23<br />

Tabelle 6: Tabelle 6: Hauptschule: Verteilung der Befindensstörungen <strong>und</strong><br />

Verhaltensauffälligkeiten nach Muttersprache <strong>und</strong> Geschlecht 31<br />

Tabelle 7: Gymnasium: Verteilung der Befindensstörungen <strong>und</strong><br />

Verhaltensauffälligkeiten nach Geschlecht 32<br />

Tabelle 8: Anteile auffälliger <strong>Schüler</strong>Innen nach Schulform <strong>und</strong> Problembereichen<br />

des YSR 33<br />

Tabelle 9: Logistische Regression zur Vorhersage des regelmäßigen Rauchens<br />

HauptschülerInnen (insgesamt) 33<br />

Tabelle 10: Logistische Regression zur Vorhersage des Rauchens<br />

HauptschülerInnen (nur deutsche <strong>Schüler</strong>) 34<br />

Tabelle 11: Logistische Regression zur Vorhersage des Rauchens Gymnasiasten 34<br />

Abbildungen<br />

Abbildung 1: Anteil der Raucher unter den <strong>Schüler</strong>n nach Geschlecht <strong>und</strong> Art der<br />

Störung 16<br />

Abbildung 2: Hauptschule: 11-14 Jahre nach Raucherstatus <strong>und</strong> Art der Störungen 20<br />

Abbildung 3: Gymnasium: 11-14 Jahre nach Raucherstatus <strong>und</strong> Art der Störungen 20<br />

Abbildung 4: Hauptschule: 15-18 Jahre nach Raucherstatus <strong>und</strong> Art der Störungen 21<br />

Abbildung 5: Gymnasium: 15-18 Jahre nach Raucherstatus <strong>und</strong> Art der Störungen 21<br />

Forschungsgruppe Primärmedizinische Versorgung, Universität zu Köln<br />

Autor: Direktor: UnivProf. Dr. G. Lehmkuhl<br />

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Auffälligkeiten im Verhalten <strong>und</strong> Befinden <strong>von</strong> jugendlichen Rauchern<br />

Vorwort - an Stelle einer Kurzfassung<br />

Rauchgewohnheiten Jugendlicher alarmierend - Schulische Prävention dringend,<br />

aber wie <br />

Die Zunahme des Rauchens unter den Jugendlichen stellt eine Herausforderung für die<br />

Ges<strong>und</strong>heitsförderung an den Schulen dar. Angesprochen ist dabei auch die Kommunale<br />

Ges<strong>und</strong>heitspolitik, bei der die Verantwortung für die primäre Prävention insbesondere an<br />

ihren eigenen Einrichtungen liegt. Das Alter für die ersten regelmäßigen Erfahrungen mit der<br />

Zigarette sinkt, Jungen <strong>und</strong> Mädchen gleichen <strong>sich</strong> in ihren Rauchgewohnheiten an, der<br />

Anteil regelmäßiger Raucher steigt <strong>und</strong> erreicht bei den jungen Erwachsenen (18 Jahre) die<br />

Hälfte aller <strong>Schüler</strong> <strong>und</strong> darüber, ebenfalls nimmt tendenziell die Intensität des<br />

Zigarettengebrauchs zu.<br />

Die schulische Ges<strong>und</strong>heitsförderung steht dem Problem der langfristig zu erwartenden<br />

schweren ges<strong>und</strong>heitlichen Folgen des Rauchens, denen erfolgversprechend gerade<br />

während der Phase des Einstiegs <strong>und</strong> Probierens begegnet werden könnte, verständlicher<br />

Weise mit Un<strong>sich</strong>erheit gegenüber. Fehlt es doch an überzeugenden Untersuchungen, auf<br />

deren Ergebnissen eine gezielte Prävention an den Schulen aus<strong>sich</strong>tsreich ansetzen könnte.<br />

Zwar mangelt es in der Literatur nicht an Untersuchungsergebnissen, die einen<br />

Zusammenhang zwischen Rauchgewohnheiten <strong>und</strong> sozialen Merkmalen belegen. Doch sind<br />

diese Untersuchungsergebnisse für präventive Strategien eher entmutigend. So ist es<br />

bekannt, dass Rauchgewohnheiten in der Bevölkerung gegenläufig zum Gradienten der<br />

Sozialschicht verteilt sind, Angehörige der Gr<strong>und</strong>schichten sind vergleichsweise stärker<br />

betroffen. Auch besteht kein Zweifel, dass der Preis der Zigaretten im Verhältnis zum<br />

verfügbaren Einkommen dramatisch gesunken ist. Das aggressive Marketing der<br />

Produzenten stabilisiert den Zigarettenkonsum auf einem hohen Niveau. Es gibt Hinweise,<br />

dass der Zigarettenkonsum der Eltern das Rauchen ihrer Kinder fördert. Zwar sind die<br />

ges<strong>und</strong>heitlichen Folgen eines langfristigen Zigarettenkonsums dramatisch, sie betreffen<br />

aber nur eine Minderheit unter den Rauchern. Viele Menschen müßten das Rauchen<br />

einstellen, damit eine Minderzahl <strong>von</strong> diesem ges<strong>und</strong>heitsförderlichen Entschluß einen<br />

ges<strong>und</strong>heitlichen Vorteil hat. Untersuchungsergebnisse dieser Art fördern eher eine<br />

resignative Einstellung gegenüber Initiativen, an den Schulen Anstrengungen zur Prävention<br />

des Rauchens Jugendlicher intensiv, konsequent <strong>und</strong> kontinuierlich - <strong>und</strong> nur dies ist dem<br />

Problem angemessen - zu unternehmen <strong>und</strong> zu fördern.<br />

Untersuchungen dagegen, die nach den Verhaltensweisen fragen, die bei den Jugendlichen<br />

mit dem Rauchen assoziiert sind <strong>und</strong> <strong>von</strong> denen ein Einfluß auf die Entwicklung <strong>von</strong> festen<br />

Konsummustern als wahrscheinlich erscheint, sind selten <strong>und</strong> widersprechen einander z.T. in<br />

ihren Ergebnissen. Gerade solche Untersuchungsergebnisse zu Verhaltensweisen<br />

Jugendlicher sind es jedoch, die für eine schulische Intervention Anregungen geben <strong>und</strong><br />

Wege weisen könnten. Die Untersuchung, über deren Ergebnisse im folgenden berichtet<br />

wird, richtet <strong>sich</strong> auf die Erfassung <strong>von</strong> Einschätzungen Jugendlicher zu ihrem Befinden <strong>und</strong><br />

zu ihrem Sozialverhalten in der Ab<strong>sich</strong>t, Verhaltensdimensionen zu identifizieren, die<br />

Raucher <strong>und</strong> Nichtraucher signifikant <strong>unterscheiden</strong>. Hierfür wird ein standardisiertes, durch<br />

internationale Studien validiertes Verfahren, der Youth Self-Report (YSR) eingesetzt.<br />

Forschungsgruppe Primärmedizinische Versorgung, Universität zu Köln<br />

Autor: Direktor: UnivProf. Dr. G. Lehmkuhl<br />

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Abteilung 43/5 Fachbereich Ges<strong>und</strong>heit<br />

Die Befragung wurde an 3 Schulen, 2 Hauptschulen <strong>und</strong> einem Gymnasium, durchgeführt;<br />

befragt wurden alle <strong>Schüler</strong> im Alter <strong>von</strong> 11 - 18 Jahren. Die Befragung fand als<br />

Klassenzimmerbefragung statt. Neben dem Lebensalter <strong>und</strong> der Schulform - letztere zugleich<br />

als Indikator für eine unterschiedliche Sozialschichtzugehörigkeit - erwiesen <strong>sich</strong> die<br />

deutsche Muttersprache <strong>und</strong> - auf dem YSR - die Verhaltensdimensionen "dissoziales" <strong>und</strong><br />

"aggressives Verhalten" als die Merkmale, die durchgängig <strong>und</strong> signifikant mit dem Rauchen<br />

assoziiert sind. Doch welche Schlüsse für eine gezielte Raucherprävention an Schulen<br />

können wir aus diesen Untersuchungsergebnissen ziehen Mit dem Lebensalter nehmen die<br />

Rauchgewohnheiten Jugendlicher zu, dies ist in der Phase der Adoleszenz zu erwarten <strong>und</strong><br />

als Untersuchungsergebnis trivial; freilich sind das Einstiegsalter, die altersspezifischen<br />

Raucherquoten <strong>und</strong> der im Stadium des jungen Erwachsenen (18 Jahre) erreichte Anteil an<br />

allen <strong>Schüler</strong>n für die Prävention <strong>von</strong> unmittelbarem Interesse. Sozialschicht <strong>und</strong><br />

Rauchgewohnheiten sind eng miteinander verknüpft, daran kann auch in Deutschland seit<br />

der Deutschen Herz/Kreislauf Präventionsstudie (DHP) kein Zweifel bestehen. Insofern ist<br />

der Bef<strong>und</strong>, dass an den Hauptschulen mehr <strong>Schüler</strong> <strong>und</strong> zugleich intensiver regelmäßig<br />

Zigaretten konsumieren als an Gymnasien, zu erwarten <strong>und</strong> mag ebenfalls als trivial<br />

erscheinen. Dennoch wird der konkrete Nachweis für die kommunale Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />

immer dann wichtig, wenn über Prioritäten im Einsatz knapper Ressourcen zur Prävention<br />

des Rauchens an den Schulen entschieden wird. Raucherprävention an Hauptschulen<br />

gezielt, konsequent <strong>und</strong> kontinuierlich betrieben, verspricht eben einen größeren Erfolg als<br />

an Gymnasien. Sie entspricht der Strategie der Ges<strong>und</strong>heitsförderung, <strong>sich</strong> im Sinne ihrer<br />

Effizienz Hochrisikogruppen bevorzugt zuzuwenden. <strong>Schüler</strong> nichtdeutscher Muttersprache -<br />

sie treffen wir mit einem nennenswerten Anteil an den Hauptschulen an - rauchen weniger<br />

als ihre deutschen Mitschüler, dies ist bemerkenswert <strong>und</strong> verdient es, bei der schulischen<br />

Ges<strong>und</strong>heitsförderung als eine unterstützende Tatsache beachtet zu werden. Einer<br />

vertiefenden <strong>und</strong> weiterführenden sozialpädagogischen Diskussion bedarf das<br />

Untersuchungsergebnis, dass nicht Beeinträchtigungen des Befindens, sondern<br />

Verhaltensauffälligkeiten, die im YSR zusammenfassend mit "dissozial" <strong>und</strong> "aggressiv"<br />

gekennzeichnet werden, hochsignifikant mit den Rauchgewohnheiten der <strong>Schüler</strong> an<br />

beiden Schulformen - also unabhängig <strong>von</strong> der Sozialschichtzugehörigkeit - assoziiert<br />

sind. Zunächst mag es auch hierbei als trivial erscheinen, dass auffälliges Verhalten im<br />

Sinne der Ziele, Werte <strong>und</strong> Normen, die die Schulen als gesellschaftliche Institutionen<br />

vertreten, miteinander verknüpft sind. So verbinden <strong>sich</strong> "lügen, stehlen, Schule<br />

schwänzen etc." (Items des dissozialen Verhaltens), verbale <strong>und</strong> tätliche Aggressionen<br />

schlüssig mit dem an Schulen mehr oder weniger verpönten Zigarettenrauchen zu einem<br />

