Auf die sanfte Tour
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<strong>Auf</strong> <strong>die</strong> <strong>sanfte</strong> <strong>Tour</strong><br />
Eine neue Methode gegen Myome drosselt <strong>die</strong> Blutzufuhr – und macht Total-<br />
OPs überflüssig<br />
Sie sind etwas lästig, aber eigentlich völlig<br />
harmlos: Myome. Rund 80 Prozent aller Frauen<br />
zwischen 30 und 50 Jahren haben <strong>die</strong>se kleinen<br />
Wucherungen in ihrer Gebärmutter.<br />
Unangenehm wird es allerdings, wenn <strong>die</strong><br />
gutartigen Muskelgeschwülste, <strong>die</strong> auf und in<br />
der Gebärmutterwand sitzen, wachsen. Denn<br />
dann können sie zu regelrechten Quälgeistern<br />
werden – und irgendwann heftige Schmerzen<br />
verursachen. Entweder während der<br />
Regelblutung, oder <strong>die</strong> Myome drücken – je<br />
nachdem, wo sie sitzen – auf den Darm oder<br />
<strong>die</strong> Blase. Immerhin 20 Prozent der Frauen sind<br />
davon betroffen.<br />
Nulldiät für <strong>die</strong> Myome<br />
Doch bisher war <strong>die</strong> Behandlung für viele Patientinnen auch verbunden mit der Angst um<br />
ihre Weiblichkeit: „Frauenärzte sind oft viel zu schnell bei der radikalsten Lösung:<br />
Gebärmutter raus!“, kritisiert Professor Bernd Hamm von der Berliner Charité. Der<br />
Radiologie führt mit seinem Team selbst eine viel <strong>sanfte</strong>re Methode durch: <strong>die</strong><br />
Myomembolisation. Sie geht ganz ohne Skalpell – mit einer Erfolgsrate von über 90<br />
Prozent. Inzwischen hat sich das Verfahren schon in ganz Deutschland durchgesetzt und<br />
wird bereits in über 30 Kliniken angewandt. Dabei werden <strong>die</strong> Geschwüre quasi auf<br />
Nulldiät gesetzt. Das heißt: Ihre Blutversorgung wird so stark eingeschränkt, dass <strong>die</strong><br />
Wucherungen regelrecht „verhungern“. Den einstündigen Eingriff führt der Radiologe<br />
unter örtlicher Betäubung von der Leiste aus durch. Dort macht er einen Minischnitt,<br />
durch den ein streichholzdünner Katheter in <strong>die</strong> Hauptarterie der Gebärmutter geschoben<br />
wird – bis hin zu den Blutgefäßen, <strong>die</strong> das Myom versorgen. Durch <strong>die</strong>sen Schlauch<br />
werden dann winzige bioverträgliche Plastikkügelchen aus Polyvinyl gespritzt. Sie landen<br />
direkt in den Gefäßen des Myoms und „verstopfen“ sie. Folge: Blut- und<br />
Sauerstoffzufuhr werden gedrosselt. Durch ein Kontrastmittel kann <strong>die</strong> Embolisation per<br />
Röntgen-Durchleuchtung mit geringer Strahlenbelastung verfolgt werden. Kommt es<br />
nach dem Eingriff zu Übelkeit und Schmerzen, schaffen Medikamente Abhilfe. Doch<br />
spätestens nach drei Tagen können <strong>die</strong> Patientinnen das Krankenhaus verlassen. Ein<br />
<strong>Auf</strong>wand, der sich lohnt: In den folgenden Monaten schrumpfen <strong>die</strong> Myome auf <strong>die</strong><br />
Hälfte ihrer Größe und geben Ruhe. Dauerhaft. Denn <strong>die</strong> Plastikkügelchen lösen sich erst<br />
auf, wenn das Myom vollständig abgestorben ist.<br />
Wichtig: eine umfassende Beratung<br />
In sehr seltenen Fällen kann sich das absterbende Gewebe zu einer Entzündung<br />
entwickeln, <strong>die</strong> dann mit Antibiotika behandelt werden muss. Bei anderen<br />
Patientinnen – etwa 5 Prozent der Frauen – wandert das Myomgewebe über <strong>die</strong><br />
Menstruationsblutung nach draußen. Keine Panik also, wenn mehrere schmierige<br />
Blutungen folgen, bei denen das Myom abgestoßen wird. Das ist weder gefährlich<br />
noch schmerzhaft. Doch trotz aller Vorteile der Embolisation sollten Frauen sich vor<br />
dem Eingriff eingehend beraten lassen. Denn bei Myomen, <strong>die</strong> größer als 12<br />
Zentimeter sind, kann eine Operation trotzdem <strong>die</strong> sinnvollere Methode sein. Und:<br />
„Frauen mit Kinderwunsch haben wir bisher von der Embolisation abgeraten, weil<br />
dafür noch zu wenig Erfahrungen vorliegen. Inzwischen gibt es aber Patientinnen, <strong>die</strong>
nach dem Eingriff gesunde Kinder bekommen haben. Deshalb beginnen wir gerade, in<br />
<strong>die</strong>sem Punkt umzudenken“, erklärt Prof. Hamm. Die Kosten von 3000 bis 5000 Euro<br />
werden von den Kassen übernommen. Vorher aber unbedingt abklären. Denn noch<br />
nicht alle sind über <strong>die</strong> Methode informiert.<br />
Vorgänger-Verfahren mit Folgen<br />
Vor der bundesweit flächendeckenden Einführung der Myomembolisation gab es drei<br />
Behandlungsmöglichkeiten: eine Hormontherapie, das Herausschneiden des Knotens und<br />
<strong>die</strong> Total-OP, also Gebärmutterentfernung. Bei den ersten beiden Methoden bleibt<br />
allerdings das Risiko, dass das Myom nachwächst. Darum wird in Deutschland noch<br />
immer vorschnell zur Gebärmutterentfernung geraten – eine endgültige Entscheidung.<br />
Die Zahl <strong>die</strong>ser Eingriffe liegt mit 120000 pro Jahr deutlich über dem europäischen<br />
Durchschnitt. Nachteile: das hohe Infektionsrisiko und der lange Arbeitsausfall von 37<br />
Tagen. Außerdem leiden betroffene Frauen stark unter dem Verlust. Prof. Hamm: „Sie<br />
finden, dass <strong>die</strong> Gebärmutter auch ein Teil ihrer Weiblichkeit ausmacht.“ Auch deshalb<br />
ist <strong>die</strong> Embolisation für viele Frauen eine perfekte, <strong>sanfte</strong> Alternative.<br />
Der Artikel kann im Internet abgerufen werden unter:<br />
http://www.vital.de/gesundheit/myom.html