Gebäude: Schutz mit Stahlfederelementen vor ... - bei GERB
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A10 PRODUKTE UND MÄRKTE Band 75, Mai 2000<br />
<strong>Gebäude</strong>: <strong>Schutz</strong> <strong>mit</strong> <strong>Stahlfederelementen</strong> <strong>vor</strong><br />
Erschütterungen und sekundärem Luftschall<br />
Das Bau<strong>vor</strong>haben ”Hasselbrookstraße”<br />
in Hamburg stellte eine erschütterungstechnische<br />
Herausforderung dar: Ziel<br />
war es, einen Komplex <strong>mit</strong> 13 Wohngebäuden<br />
und insgesamt 148 Wohnungen<br />
in einem Abstand von wenigen Metern<br />
von der Bahntrasse Hamburg-Lübeck<br />
zu errichten (Bild 1). Auf der Strecke<br />
verkehren auf vier Gleisen <strong>mit</strong> hoher<br />
Fahrfrequenz Personen- und Güterzüge<br />
sowie die S-Bahn. Die Lage des Baugrundstückes<br />
ist zweieinhalb Kilometer<br />
von der Hamburger Innenstadt entfernt<br />
und <strong>mit</strong> der <strong>vor</strong>handenen Infrastruktur in<br />
einem Wohngebiet sehr attraktiv.<br />
Von Beginn an war das Vorhaben ”Hasselbrookstraße”<br />
der SAGA Siedlungsaktiengesellschaft<br />
Hamburg und des Architekten-Contor<br />
Schäfer-Agather Hamburg<br />
von der Realisierbarkeit des Erschütterungsschutzes<br />
abhängig. Daher<br />
wurde die Aufgabe des <strong>Schutz</strong>es der<br />
künftigen Bewohner <strong>vor</strong> Schwingungen<br />
Bild 1. SAGA-Häuser un<strong>mit</strong>telbar neben S- und Fernbahngleisen<br />
Bild 2. <strong>GERB</strong>-Stahlfederelement, 1 Gewebebauplatte, 2<br />
untere Druckverteilungsplatte, 3 untere Gehäuseschale, 4<br />
Schraubenmutter, 5 Vorspannbolzen, 6 obere Gehäuseschale,<br />
7 obere Druckverteilungsplatte, 8 Ausgleichsbleche,<br />
9 Gewebebauplatte, 10 Abdeckblech, 11 Anker<br />
Bauingenieur<br />
von Stockwerksdecken und infolge dessen<br />
sekundär abgestrahltem Luftschall<br />
von der frühen Planungsphase an berücksichtigt.<br />
Am Anfang der schwingungstechnischen<br />
Untersuchung standen<br />
umfangreiche Messungen im Baugrund<br />
gemäß DIN 45669 ”Messung von<br />
Schwingungsimmissionen” Genauigkeitsklasse<br />
1 <strong>mit</strong> speziellen Bohrlochgeophonen.<br />
Die Schwingungsmessungen<br />
in Bohrlöchern unterschiedlicher<br />
Tiefe liefern die maßgeblichen Informationen<br />
zur Amplitude und der spektralen<br />
Zusammensetzung der später in die <strong>Gebäude</strong><br />
eingeleiteten Schwingungen und<br />
zur Wahl einer geeigneten Gründung. Bei<br />
der Übertragung vom Baugrund über die<br />
Fundamente auf Stockwerksdecken<br />
können Schwingungen im Resonanzfall<br />
<strong>mit</strong> einem Faktor in einer Größenordnung<br />
von zehn überhöht werden und<br />
störend wahrnehmbar sein. Ziel der Auslegung<br />
ist es daher, Bauteileigenfrequenzen<br />
von Stockwerksdecken im Bereich<br />
der Anregungsfrequenzen seitens<br />
des Schienenverkehrs (Resonanzanregung)<br />
zu vermeiden und die schwingungsmindernde<br />
Eigenschaften von<br />
Gründungen und anderen elastischen<br />
Lagerungen zu nutzen. Im <strong>vor</strong>liegenden<br />
Fall wird die Schwingungsisolierung<br />
durch den Einsatz von <strong>GERB</strong>-<strong>Stahlfederelementen</strong><br />
und einer speziellen Pfahlgründung<br />
erreicht.<br />
Zur Auslegung der Baustruktur sind baudynamische<br />
Simulationsrechnungen<br />