Verhaltensmuster, das überdies mit dem Selbstbild der <strong>rauchende</strong>n <strong>Schüler</strong> :<br />

"Ich bin ein schlechter <strong>Schüler</strong>" das pädagogische Urteil aus der Sicht der Schule<br />

vorweg zu nehmen scheint. Also auch dieser Bef<strong>und</strong> erscheint als trivial - oder ist er<br />

trotzdem gerade weiterführend <br />

Eine Gretchenfrage der Raucherprävention betrifft die pädagogische Präsentation<br />

des Rauchens als ein ges<strong>und</strong>heitlich riskantes <strong>und</strong> problematisches Verhalten.<br />

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Autor: Direktor: UnivProf. Dr. G. Lehmkuhl<br />

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Abteilung 43/5 Fachbereich Ges<strong>und</strong>heit<br />

Soll die Schilderung der ges<strong>und</strong>heitlichen Folgen, die für die Zielgruppe, die <strong>rauchende</strong>n<br />

Jugendlichen, in weitester Ferne liegen, das Verständnis <strong>und</strong> die Überzeugung für<br />

eine anzustrebende Verhaltensänderung bahnen oder ist es erfolgversprechender,<br />

die Prävention des Rauchens bei den pädagogischen Aktivitäten gezielt "mitlaufen" zu<br />

lassen, die <strong>sich</strong> darauf richten, die persönliche <strong>und</strong> soziale Entwicklung der Jugendlichen<br />

zu fördern <strong>und</strong> diese Förderung bewusst nicht allein auf die im Curriculum angelegten <strong>und</strong><br />

angestrebten Eigenschaften zu beschränken<br />

Eine pädagogische Förderung, die den <strong>Schüler</strong>n konsequent <strong>und</strong> ausreichend Gelegenheit<br />

gibt, auch außerhalb des schulischen Leistungspensums Interessen <strong>und</strong> Fähigkeiten zu<br />

entwickeln, Anerkennung zu finden, um auf diesem Wege Zugang zu sozialen Zielen, Werten<br />

<strong>und</strong> Normen zu erhalten, ist zugleich Ges<strong>und</strong>heitsförderung <strong>und</strong> Raucherprävention. Sie ist<br />

jedenfalls ein Weg, die <strong>rauchende</strong>n <strong>Schüler</strong>, die nicht nur mit ihren Rauchgewohnheiten in<br />

Distanz zu schulischen Werten <strong>und</strong> Normen gegangen sind, in die Schule als<br />

gesellschaftliche Institution zu integrieren. In diesem Sinne versteht <strong>sich</strong> der Bericht über die<br />

Untersuchung der Rauchgewohnheiten Jugendlicher als ein methodisch kontrollierter<br />

Versuch, Anregungen zu geben, über Raucherprävention als einem aktuell wichtigen Feld<br />

schulischer Ges<strong>und</strong>heitsförderung erneut nachzudenken <strong>und</strong> neue, aber auch intuitiv bereits<br />

erschlossene Wege mit mehr Selbstvertrauen zu beschreiten.<br />

1. Einführung<br />

Rauchen gilt als ein ges<strong>und</strong>heitliches Risikoverhalten mit erheblichen Gefährdungen<br />

für die Ges<strong>und</strong>heit bei Langzeitgebrauch <strong>von</strong> Nikotin. Das Rauchen Jugendlicher gilt<br />

daher als sozial unerwünschtes Verhalten. Andererseits ist aber das Jugendalter die<br />

Phase, in der psychoaktive Stimulantien wie Tabak <strong>und</strong> Alkohol ausprobiert <strong>und</strong><br />

Gebrauchsmuster entwickelt werden. In dieser Hin<strong>sich</strong>t ist das Rauchen Jugendlicher<br />

ein „normales Verhalten“. Der Gebrauch <strong>von</strong> Substanzen wie Alkohol oder Nikotin<br />

gehört für Heranwachsende zur Phase des Ausprobierens <strong>von</strong> Genussmitteln.<br />

Entwicklungspsychologisch wird er der Bewältigung <strong>von</strong> Entwicklungsaufgaben (z.B.<br />

verantwortungsvoller Umgang mit psychoaktiven Substanzen) zugerechnet. Diese<br />

Entwicklungsphase wird wiederum durch soziale <strong>und</strong> kulturelle Faktoren geprägt1.<br />

Für eine Prävention <strong>von</strong> Seiten der Schule oder der Jugendarbeit, um den ges<strong>und</strong>heitlich<br />

unerwünschten Folgen des Rauchens entgegen zu wirken, ist die Kenntnis der Bedingungen,<br />

die während der Adoleszenz den Einstieg in das Rauchen <strong>und</strong> die Entwicklung <strong>von</strong><br />

Konsumgewohnheiten fördern oder hemmen entscheidend wichtig. Da es an spezifischen<br />

Theorien mangelt, aus denen Hypothesen für die Bedingungen abgeleitet werden können,<br />

die einerseits bei den Jugendlichen Rauchgewohnheiten bahnen, anderseits aber auch einer<br />

gezielten Intervention zugänglich sind, hat die empirische Sozialforschung eine Reihe <strong>von</strong><br />

Variablen benannt, die mit den Rauchgewohnheiten Jugendlicher assoziiert sind <strong>und</strong> denen<br />

daher ein kausaler Einfluß zugeschrieben wird.<br />

Zu den begünstigenden Bedingungen, die zu einer Entstehung <strong>von</strong> Nikotinabhängigkeit<br />

beitragen können, werden neben biologischen auch psychische <strong>und</strong> soziale Dispositionen<br />

<strong>von</strong> Jugendlichen gezählt. In der Probierphase (erste Zigarette) werden der Einfluss<br />

Gleichaltriger, Deutungsmuster wie „Jugendliche rauchen“ <strong>und</strong> die Verfügbarkeit <strong>von</strong><br />

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Autor: Direktor: UnivProf. Dr. G. Lehmkuhl<br />

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Abteilung 43/5 Fachbereich Ges<strong>und</strong>heit<br />

Zigaretten als begünstigende Faktoren angesehen. Für die Experimentierphase werden<br />

besondere soziale Situationen, <strong>rauchende</strong> Peers, geringe Selbstwirksamkeit sowie<br />

Verfügbarkeit als bahnende Faktoren herausgestellt2. Demgegenüber werden persönliche<br />

Eigenschaften wie Selbstvertrauen bzw. Selbstwirksamkeitserwartungen <strong>und</strong> soziale<br />

Kompetenz als Indikatoren für ges<strong>und</strong>heitsförderliches Verhalten - ungeachtet ihrer<br />

Ambivalenz für die Interpretation- als Schutzfaktoren anerkannt. Soziale Kompetenzen sind<br />

z.B. wichtig für das Finden <strong>und</strong> Aufrechterhalten <strong>von</strong> Beziehungen zu einer Gruppe <strong>von</strong><br />

gleichgesinnten Jugendlichen - das können Nichtraucher, aber auch Raucher sein. Das<br />

Selbstvertrauen ist bedeutsam in Situationen, in denen ein Jugendlicher z. B. dem<br />

Gruppendruck, Zigaretten zu rauchen, widerstehen kann. Ein für die Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />

weiterführender Aspekt ist hierbei, dass Jugendliche ihre Bezugsgruppe auswählen <strong>und</strong><br />

damit zugleich die in dieser Gruppe geltenden Verhaltensregeln <strong>und</strong> Normen übernehmen.<br />

In einigen Studien wurden Befindensskalen wie Ängstlichkeit oder Depressivität zusammen<br />

mit Stressindikatoren wie Alltagsärgernisse oder Schulstress im Hinblick auf das Rauchen<br />

untersucht. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Rauchen auch bei Kindern <strong>und</strong><br />

Jugendlichen der Regulation <strong>von</strong> emotionalen Zuständen dienen kann3<br />

Jessor et al. haben die Bedeutung <strong>von</strong> psychosozialen Schutzfaktoren wie Religiosität,<br />

Verb<strong>und</strong>enheit mit der Schule, Fre<strong>und</strong>Innen, die an Jugendgruppen teilnehmen oder<br />

ehrenamtliche Tätigkeiten, positive Beziehung zu Eltern <strong>und</strong> zu anderen Erwachsenen,<br />

Kirchenbesuche sowie soziales Engagement <strong>und</strong> ihren Einfluss auf ges<strong>und</strong>heitsförderliches<br />

Verhalten untersucht. Die Merkmale, die Konventionalität widerspiegeln - positive Einstellung<br />

zur Schule, Fre<strong>und</strong>Innen als Modelle für angepasstes Verhalten, Teilnahme an prosozialen<br />

Aktivitäten <strong>und</strong> regelmäßige Kirchenbesuche - stehen in einem positiven Zusammenhang mit<br />

jugendlichem Ges<strong>und</strong>heitsverhalten, sowie zu Strategien im Umgang mit Problemen. Eine<br />

konventionelle Haltung korrespondiert auch mit den Schulleistungen. Die genannten<br />

Schutzfaktoren können Einflüsse <strong>von</strong> Risikofaktoren abmildern4.<br />

2. Untersuchungsansatz<br />

Die Literatur zur Entwicklung des Raucher- oder Nichtraucherverhaltens <strong>von</strong> Kindern <strong>und</strong><br />

Jugendlichen nennt ein breites Spektrum <strong>von</strong> begünstigenden oder hemmenden<br />

Bedingungen, zum Teil widersprechen <strong>sich</strong> die Untersuchungsergebnisse. Für <strong>sich</strong><br />

genommen geben die Untersuchungsergebnisse wenig Ansatzpunkte für eine gezielte<br />

Prävention in der Schule oder in der Jugendarbeit. Da einmal eingeschliffene<br />

Verhaltensmuster wie Rauch-, Trink- <strong>und</strong> Ernährungsgewohnheiten <strong>sich</strong> überdies als<br />

weitgehend resistent gegenüber ges<strong>und</strong>heitsfördernden Interventionen erweisen, liegt es<br />

nahe, <strong>sich</strong> auf die Untersuchung <strong>von</strong> Bedingungen zu konzentrieren, die mit der<br />

Persönlichkeitsentwicklung Jugendlicher in einem engeren Zusammenhang stehen.<br />

__________________________________________________________________________<br />

1 Silbereisen, R.K. (1999): Differenzierungen <strong>und</strong> Perspektiven für Prävention aus entwicklungspsychologischer<br />

Sicht in: Kolip, P.: Programme gegen Sucht, Juventa, Weinheim: 70-85.<br />

2 Flay 1993, zitiert nach Vartiainen, E. (1999): Einflußfaktoren auf den Tabakkonsum im Jugendalter,<br />

in: Kolip, P.: Programme gegen Sucht, Juventa, Weinheim: 153-162.<br />

3 Zitiert nach Fuchs, R. (2000): Entwicklungsbedingungen des Rauchverhaltens, in: Leppin, A. et al :Jugendliche<br />

<strong>und</strong> Alltagsdrogen. Konsum <strong>und</strong> Perspektiven der Prävention, Luchterhand, Neuwied: 95<br />

112.<br />

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Autor: Direktor: UnivProf. Dr. G. Lehmkuhl<br />

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Abteilung 43/5 Fachbereich Ges<strong>und</strong>heit<br />

Indikatoren<br />

Die Altersstufe ist ein guter Indikator für die Entwicklungsphase Jugendlicher (Vorpubertät,<br />

Pubertät, junger Erwachsener), die mit den Alterstufen <strong>sich</strong> verändernde emotionale<br />

Selbsteinschätzung <strong>und</strong> die Beurteilung des eigenen Sozialverhaltens. Letzteres ist insoweit<br />

<strong>von</strong> Bedeutung, als das Rauchen Jugendlicher als ges<strong>und</strong>heitlich unerwünschtes Verhalten<br />

gilt, dem präventiv entgegen gewirkt wird. An den Schulen ist das Rauchen verboten;<br />

Aktionen gegen das Rauchen gehören zum Repertoire schulischer Ges<strong>und</strong>heitsförderung.<br />

Da die Verbreitung des Rauchens einem nach Sozialschicht spezifischen Einfluß folgt,<br />

versprechen Indikatoren für das Sozialisationsmilieu weiterführenden Aufschluß: der<br />

Schultyp in einem nach Bildungsanforderungen, zukünftigen Arbeitsmarktchancen <strong>und</strong><br />

‚ascribed status‘ (=zugeschriebener Status) der <strong>Schüler</strong> gegliederten Schulsystem. Da an<br />

den Hauptschulen ein nicht unerheblicher Anteil <strong>von</strong> <strong>Schüler</strong>n nichtdeutscher Muttersprache<br />

unterrichtet wird, kann für diese Gruppe das Sozialisationsmilieu auch über das Merkmal<br />

deutsche bzw. nichtdeutsche Muttersprache erfaßt <strong>und</strong> differenziert werden.<br />

Die Entwicklungsphase der Jugendlichen wird in unserer Untersuchung über zwei<br />

Altersstufen 11-14 Jahre <strong>und</strong> 15-18 Jahre operationalisiert. Das Sozialisationsmilieu<br />

wird - außer über die Muttersprache - über den Schultyp- Hauptschule <strong>und</strong> Gymnasiumerfaßt.<br />

Die Gewinnung <strong>von</strong> Daten zur emotionalen Selbsteinschätzung <strong>und</strong> Beurteilung des<br />

Sozialverhaltens der Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen erfolgt über das Befragungsinstrument<br />

Youth Self-Report (YSR).<br />

Der Youth Self-Report<br />

Der Youth Self Report (YSR) erhebt das Befinden <strong>und</strong> die Verhaltensweisen <strong>von</strong><br />

Jugendlichen durch Selbsteinschätzung für die vergangenen 6 Monate. Der Fragebogen<br />

umfasst ca. 120 Items; diese beschreiben Verhaltensauffälligkeiten, emotionale<br />

Auffälligkeiten <strong>und</strong> körperliche Beschwerden sowie sozial erwünschte Verhaltensweisen.<br />

Die Anwendbarkeit des adaptierten Fragebogens wurde geprüft <strong>und</strong> die Validität sowie<br />

interne Konsistenz für die Problemskalen –bis auf die Skala „schizoid/ zwanghaft“-<br />

nachgewiesen5. Aus diesem Gr<strong>und</strong> wird diese Skala in den Auswertungen zu den<br />

Verhaltens- <strong>und</strong> Befindensstörungen nicht berück<strong>sich</strong>tigt.<br />

Auf Gr<strong>und</strong> einer Faktorenanalyse wurden aus den Items des Fragebogens 10 Problemskalen<br />

oder Dimensionen gebildet. In einem ersten Schritt werden die acht Primärskalen gebildet<br />

(„sozialer Rückzug“, „körperliche Beschwerden“, „Angst/Depressivität“, „soziale Probleme“,<br />

„Zwanghaftigkeit“, „Aufmerksamkeitsstörungen“, „dissoziales Verhalten“ <strong>und</strong><br />

„aggressives Verhalten“).<br />

In einem zweiten Schritt werden aus diesen Primärskalen zwei Sek<strong>und</strong>ärskalen gebildet,<br />

die „internalen Störungen“ <strong>und</strong> die „externalen Störungen“ (siehe im Anhang Abbildung zu<br />

den Skalen mit dazugehörenden Items). Bei der Verwendung dieser Begriffe ist zu beachten,<br />

dass es <strong>sich</strong> nicht um diagnostische Kategorien handelt, sondern um eine Beschreibung der<br />

faktorenanalytisch gebildeten Skalen.<br />

_________________________________________________________________________________________<br />

4 Jessor, R. et al (1999): Protektive Einflussfaktoren auf jugendliches Ges<strong>und</strong>heitsverhalten, in Kolip,<br />

P. a.a.o., 41-69.<br />

Forschungsgruppe Primärmedizinische Versorgung, Universität zu Köln<br />

Autor: Direktor: UnivProf. Dr. G. Lehmkuhl<br />

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Abteilung 43/5 Fachbereich Ges<strong>und</strong>heit<br />

Beschreibung der Primär- <strong>und</strong> Sek<strong>und</strong>ärskalen<br />

Die „internalen Störungen“ umfassen die Skalen „sozialer Rückzug“, „körperliche<br />

Beschwerden“ <strong>und</strong> „Angst/Depressivität“.<br />

Jugendliche mit hoher Ausprägung auf der Skala „sozialer Rückzug“ sind lieber allein,<br />

weigern <strong>sich</strong> zu sprechen, sind eher schüchtern, wenig aktiv <strong>und</strong> häufiger traurig verstimmt.<br />

Die Skala „körperliche Beschwerden“ umfasst Items, die verschiedene somatische<br />

Symptome beschreiben.<br />

Die Skala „Angst/Depressivität“ erfasst neben allgemeiner Ängstlichkeit <strong>und</strong> Nervosität<br />

auch Klagen über Einsamkeit <strong>und</strong> soziale Ablehnung, Minderwertigkeitsgefühle sowie<br />

traurige Verstimmung.<br />

Diese Störungen beziehen <strong>sich</strong> auf das Verhalten <strong>und</strong> die Wahrnehmung des Kindes/<br />

Jugendlichen in Bezug auf <strong>sich</strong> selbst, sie werden daher <strong>von</strong> der sozialen Umwelt<br />

(Familie, Schule) weniger wahrgenommen.<br />

Die „externalen Störungen“ umfassen „dissoziales“ <strong>und</strong> „aggressives Verhalten“.<br />

Dissoziales Verhalten beschreibt Verhaltensweisen des Kindes/Jugendlichen in Bezug<br />

auf seine soziale Umwelt wie z.B. lügen, stehlen oder Schule schwänzen.<br />

Die Skala „aggressives Verhalten“ erfasst verbale <strong>und</strong> körperlich aggressive<br />

Verhaltensweisen. Diese Verhaltensformen werden daher <strong>von</strong> Mitschülern, Eltern <strong>und</strong><br />

Lehrern im Alltag wahrgenommen.<br />

Die „gemischten Störungen“ umfassen die Primärskalen „soziale Probleme“,<br />

„schizoid/zwanghaft“ <strong>und</strong> „Aufmerksamkeitsstörungen“.<br />

Die Skala „soziale Probleme“ erfasst Ablehnung durch Gleichaltrige sowie unreifes<br />

<strong>und</strong> erwachsenenabhängiges Sozialverhalten.<br />

Die Skala „schizoid/zwanghaft“ erfasst Tendenzen zu zwanghaftem Denken <strong>und</strong> Handeln<br />

sowie psychotisch anmutende Verhaltensweisen <strong>und</strong> eigenartiges, bizarres Denken<br />

<strong>und</strong> Verhalten.<br />

Die Skala „Aufmerksamkeitsstörungen“ setzt <strong>sich</strong> aus Items zur motorischen Unruhe,<br />

Impulsivität <strong>und</strong> zu Konzentrationsstörungen zusammen6.<br />

__________________________________________________________________________<br />

5 Döpfner er al (1994): Handbuch: Fragebogen für Jugendliche. Forschungsergebnisse zur deutschen<br />

Fassung der Youth Self-Report Form (YSR) der Child Behavior Checklist. Arbeitsgruppe Kinder, Jugend-<strong>und</strong><br />

Familiendiagnostik (KJFD), Köln.<br />

Forschungsgruppe Primärmedizinische Versorgung, Universität zu Köln<br />

Autor: Direktor: UnivProf. Dr. G. Lehmkuhl<br />

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Abteilung 43/5 Fachbereich Ges<strong>und</strong>heit<br />

Dimensionaler Ansatz<br />

Der Youth Self-Report (Youth Self Report) erfasst als ein standardisiertes Verfahren<br />

die somatische <strong>und</strong> psychische Selbstbefindlichkeit <strong>und</strong> die Einschätzung des<br />

Sozialverhaltens durch die Jugendlichen7. Es verwendet der Altersgruppe entsprechende<br />

alltagsnahe Fragen zu Verhalten <strong>und</strong> Befinden. Das Instrument ermöglicht die Beschreibung<br />

<strong>von</strong> mehreren Verhaltens- <strong>und</strong> Befindensdimensionen. Es unterscheidet <strong>sich</strong> dadurch <strong>von</strong><br />

Diagnosesystemen, die mit dichotomen Kategorien <strong>von</strong> Erkrankungen arbeiten.<br />

Ein dimensionaler Ansatz ist aus zwei Gründen für eine Untersuchung des Rauchens<br />

Jugendlicher vorzuziehen. Rauchgewohnheiten sind kontextgeb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> korrespondieren<br />

mit anderen Verhaltensweisen; präventive Absätze, die <strong>sich</strong> ausschließlich auf die<br />

Einschränkung oder Vermeidung des Rauchens richten, versprechen daher in ihrer<br />

Wirkung wenig Erfolg.<br />

Der dimensionale Ansatz zur Erfassung <strong>von</strong> psychischen Befindensstörungen basiert<br />

auf Methoden der Psychometrie <strong>und</strong> multivariaten statistischen Verfahren. Der kategoriale<br />

Ansatz dagegen erfasst Auffälligkeiten in diagnostisch abgegrenzten Einheiten, die<br />

Kategorien schließen <strong>sich</strong> gegenseitig aus. Der YSR hat eine dimensionale Struktur, d.h. er<br />

klassifiziert anhand quantifizierter Merkmale <strong>und</strong> läßt Auffälligkeiten auf mehreren<br />

Dimensionen zu. Diese Eigenschaft ist besonders angezeigt, wenn ein Phänomen<br />

kontinuierlich verteilt ist <strong>und</strong> keine eindeutig bestimmbaren Grenzen hat, z.B. bei Aggression,<br />

Angst oder Depression. Komorbiditäten können erfasst werden, d.h. zwei oder mehr<br />

gleichzeitig vorhandene Störungen, die Stärke eines Phänomens kann beschrieben werden.<br />