und FEM-Berechnungen angestellt worden.<br />
Für die Prognose der auf den Stockwerksdecken<br />
auf die Bewohner einwirkenden<br />
Schwingungen werden die<br />
Messsignale als Eingangsgröße verwendet.<br />
Als Ergebnis liegen Deckenschwingungen<br />
im Zeitbereich <strong>vor</strong>, welche gemäß<br />
DIN 4150 ”Schwingungen im Bauwesen”<br />
Teil 2 ”Einwirkung auf Menschen”<br />
bewertet und beurteilt werden.<br />
Die Anforderungen an den Erschütterungsschutz<br />
werden inhaltlich übereinstimmend<br />
durch die ”Erschütterungs-<br />
Richtline” des Länderausschusses für<br />
Immissionsschutz und die DIN 4150 Teil<br />
2 gegeben. Für Wohngebiete gelten aufgrund<br />
der hohen Erschütterungssensibilität<br />
der Menschen strenge Anhaltswerte<br />
(DIN 4150 T2 Tab. 1 Zeile 4). Neben den<br />
Erschütterungen wirken sich die Deckenschwingungen<br />
im hörbaren Frequenzbereich<br />
in Form von sekundärem<br />
Luftschall aus. Zur Gewährleistung der<br />
hohen Anforderungen ist neben der Abstimmung<br />
sämtlicher Stockwerksdecken<br />
in den <strong>Gebäude</strong>n eine sehr tief<br />
abgestimmte elastische Lagerung der<br />
Gesamtgebäude gegenüber der<br />
Schwingungseinleitung aus dem Baugrund<br />
gefordert worden. Erstmals für<br />
den Schwingungsschutz von Wohngebäuden<br />
wurden von Dr. Kebe dynamisch<br />
abgestimmte Pfahlgründungen<br />
entworfen und für die nicht direkt an der<br />
Bahnstrecke gegründeten <strong>Gebäude</strong> des<br />
Bau<strong>vor</strong>habens erfolgreich umgesetzt.<br />
Diese spezielle Pfahlgründung vereint<br />
elegant die Funktion des statischen<br />
Lastabtrages <strong>mit</strong> der des Schwingungsschutzes.<br />
Für die sechs un<strong>mit</strong>telbar an der Bahnstrecke<br />
gelegenen <strong>Gebäude</strong> wurden die<br />
Anforderung durch den Einsatz von<br />
hochelastischen <strong>Stahlfederelementen</strong><br />
erfüllt (Bild 2). Der Einsatz von <strong>Stahlfederelementen</strong><br />
im Bauwesen wird von der<br />
Firma <strong>GERB</strong> seit langer Zeit praktiziert.<br />
Bereits 1986 wurde ein fünfgeschossiges<br />
Wohn- und Geschäftshaus durch<br />
<strong>GERB</strong>-Stahlfederelemente wirkungsvoll<br />
<strong>vor</strong> Erschütterungen aus der U-Bahn geschützt<br />
[Bauingenieur 67, Erschütterungs-<br />
und Körperschallschutz von <strong>Gebäude</strong>n<br />
<strong>mit</strong>tels Stahlfedern und viskosen<br />
Dämpfern, K.H. Rensch; W. Stühler]. Inzwischen<br />
sind weltweit eine große Zahl<br />
von <strong>Gebäude</strong>n in direkter Umgebung<br />
von industriellen Anlagen oder in un<strong>mit</strong>telbarer<br />
Nachbarschaft von Gleisanlagen<br />
<strong>mit</strong>tels <strong>Stahlfederelementen</strong> isoliert<br />
worden. Aufgrund des hohen Anspruches<br />
an die Wirksamkeit des Schwingungsschutzes<br />
entschied man sich im<br />
<strong>vor</strong>liegenden Fall deshalb für diese Lösung.<br />
Die Elemente bestehen aus einer<br />
ausgewogenen Kombination von Stahlfedern<br />
und VISCO ® Dämpfung, eingefasst<br />
zwischen Unter- und Oberschale.<br />
Die Stahlfedern besitzen in alle Raumrichtungen<br />
definierte Steifigkeiten. So<strong>mit</strong><br />
können auch Horizontalkräfte, z.B. aus<br />
Windanregung, ohne zusätzliche Begrenzung<br />
der horizontalen Bewegung<br />
aufgenommen werden.