Es werden nur Symptome berück<strong>sich</strong>tigt, keine ätiologischen Aspekte (zur Krankheits- bzw.<br />

hier zur Abhängigkeitsentstehung)8.<br />

Wer ist ein Raucher<br />

Die Fragen zum Rauchverhalten in der Untersuchung beziehen <strong>sich</strong> auf den Raucherstatus,<br />

die Häufigkeit des Rauchens, Menge der gerauchten Zigaretten pro Tag <strong>und</strong> Alter zu Beginn<br />

des regelmäßigen Rauchens. Für die Auswertungen wurden diejenigen als „Raucher“<br />

definiert, die entweder gelegentlich oder regelmäßig rauchten9. Alle übrigen <strong>Schüler</strong> wurden<br />

als Nichtraucher definiert.<br />

Die Untersuchung stellt die Frage nach den Merkmalen, die mit dem Rauchen als einem<br />

ges<strong>und</strong>heitlich unerwünschten bzw. Nichtrauchen als einem ges<strong>und</strong>heitlich erwünschten<br />

Verhalten <strong>von</strong> <strong>Schüler</strong>Innen in der sensiblen Entwicklungsphase zwischen dem 11. <strong>und</strong> 18.<br />

Lebensjahr assoziiert sind, in den Mittelpunkt. Über diese Merkmale sollen die Bedingungen,<br />

auch im Selbstverständnis der Jugendlichen, identifiziert werden, die das Rauchverhalten<br />

bahnen, es unterstützen <strong>und</strong> gegen Widerstände aufrechterhalten. Wir gehen da<strong>von</strong> aus,<br />

dass in den Schulen das Rauchen verboten ist <strong>und</strong> daher offiziell als ein unerwünschtes<br />

Verhalten diskriminiert wird.<br />

_________________________________________________________________________________________<br />

6 Döpfner, M. et al (1996): Verhaltensauffälligkeiten <strong>von</strong> Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen in Deutschland,<br />

den Niederlanden <strong>und</strong> den USA. Eine kulturvergleichende Studie mit der Child Behavior Checklist, in:<br />

Nervenarzt, 67: 960-967.<br />

7 Achenbach, T.M. (1991): Manual for the Youth Self-Report and 1991 Profile. University of Vermont,<br />

Department of Psychiatry, Burlington.<br />

8 Döpfner, M. (1997): Von der kategorialen zur dimensionalen Diagnostik, in: Praxis der Kinderpsychologie<br />

<strong>und</strong> Kinderpsychiatrie: 519-547.<br />

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Autor: Direktor: UnivProf. Dr. G. Lehmkuhl<br />

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Untersuchungsfragen<br />

Auf der beschriebenen Datenbasis werden die folgenden Untersuchungsfragen bearbeitet:<br />

• Welche Befindensstörungen <strong>und</strong> Verhaltensauffälligkeiten treten bei den<br />

befragten HauptschülerInnen <strong>und</strong> Gymnasiasten auf<br />

• Wie sind die Befindensstörungen <strong>und</strong> Verhaltensauffälligkeiten verteilt nach<br />

Altersstufen <strong>und</strong> Geschlecht sowie nach dem Schultyp<br />

Die Ergebnisse zu diesen beiden Untersuchungsfragen werden im Anhang dargestellt.<br />

Sie sind als Hintergr<strong>und</strong>information zum Verständnis wichtig, wenn die Beziehungen<br />

zwischen dem Rauchen als einem ges<strong>und</strong>heitlich unerwünschten Verhalten <strong>und</strong> den<br />

Befindensstörungen oder Verhaltensauffälligkeiten nach dem YSR untersucht werden.<br />

Welche der Merkmale der Jugendlichen- Alter, Geschlecht, Sozialisationsmilieu<br />

(erfaßt über Muttersprache <strong>und</strong> Schulform)- sind mit dem Raucherstatus assoziiert<br />

• In welcher Weise werden diese Merkmale durch Auffälligkeiten nach dem YSR<br />

differenziert<br />

• Welche Gemeinsamkeiten <strong>und</strong> Unterschiede bestehen zwischen den<br />

Sozialisationsmilieus (Indikator Schulform) im Verteilungsmuster der<br />

Verhaltensauffälligkeiten <strong>und</strong> Befindensstörungen sowie des Rauchverhaltens<br />

• Welche Befindensstörungen <strong>und</strong> Verhaltensauffälligkeiten nach dem YSR<br />

stehen in statistisch signifikanter Weise mit dem Rauchverhalten in<br />

Verbindung<br />

Hypothesen<br />

Das erkenntnisleitende Interesse dieser Untersuchungsfragen wird durch die folgenden<br />

Hypothesen bestimmt:<br />

1. Rauchen ist sozialschichtgeb<strong>und</strong>en. Mit sinkender Sozialschichtzugehörigkeit<br />

steigt der Zigarettenkonsum an. Daher ist zu erwarten, daß Hauptschüler früher,<br />

häufiger <strong>und</strong> stärker rauchen als Gymnasiasten.<br />

2. Rauchen Jugendlicher gilt ges<strong>und</strong>heitlich <strong>und</strong> mit Abstufungen auch sozial als ein<br />

unerwünschtes Verhalten. Aus der Perspektive der Heranwachsenden symbolisiert<br />

Rauchen "zu den Erwachsenen dazu zu gehören". Es ist zu erwarten, dass <strong>sich</strong> mit<br />

zunehmendem Alter die Rauchgewohnheiten Jugendlicher dem der Erwachsenen<br />

annähern.<br />

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3. Rauchen Jugendlicher gilt als ges<strong>und</strong>heitlich besonders gefährdend <strong>und</strong> widerspricht<br />

gesellschaftlichen Konventionen. Es ist daher zu erwarten, daß Rauchen mit sozial -<br />

<strong>und</strong> an den Schulen - pädagogisch unerwünschten Verhaltensweisen assoziiert ist.<br />

4. Rauchen Jugendlicher steht mit anderen Verhaltensweisen in einem Zusammenhang.<br />

Aus diesem Gr<strong>und</strong>e ist ein dimensionaler Ansatz, wie der YSR, eine geeignete<br />

Methode, aus der Perspektive der Jugendlichen den Verhaltenskontext des<br />

Rauchens zu analysieren.<br />

3. <strong>Schüler</strong> Populationen<br />

In die Untersuchung wurden die <strong>Schüler</strong>Innen aus 2 Hauptschulen einbezogen sowie<br />

die <strong>Schüler</strong>schaft eines Gymnasiums der Sek<strong>und</strong>arstufe I. Die <strong>Schüler</strong> wurden in ihren<br />

Klassenzimmern befragt, überwiegend wurde die Befragung durch den/die Klassenlehrer/in<br />

durchgeführt.<br />

In die Auswertung wurden die Fragebögen mit gültigem YSR, Antworten zum<br />

Rauchverhalten, Angabe der Muttersprache (für die HauptschülerInnen) <strong>und</strong> Altersgruppe<br />

zwischen 11 <strong>und</strong> 18 Jahren einbezogen. Von den Hauptschulen wurden insgesamt<br />

557 Fragebögen ausgewertet, dies entspricht 72% der Gr<strong>und</strong>gesamtheit der <strong>Schüler</strong>schaft<br />

an den Hauptschulen (weitere Details siehe Tabelle 1). Der Anteil der befragten Jungen<br />

ist 54%, der der Mädchen 46%. Das durchschnittliche Alter lag bei 14,2 Jahren. Von den<br />

befragten <strong>Schüler</strong>Innen hatten 28,4% eine nichtdeutsche Muttersprache.<br />

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9 Nach der Definition der (BzgA) B<strong>und</strong>eszentrale für ges<strong>und</strong>heitliche Aufklärung (2001): Die Drogenaffinität<br />

Jugendlicher in der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland 2001, Endbericht.<br />

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Von der Gr<strong>und</strong>gesamtheit des Gymnasiums (679 <strong>Schüler</strong>Innen) konnten 587 Fragebogen<br />

(86%) ausgewertet werden. Der Anteil der Jungen betrug 41%, der der Mädchen 59%. Der<br />

Altersdurchschnitt war 13,4 Jahre. Das Merkmal Muttersprache wurde nicht erhoben, um die<br />

Anonymität der wenigen <strong>Schüler</strong> mit nichtdeutscher Muttersprache wahren zu können. Für<br />

den Vergleich zwischen den Hauptschulen <strong>und</strong> dem Gymnasium wurden nur die<br />

deutschsprachigen <strong>Schüler</strong>Innen einbezogen.<br />

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4. Ergebnisse: Welche Merkmale sind mit dem Rauchen assoziiert<br />

Als „abhängige Variable“ wurde das „Rauchen“ definiert, wenn ein/e Befragte/r entweder<br />

„gelegentlich“ oder „regelmäßig“ rauchte. Als “unabhängige Variable” untersuchen wir Alter,<br />

Geschlecht, Befindensstörungen <strong>und</strong> Verhaltensauffälligkeiten in den Dimensionen des YSR<br />

sowie als Indikatoren für das Sozialisationsmilieu Schulform <strong>und</strong> Muttersprache. Da diese<br />

Variablen nicht <strong>von</strong>einander unabhängig sind, muss die Darstellung den theoretisch<br />

anzunehmenden Zusammenhang berück<strong>sich</strong>tigen, wie er <strong>sich</strong> in den Daten widerspiegelt.<br />

Das Sozialisationsmilieu hat einen starken Einfluss auf das Rauchverhalten<br />

(seinen altersspezifischen Einstieg, die Häufigkeit <strong>und</strong> Intensität), aber auch auf die<br />

Verteilung <strong>und</strong> das Niveau der Verhaltensauffälligkeiten.<br />

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Aus diesem Gr<strong>und</strong>e sind die Ergebnisse für Hauptschüler <strong>und</strong> Gymnasiasten sowie- nur für<br />

die Hauptschüler Einen geringeren, aber gleichwohl signifikanten Einfluss auf die<br />

Ausprägung der Befindensstörungen <strong>und</strong> Verhaltensauffälligkeiten <strong>und</strong> einen starken<br />

Einfluss auf das<br />

Rauchverhalten hat das Alter. Daher werden die Ergebnisse für die <strong>von</strong> uns unterschiedenen<br />

Altersgruppen differenziert. Nach deutscher <strong>und</strong> nichtdeutscher Muttersprache getrennt<br />

darzustellen.<br />

Überraschenderweise hat das Geschlecht nur einen geringen Einfluss auf das<br />

Rauchverhalten. Wir beginnen daher die Darstellung der Ergebnisse mit diesem Bef<strong>und</strong>.<br />

4.1 Einfluss durch Geschlecht<br />

Zwischen den Geschlechtern gibt es kaum Unterschiede im Rauchverhalten. An beiden<br />

Schulformen rauchen durchschnittlich etwas mehr Mädchen regelmäßig, am Gymnasium<br />

rauchen mehr Mädchen als Jungen gelegentlich 10. Raucher <strong>und</strong> Raucherinnen<br />

<strong>unterscheiden</strong> <strong>sich</strong> auch nicht in den Befindensstörungen <strong>und</strong> Verhaltensauffälligkeiten.<br />

Betrachten wir die Befindensstörungen <strong>und</strong> Verhaltensauffälligkeiten der <strong>rauchende</strong>n<br />

<strong>Schüler</strong>, so ergibt <strong>sich</strong> für die Verhaltensdimensionen ein ähnliches Verteilungsmuster<br />

der <strong>rauchende</strong>n Jungen <strong>und</strong> Mädchen (siehe Abbildung 1).<br />

Abbildung 1: Anteil der Raucher unter den <strong>Schüler</strong>n* (insgesamt) nach Geschlecht<br />

<strong>und</strong> Art der Störung**<br />

*Gymnasiasten: n=587, Hauptschüler: n=399, **Mehrfachnennungen möglich<br />

__________________________________________________________________________<br />

10 (siehe weitere Details in den Berichten zu Rauchgewohnheiten an Hauptschulen <strong>und</strong> Gymnasium)<br />

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A1=sozialer Rückzug<br />

A3=Angst/Depressivität<br />

A6=Aufmerksamkeitsstörungen<br />

A8=aggressives Verhalten<br />

B3=externale Verhaltensauffälligkeiten<br />

A2=körperliche Beschwerden<br />

A4=soziale Probleme<br />

A7=dissoziales Verhalten<br />

B1=internale Befindensstörungen<br />

4.2 Das Sozialisationsmilieu-<br />

4.2.1 Indikator Schulform<br />

Hauptschüler <strong>und</strong> Gymnasiasten <strong>unterscheiden</strong> <strong>sich</strong> hin<strong>sich</strong>tlich des Herkunftsmilieus<br />

(Nähe bzw. Distanz zum Bildungssystem) <strong>und</strong> hin<strong>sich</strong>tlich des Bildungs- <strong>und</strong> Berufszieles,<br />

also des angestrebten Milieus- sie gehören verschiedenen Sozialschichten an.<br />

Unterscheiden <strong>sich</strong> Hauptschüler <strong>und</strong> Gymnasiasten in ihren Rauchgewohnheiten, dann liegt<br />

es nahe, Einflüsse des Sozialisationsmilieus (Familie <strong>und</strong> Schultyp) anzunehmen. Da das<br />

Rauchverhalten Einflüssen unterliegt, die an die Sozialschicht geb<strong>und</strong>en sind, sind<br />

Unterschiede zwischen den Hauptschülern <strong>und</strong> Gymnasialschülern zu erwarten.<br />

Wir untersuchen <strong><strong>Schüler</strong>innen</strong> <strong>und</strong> <strong>Schüler</strong> im Hinblick auf den Indikator Schulform,<br />

allerdings unter Ausschluss der Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen nichtdeutscher Muttersprache,<br />

da diese bis auf wenige Ausnahmen nur an den Hauptschulen anzutreffen sind. Zunächst<br />

sind die Unterschiede zwischen Hauptschülern <strong>und</strong> Gymnasiasten hin<strong>sich</strong>tlich des Alters, in<br />

dem mit dem Rauchen begonnen wurde <strong>und</strong> hin<strong>sich</strong>tlich der Intensität des Rauchens<br />

markant.<br />

Der Anteil der Raucher unter der deutschen <strong>Schüler</strong>schaft an den Hauptschulen beträgt<br />

40,3%, an dem Gymnasium 23,2%, insgesamt ergibt <strong>sich</strong> ein Durchschnitt <strong>von</strong> 30%<br />

Rauchern unter allen befragten deutschen <strong>Schüler</strong>n im Alter <strong>von</strong> 11-18 Jahren.<br />

Die HauptschülerInnen beginnen durchschnittlich 1 Jahr früher (mit 12,4 Jahren) zu<br />

rauchen als die Gymnasiasten (mit 13,2 Jahren). An den Hauptschulen rauchen 26%<br />

der Raucher regelmäßig, am Gymnasium nur 9,7%.<br />

Aus der letzten Drogenaffinitätsstudie durch die BZgA sind folgende Zahlen zum<br />

Rauchverhalten <strong>von</strong> 12-25jährigen Personen genannt worden: durchschnittliches<br />

Beginnalter 13,6 Jahre, Raucherquote gesamt: 38%, 14-15jährige: 29%, 16-17jährige.<br />

44%11.<br />

Eine Berück<strong>sich</strong>tigung der differenzierenden Einflüsse der Dimensionen des YSR erfordert<br />

die folgende Vorgehensweise. Da der Anteil der Raucher am Gymnasium <strong>und</strong> an<br />

Hauptschulen ungleich hoch ist <strong>und</strong> das Alter des Rauchbeginns an den Hauptschulen<br />

niedriger liegt als am Gymnasium, wird Rauchen <strong>und</strong> Nichtrauchen getrennt für beide<br />

Schulformen <strong>und</strong> für die beiden Altersgruppen (11-14/15-18 Jahre) hin<strong>sich</strong>tlich der<br />

Dimensionen des YSR verglichen. Die beiden Altersgruppen bezeichnen unterschiedliche<br />

Stadien der Persönlichkeitsentwicklung <strong>und</strong> der Orientierung an Bezugsgruppen. Für die<br />

Altersgruppe 15-18 Jahre wird zunehmend die Orientierung an Gleichaltrigen (Peers) für die<br />

Modellierung des eigenen Verhaltens bestimmend. Für die Hauptschüler vollzieht <strong>sich</strong> in<br />

dieser Phase bereits die Vorbereitung auf das Arbeitsleben. Sie treten früher in das<br />

Erwerbsleben ein.<br />

11 BZgA (2001): Die Drogenaffinität Jugendlicher in der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland 2001, Endbericht.<br />

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In den Abbildungen 2-5 sind jeweils für die beiden Altersgruppen nach Schulform<br />

getrennt die Anteile der auffälligen <strong>Schüler</strong> nach Raucherstatus <strong>und</strong> Art der Störung<br />

dargestellt. Wir können folgendes feststellen.<br />

a. Für alle Altersgruppen der beiden Schulformen gilt, daß die Raucher <strong>sich</strong> als<br />

auffälliger einschätzen als ihre nicht<strong>rauchende</strong>n Mitschüler. Dieser<br />

Zusammenhang ist zu erwarten, weil das Rauchen Jugendlicher als ein<br />

ges<strong>und</strong>heitlich unerwünschtes Verhalten Gegenstand der Prävention ist <strong>und</strong> an<br />

den Schulen einem Verbot unterliegt.<br />

b. Für die Befindens- <strong>und</strong> Verhaltensdimensionen des YSR gibt es jedoch<br />

unterschiedliche Schwerpunkte der Auffälligkeit der Raucher gegenüber den<br />

Nichtrauchern nach Altersgruppen <strong>und</strong> Schulform.<br />

c. In der jüngeren Altersgruppe (11 - 14 Jahre) <strong>unterscheiden</strong> <strong>sich</strong> die <strong>rauchende</strong>n<br />

Hauptschüler (28%) nur in der Einschätzung ihres dissozialen <strong>und</strong> aggressiven<br />

Verhaltens <strong>von</strong> den Nichtrauchern (Abbildung 2). Dagegen liegen die Anteile<br />

der Auffälligkeiten unter den <strong>rauchende</strong>n Gymnasiasten (11,6 %) in dieser<br />

Altersgruppe in allen Dimensionen –bis auf „soziale Probleme“ - höher als bei<br />

ihren nicht<strong>rauchende</strong>n Mitschülern (Abbildung 3). Für eine Interpretation dieses<br />

Bef<strong>und</strong>es ist allerdings zu berück<strong>sich</strong>tigen, dass das Niveau der<br />

Verhaltensauffälligkeiten der Hauptschüler höher liegt als das der gleichaltrigen<br />

Gymnasiasten. Die höhere Einschätzung ihrer Auffälligkeit könnte als Folge der<br />

Ausnahmeposition der <strong>rauchende</strong>n <strong>Schüler</strong> dieser Altersgruppe am Gymnasium<br />

interpretiert werden, da Rauchen in dieser Altersgruppe hier als ein besonders<br />

unerwünschtes Verhalten angesehen wird.<br />

d. In der Altersgruppe 15 - 18 Jahre sind die <strong>rauchende</strong>n Hauptschüler mit 58 % in<br />

der Mehrheit <strong>und</strong> betrachten <strong>sich</strong> nur in den Verhaltensdimensionen<br />

"körperliche Beschwerden" <strong>und</strong> "dissoziales Verhalten" als auffälliger als ihre<br />

Mitschüler. In den übrigen Verhaltensdimensionen hat <strong>sich</strong> ihr Selbstbild dem<br />

der Nichtraucher weitgehend angenähert (Abbildung 4). Die <strong>rauchende</strong>n<br />

Gymnasiasten dagegen - sie machen mit 48,6% nahezu die Hälfte der <strong>Schüler</strong><br />

in dieser Altersgruppe aus - <strong>unterscheiden</strong> <strong>sich</strong> <strong>von</strong> ihren nicht<strong>rauchende</strong>n<br />

Mitschülern in den Dimensionen "dissoziales" <strong>und</strong> "aggressives Verhalten";<br />

überraschender Weise sind sie in einigen Dimensionen unauffälliger als<br />

ihre nicht<strong>rauchende</strong>n Mitschüler (Abbildung 5).<br />

e. Unabhängig vom Schultyp <strong>und</strong> vom Lebensalter sind in der<br />

Selbstwahrnehmung die Dimensionen "körperliche Beschwerden", "dissoziales"<br />

<strong>und</strong> "aggressives Verhalten" mit dem Rauchen stark assoziiert. Bemerkenswert<br />

ist dabei die nach Schulform <strong>und</strong> Altersgruppe wechselnde Assoziierung der<br />

"körperlichen Beschwerden" mit dem Rauchen. Auf dieser Dimension schätzen<br />

<strong>sich</strong> die nicht<strong>rauchende</strong>n Hauptschüler <strong>und</strong> Gymnasiasten genau umgekehrt<br />

ein. Die jüngeren Hauptschüler vergleichsweise hoch (<strong>und</strong> <strong>unterscheiden</strong> <strong>sich</strong><br />

nicht <strong>von</strong> den Rauchern, Abbildung 2), während für die älteren Hauptschüler<br />

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gerade diese Dimension Raucher <strong>und</strong> Nichtraucher differenziert (Abbildung 4).<br />

Ein genau umgekehrtes Bild ergibt <strong>sich</strong> bei einem Vergleich der jüngeren mit<br />

den älteren Gymnasiasten (Abbildung 3 <strong>und</strong> 5).<br />

f. Überraschend, weil wegen der stimulierenden Wirkung des Nikotin erwartet, ist<br />

die Tatsache, dass <strong>sich</strong> auf 3 <strong>von</strong> 4 Abbildungen (Ausnahme Abb. 3) <strong>rauchende</strong><br />

<strong>und</strong> nicht<strong>rauchende</strong> <strong>Schüler</strong> auf der Dimension "Aufmerksamkeitsstörungen"<br />

nicht <strong>unterscheiden</strong>.<br />

g. Das auffällig niedrige Niveau der Raucher auf der Dimension "Soziale<br />

Probleme" (A4) bedeutet, dass <strong>rauchende</strong> Jugendliche keine Probleme in der<br />

Anerkennung durch andere Gleichaltrige sehen, während nicht<strong>rauchende</strong><br />

Jugendliche ihre Distanz zu Gleichaltrigen als problematisch empfinden,<br />

anscheinend ist diese Distanz ein Schutzfaktor in Bezug auf das Rauchen.<br />

h. Bei der Interpretation dieser Bef<strong>und</strong>e ist im Auge zu behalten, dass es <strong>sich</strong><br />

beim YSR um Einschätzungen der Jugendlichen zu ihrem eigenen Befinden<br />

<strong>und</strong> Sozialverhalten handelt. Wir betrachten unter dieser Perspektive die<br />