Eine wichtige Eigenschaft der eingesetzten <strong>GERB</strong>-Stahlfederelemente<br />
ist die Vorspannbarkeit:<br />
; die Stahlfedern senken sich während der Bauphase<br />
nicht ein,<br />
; die Stahlfederelemente werden nach dem Abschluss<br />
der Rohbauar<strong>bei</strong>ten, wenn die wesentlichen Lasten aufgebracht<br />
sind, justiert, um die optimale Wirkung der<br />
elastischen Lagerung herzustellen,<br />
; die <strong>Gebäude</strong> können auch zu einem späteren Zeitpunkt<br />
teilweise oder sogar insgesamt angehoben werden, um<br />
z.B. evtl. durch mangelnde Fugenausbildung entstandene<br />
Körperschallbrücken nachträglich aufzubrechen,<br />
; falls erforderlich können Elemente zu einem späteren<br />
Zeitpunkt noch ausgewechselt werden,<br />
; Ausgleichsmöglichkeit für Baugrundsetzungen.<br />
Die Elemente werden in der Qualitätssicherung der Firma<br />
<strong>GERB</strong> <strong>mit</strong> einer servohydraulischen Druckprüfanlage auf<br />
Band 75, Mai 2000<br />
Bild 3. Eingebautes<br />
<strong>GERB</strong>-Stahlfederelement<br />
während dem<br />
Entspannen und<br />
Justieren<br />
Bild 4. Deckenschwingungen <strong>bei</strong> einer S-Bahn<strong>vor</strong><strong>bei</strong>fahrt:<br />
Schwinggeschwindigkeit, Spektrum und KB-Bewertung<br />
ihre Steifigkeit geprüft. Die hier gemessenen Kraft-Weg-<br />
Diagramme werden ausgewertet und die tatsächliche Federrate<br />
er<strong>mit</strong>telt. Diese wird <strong>mit</strong> der theoretischen nach<br />
DIN 2089 Teil 1 berechneten Größe verglichen und da<strong>mit</strong><br />
nachgewiesen, dass die zulässigen Toleranzen eingehalten<br />
sind. Nach dieser Prüfung werden die Elemente durch<br />
die Prüfanlage entsprechend einer <strong>vor</strong>her festgelegten<br />
Vorspannkraft belastet und in diesem Zustand durch Vorspannbolzen<br />
gehalten.<br />
In Zusammenar<strong>bei</strong>t <strong>mit</strong> den Fachplanern hat die Firma<br />
<strong>GERB</strong> Schwingungsisolierungen die Stahlfederelemente<br />
für eine optimale Auslegung ausgewählt. Die Wohngebäude<br />
wurden durch einen horizontalen Schnitt oberhalb<br />
der Tiefgarage entkoppelt. In diesem Schnitt wurden<br />
die Stahlfederelemente so verteilt, dass die auftretenden<br />
Kräfte optimal abgetragen werden. Die sechs zu isolieren-
A12 PRODUKTE UND MÄRKTE Band 75, Mai 2000<br />
Bild 5. Transferfunktion der <strong>Gebäude</strong>lagerung durch<br />
<strong>GERB</strong>-Elemente, ge<strong>mit</strong>telt über 71 Zugpassagen,<br />
Messpunkte oberhalb und unterhalb eines Elementes an<br />
der Stahlbetontragstruktur<br />
den Häuser von drei verschiedenen Typen<br />
haben jeweils Massen von ca. 720t,<br />
1725t und 1900t. Zur Lagerung wurden<br />
insgesamt 141 Stahlfederelemente verwendet.<br />
Für die Auslegung der verwendeten<br />