<strong>rauchende</strong>n <strong>Schüler</strong> im Vergleich zu ihren nicht<strong>rauchende</strong>n Mitschülern, mit<br />

denen sie in einem ständigen Kontakt stehen <strong>und</strong> <strong>von</strong> denen sie <strong>sich</strong> als<br />

Raucher auch in der Selbst- <strong>und</strong> Fremdwahrnehmung <strong>unterscheiden</strong>. In der<br />

alltäglichen Interaktion gehen die <strong>von</strong> den Rauchern beklagten körperlichen<br />

Beschwerden in die Fremdwahrnehmung nicht ein, sie könnten daher auch eine<br />

Folge des Rauchens selbst sein. In die verstärkte durchgängige Wahrnehmung<br />

der Dissozialität geht vermutlich auch die Tatsache ein, dass an der Schule<br />

Rauchen als unerwünschtes Verhalten gilt - was ange<strong>sich</strong>ts des<br />

Rauchverhaltens der <strong>Schüler</strong> an den Hauptschulen mit zunehmendem Alter an<br />

faktischer Bedeutung verliert, während es an den Gymnasien auch bei den<br />

Älteren noch wirksam zu sein scheint.<br />

Die durchgängig bestehende Assoziation <strong>von</strong> Auffälligkeit in aggressiven<br />

Verhaltensweisen könnte mit der in der Jugendphase demonstrativ (im Sinne<br />

des ‚conspicuous consumption‘ =auffallender Konsum) angestrebten Wirkung<br />

des Rauchens auf die Umgebung des Rauchers interpretiert werden, als<br />

erwachsen zu gelten, das dem Jugendlichen vorenthaltene Symbol "rauchen =<br />

erwachsen sein" <strong>sich</strong> zuzueignen. Rauchen als "aggressives dissoziales<br />

Verhalten" könnte als ein demonstratives Verhalten interpretiert werden, das<br />

seine eigenen Rituale besitzt, demonstrative Gelegenheiten sucht <strong>und</strong> zum<br />

Identifikationsmuster wird.<br />

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Abbildung 2: Hauptschule: 11-14 Jahre* Anteile Auffälliger nach Raucherstatus<br />

<strong>und</strong> Art der Störungen<br />

*jüngere Hauptschüler n=236<br />

A1=sozialer Rückzug<br />

A3=Angst/Depressivität<br />

A6=Aufmerksamkeitsstörungen<br />

A8=aggressives Verhalten<br />

A2=körperliche Beschwerden<br />

A4=soziale Probleme<br />

A7=dissoziales Verhalten<br />

Abbildung 3: Gymnasium: 11-14 Jahre* Anteile Auffälliger nach Raucherstatus<br />

<strong>und</strong> Art der Störungen<br />

*jüngere Gymnasialschüler n=404<br />

A1=sozialer Rückzug<br />

A2=körperliche Beschwerden<br />

A3=Angst/Depressivität<br />

A4=soziale Probleme<br />

A6=Aufmerksamkeitsstörungen A7=dissoziales Verhalten A8=aggressives Verhalten<br />

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Abbildung 4: Hauptschule: 15-18 Jahre* Anteile Auffälliger nach Raucherstatus<br />

<strong>und</strong> Art der Störungen<br />

*ältere Hauptschüler n=163<br />

A1=sozialer Rückzug<br />

A3=Angst/Depressivität<br />

A6=Aufmerksamkeitsstörungen<br />

A8=aggressives Verhalten<br />

A2=körperliche Beschwerden<br />

A4=soziale Probleme<br />

A7=dissoziales Verhalten<br />

Abbildung 5: Gymnasium: 15-18 Jahre* Anteile Auffälliger nach Raucherstatus<br />

<strong>und</strong> Art der Störungen<br />

*ältere Gymnasialschüler n=183<br />

A1=sozialer Rückzug<br />

A2=körperliche Beschwerden<br />

A3=Angst/Depressivität<br />

A4=soziale Probleme<br />

A6=Aufmerksamkeitsstörungen A7=dissoziales Verhalten A8=aggressives Verhalten<br />

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4.2.2. Indikator Muttersprache<br />

Die Muttersprache scheint ein Faktor zu sein, der in einem Zusammenhang mit dem<br />

Rauchen steht: Von den ausländischen <strong>Schüler</strong>Innen (n=158) an beiden Hauptschulen<br />

rauchten 21,5%, <strong>von</strong> den deutschen <strong>Schüler</strong>Innen dagegen 40,3%. Von den ausländischen<br />

Mädchen (n=78) rauchten 19,2%, <strong>von</strong> den ausländischen Jungen (n=80) 23,7%, d.h.<br />

zwischen ausländischen Jungen <strong>und</strong> Mädchen bestand in Bezug auf das Rauchen ein<br />

Unterschied, während dies bei den deutschen Jugendlichen nicht gilt. In einer statistischen<br />

Signifikanzprüfung <strong>von</strong> Einflussfaktoren für das Rauchen an den Hauptschulen wurde das<br />

Merkmal Muttersprache als eine signifikante Bedingung (p=0,000) für das Rauchen bestätigt<br />

(siehe Tabelle 9, Anhang).<br />

4.3 Signifikanzprüfung unabhängig vom Lebensalter<br />

Hauptschule<br />

Für die untersuchten deutschen HauptschülerInnen zeigten <strong>sich</strong> statistisch signifikante<br />

Zusammenhänge zwischen Dimensionen des YSR <strong>und</strong> Rauchen in den Bereichen<br />

„soziale Probleme“ (p-Wert 0,04) <strong>und</strong> „dissoziales Verhalten“ (p-Wert


Abteilung 43/5 Fachbereich Ges<strong>und</strong>heit<br />

Bei der Betrachtung einzelner Dimensionen des YSR für das Rauchen zeigten <strong>sich</strong><br />

jedoch im Vergleich zu den Hauptschülern Unterschiede. Die Auffälligkeiten „körperliche<br />

Beschwerden“ (p-Wert=0,003), „soziale Probleme“ (p-Wert=0,002),<br />

„Aufmerksamkeitsstörungen“ (p-Wert=0,004), „dissoziales Verhalten“ (p-Wert=0,001)<br />

<strong>und</strong> „aggressives Verhalten“ (p-Wert=0,001) sowie „externales Verhalten“ (p-Wert=0,001)<br />

zeigten statistisch signifikante Zusammenhänge mit dem Rauchen<br />

(Abbildung 3: die Raucher unter den jüngeren <strong>Schüler</strong>n haben mehr Auffälligkeiten als die<br />

Nichtraucher).<br />

Gesamte <strong>Schüler</strong>population In einer Betrachtung aller <strong>Schüler</strong> in einer<br />

Regressionsrechnung zur statistischen Einschätzung der Wahrscheinlichkeit des Rauchens<br />

zeigte <strong>sich</strong>, dass das Merkmal Schulform einen signifikanten Zusammenhang mit dem<br />

Rauchverhalten aufweist (p=


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Übereinstimmung mit internationalen Studien nachgewiesen wurde, gilt auch für die<br />

Phase der Adoleszenz.<br />

Hauptschüler beginnen früher mit dem Rauchen, erreichen höhere Raucherquoten<br />

<strong>und</strong> entwickeln intensivere Rauchgewohnheiten als altersgleiche Gymnasiasten. Der<br />

gr<strong>und</strong>legende Unterschied in den Raucherquoten zwischen Hauptschule <strong>und</strong><br />

Gymnasium sowie der gleichbleibend unterschiedliche Anteil der Raucher unter den<br />

auffälligen <strong>Schüler</strong>n spricht dafür, dass mit der Schulform auch die dahinter liegenden<br />

unterschiedlichen Sozialisationsbedingungen sowie soziale <strong>und</strong> kulturelle Faktoren<br />

des Herkunftsmilieus wirksam werden. Darauf deutet auch die Raucherquote <strong>von</strong><br />

ausländischen <strong>Schüler</strong>Innen hin, die deutlich unter der Quote der deutschen<br />

<strong>Schüler</strong>Innen an Hauptschulen liegt. Die sozialen bzw. kulturellen Orientierungsmuster<br />

haben, neben den externalen oder „außenorientierten“ Verhaltensdimensionen,<br />

ebenfalls einen entscheidenden Einfluss auf das Rauchen in der Jugendphase.<br />

2. In der Adoleszenz vollzieht <strong>sich</strong> nicht nur der Einstieg in das Rauchen, sondern<br />

es kommt insbesondere unter den Hauptschülern zu festen Konsumgewohnheiten<br />

<strong>und</strong> vermutlich zur Nikotinabhängigkeit. Regelmäßig täglich rauchen 61,2%<br />

der Hauptschüler zwischen 6-19 Zigaretten, dagegen immerhin 26,3% der<br />

Gymnasiasten.<br />

3. Rauchen korrespondiert mit anderen "auffälligen" Verhaltensweisen. Als ein<br />

ges<strong>und</strong>heitlich riskantes <strong>und</strong> im Jugendalter sozial unerwünschtes Verhalten ist es<br />

deutlich stärker bei den Jugendlichen ausgeprägt, die <strong>sich</strong> in den<br />

Verhaltensdimensionen "dissoziales Verhalten" <strong>und</strong> "aggressives Verhalten" als<br />

auffälliger einschätzen als ihre nicht<strong>rauchende</strong>n Mitschüler. Daß Rauchen den<br />

altersspezifischen Erwartungen an den Schulen widerspricht, deckt <strong>sich</strong> mit einem<br />

Einzelbef<strong>und</strong> des YSR. Danach schätzen <strong>sich</strong> <strong>von</strong> den Rauchern deutlich mehr als<br />

"schlechte <strong>Schüler</strong>" ein als <strong>von</strong> den Nichtrauchern. Raucher erfüllen nach ihrer<br />

eigenen Einschätzung die schulischen <strong>und</strong> pädagogischen Erwartungen in<br />

der Schule in einem deutlich geringeren Maße als ihre nicht<strong>rauchende</strong>n<br />

Mitschüler. Hauptschüler <strong>und</strong> Gymnasialschüler <strong>unterscheiden</strong> <strong>sich</strong> wenig in diesem<br />

Bef<strong>und</strong>. Die Befindensdimensionen „dissoziales Verhalten“ <strong>und</strong> „aggressives<br />

Verhalten“ können daher als jugendspezifische Bedingungen des Rauchens<br />

aufgefasst werden. Vermutlich gehören sie zu einem Komplex <strong>von</strong> Verhaltensweisen<br />

<strong>und</strong> Haltungen, die nicht nur ges<strong>und</strong>heitlich erwünschte Verhaltensweisen ablehnen<br />

sondern auch sozial erwünschtes Verhalten. Die Verhaltensauffälligkeiten zeichnen<br />

<strong>sich</strong> durch ihren offen<strong>sich</strong>tlichen <strong>und</strong> demonstrativen Charakter aus, sie werden <strong>von</strong><br />

der sozialen Umwelt wie Schule, Familie <strong>und</strong> Gleichaltrigen wahrgenommen <strong>und</strong><br />

überwiegend negativ beurteilt.<br />

4. Ein dimensionaler Ansatz wie der YSR, der mit alltagsnahen Fragen<br />

Selbsteinschätzungen der Jugendlichen zu ihrem Befinden <strong>und</strong> ihrem Sozialverhalten<br />

erfasst, ist ein geeignetes Instrument, um die Einbettung des Rauchens in das<br />

Verhaltensrepertoire Jugendlicher zu erfassen. Die Differenzierung der Raucher <strong>und</strong><br />

Nichtraucher gibt gezielte Hinweise für die schulische Ges<strong>und</strong>heitsförderung.<br />

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Autor: Direktor: UnivProf. Dr. G. Lehmkuhl<br />

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Zu den nicht erwarteten Untersuchungsergebnissen können wir die folgenden Bef<strong>und</strong>e<br />

zählen.<br />

1. Es gibt keine Unterschiede in den Rauchgewohnheiten <strong>und</strong> in den mit diesen<br />

assoziierten Verhaltensweisen zwischen Jungen <strong>und</strong> Mädchen. Im Umgang mit der<br />

Zigarette haben <strong>sich</strong> bei den Heranwachsenden die Verhaltensweisen der<br />

Geschlechter angeglichen.<br />

2. Es gibt deutliche Unterschiede zwischen den Hauptschülern deutscher <strong>und</strong><br />

nichtdeutscher Muttersprache. Die deutschen <strong>Schüler</strong> rauchen deutlich häufiger als<br />

ihre ausländischen Mitschüler.<br />

Bei der Beurteilung der Untersuchungsergebnisse ist allerdings die Vorgehensweise<br />

bei der Datenerhebung stets mit zu beachten. Im Sinne der Meinungsforschung handelt es<br />

<strong>sich</strong> um keine repräsentative Untersuchung der Rauchgewohnheiten Jugendlicher,<br />

sondern um Erhebungen an drei Schulen in der Form einer Klassenzimmerbefragung.<br />

Diese Form der Datenerhebung hat den unbestreitbaren Vorzug, dass sie gerade bei den<br />

"auffälligen <strong>Schüler</strong>n" eine höhere Ausschöpfungsrate erreicht <strong>und</strong> für alle <strong>Schüler</strong> eine<br />

gleiche Befragungssituation herstellt. Die Befragungssituation als Stimulus des<br />

Antwortverhaltens ist identisch <strong>und</strong> - da es um Selbsteinschätzungen handelt - auch die<br />

"Schere im Kopf" beim Ausfüllen des YSR unterliegt in der gemeinsamen Situation des<br />

Klassenzimmers tendenziell der gleichen Lockerung.<br />

6. Diskussion<br />

Im allgemeinen wird die These vertreten, dass eine unterstützende Bedingung für das<br />

Rauchen das beeinträchtigte psychische Befinden ist, etwa bei Escorbedo et al.12. Sie fanden<br />

heraus, dass jugendliche Raucher häufiger depressive Symptome haben als die<br />

Nichtraucher. Eine Studie aus Schottland13 hat den Zusammenhang zwischen<br />

Selbstwertgefühl <strong>und</strong> Rauchverhalten untersucht. Es zeigte <strong>sich</strong>, dass das Rauchverhalten<br />

<strong>von</strong> Jugendlichen nicht linear mit einem geringen Selbstvertrauen auftritt. Vielmehr wird das<br />

Rauchen <strong>von</strong> der Gruppe, der ein Jugendlicher angehört, entscheidend beeinflußt. Je nach<br />

Lebensstil der Peer-Gruppe gehört das Rauchen als soziales Verhalten zum<br />

Verhaltensrepertoire dazu, es dient der Identifikation mit der eigenen Gruppe, ist ein<br />

Unterscheidungsmerkmal zur Abgrenzung <strong>von</strong> anderen jugendlichen Gruppen. Rauchen<br />

transportiert ein bestimmtes Image, das positiv oder negativ <strong>von</strong> Jugendlichen beurteilt wird.<br />

Die Gruppen haben aus Sicht der Jugendlichen unterschiedliche Status. Vier verschiedene<br />

jugendliche Peer-Gruppen wurden unterschieden <strong>und</strong> mit folgenden Merkmalen beschrieben:<br />

• die delinquenten Jugendlichen, die ständig in Schwierigkeiten geraten, haben<br />

Außenseiterstatus unter den Jugendlichen <strong>und</strong> verfügen über ein geringes<br />

Selbstwertgefühl hohe Raucherquote<br />

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• die sozial isolierten Jugendlichen mit wenig Kontakten zu Gleichaltrigen,<br />

geringer Status unter den Jugendlichen, wenig ausgeprägtes Selbstwertgefühl<br />

geringe Raucherquote<br />

• „konventionelle“ Jugendliche, positive familiäre <strong>und</strong> schulische Orientierung <strong>und</strong><br />

Integration, hoher Status, ausgeprägtes Selbstwertgefühl geringe<br />

Raucherquote<br />

• „Peer- orientierte“ Jugendliche, viele Fre<strong>und</strong>e, das ’coole‘ image,<br />

konsumorientiert, hoher Status, gutes Selbstwertgefühl hohe Raucherquote<br />

Für die Herner <strong>Schüler</strong> haben wir versucht, die Bef<strong>und</strong>e der schottischen Studie zu<br />

replizieren mit Hilfe der Daten aus den Raucherfragen <strong>und</strong> dem YSR. Zwei Gruppen<br />

lassen <strong>sich</strong> relativ einfach über die vorgegebenen Auswertungsdimensionen des YSR<br />

definieren, die „sozial isolierten“ <strong>und</strong> die „delinquenten“ Jugendlichen. Im YSR sind die<br />

Problemdimensionen „soziale Probleme“ <strong>und</strong> „delinquentes =dissoziales Verhalten“<br />

beschrieben.<br />

Die beiden anderen Gruppen, „konventionell“ <strong>und</strong> „peer-orientiert“, konnten nicht direkt<br />

mit Hilfe der YSR- Daten nachgebildet werden.<br />

Angelehnt an die schottische Studie überprüften wir folgende Hypothesen zum<br />

Zusammenhang zwischen Befindensstörungen sowie Verhaltensauffälligkeiten <strong>und</strong><br />

Rauchen mit dem folgenden Ergebnis :<br />

1. Von den <strong>Schüler</strong>n, die „soziale Probleme“ haben, rauchen weniger als <strong>von</strong> denen,<br />

die in diesem Bereich unauffällig sind<br />

2. Von den <strong>Schüler</strong>n, die im Bereich „dissoziales Verhalten“ auffällig sind, rauchen<br />

mehr als <strong>von</strong> denen, die unauffällig sind.<br />

7. Empfehlungen<br />

Aus den Untersuchungsergebnissen leiten <strong>sich</strong> unmittelbar die folgenden Empfehlungen ab.<br />

1. Die Verknüpfung <strong>von</strong> Sozialschicht <strong>und</strong> Rauchgewohnheiten auch bei den<br />

Jugendlichen erfordert für die Raucherprävention an Schulen zweierlei. Einmal ist<br />

eine schulspezifische Vorgehensweise angezeigt. Die stärkere Belastung der<br />

Hauptschüler legt eine Schwerpunktbildung präventiver Anstrengungen an dieser<br />

Schulform nahe - mit entsprechenden Konsequenzen für den finanziellen Rahmen<br />

der Ges<strong>und</strong>heitsförderung. Diese sollte in der Hauptschule noch früher einsetzen<br />

als an einem Gymnasium. Da es in den Hauptschulen sehr viel mehr regelmäßig<br />

<strong>rauchende</strong> <strong>Schüler</strong> gibt, sollten in den Hauptschulen auch verstärkt Angebote<br />

zur Raucherentwöhnung geschaffen werden. Der Zugang sollte möglichst<br />

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niedrigschwellig sein. Über Angebote zur Entwöhnung im Internet sollte an den<br />

Schulen informiert werden. Zum andern ist eine erfolgversprechende<br />

Ges<strong>und</strong>heitsförderung mit Ausrichtung auf die Prävention gegen das Rauchen nur<br />

durch eine Mitarbeit der Eltern zu verwirklichen. Die Eltern sind <strong>von</strong> der Sinnhaftigkeit<br />

einer Prävention gegen das Rauchen zu überzeugen <strong>und</strong> in die Aktivitäten mit<br />

einzubeziehen.<br />

2. Die Verknüpfung <strong>von</strong> Rauchen mit schulisch <strong>und</strong> sozial unerwünschten<br />

Verhaltensweisen lässt es pädagogisch geraten erscheinen, die Distanz der<br />

<strong>rauchende</strong>n <strong>Schüler</strong> zu den schulischen Werten <strong>und</strong> Verhaltensnormen nicht durch<br />

eine Diskriminierung des Rauchens als "ges<strong>und</strong>heitsschädlich" <strong>und</strong> "sozial<br />

unerwünscht" zu verstärken. Das würde die bereits bestehende Distanzierung <strong>und</strong> die<br />

Selbstetikettierung als "schlechter <strong>Schüler</strong>" nur verstärken <strong>und</strong> vermutlich wenig oder<br />

gar das Gegenteil bewirken. Ges<strong>und</strong>heitsförderung mit dem Schwerpunkt<br />

Raucherprävention sollte vielmehr pädagogisch darauf gerichtet sein, "schulferne<br />

<strong>Schüler</strong>" zu integrieren. Hierzu bietet <strong>sich</strong> die Förderung <strong>von</strong> Aktivitäten an, die<br />

außerhalb des Leistungskanons der Schule <strong>Schüler</strong>n die Gelegenheit geben, gezielt<br />

ihren Interessen nachzugehen, ihre Fähigkeiten zu entwickeln <strong>und</strong> darzustellen sowie<br />

auf einem extracurricularen Wege Anerkennung zu erfahren, die ihnen sonst in<br />

der Schule fehlt. Der Lehrerzirkel in der Hauptschule am Hölkeskampring hat dafür<br />

einige bemerkenswerte <strong>und</strong> - wie die Eröffnungsfeier zur Ges<strong>und</strong>heitswoche<br />

2002 gezeigt hat - erfolgversprechende Vorschläge erarbeitet, die auch an anderen<br />

Schulen anwendbar sind.<br />

Neben schulischen Interventionsprogrammen, die den Vorteil der guten Erreichbarkeit<br />

aller Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen haben, wird in der Literatur darauf hingewiesen, dass<br />

langzeitige Effekte vor allem in einer umfassenden Konzeption der Prävention liegen, d.h.<br />

neben der Schule sollten Familien, die Jugendarbeit sowie öffentliche Institutionen <strong>und</strong><br />

Einrichtungen in die Planung, Umsetzung <strong>und</strong> Bewertung <strong>von</strong> ges<strong>und</strong>heitsförderlichen<br />

<strong>und</strong> präventiven Maßnahmen zur Vermeidung der Nikotinabhängigkeit einbezogen werden.<br />

Auf diesem Weg können ges<strong>und</strong>heitsbezogene Fähigkeiten, Orientierungen <strong>und</strong><br />

Handlungsmuster durch unterschiedliche Bezugsgruppen auf verschiedenen Ebenen an<br />

Jugendliche vermittelt werden.<br />

Neben den Interventionen auf personaler, schulischer <strong>und</strong> kommunaler Ebene werden<br />