Elemente sind zwei Gesichtspunkte<br />
von Bedeutung. Als erstes müssen<br />
die gewählten Stahlfederelemente in<br />
der Lage sein, die auftretenden Lasten<br />
abzutragen, ohne da<strong>bei</strong> ihre hochelastischen<br />
Eigenschaften zu verlieren. Zum<br />
zweiten müssen die Stahlfederelemente<br />
weich genug sein, um die geforderte La-<br />
gerungsfrequenz einzuhalten und da<strong>mit</strong><br />
den angestrebten Isolierwirkungsgrad zu<br />
erreichen. Die linearen Eigenschaften<br />
der Stahlfederelemente bieten hier den<br />
Vorteil, dass die dynamischen Eigenschaften<br />
des Gesamtsystems im Rahmen<br />
der Genauigkeit der <strong>vor</strong>gegebenen<br />
Belastungen aus physikalischen Zusammenhängen<br />
exakt <strong>vor</strong>herbestimmt werden<br />
kann. Nach dem Fertigstellen der<br />
Unterkonstruktion, in diesem Falle die<br />
Wände der Tiefgarage, werden die Stahlfederelemente<br />
auf die <strong>vor</strong>bereiteten Aufstandsflächen<br />
gesetzt (Bild 3). Unter den<br />
Elementen wird zu<strong>vor</strong> eine spezielle,<br />
durch <strong>GERB</strong> entwickelte, bitumengetränkte<br />
Gewebebauplatte ausgelegt.<br />
Diese Gewebebauplatte dient dazu, geringe<br />
Unebenheiten der Aufstandsfläche<br />
auszugleichen und ist selbstklebend. Die<br />
Klebewirkung beginnt, sobald eine Belastung<br />
aufgebracht wird und steigert<br />
sich im Laufe der Zeit. Auf die Stahlfederelemente<br />
werden Ausgleichsbleche<br />
und wieder eine Gewebebauplatte gelegt.<br />
Zum Abschluß wird als verlorenen<br />
Schalung eine Stahlplatte aufgelegt.<br />
Nach Abschluß der Rohbauphase wird<br />
die elastische Lagerung durch das Lö-<br />
sen der Vorspann<strong>vor</strong>richtung in Funktion<br />
gesetzt. Hierzu wird eine leicht zu handhabende<br />
Hydraulikanlage eingesetzt.<br />
Nun werden die Elementhöhen gemessen<br />
und das System durch Wegnehmen<br />
oder Hinzufügen von Ausgleichsblechen<br />
justiert. Zur Fertigstellung des Projektes<br />
wurde durch schwingungstechnische<br />
Abnahmemessungen die Einhaltung der<br />
angestrebten Anforderungen erfolgreich<br />
nachgewiesen<br />
(Bild 4 und Bild 5) Maßgeblich für diesen<br />
Erfolg und eine kostengünstige Umsetzung<br />
des Erschütterungsschutzes ist die<br />
frühe Berücksichtigung der speziellen<br />
erschütterungstechnischen Anforderungen<br />
und die intensive Zusammenar<strong>bei</strong>t<br />
der Planungsbeteiligten. Besonderer<br />
Dank gilt neben der Bauherrin und dem<br />
Architekturbüro dem Statikbüro Rohde<br />
und Schulz, den Prüfingenieuren Dr. Kramer<br />
und Dipl.-Ing. Albrecht sowie dem<br />
Ingenieurbüro Dr. Kebe und Dipl.-Ing.<br />
Rosenquist und der Firma <strong>GERB</strong><br />
Schwingungsisolierungen.<br />
Dr. H.-W. Kebe, Dr. H. Kammerer