ökonomischen <strong>und</strong> umweltbezogenen Maßnahmen, die eine ges<strong>und</strong>e Umwelt schaffen,<br />

positive Effekte für die Tabakprävention zugeschrieben. Zur Kontrolle des Tabakkonsums<br />

werden u.a. folgende Maßnahmen als erfolgreich beschrieben:<br />

• die Einschränkung der Tabakwerbung<br />

• die Reduktion der Zugänglichkeit zu Tabakwaren für Jugendliche<br />

• die Erhöhung der Preise<br />

• Einschränkung des Tabakkonsums Erwachsener.<br />

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Hier sind ges<strong>und</strong>heitspolitische Veränderungen <strong>von</strong>nöten, die als strukturelle oder<br />

Rahmenbedingungen die Interventionen auf den anderen Ebenen sinnvoll ergänzen<br />

können14.<br />

_______________________________________________________________________<br />

12 Escorbedo, L. et al (1998): The relationship between depressive symptoms and cigarette smoking in<br />

US adolescents, in: Addiction 93 (3): 433-440.<br />

13 Glendinning, A., D. Inglis (1999): Smoking behaviour in youth: the problem of low self-esteem, in:<br />

Journal of Adolescence, 22: 673-682.<br />

14 Nutbeam, Don (1999): Umfassende Ansätze zur Tabakprävention im Jugendalter: Herausforderungen<br />

für die Forschung im 21. Jahrh<strong>und</strong>ert, in Kolip, P.: Programme gegen Sucht, Juventa, Weinheim: 248-259<br />

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8. Literaturverzeichnis<br />

Achenbach, T.M. (1991): Manual for the Youth Self-Report and 1991 Profile. University<br />

of Vermont, Department of Psychiatry, Burlington.<br />

B<strong>und</strong>eszentrale für ges<strong>und</strong>heitliche Aufklärung (2001): Die Drogenaffinität Jugendlicher<br />

in der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland 2001, Endbericht.<br />

Döpfner er al (1994): Handbuch: Fragebogen für Jugendliche. Forschungsergebnisse<br />

zur deutschen Fassung der Youth Self-Report Form (YSR) der Child Behavior<br />

Checklist. Arbeitsgruppe Kinder, Jugend- <strong>und</strong> Familiendiagnostik (KJFD), Köln.<br />

Döpfner, M. (1997): Von der kategorialen zur dimensionalen Diagnostik, in: Praxis<br />

der Kinderpsychologie <strong>und</strong> Kinderpsychiatrie: 519-547.<br />

Döpfner, M. et al (1996): Verhaltensauffälligkeiten <strong>von</strong> Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen in<br />

Deutschland, den Niederlanden <strong>und</strong> den USA. Eine kulturvergleichende Studie mit<br />

der Child Behavior Checklist, in: Nervenarzt, 67: 960-967.<br />

Escorbedo, L. et al (1998): The relationship between depressive symptoms and cigarette<br />

smoking in US adolescents, in: Addiction 93 (3): 433-440.<br />

Fuchs, R. (2000): Entwicklungsbedingungen des Rauchverhaltens, in: Leppin, A. et<br />

al : Jugendliche <strong>und</strong> Alltagsdrogen. Konsum <strong>und</strong> Perspektiven der Prävention,<br />

Luchterhand, Neuwied: 95 112.<br />

Glendinning, A., D. Inglis (1999): Smoking behaviour in youth: the problem of low<br />

self-esteem, in: Journal of Adolescence, 22: 673-682.<br />

Jessor, R. et al (1999): Protektive Einflussfaktoren auf jugendliches Ges<strong>und</strong>heitsverhalten,<br />

in Kolip, P.: Programme gegen Sucht, Juventa, Weinheim.<br />

Kolip, P. (Hrsg.) (1999): Programme gegen Sucht. Internationale Ansätze zur<br />

Suchtprävention<br />

im Jugendalter, Juventa, Weinheim.<br />

Leppin, A. et al (2000): Jugendliche <strong>und</strong> Alltagsdrogen. Konsum <strong>und</strong> Perspektiven<br />

der Prävention, Luchterhand, Neuwied.<br />

Nutbeam, Don (1999): Umfassende Ansätze zur Tabakprävention im Jugendalter:<br />

Herausforderungen für die Forschung im 21. Jahrh<strong>und</strong>ert, in Kolip, P.: Programme<br />

gegen Sucht, Juventa, Weinheim: 248-259.<br />

Silbereisen, R.K. (1999): Differenzierungen <strong>und</strong> Perspektiven für Prävention aus<br />

entwicklungs-psychologischer Sicht in: Kolip, P.: Programme gegen Sucht, Juventa,<br />

Weinheim: 70-85.<br />

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Autor: Direktor: UnivProf. Dr. G. Lehmkuhl<br />

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Vartiainen, E. (1999): Einflußfaktoren auf den Tabakkonsum im Jugendalter, in: Kolip,<br />

P.: Programme gegen Sucht, Juventa, Weinheim: 153-162.<br />

Anhang<br />

Verteilung der Befindensstörungen <strong>und</strong> Verhaltensauffälligkeiten<br />

Hauptschulen<br />

Die häufigsten Befindensstörungen <strong>und</strong> Verhaltensauffälligkeiten der <strong><strong>Schüler</strong>innen</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Schüler</strong> an den Hauptschulen sind körperliche Beschwerden (27,3%), dissoziales Verhalten<br />

(16%) <strong>und</strong> Angst/Depressivität (15,3%). Der Anteil auffälliger <strong>Schüler</strong> im Bereich der<br />

internalen Befindensstörungen liegt insgesamt bei 51,9%, für die Skala externale<br />

Verhaltensauffälligkeiten bei 36,8% der Befragten (siehe Tabelle 8).<br />

Zwischen den Mädchen <strong>und</strong> Jungen der Hauptschulen ist die Verteilung der<br />

Befindensstörungen <strong>und</strong> Verhaltensauffälligkeiten ähnlich, in allen Problembereichen sind<br />

etwas mehr Mädchen als Jungen betroffen. Ein statistisch signifikanter Unterschied<br />

ergab <strong>sich</strong> jedoch nur für den Bereich „sozialer Rückzug“. In diesem Bereich fühlen<br />

<strong>sich</strong> 17% der Mädchen belastet, bei den Jungen 8%. Bei den „externalen<br />

Verhaltensauffälligkeiten“ ist der Anteil betroffener Jungen höher als bei den Mädchen (38,7<br />

vs. 34,6%), bei den „internalen Befindensstörungen“ erwartungsgemäß der Anteil der<br />

Mädchen (56,7 vs. 47,8%). Es schätzten <strong>sich</strong> mehr Mädchen als Jungen als „aggressiv“<br />

ein (11,1 vs. 8,9), dies widerspricht den allgemeinen Erwartungen (siehe Tabelle 6).<br />

Bedeutsame Unterschiede in den Altersgruppen 11-12-jährige, 13-14-jährige <strong>und</strong><br />

15-18-jährige zeigten <strong>sich</strong> für die Skalen „soziale Probleme“ <strong>und</strong> „dissoziales Verhalten“.<br />

Insbesondere die jüngeren Mädchen sind im Bereich „soziale Probleme“ auffällig, ebenfalls<br />

die jüngeren Jungen. Die Anteile <strong>von</strong> <strong>Schüler</strong>Innen mit „dissozialem Verhalten“ nehmen mit<br />

zunehmendem Alter in beiden Geschlechtern zu.<br />

Etwa ein Drittel (28,4%) der befragten HauptschülerInnen hat eine nichtdeutsche<br />

Muttersprache. In der Verteilung der Befindensstörungen <strong>und</strong> Verhaltenauffälligkeiten<br />

sind folgende deutliche Unterschiede zwischen deutschen <strong>und</strong> ausländischen Kindern<br />

<strong>und</strong> Jugendlichen auf. In dem Bereich „Angst/Depressivität“ fühlen <strong>sich</strong> die deutschen<br />

<strong>Schüler</strong>Innen deutlich belasteter als die ausländischen MitschülerInnen (17,0 vs. 10,8%).<br />

Dieses Ergebnis gilt auch für den Bereich „dissoziales Verhalten“ (19,3 vs. 7,6%) <strong>und</strong><br />

„Aufmerksamkeitsstörungen“ (13,8 vs. 10,8%) (siehe Tabelle 6).<br />

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Tabelle 6: Hauptschule: Verteilung der Befindensstörungen <strong>und</strong><br />

Verhaltensauffälligkeiten nach Muttersprache <strong>und</strong> Geschlecht<br />

Gymnasium<br />

Die Verteilung der Befindensstörungen <strong>und</strong> Verhaltensauffälligkeiten unter den befragten<br />

Gymnasialschülern zeigt folgendes Bild. Die häufigsten Auffälligkeiten der Gymnasialschüler<br />

liegen in den Bereichen „körperliche Beschwerden“ (16,7%), „dissoziales Verhalten“ (15,4%)<br />

<strong>und</strong> Aufmerksamkeitsstörungen (12,1%) sowie Angst/Depressivität (11,9%)<br />

(siehe Tabelle 8).<br />

Zwischen Mädchen <strong>und</strong> Jungen zeigt <strong>sich</strong> im Verteilungsmuster der Auffälligkeiten<br />

folgende Besonderheit. Insgesamt sind die Anteile auffälliger Jungen in allen<br />

Problembereichen größer als unter den Mädchen. Unterschiede zwischen Jungen <strong>und</strong><br />

Mädchen sind in den Bereichen „körperliche Beschwerden“ (19,7 vs. 14,7%),<br />

„Angst/Depressivität“ (15,1 vs. 9,8%) <strong>und</strong> „soziale Probleme“ (12,1 vs. 6,6%) festzustellen<br />

(siehe Tabelle 7).<br />

Für die Jungen nehmen mit dem Alter die Belastungen im Bereich<br />

„Aufmerksamkeitsstörungen“, „dissoziales“ <strong>und</strong> „aggressives Verhalten“ sowie „externale<br />

Verhaltensauffälligkeiten“ zu. Bei den Mädchen sind es die Bereiche „sozialer Rückzug“,<br />

„körperliche Beschwerden“ <strong>und</strong> „dissoziales Verhalten“ sowie die „internalen<br />

Befindensstörungen“.<br />

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Tabelle 7: Gymnasium: Verteilung der Befindensstörungen <strong>und</strong><br />

Verhaltensauffälligkeiten nach Geschlecht<br />

Die Unterschiede in den Auffälligkeiten nach Schulform liegen in den Bereichen<br />

„körperliche Beschwerden“ <strong>und</strong> „Angst/Depressivität“, hier sind deutlich mehr <strong>Schüler</strong>Innen<br />

an den Hauptschulen betroffen als Gymnasialschüler. In den anderen Problembereichen<br />

liegen die Anteile auffälliger <strong>Schüler</strong>Innen der Hauptschulen leicht über denen des<br />

Gymnasiums (siehe Tabelle 8).<br />

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Tabelle 8: Anteile auffälliger <strong>Schüler</strong>Innen nach Schulform <strong>und</strong> Problembereichen<br />

des YSR<br />

Tabelle 9: Logistische Regression zur Vorhersage des regelmäßigen Rauchens<br />

HauptschülerInnen (n=605)<br />

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Tabelle 10: Logistische Regression zur Vorhersage des Rauchens HauptschülerInnen<br />

(n=399)<br />

Tabelle 11: Logistische Regression zur Vorhersage des Rauchens Gymnasiasten<br />

(n=587)<br />

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